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Die "Eisheiligen: Warum es Mitte Mai oft kalt wird

Nach Wochen der Sonne und fast sommerlichen Temperaturen kommt nun der Kälteeinbruch: Am 11. Mai 2020 fällt das Thermometer vielerorts um mehr als zehn Grad. Und das ist kein Einzelfall: Auffallend häufig kommt es Mitte Mai zu einem solchen Temperatursturz, bei dem sogar Nachtfrost auftreten kann. Aber warum? Wo unsere Vorfahren den "Eisheiligen" die Schuld gaben, sehen Meteorologen ein typisches Wettermuster.
NPO, 11.05.2020

Die Eisheiligen beginnen und machen dieses Jahr ihrem Namen alle Ehre, nachdem sie 2018 und 2019 milde gestimmt waren.

iStock.com, ZelmaB

Es ist fast jedes Jahr dasselbe: Der Winter ist längst vorbei und wir haben uns an sonnige, warme Tage gewöhnt, da wird es plötzlich Mitte Mai für einige Tage wieder bitterkalt. Viele Pflanzen, die gerade zu blühen begonnen haben, drohen nachts sogar zu erfrieren. Viele Gärtner setzen deshalb frostempfindliche Pflanzen erst nach dieser "gefährlichen" Periode nach draußen. Zu solchen Pflanzenarten gehören unter anderem Geranien, Dahlien und Begonien, aber auch Gemüse wie Paprika, Gurken oder Tomaten.

Was sind die "Eisheiligen"?

Schon die Bauern im späten Mittelalter kannten und fürchteten diese späten Fröste. Denn wenn sie ihre Saat zu früh in den Boden brachten, konnten diese in den kalten Mainächten erfrieren und eine schwere Missernte war die Folge. Aus de Erfahrungen der Bauern kommt auch die Bezeichnung für diesen typischen Kälteeinbruch im Mai: die Eisheiligen. So bezeichnet werden die katholischen Heiligen, deren Namenstage zwischen dem 11. und 15. Mai liegen: Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophia.

Aus den Namen dieser "Eisheiligen" entwickelten sich im Laufe der Zeit viele Reime und Bauernregeln, die auf die kalte Zeit im Mai hinweisen. Sie hießt es beispielsweise: "Pankraz, Servaz, Bonifaz machen erst dem Sommer Platz" oder: "Pflanze nie vor der kalten Sophie". In Norddeutschland gilt dabei Mamertus mit Namenstag am 11. Mai als erster Eisheiliger, in Süddeutschland, der Schweiz und Österreich beginnen die Eisheiligen erst einen Tag später mit Pankratius.

Ist die Kälte bloß Zufall oder doch die Regel?

Aber was ist dran an diesen Bauernregeln? Ist es nur ein subjektiver Eindruck, dass es Mitte Mai auffallend häufig zu einem Kälteeinbruch kommt oder ist das tatsächlich so? Tatsächlich zeigen langjährige Wetterdaten, dass sich im Mai wirklich kalte Tage häufen. Demnach gibt es in einem Großteil der Jahre im Mai mindestens ein- bis zweimal Bodenfrost, in rund der Hälfte aller Jahre hat der Mai sogar mehr als zwei Frostnächte.

Meteorologen sprechen daher von einer "Singularität" – einer Wetterlage, die zu dieser Zeit im Jahr häufiger auftritt als es dem bloßen Zufall entspricht. Zu diesen Singularitäten gehört beispielweise auch die oft Mitte Dezember auftretende Wärmeperiode, die uns grüne statt weißer Weihnachten beschert.

Allerdings liegt die meteorologische Singularität im Mai nicht immer genau auf den Eisheiligen: "Es stimmt, dass die warmen Tage im Mai öfter von kalten Tagen unterbrochen werden", erklärt Birgit Heck von WetterOnline. "Man kann aber nicht sagen, dass die kalten Tage nur an den ‚Eisheiligen‘ stattfinden – manchmal treten sie auch früher oder später auf."

Was steckt meteorologisch dahinter?

Doch warum kommt es ausgerechnet Mitte Mai so oft zu Kälteeinbrüchen? Der Grund sind Unterschiede in der Erwärmung von Land und Meer: Anfang Mai hat die Sonne die Landflächen Europas meist schon deutlich erwärmt, deshalb herrschen bei uns oft schon sommerliche Temperaturen. Aber die Wassermassen des Meeres speichern die Kühle des Winters länger und hinken daher dem Land hinterher. Es kommt zu Temperaturdifferenzen zwischen Land und Meer.

Diese Unterschiede führen dazu, dass eine sogenannte Nordwetterlage entsteht, Dabei bilden sich über Osteuropa und dem Balkan sowie über Skandinavien große Tiefdruckgebiete. Zwischen ihnen strömen kalte Luftmassen aus dem Norden bis nach Mitteleuropa und verdrängen die warme Festlandsluft. Als Folge wird es kalt und in sternklaren Nächten kann es zu Nachtfrost kommen.