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Messias oder Mensch?
Alles würde besser, alles würde anders werden. In Amerika hatte der Wandel Einzug gehalten. Noch nie zuvor hatten die USA einen Schwarzen zu ihrem Präsidenten gewählt. Und als Barack Obama nach seinem historischen Wahlsieg im November 2008 das Verprechen von einem besseren Amerika, von einer besseren Welt in die kalte Nachtluft Chicagos rief, da rührte er die Herzen der Menschen, da schien er ihnen bald schon ein Messias. Doch war es kein Messias, der am 20. Januar 2009 das Amt des Präsidenten antrat - sondern ein Mensch. Ein Mensch, der kein Wasser teilen und keine Berge versetzen kann. Dennoch hat der 44. Präsident der Vereinigten Staaten für einen Wandel gesorgt. Wie genau dieser Wandel aussieht? Welche Versprechen Obama einhalten konnte? Welche (noch) nicht? Und ob der von Oslo vorab zum Erbauer des Weltfriedens erklärte Präsident seinem Volk noch immer als Messias gilt? wissen.de zieht ein Jahr nach Barack Obamas Amtsantritt Bilanz.
Strikte Abgrenzung von Amtsvorgänger Bush
Nicht zuletzt die strikte Abgrenzung von seinem Amtsvorgänger, George W. Bush, hatte dem aufstrebenden Senator aus Illinois zur Profilschärfung gedient - und so manche demokratische Hoffnung geweckt. Doch das Erbe, das Bush hinterließ, war und ist kein leichtes: 142.000 noch immer im Irak stationierte US-Soldaten - mit Verlusten, die in die Tausende gehen. Eine am Boden liegende Volkswirtschaft, die massiv unter der Weltwirtschaftskrise leidet.
Und ein gegen die Menschenrechte verstoßendes Gefängnis, in dem seit 2002 Hunderte von Terrorverdächtige ohne Chance auf einen Prozess täglich neue Nahrung für ihren Hass auf die USA finden. Guantánamo, das hatte Barack Obama noch im Januar 2009 versprochen, sollte binnen eines Jahres geschlossen sein. Inzwischen spricht der Präsident von einer Schließung "im Laufe des Jahres 2010". Vor allem die Frage nach der weiteren Unterbringung der für schuldig, aber auch der für unschuldig befundenen Häftlinge ist noch nicht gelöst. Dass zwei ehemalige Insassen des Gefangenenlagers hinter dem in letzter Minute vereitelten Terroranschlag vom 1. Weihnachtsfeiertag in Detroit stehen sollen, lässt ein rasches Ende von Guantánamo immer unwahrscheinlicher erscheinen.