wissen.de Artikel

Der Polarisierer

Über seine Jugend hat Bernhard in seiner fünfteiligen Autobiografie Auskunft gegeben: über seine Geburt als uneheliches Kind des Tischlers Alois Zuckerstätter und der Tochter des Schriftstellers Johannes Freumbichler, Herta Bernhard (später verehelichte Fabjan), über seine Kindheit in Wien, Traunstein und Henndorf (Ein Kind. Salzburg 1982), über den Schulbesuch in Salzburg ab 1943 und den Krieg (Die Ursache. Salzburg 1975), über den Gesangsunterricht, den Abbruch der Gymnasialstudien und die Arbeit in einem Gemischtwarenladen als Lehrling (Der Keller. Salzburg 1976), über den Tod des verehrten Großvaters (1949) und den Tod der Mutter (1950) (Der Atem. Salzburg 1978), über den Aufenthalt in der Lungenheilstätte Grafenhof von 1949 bis 1951 (Die Kälte. Salzburg 1981)

Leben und Werk

Ab 1951 studierte Bernhard an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Er arbeitete anschließend als Gerichtsreporter für das Salzburger "Demokratische Volksblatt", besuchte danach das Mozarteum in Salzburg und verbrachte einige Zeit bei dem Komponisten Gerhard Lampersberg in Kärnten. Bernhards erste Veröffentlichungen Ende der 1950er-Jahre waren Gedichtsammlungen: Auf der Erde und in der Hölle (Salzburg 1957) und In hora mortis (Salzburg 1958). Mit dem Roman Frost (Frankfurt/Main 1963) wurde er als Erzähler erfolgreich. Seine Werke standen fortan im Mittelpunkt des Interesses von Lesepublikum und Literaturkritik. Seit 1965 lebte Bernhard als freier Schriftsteller in Ohlsdorf/Oberösterreich und in Wien.

Der Roman Frost provozierte vor allem die österreichischen Leser, weil Bernhard radikal mit dem Klischee der schönen Heimat bricht. Wie die Menschen Opfer einer Natur und einer feindseligen Landbevölkerung sind, zeigen auch die Erzählung Amras (Frankfurt/Main 1964) und der Roman Verstörung (Frankfurt/Main 1967), der als ein übersichtlich erzählter Anti-Heimatroman anzufangen scheint, um im Monolog des Fürsten Saurau zu gipfeln, der Rede eines offenkundig "Verstörten", die über beinahe zwei Drittel des Buches vom universalen Katastrophenzusammenhang handelt. Spätestens mit diesem Roman wurde deutlich, dass Bernhard nicht als realistischer Erzähler einzuschätzen ist. In einem dem Filmskript Der Italiener (Salzburg 1971) beigefügten Interview unter dem Titel Drei Tage erläuterte Bernhard sein ästhetisches Programm: In seinen Büchern sei "alles künstlich"; er sei der "typische Geschichtenzerstörer"; eine Buchseite und eine "weiße Wand" glichen einander vollkommen, und eine solche "weiße Wand" sei nicht eintönig, sondern faszinierend durch "Risse, kleine Sprünge, Unebenheiten, Ungeziefer". Die Kritik blieb davon weitgehend unbeeindruckt; die meisten Rezensenten zeigten sich weiterhin irritiert von der Monotonie, die sich in Bernhards wiederkehrenden Themen (Verbrechen, Krankheit, Verfall, Tod) und in seinen schraubenartig gedrehten Satzgefügen manifestiert.

Mehr Artikel zu diesem Thema

Weitere Artikel aus dem Wahrig Fremdwörterlexikon

Weitere Artikel aus dem Großes Wörterbuch der deutschen Sprache

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Vornamenlexikon