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Vornamen

Jeder Deutsche trägt mindestens einen, mache auch zwei, drei oder mehr. Der eine mag ihn mehr, der andere weniger. Gemeint ist der Vorname. Natürlich ist die Namenswahl für das eigene Kind eine freie Entscheidung. Dennoch unterliegen Vornamen auch häufig gesellschaftlichen Trends und sind in geschichtliche Entwicklungen eingebettet. Doch wie kommt es, dass in einer bestimmten Epoche bestimmte Vornamen beliebter sind als in einer anderen und wie ist es zu erklären, dass bestimmte Namenstrends immer wieder kommen? Heute sind vor allem individuelle und ausgefallene Vornamen gefragt, doch nicht jeder potenzielle Vorname wird von deutschen Standesämtern auch anerkannt. Welche Kriterien muss ein Name erfüllen, um vergeben werden zu dürfen und welche kuriosen Namen sind in Deutschland bereits erlaubt? Der folgende Artikel beantwortet diese und weitere Fragen rund um das spannende Thema der Namensgebung.
 
 
Was ist ein Vorname eigentlich?
Vornamen

Jenny Sturm - Fotolia.com

Der Vorname einer Person dient in westlichen Kulturen der Unterscheidung zwischen den einzelnen Familienmitgliedern, während der Familienname die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie ausdrückt. In Deutschland erhält ein Baby direkt nach seiner Geburt den Vornamen. In anderen Kulturen ist dies nicht immer der Fall und ein Kind erhält seinen endgültigen Vornamen erst nach einigen Monaten. Dies hängt möglicherweise mit der hohen Kindersterblichkeitsrate in bestimmten Kulturen zusammen. In Deutschland gibt es zudem Reglementierungen in Bezug auf den Vornamen. Nicht jeder Vorname darf hier Verwendung finden. Wie der Name schon vermuten lässt, steht der Vorname im westlichen Kulturkreis stets vor dem Familiennamen. In anderen Kulturen, wie zum Beispiel in Vietnam, werden erst der Familienname und dann der Vorname genannt. Häufig werden hierzulande auch mehrere Vornamen vergeben. Der Rufname bezeichnet in diesem Fall denjenigen Vornamen, unter dem das Kind angesprochen wird. In einigen Ländern, so zum Beispiel in Russland, wird zwischen dem Vor- und dem Nachnamen noch der Vatersname genannt.
 
Interessant ist, dass sich die Trends der Namengebung immer wieder in Wellenform wiederholen und das seit hunderten von Jahren. Die soziale Oberschicht wählt besonderer Vornamen, die sich vom einfachen Volk unterscheiden sollen. In den folgenden Jahren übernimmt das einfache Volk diese Modenamen jedoch, sodass sich die soziale Oberschicht veranlasst sieht, sich neue individuelle Namen zu überlegen oder auf Doppelnamen zurückgreift. Der Trend des doppelten Vornamen begann im 16. Jahrhundert. Als auch dieser vom einfachen Volk übernommen wurde, besannen sich die sozial Bessergestellten wieder auf einfache Namen und so weiter. Dieser Trend ist bis heute zu beobachten.
 
Welche elterliche Motivation kann hinter der Namenswahl stecken?
Welche Motive verfolgen Eltern bei der Namenswahl ihres Kindes? Ganz unterschiedliche, wie die folgende Auflistung zeigt.
 
  • Der Name soll schön klingen. Manche Eltern bevorzugen Vornamen, die viele Vokale enthalten oder mit stimmhaften Gleitlauten, wie m oder l beginnen. Kurze und sogar einsilbige Namen (wie zum Beispiel Tim) sind vor allem für Jungen beliebt. Viele Eltern legen zudem großen Wert darauf, dass der Vorname phonetisch mit dem Familiennamen harmoniert.
  • Der Name soll individuell sein. Viele Eltern suchen nach einem besonders seltenen Vornamen für ihr Kind, um seine Einzigartigkeit zu unterstreichen. Aus diesem Grund ist die moderne Namensgebung extrem vielfältig und das Inventar an möglichen Vornamen steigt immer weiter an. Wo Eltern früher Vornamensbücher eine Orientierungshilfe waren, wird heute vor allem das Internet genutzt und es haben sich zahlreiche Vornamen-Suchmaschinen entwickelt. Im Fall der Vornamen-Suchmaschine von kidsgo.de können Eltern zum Beispiel bestimmte Buchstaben, die im Namen enthalten sein sollen, eingeben und alle Optionen werden ihnen anschließend aufgezeigt. Da ist es kein Wunder, wenn heutige Kinder immer kreativere und individuellere Vornamen tragen. Der Wohlklang eines Namens ist den meisten Eltern bei Mädchennamen übrigens wichtiger, wohingegen Jungennamen meist schlicht und kurz sein sollen.

Darüber hinaus gibt es auch kulturelle Beweggründe bei der Namensgebung. Diese sind zum Beispiel:

  • Die Tradition
    Früher war es in westlichen Kulturen recht üblich, dass Kinder dem Namen der Eltern trugen. Diese traditionelle Namensweitergabe hat im Laufe der letzten einhundert Jahre stark an Bedeutung verloren.
  • Die Säkularisierung
    Im Jahr 1894 waren noch rund 69 Prozent der vergebenen Namen christlichen Ursprungs, so die PDF des Fachbereichs Linguistik der Humboldt-Universität zu Berlin. Einhundert Jahre später werden nur noch 28 Prozent der Kinder mit Vornamen christlichen Ursprungs versehen.
  • Die Globalisierung
    Im Gegensatz zu früher stammen heute sehr viele Namen nicht aus dem christlich-deutsch geprägten Kulturkreis. Waren es 1984 nur 23 Prozent der Vornamen, sind es 1994 schon 65 Prozent.
  • Unbewusste Faktoren
    Auch unbewusste Faktoren spielen bei der Namensgebung eine Rolle. Wer zum Beispiel schlechte Erfahrungen mit seinem eigenen Namen gemacht hat, wird seinem Kind diesen oder einen ähnlichen Namen wahrscheinlich nicht geben. Genauso verhält es sich mit Erfahrungen mit anderen Trägern eines bestimmten Namens. Wer zum Beispiel eine Johanna kennt, die er überhaupt nicht mag, wird sein Kind wohl auch nicht Johanna nennen, da er mit diesem Vornamen negative Assoziationen verknüpft.
 
Wie die folgende Statistik zeigt, ist es vor allem Mädchen wichtig, dass ihr eigener Vorname einen schönen Klang hat und zudem nicht häufig vorkommt.
 
Mädchen mögen ihren Namen vor allem, wegen seines schönen Klangs (Quelle: © Presseportal.de  / In: Statista)
 
Historische Entwicklung im deutschen Sprachraum
Bei den Germanen gab es keine Vor- und Nachnamen, sondern lediglich Rufnamen. Aufgrund der kleinen Bevölkerungszahlen und der übersichtlichen gesellschaftlichen Verhältnisse war dies auch nicht problematisch. Als im Deutschland des 12. Jahrhunderts die ersten Städte entstanden, änderte sich dies jedoch, denn nun war eine differenziertere Unterscheidung von Nöten. Unter anderem aus organisatorischen und auch rechtlichen Beweggründen wurden so zum Beispiel Berufsbezeichnungen, wie Bäcker oder Müller, nach und nach zu Familiennamen. Als ursprünglich deutsche Vornamen gelten Namen, die auf westgermanische Ursprünge in frühdeutscher Zeit zurückgehen, wie Adelheid oder auch Bernhard. Weiterhin gelten Ableitungen solcher germanischer Namen als typisch deutsch. Im Fall von Adelheid ist dies unter anderem der Vorname Heidi. Bis ins 12. Jahrhundert war es üblich, den eigenen Namen an die Kinder weiterzugeben oder eine Variation der elterlichen Namen zu nutzen. So entstand aus Hildebrand und Getrud zum Beispiel Gerbrand. Mit Aufkommen der Kreuzzüge wurden vermehrt biblische Vornamen und Namen von Heiligen populär. Die Benennung nach dem Taufpaten, als zweiter Vorname, war im 16. Jahrhundert Gang und Gäbe.
 
Das Phänomen des außergewöhnlichen Vornamen
Vornamen

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In der heutigen Gesellschaft, in welcher Individualität eines der höchsten Güter zu sein scheint, sind außergewöhnliche Vornamen so gefragt wie nie. Doch auch in der Vergangenheit gab es schon Eltern, die ihren Kindern ein echtes Unikat als Vornamen geben wollten. So im Fall der 1959 geborenen Pepsi-Carola. Der Getränke-Konzern zahlte Pepsi-Carolas Eltern damals 10.000 Mark dafür, dass ihr Kind den Namen des beliebten Getränks bekam. Ein Konzernleiter wurde sogar der Patenonkel des Mädchens.
 
Heute ist das Thema individuelle Vornamen, wie erwähnt, sogar noch präsenter. So können die Namen Wortneuschöpfungen sein, sich aus der Mythologie ableiten oder Promi-Babys aus den USA fungieren als Namenspate. In Deutschland entscheidet jedoch das Standesamt darüber, ob ein neuer Name erlaubt ist oder nicht. Einige Eltern sind sogar schon vor Gericht gezogen, wenn ihr bevorzugter Babyname vom Standesamt abgelehnt wurde, wie die Eltern des heute 31-jährigen Pumuckl. Darüber hinaus sind in Deutschland mittlerweile noch weitere ungewöhnliche Vorname erlaubt. So zum Beispiel:
 
  • Alaska
  • Manderina
  • Montana
  • Harmonie
  • Blanchette
  • Fee
  • Luanda
  • Lunabelle
  • Shakira
  • Schnewittchen
  • November
  • Narziß
  • Windsbraut
  • Winnetou
 
Doch nach welchen Richtlinien wird in Deutschland entschieden, ob ein Vorname erlaubt ist oder nicht? Welche Kriterien muss ein Vorname erfüllen, damit er von deutschen Standesämter anerkannt wird?
 
  • Der Vorname muss als solcher erkennbar sein.
  • Der Vorname muss eindeutig dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zuzuordnen sein. (Dies funktioniert im Fall von Unisex-Namen, wie Kim oder Toni, über den zweiten Vornamen).
  • Der Vorname darf das Kind nicht lächerlich machen oder eine Verbindung zum „Bösen“ herstellen (zum Beispiel die Namen Kain oder Judas).
  • Der Vorname darf kein Orts- oder Markenname sein.
  • Der Vorname darf das religiöse Empfinden der Mitmenschen nicht verletzten (zum Beispiel Christus, wobei Jesus als Vorname in Deutschland mittlerweile erlaubt ist).
  • Der Vorname darf kein Familienname sein. Ausnahmen bilden Familiennamen, die wie Vornamen klingen, zum Beispiel Hermann oder Günther. Auch bei ostfriesischen Zwischennamen wird häufig eine Ausnahme gemacht.
  • Der Vorname muss spätestens einen Monat nach der Geburt feststehen.
  • Der Vorname darf kein Titel, wie zum Beispiel Prinzessin oder Lord, sein.
  • Der Vorname kann nicht rechtlich geschützt werden, etwa, weil Eltern möchten, dass kein anderes Kind den außergewöhnlichen Vornamen ihres Nachwuchses bekommt.
 
Die beliebtesten Vornamen 2014
Im vergangenen Jahr hat es einige Bewegungen in den Rankinglisten der beliebtesten Vornamen für Jungen und Mädchen gegeben. Mehrere Jahre in Folge waren Mia und Ben die beliebtesten deutschen Vornamen. Mia wurde dann von Emma als neuer Platz eins im Jahr 2014 abgelöst. Ben ist auch weiterhin der beliebteste Jungenname der Deutschen. Platz zwei und drei bei den Mädchennamen belegen Mia und Hanna/Hannah, bei den Jungennamen Luis/Louis und Paul. Da es keine amtliche deutsche Statistik zu den beliebtesten Vornamen gibt, muss sich an den beliebtesten Vornamen einzelner Bundesländer orientiert werden. Und die Präferenzen unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. So werden die Vornamen Elias und Noah in Berlin sehr häufig vergeben, wohingegen im Norden eher Henry/Henri auf Anklang stößt. In Bayern war jahrelang Maximilian Spitzenreiter, dieser wurde nun aber von Lucas/Lukas abgelöst. Auch mediale Großereignisse, wie die Geburt eines Königssohns oder aber auch die WM, beeinflussen viele Eltern bei ihrer Namenswahl. Nach der WM 2014 ist der Name Mats besonders in Mats Hummels Heimat Nordrhein-Westfalen beliebt. Aktuell sind vor allem alte und kurze Vornamen, wie Jan, Leon oder Maria populär.
 
Welcher Vorname für das eigene Kind gewählt wird, steht den Eltern weitestgehend frei. Solange die standesamtlichen Richtlinien erfüllt sind, können Eltern selbst entscheiden, ob sie ihrem Kind zum Beispiel einen altdeutschen Namen wie Adelheid oder einen modernen Namen wie Montana geben möchten.
 

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