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Frisch von der Leber weg

Es kann ausgesprochen wohltuend sein, einem Menschen zu begegnen, der frei heraus und ungeschminkt seine Meinung sagt. Wer ganz offenherzig äußert, was er denkt, von dem heißt es: Er spricht frisch von der Leber weg - eine Redensart, die man seit dem 18. Jahrhundert benutzt. Sie greift eine Vorstellung auf, die schon im Altertum geläufig und auch in der mittelalterlichen Medizin weit verbreitet war. Danach galt unser zentrales Stoffwechselorgan als Sammelpunkt der Lebenssäfte und somit auch als Sitz der Leidenschaften, des Temperaments, vor allem des Zorns. Indem man sich freimütig äußerte, erleichterte man die Leber von angesammeltem Ärger und aufgestauter Galle.

Überdies hielten die alten Griechen die Leber für den Sitz der Seele. Nicht von ungefähr ließ etwa Göttervater Zeus dem aufmüpfigen Prometheus, der den Menschen das Feuer gebracht hatte, die Leber von einem Adler ausreißen. Damit wurde dem »Übeltäter« die Seele und damit seine Persönlichkeit aus dem Leib entfernt - die denkbar grausamste Strafe. Der hohe Rang der größten Körperdrüse, noch vor dem Herzen, lässt sich auch daran ablesen, dass man in der Antike bei einem Tieropfer die Leber prüfte, um daraus die Zukunft zu weissagen. Am Sitz der Seele, so glaubte man, müssten sich Wahrheiten offenbaren. Unsere Redensart hat also zwei Bedeutungen: Wer frisch von der Leber weg spricht, macht sich nicht nur Luft, sondern sagt (meist) auch unverblümt die Wahrheit.

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