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Die Wurzeln der Redensart „abgebrannt“

Das Feuer als Waffe: Während des Dreißigjährigen Krieges 1618 bis 1648 wurden allein im Herzogtum Württemberg 36 000 Häuser und Scheunen »durch den ohnersetzlichen Kriegßschaden deß Brandts zu grund verderbt«, wie eine alte Chronik berichtet. Vom Heiligenberg des Klosters Andechs konnte man Anfang August 1634 beim Rückzug der schwedischen Truppen von Landshut nach Augsburg über 40 Feuersbrünste in Dörfern und Schlössern sehen. Da wundert es nicht, dass in dieser Zeit die figurative Redewendung »Er ist völlig abgebrannt« aufkam, wenn man ausdrücken wollte, dass jemand sein Hab und Gut verloren hatte und völlig mittellos war.

Das Zerstörungswerk durch Feuer erschien den Menschen besonders diabolisch, weil die Wärmequelle in jedem Haus das Zentrum des täglichen Lebens bildete, sei es Kamin in der Küche, der Ofen der bürgerlichen »guten Stube« oder das offene Feuer der ländlichen Höfe, das Schinken und Würste ebenso räucherte wie es das unterm Dach gelagerte Getreide trocknete. Der »eigen Rauch und Schmauch«, der als Ort der Nahrungszubereitung das Überleben sicherte, war Inbegriff des Hausbesitzes und des häuslichen Friedens. Entsprechend konnte ein Soldat seine Überlegenheit nicht wirkungsvoller demonstrieren als durch die Zerstörung von Feuerstellen und Öfen.

Das Plündern und »Abfackeln« von Höfen wirkte sich nicht nur verheerend aus, weil den Menschen das Dach über dem Kopf verloren ging, sondern weil dadurch Nahrungsmittel, Lagermöglichkeiten und alle Besitztümer vernichtet wurden: Geld spielte auf dem Lande damals kaum eine Rolle, als Wertgegenstände galten vielmehr Bettzeug, (Tisch-)Wäsche, Kleidung und Schmuck - wohlverwahrt in großen Truhen. Während heutzutage auch der Kleinsparer sein Geld »anlegt«, den Schmuck im Banktresor verwahrt, eine Hausratversicherung abschließt und im Notfall auf das Sozialamt hoffen kann, führte die enge Bindung aller Habe ans Wohnhaus im 17. Jahrhundert rasch dazu, dass, wer abgebrannt, auch bettelarm war.

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