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Im Interview: Rosamunde Pilcher

Wenn Sie das Verlangen verspüren, in einem kleinen Häuschen in Cornwall zu leben, dann können Sie sicher sein: Sie haben zu viele Rosamunde-Pilcher-Romane gelesen. Das besagt zumindest eine “Weisheit“ aus dem Internet. Was viele Fans nicht wissen: Fast alle anrührende Pilcher-Romane spielen zwar im malerischen Cornwall. Die Autorin von Erfolgsromanen wie “Die Muschelsucher“ und “September“ selbst jedoch lebt in Schottland, in einem kleinen Ort nahe Dundee. Im September hat die “Königin des Liebesromans“ ihren 80.Geburtstag gefeiert.

Mit “Eden“, dem Magazin für Gartengestaltung, sprach sie über Gärten in Schottland und Cornwall, die Bedeutung der Natur in ihren Romanen und was sie in ihrem Garten am liebsten macht.

“Am liebsten verbrenne ich Laub“

Weder ein teures Auto noch ein protziges Haus verraten, dass eine der bekanntesten Schriftstellerinnen unserer Zeit hier wohnt. Hohe Natursteinwände schützen den Garten und das eingeschossige, weiß verputzte Haus aus den Fünfziger Jahren vor neugierigen Blicken. An den grauen Mauern ranken duftende Rosen und zart getönte Wicken empor. Ein stattlicher Bambus scheint sich an einen Birnbaum voller Früchte zu lehnen. Der Vorgarten ist klar strukturiert und übersichtlich, denn die Romanschreiberin liebt es aufgeräumt.

Eden: Frau Pilcher, Ihre Bücher spielen in wunderschönen britischen Landschaften und Herrenhäuser. Wie würden Sie Ihren eigenen Garten beschreiben?

Pilcher: Es ist ein städtischer Garten mit viel Privatsphäre - was mir sehr wichtig ist. Er ist in sich abgeschlossen. Trotzdem engt er nicht ein - ich mag dieses Gefühl, für mich selbst zu sein. Und er birgt Überraschungen: Als wir das Haus bezogen, hatte ich den „Woodland Garden“ am Rand des Grundstücks noch gar nicht bemerkt, aber ich liebe die alten Bäume, die dort seit vielen Jahrzehnten stehen, und ich liebe es ordentlich. Es ist ein Garten, den man besitzt, um darin zu arbeiten - obwohl ich gerne einen kleinen Gemüsegarten hätte.

Eden: Gibt es Pflanzen, die Sie besonders mögen und auf die Sie in Ihrem Garten keinesfalls verzichten möchten?

Pilcher: Oh, ich mag sehr viele Pflanzen. Ganz besonders liebe ich Hortensien. Vielleicht, weil sie in Cornwall, wo ich aufgewachsen bin ,an jeder Gartenmauer blühen. Außerdem mag ich alte Bäume. Sehen Sie die riesige Blutbuche und die große Linde dort drüben? Wenn dann noch im Frühjahr eine Decke aus Schneeglöckchen, Narzissen und Hasenglöckchen den Boden überzieht, bin ich glücklich. Der Onkel meines Mannes ist ein passionierter Rhododendronsammler. Daher sind Rhododendren und Azaleen in meinem Garten unerlässlich. Natürlich habe ich auch ein Faible für Rosen. Deshalb bin ich auch besonders stolz auf die Sorte “Rosamunde Pilcher“, bei deren Taufe in Deutschland ich anwesend sein durfte. In meinem Garten fühlt sich eine “Albertine“ an der Mauer entlang der Hofeinfahrt sehr wohl. Wenn man den Hof betritt, wird man von ihrem frischen Apfelduft begrüßt. Ein Exemplar der Rosa filipes “Kiftsgate“ habe ich in den Ilex gepflanzt. Sie wächst wie ein Hooligan, aber sie riecht so schön nach Honig.

Eden: Machen Sie die Arbeit in Ihrem Garten ganz allein? Und welche ist Ihre liebste Tätigkeit?

Pilcher: Ich arbeite sehr gerne im Garten. Trotzdem freue ich mich über Hilfe. Zum Beispiel könnte ich niemals einen Garten selbst planen, aber ich liebe es, das Gerüst mit schönen Pflanzen zu füllen. Das Planen übernimmt ein Gärtner für mich. Er ist von der alten Schule. Er weiß so viel und es ist wunderbar, sich mit ihm über Pflanzen zu unterhalten - zumal mein Mann Graham zwar gern in einem schönen Garten sitzt, aber sich nicht weiter dafür interessiert. Einen Vormittag pro Woche steht der kleine Transporter des Gärtners vor unserem Haus. Ständig überlegen wir, was wir verändern können und was wir als nächstes pflanzen. In meinem Garten bleibt selten etwas, wie es ist. Wenn ich darin arbeite, jäte ich am liebsten Unkraut und verbrenne Laub und Pflanzenreste. Oder ich stelle Kompost her, den wir anschließend wieder im Garten verwenden.

Eden: Gibt es etwas, was Sie sich für Ihren Garten wünschen? Etwas, das Sie gerne anders gestalten würden?

Pilcher: Ich hätte gerne einen Gemüsegarten. Es gibt nichts Schöneres, als durch die Beete zu gehen und selbst gepflanztes Gemüse zu ernten. Kartoffeln, Tomaten oder Karotten aus dem eigenen Garten schmecken einfach unvergleichlich gut und wecken Erinnerungen an die Kindheit. Leider werfen die Bäume in meinem Garten zu viel Schatten für einen Gemüsegarten. Aber ich würde sie niemals entfernen wollen - dafür liebe ich diese alten Gehölze einfach zu sehr. Und ein Gemüsegarten bedeutet natürlich viel Arbeit.

Eden: Wie wichtig ist es Ihnen ein eigener Garten, und besuchen Sie Gärten, wenn Sie auf Reisen sind?

Pilcher: Wenn ich beruflich unterwegs bin, habe ich leider nicht sehr viel Freizeit, aber hin und wieder besuche ich auch dann Gärten. Am liebsten schaue ich mich in Cornwall um. Was andere aus ihren Grundstücken machen, interessiert mich sehr. Ich selbst könnte niemals in einem Haus ohne Garten leben, egal ob auf dem Land oder in der Stadt. Es muss kein großer Garten sein, aber ich muss die Möglichkeit haben, ins Freie zu gehen. Und: Ein Garten ist kein richtiger Garten, wenn man sich nicht darin aufhalten kann. Eine gemütliche, vor Wind geschützte Sitzecke ist das Wunderbarste, was es in einem Garten gibt.

Eden: Welche Rolle messen Sie Gärten in Ihren Büchern zu?

Pilcher: Eine wichtige Rolle. Nicht vordergründig vielleicht, aber ein Garten verrät viel über einen Ort oder ein Haus. Er reflektiert den Charakter, das Wesen seiner Bewohner. Ein Garten vermittelt ein Gespür für die Atmosphäre, in der die Menschen leben. Und da ich in Cornwall aufgewachsen bin, haben die Gärten und Landschaften dort mein Leben sehr stark geprägt und sind der Schauplatz für die meisten meiner Bücher.

Eden: Ihre Filme laufen im Fernsehen erfolgreich. Viele Autoren sind mit der Umsetzung nicht immer einverstanden. Wie ist es bei Ihnen?

Pilcher: Ich habe einige Verfilmungen gesehen. Und obwohl ich kein Deutsch verstehe, haben mir die Filme sehr gut gefallen. Ich denke, dass die Zuschauer genau wie ich die traumhaften Landschaften Cornwalls lieben. Und die lassen sich in den Filmen natürlich besonders gut erleben. Da ich für die Filme lediglich die Geschichten als Grundlagen biete und keine kompletten Drehbücher, kann ich auch nicht enttäuscht werden.

Eden: Wie viel von Ihnen steckt wirklich in Ihren Werken? Und wie unterscheidet sich die Autorin von ihren Figuren?

Pilcher: Ich schreibe nie über Orte oder Personen, über die ich nicht viel weiß. Die Wurzeln für meine Bücher liegen alle in meinem eigenen Leben. Meine Geschichten erzählen zwar nicht meine Biographie, aber sie enthalten Erlebnisse und Gefühle, die meine waren. Deswegen hat auch keins meiner Bücher für mich die selbe Bedeutung wie “Die Muschelsucher“. Alles was ich mag, ist in diesem Buch: Das Leben von Bohemians und Künstlerfamilien, London und Cornwall - das Land, das ich so liebe.

Eden: War es eine große Umstellung, aus dem sonnenverwöhnten Cornwall ins regnerische Schottland zu gehen?

Pilcher: Was das Wetter betrifft, war es am Anfang tatsächlich schrecklich, hier in Schottland zu sein. In Cornwall wird man als Gärtner extrem verwöhnt: Man steckt einen kleinen Zweig in die Erde und hat schon im nächsten Jahr einen wunderschönen Strauch. Jede kahle Trockenmauer ist innerhalb weniger Sommermonate mit blühenden Blumen bewachsen. In Schottland regnet es viel mehr. Ganz andere Pflanzen bestimmen den Charakter der Gärten. Aber ich fühle mich hier inzwischen sehr wohl - das Leben verläuft angenehm langsamer als anderswo, und die Menschen respektieren meine Privatsphäre.

Eden: Haben Sie zum Abschluss noch einen Tipp für unsere Eden-Leser? Welchen Garten sollten sie sich unbedingt ansehen?

Pilcher: Fahren Sie einfach irgendwohin! Es gibt überall so viele wundervolle Gärten, dass es schwer fällt, nur einen einzelnen zu empfehlen. Ich liebe die einfachen Dinge und natürlich angelegte Gärten. Denn zu viele Details lenken den Blick vom Wesentlichen ab. Am schönsten finde ich einen Garten, wenn die Augen sich ihren eigenen Weg bahnen können und die Phantasie angeregt wird. Gerade hier in Schottland gibt es wunderschöne Anlagen.

Das Interview führten Jutta Langheineken und Guido Schweiß-Gerwin.

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