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Raumfahrt: Unendliche Weiten werden entdeckt

Was war der »Sputnikschock«?

Der »Sputnikschock« war die Reaktion der USA auf den Erfolg der UdSSR, der es am 4. Oktober 1957 mit »Sputnik 1« gelungen war, den ersten Satelliten in eine Erdumlaufbahn zu befördern. Dadurch wurden die Fortschritte in der Raumfahrt beschleunigt, die im Laufe der Jahrzehnte immer mehr wissenschaftlichen Charakter bekam: 1969–72 betraten zwölf US-Astronauten den Mond. Zeitgleich konzentrierte sich die UdSSR darauf, ihre Raumstationen und robotergesteuerten Raumfahrzeuge zu verbessern. 1971–88 waren Saljut 1 bis Saljut 7 im All, 1986–2001 war es die Raumstation Mir.

Der Traum der Menschheit, die Erde zu verlassen und den Weltraum zu bereisen, ist alt. Der erste Schritt zu seiner Verwirklichung konnte aber erst getan werden, als die Raketentechnik beherrschbar geworden war, also ab den 1950er Jahren. Den größten Schub erhielt die Forschung durch den Zweiten Weltkrieg, der die ersten Raketen hervorbrachte. Auch in den folgenden Jahrzehnten sollten militärische Interessen im Vordergrund stehen: Die Großmächte USA und UdSSR versprachen sich von der Eroberung des Weltraums Vorteile bei einem erneut drohenden Krieg bzw. bei ihren Verteidigungsstrategien. Entsprechend groß war der »Sputnikschock«.

Wo liegen die Zentren der Raumfahrt?

Neben den USA und der UdSSR trat ab 1975 mit der europäischen Weltraumagentur ESA (European Space Agency) eine dritte wichtige Kraft in der Raumfahrt an. Heute sind mehr als 20 Raumfahrtzentren über die Erde verteilt. Die wichtigsten sind Baikonur, das Russland nach dem Zusammenbruch der UdSSR 1994 für 20 Jahre von Kasachstan gepachtet hat; Plessezk bei Archangelsk, das Baikonur bald ersetzen soll; Cape Canaveral in Florida für die NASA sowie Kourou in Französisch-Guyana für die ESA.

Was kennzeichnet die heutige Raumfahrt?

Die internationale Zusammenarbeit, denn die Zeiten, in denen zwei Supermächte ihre Kräfte im Weltall maßen, sind längst vorbei. Heute arbeiten zahlreiche Staaten gemeinsam an großen Projekten, nicht zuletzt deshalb, weil sie anders nicht zu finanzieren wären.

Die Internationale Raumstation ISS (International Space Station) ist das Projekt im All, an dem die meisten Staaten beteiligt sind. Auch die USA und Russland arbeiten bei der ISS Hand in Hand. Der Bau der Station begann 1998, schon zwei Jahre später zog die erste ständige Besatzung ein. In den folgenden 20 Jahren sollen Menschen aus 16 Nationen dort arbeiten – ob sie sich Kosmonauten, Astronauten oder anders nennen, wird dabei keine Rolle mehr spielen.

Übrigens: Im Juli 2006 ging erneut eine Langzeitbesatzung an Bord der ISS. Mit Thomas Reiter war erstmals ein Deutscher dabei.

Wie viele Satelliten umkreisen die Erde?

Wirklich eng ist es auf den Umlaufbahnen um die Erde nicht, aber es wird immer enger.

1965 schossen die USA mit »Early Bird« den ersten nichtstaatlichen Nachrichtensatelliten ins All. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts befanden sich fast 2500 funktionierende Satelliten auf ihren Umlaufbahnen, über 1300 gehörten Russland, knapp 700 den USA. Die Zahl aller jemals ins All beförderten Satelliten betrug zu dem Zeitpunkt knapp 25 000.

Es gibt Kommunikationssatelliten, ohne die internationale Telefonate oder Livesendungen undenkbar wären. Satelliten dienen der Erkundung der Erdoberfläche und des Wetters – mal zu zivilen, mal zu militärischen Zwecken. Mit Astronomiesatelliten wird der Weltraum erforscht. Mit Navigationssatelliten finden in Friedenszeiten Autofahrer ihre Wege zu unbekannten Orten, in Kriegszeiten werden auch Raketen und Bomben durch diese Satelliten zu ihren Zielen gelenkt.

Hat man Leben außerhalb der Erde gefunden?

Nein. Dieser Traum – oder die Befürchtung – der Menschheit hat sich noch nicht erfüllt. Bei einigen Projekten wurde aber darauf spekuliert, auf intelligentes Leben im All zu stoßen.

1977 sandte die NASA zwei Raumsonden ins All, die für die Erkundung der äußeren Planeten konstruiert worden waren. Ihre Namen waren Programm: Voyager, Reisender. Bis 1981 hatten »Voyager 1« und »Voyager 2« die Planeten Jupiter und Saturn passiert. 1986 flog »Voyager 2« an Uranus vorbei, 1989 an Neptun. Den Raumsonden sind zahlreiche Erkenntnisse zu verdanken, u. a. wurden mit ihnen 22 neue Monde entdeckt, allein zehn des Uranus. Beide Sonden haben mittlerweile unser Sonnensystem verlassen und entfernen sich immer weiter. Im Jahr 2000 benötigten die Signale von »Voyager 2« über acht Stunden, bis sie auf der Erde empfangen werden konnten. Die Verbindung zum Heimatplaneten werden die zwei Reisenden spätestens 2020 mit dem Ende ihrer Batterien verloren haben. »Voyager 2« könnte in 296 000 Jahren Sirius, den von der Erde aus sichtbaren hellsten Stern, passieren. Beide Sonden tragen jeweils eine kupferne Datenplatte, auf denen nicht nur 115 Bilder der Erde zu sehen sind, sondern auch Musik zu hören ist, u. a. der erste Satz von Ludwig van Beethovens 5. Sinfonie.

Welche Raumstation blieb länger als geplant im All?

Dier russische Raumstation »Mir« – der Name bedeutet Frieden. Als sie 1986 in Betrieb genommen wurde, war ihr Einsatz nur für fünf Jahre geplant. Doch erst 2001, nach 15 Dienstjahren, wurde sie kontrolliert zum Absturz gebracht; hunderte Trümmerteile gingen über dem Südpazifik nieder, ein Großteil war bereits zuvor in der Atmosphäre verglüht. Zum Schluss war nur noch über die Pannen berichtet worden, die Höhepunkte der Raumstation konnte dies aber nicht vergessen machen. So stellte der Kosmonaut Walerij Poljakow 1994/95 einen wahrlich einsamen Rekord auf, indem er 438 Tage in der »Mir« verbrachte. 1995 koppelte zum ersten Mal ein Raumtransporter der USA an.

Womit beschäftigt sich die Raumfahrt heute?

Die Projekte der internationalen Raumfahrt werden immer vielfältiger. Dabei geht es den Forschern nicht nur darum, immer weiter in das All vorzustoßen, sondern auch Erkenntnisse über die Vergangenheit zu gewinnen.

Zu den spektakulärsten Missionen gehörte »Cassini-Huygens«. Die Doppelsonde war 1997 zur Erkundung des Saturn gestartet worden. 2004 erreichte sie mit 20 000 km Entfernung zur Saturnoberfläche die geringste Distanz zum Planeten. Besonderes Aufsehen erregten nicht nur die Bilder von den Ringen und Monden: Anfang 2005 landete »Huygens« auf dem Saturnmond Titan und nahm Daten und mehrere hundert Fotos auf.

Spektakulär war auch der Erfolg von »Stardust«: Nach siebenjähriger Reise kam die Sonde Anfang 2006 zur Erde zurück. Im Gepäck hatte sie Staub des Kometen »Wild 2«, der mit 4,5 Mrd. Jahren so alt wie unser Sonnensystem ist. Ein anderer Komet, »Tempel 1« war 2005 von einem Projektil der Sonde »Deep Impact« beschossen worden, um aus dem abgesprengten Material Rückschlüsse auf die Rolle von Kometen bei der Bildung des Sonnensystems ziehen zu können.

Welche Missionen sind in der Zukunft geplant?

In den USA wird wieder davon gesprochen, nach jahrzehntelanger Unterbrechung erneut den Mond anzusteuern. Auch China plant, bis zum Jahr 2020 Menschen auf den Mond zu bringen.

Unser Nachbarplanet Venus bleibt ebenfalls nicht unbeachtet: 2006 erreichte die Sonde »Venus Express« den Planeten, dem sie ihren Namen zu verdanken hat. Unserem anderen Nachbarplaneten, dem Mars, gilt schon lange besonderes Interesse. Längst haben ihn diverse Missionen erreicht, und seine rote Oberfläche ist kein Geheimnis mehr. Es ist nicht auszuschließen, dass in einigen Jahrzehnten bemannte Missionen zum Mars fliegen werden. Nach dem heutigen Stand der Technik wird es eine Reise zum Pluto dagegen für bemannte Raumschiffe nicht geben. Stattdessen wurde 2006 die Sonde »New Horizons« auf den Weg gebracht, die den äußersten Planeten unseres Sonnensystems 2015 erreicht haben wird.

Was ist eigentlich ...

die NASA? Die Abkürzung steht für »National Aeronautics and Space Administration«. Die zivile Behörde der USA für Luft- und Raumfahrt wurde 1958 gegründet.

ein Taikonaut? Die UdSSR nannte ihre Raumfahrer Kosmonauten, die Amerikaner schicken seit jeher Astronauten ins All. Als China 2003 seinen ersten Mann ins All sandte, wurde für ihn die neue Bezeichnung Taikonaut geschaffen.

Hubble? Das 13 m lange und über 12 t schwere Großteleskop wurde 1990 auf einer Erdumlaufbahn in 560 km Höhe stationiert. Benannt ist es nach dem US-Astronomen Edwin Powell Hubble (1889–1953).

Wer war Jurij Gagarin?

Unter allen Raumfahrern wird Jurij Gagarin für immer eine Sonderstellung einnehmen: Im April 1961 flog der 27-jährige Fliegeroffizier als erster Mensch ins All. Die UdSSR hatte damit diesen Wettlauf für sich entscheiden können. Mit seiner Raumkapsel »Wostok 1« – das russische Wort bedeutet Osten – blieb Gagarin eine Stunde und 48 Minuten auf einer Erdumlaufbahn. Den Erfolg konnte er nicht lange auskosten, denn 1968 starb er bei einem Flugzeugabsturz.

Wussten Sie, dass …

das erste Lebewesen, das von der Erde aus in den Weltraum flog, ein russischer Hund war? »Laika« startete am 3. November 1957 und starb auf dem Rückweg zur Erde.

der US-amerikanische Astronaut John Glenn gleich zwei Rekorde hält? Am 20. Februar 1962 umrundete er als Erster mehrmals die Erde. Den Altersrekord stellte er auf, als er im Oktober 1998 als 77-Jähriger erneut in den Weltraum flog.

der erste Weltalltourist 20 Mio. US-Dollar für seinen Ausflug bezahlen musste? Es war der US-Amerikaner Dennis Tito, der 2001 für eine Woche die Internationale Raumstation ISS besuchte.

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