Wissensbibliothek
Politiker, Reformer, Diktatoren – Gestalter der Geschichte
Die Polis, der griechische Stadtstaat der Antike, stand Pate für unser Wort Politik. Auch deshalb beginnt dieses Kapitel über Politiker und Reformer mit dem athenischen Staatsmann Perikles (5. Jh. v. Chr.), einem glänzenden Vertreter seines Standes in der glänzendsten Epoche seiner Stadt.
Die Porträts stellen Machtmenschen und Menschenfreunde dar, Idealisten und Ideologen, Demokraten und Diktatoren, große Gestalter und verbrecherische Zerstörer. Sie alle haben Geschichte gemacht. Oft verbindet sich mit ihrem Namen ein nationaler Neubeginn: George Washington (1732–1799) als erster Präsident der USA nach dem blutigen Unabhängigkeitskrieg, der südamerikanische Volksheld Simón Bolívar (1783–1830) als Befreier von spanischer Kolonialherrschaft, Kemal Atatürk (1881–1938) als »Vater der Türken« nach dem Ende des Osmanischen Reiches, David Ben-Gurion (1886–1973), der erste Ministerpräsident des neu gegründeten Staates Israel.
Für die deutsche Geschichte sind unter anderem drei Männer von Bedeutung: Otto von Bismarck, der »Eiserne Kanzler« und Reichsgründer von 1871, Konrad Adenauer, von 1949 bis 1963 der erste Bundeskanzler der jungen Bundesrepublik, sowie Helmut Kohl, der »Kanzler der Einheit« von 1989.
Während zum Politiker immer auch die Macht gehört, basiert die öffentliche Wirkung von Menschen wie Mutter Teresa (1910–1997), die ihr Leben den Ärmsten der Armen widmete, oder Henri Dunant (1828–1910), Begründer des Roten Kreuzes, auf einem vorbildhaften Leben oder der Überzeugungskraft ihrer Idee. Durch den gewaltsamen Tod eindrucksvoller Persönlichkeiten werden Mythen und Legenden geschaffen. Der US-Präsident John F. Kennedy – 1963 Opfer eines Attentats – ist ein Beispiel dafür, und auch Che Guevara, der 1967 getötete Revolutionär, dessen Konterfei zur Ikone der Pop-Kultur wurde.
Perikles: Stratege und demokratischer Reformer
Was war Perikles' Attischer Seebund?
Der Attische Seebund war ursprünglich als Schutz gegen die Expansion der Perser in der Ägäis gedacht gewesen. Im 5. Jahrhundert v. Chr. rangen Sparta und Athen um die Vorherrschaft in der griechischen Welt. Während Sparta seine Verbündeten und Unterworfenen im Peloponnesischen Bund organisierte, baute Athen den Attischen Seebund weiter aus. Architekt dieser Politik war der um 495 v. Chr. geborene Athener Adelige Perikles. Zunehmend entwickelte sich der Bund jedoch zu einer Organisation, die die Machtsphäre Athens ausweitete und dem Stadtstaat als Instrument seiner Expansionspolitik diente.
Wie schützte Athen den Handelsweg zum Schwarzen Meer?
Durch Vorposten. Für die Bewohner Athens war es lebensnotwendig, dass die Handelsrouten ins Schwarze Meer, die sich an mehreren Stellen leicht blockieren ließen, frei blieben, denn man war dringend auf Lebensmittelimporte angewiesen. Deshalb versuchte Athen im 5. Jahrhundert v. Chr. Vorposten entlang dieses Handelswegs zu errichten, um die freie Durchfahrt der Getreidehändler zu gewährleisten. Dazu griff Athen zu einer recht kompromisslosen Expansionspolitik, die sich vor allem auf die Nordägäis richtete, aber auch vor anderen Regionen keinen Halt machte. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Seebund.
Wie entwickelte sich das Kräfteverhältnis im Seebund?
Es verlagerte sich einseitig zu Gunsten Athens. Mitgliedsstädte des Seebundes hatten entweder Kriegsschiffe zu stellen oder Geldbeiträge an die Bundeskasse zu leisten. Unter dem Einfluss von Perikles drängten die Athener darauf, dass die Mitglieder zunehmend Geldbeiträge statt Schiffskontingente liefern sollten. Dadurch stieg das militärische Gewicht Athens im Seebund so an, dass Athen die Bedingungen diktieren konnte. So sollten beispielsweise die übrigen Mitglieder ihre Verfassungen der von Athen angleichen. Mehrfach richtete sich das militärische Potenzial des Seebunds gegen Mitglieder, die aus dem Bund austreten wollten, weil sie sich nicht mehr durch die Perser bedroht fühlten oder sich der Bevormundung durch die Athener entziehen wollten. Selbst bis dahin unabhängige Städte wurden zum Eintritt gezwungen oder, falls sie sich weigerten, zerstört. Deshalb geriet Athen mehrfach in Streit mit Sparta und Korinth. Diese Konflikte mündeten schließlich in den Peloponnesischen Krieg, der in seinem 30-jährigen Verlauf die Vorherrschaft Spartas besiegeln sollte.
Auf welche Weise steuerte Perikles die Athener Politik?
Indem er sich im Hintergrund hielt, aber gleichzeitig geschickt seinen Einfluss geltend machte. Perikles selbst bekleidete keine politische Spitzenposition, ließ sich aber ab 443 v. Chr. fast jährlich zu einem der zehn Strategen wählen, die für die Kriegsführung zuständig waren. Er nahm regelmäßig Einfluss auf die athenische Volksversammlung und bediente sich dabei vor allem seiner hetairie. Das waren politische Klubs, die im antiken Athen parteiähnliche Funktionen ausübten. Er initiierte den Wiederaufbau des in den Perserkriegen zerstörten Athens. Der prächtige Ausbau der Akropolis in der Gestalt, die noch heute das Stadtbild prägt, geht auf ihn zurück. Er förderte Künste und Wissenschaften und gestaltete Athen zur kulturellen Metropole der Antike.
Warum erhielt das Volk größeren Einfluss?
Das Volk bekam mehr Rechte, um es für die Durchsetzung außenpolititscher Ziele zu gewinnen. Perikles beteiligte sich an den Verfassungsreformen des Ephialtes, die jenen Bevölkerungsschichten, die die Schiffsbesatzungen stellten, mehr politisches Gewicht zubilligten. Die alte Adelsverfassung, der areiopagos, verlor ihre Macht, Volksversammlung und Volksgericht wurden gestärkt. Das Engagement bei diesen Institutionen wurde mit so genannten Diäten entlohnt. Nun wurde eine Schicht an der Politik beteiligt, die davon profitierte, dass sich Athen aggressiv nach außen hin präsentierte und die Auseinandersetzung mit Sparta suchte.
Bezwang Perikles Sparta?
Nein. In der Konfrontation mit Sparta vertrat Perikles einen harten Kurs, der schließlich zum Ausbruch des Kriegs führte. Eines der Meisterwerke antiker Rhetorik ist die offizielle Rede auf die Gefallenen des ersten Kriegsjahres, in der Perikles das politische Programm des Konflikts zwischen Sparta und Athen entwickelt. Perikles selbst fiel 429 v. Chr. einer Seuche zum Opfer, die das belagerte Athen heimsuchte. Athen kämpfte weiter bis zur Niederlage.
Wussten Sie, dass …
für den Historiker Thukydides Athen »dem Namen nach eine Demokratie, in Wahrheit die Herrschaft des ersten Mannes«, nämlich des Perikles, war?
der berühmte Bildhauer Phidias maßgeblich am von Perikles initiierten Wiederaufbau der Akropolis beteiligt war?
Perikles für den Bau der Akropolis Geld aus der Kasse des Seebundes verwendete?
Cicero: Römischer Politiker und brillanter Rhetoriker
Wie machte Cicero so rasant Karriere?
Durch außergewöhnliche Begabung und Beziehungen. Cicero entstammte einer ritterlichen Familie aus Arpinum und ging in jungen Jahren nach Rom, wo er sich bedeutenden Rednern anschloss. Er unternahm ausgedehnte Studienreisen zu den Bildungszentren der Antike, genoss eine sorgfältige philosophische, juristische und rhetorische Ausbildung. Im Bürgerkrieg leistete er auf Seiten Sullas Militärdienst und machte anschließend als Prozessredner auf sich aufmerksam. Durch seine erfolgreiche Anklage gegen den Stadthalter Verres verschaffte er sich Zugang zu den gesellschaftlichen und politischen Spitzen der römischen Republik. Seine herausragende literarische Begabung erwarb ihm die Gunst einflussreicher Kreise. Er schlug eine politische Laufbahn ein und erlangte die römischen Staatsämter suo anno, im zulässigen Mindestalter. Für einen römischen Politiker war es eine große Auszeichnung, so früh in ein Amt gewählt zu werden.
Was waren seine großen Erfolge und Niederlagen?
Im Umfeld von Lucullus und den Metelli wurde er schließlich 63 v. Chr. zum Konsul gewählt. Auch dabei wurde ihm eine besondere Ehre zuteil. Cicero war homo novus, der Erste aus seiner Familie, der das Amt des Konsuls bekleidete. In der späten Republik war es extrem selten, dass Aufsteiger in das höchste Amt gewählt wurden. Gegen Ende seiner unspektakulären Amtszeit tat sich Cicero bei der Bekämpfung Catilinas und seiner Parteigänger hervor.
Als er sich 59 v. Chr. gegen Cäsar und Pompeius wandte, unterstützten diese beiden Ciceros persönlichen Feind Clodius dabei, Cicero zur Verantwortung zu ziehen. Er musste sich wegen der Hinrichtung einiger hoch stehender Anhänger Catilinas verantworten. Er ging nach Griechenland ins Exil und konnte erst nach mehreren Jahren aufgrund veränderter politischer Konstellationen nach Rom zurückkehren. In den folgenden Jahren unterstützte er Cäsar und Pompeius. Bei Ausbruch des Bürgerkriegs stellte er sich auf die Seite von Pompeius und floh mit der Senatspartei aus Italien. Bei keiner der großen Niederlagen der Pompeianer anwesend, wartete er das sich bald abzeichnende Ergebnis der Kämpfe wieder in Italien ab.
Was führte zu der Ermordung des Politikers?
Die sich verschiebenden politischen Allianzen. Unter der Diktatur Cäsars wandte sich Cicero seinen literarischen Arbeiten zu und zog sich aus der Politik zurück. Nur gelegentlich richtete er sich als Bittsteller für politische Freunde direkt an Cäsar. Dessen Ermordung 44 v. Chr. überraschte Cicero ebenso wie die gesamte Oberschicht. Obwohl Ciceros Abneigung gegen Cäsar offensichtlich gewesen war, hatten die Cäsarmörder ihn nicht ins Vertrauen gezogen.
In den nächsten Monaten betätigte sich Cicero als Agitator gegen Antonius, der im Begriff war, die Nachfolge Cäsars anzutreten. Er hielt und veröffentlichte mehrere »Philippische Reden«, die den Reden des athenischen Rhetors Demosthenes gegen Philipp II. von Makedonien nachempfunden waren. Als es dann im Herbst 43 v. Chr. zu einer Verständigung zwischen Antonius und Octavian, dem Erben Cäsars, kam, fand sich Ciceros Name auf der Liste derer, die im Interesse der neuen Machthaber zu töten waren. Am 7. Dezember 43 wurde er auf der Flucht eingeholt und ermordet.
Welche Bedeutung hat Ciceros Werk für die Nachwelt?
Mit Cicero erreichte die lateinische Sprache ihren stilistischen Höhepunkt. Seine Werke sind größtenteils erhalten und umfassen zahlreiche Reden, eine umfangreiche Briefsammlung, philosophische und rhetorische Abhandlungen. Das ciceronische Werk steht mit seiner stilistischen Reife nicht nur in der lateinischen, sondern in der gesamten Literatur einzig da. Dessen war sich schon Cicero bewusst.
Seine Reden wurden überarbeitet und als Kunstwerke veröffentlicht. Ihnen können wir zahllose Details der römischen Politik und Rechtsprechung entnehmen. Seine Briefe mit persönlichen Einschätzungen zu politischen Ereignissen sind für Historiker unschätzbar wertvoll. Seine Abhandlungen haben den Bildungskanon einer vergangenen Epoche in einer Breite erhalten, wie sie sonst selten ist.
Warum scheiterte der Römer als Staatsmann?
Als Politiker war Cicero ein Idealist, der gegenüber Pragmatikern wie Cäsar, Antonius oder Pompeius scheitern musste. Er hatte sich als aus dem Mittelstand stammender »homo novus« der Senatspartei angeschlossen und hielt ihr bis zu seinem Ende die Treue. Sein Versuch, die altrömischen Ideale und die alte republikanische Freiheit wiederherzustellen, scheiterte an den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen und vor allem an seinem Erzfeind Antonius, der nach dem Zustandekommen des 2. Triumvirats (43 v. Chr., Octavian, Antonius und Lepidus) die Gelegenheit nutzte, sich für Ciceros »Philippika« zu rächen, und dessen Ermordung veranlasste.
Wussten Sie, dass …
Cicero über ein erstaunliches Gedächtnis verfügte? Seine vier berühmten Reden über Catilina legte er erst vier Jahre, nachdem er sie gehalten hatte, schriftlich nieder.
sich Cicero nach 30-jähriger Ehe scheiden ließ, um eine 20-Jährige zu heiraten? Die Ehe hielt allerdings nicht lange.
Antonius den Kopf und die Hände des großen Rhetorikers an der Rednerbühne auf dem Forum in Rom ausstellen ließ, dem Ort, an dem Ciceros seine größten Erfolge gefeiert hatte?
Lorenzo de' Medici: Die Macht im Hintergrund
Was kennzeichnet das Geschlecht der Medici?
Vor allem ihr glückliches Verhältnis zum Geld. Als Lorenzo de' Medici im Jahr 1449 in Florenz geboren wurde, hatte seine Familie schon eine lange Erfolgsgeschichte hinter sich. Bereits im 13. Jahrhundert gab es verschiedene Familienzweige, die »di Cafaggiolo« bildeten eine Hauptlinie. Der Reichtum, den die Familie bereits im 14. Jahrhundert angesammelt hatte, sollte sich aber erst an der Wende zum 15. Jahrhundert in eine entsprechende politische und gesellschaftliche Stellung ummünzen lassen, nachdem Giovanni di Bicci (1360–1429) 1397 die später so berühmte Medici-Bank gegründet hatte.
Welcher Medici sorgte für den Aufstieg der Familie?
Giovannis Sohn, der spätere Großvater Lorenzos, Cosimo »il Vecchio« (1389–1464), sicherte sich mithilfe eines weit verzweigten Klientelnetzes einen großen Anteil an der Macht in Florenz. Trotz einer Kerkerhaft im Jahr 1433 und anschließender Verbannung nach Venedig, wo man ihn bereitwillig aufnahm, konnte er bald in die Arno-Metropole zurückkehren. Dort gelang es ihm, die gesamte Politik auf seine Person, seine Familie und ihre Vertrauten zu konzentrieren, ohne selbst auf Dauer Ämter der Republik bekleiden zu müssen. Neben pragmatischen und moralisch nicht immer ganz einwandfreien Methoden, wie beispielsweise Bestechung, nutzte er ganz im Stil der Zeit auch das Mittel des Mäzenatentums, um seinen umfassenden Führungsanspruch zu unterstreichen. Und das mit Erfolg: Die Signoria – die Stadtregierung von Florenz – ehrte »den Alten« nach dessen Tod mit dem Titel »pater patriae« (Vater des Vaterlands).
Konnte Lorenzo den Ruhm der Familie weiter vergrößern?
Zunächst nicht: Lorenzo »il Magnifico« konnte zwar auf einer erfolgreichen Vorgeschichte aufbauen, als er im Jahr 1469 gemeinsam mit seinem Bruder Giuliano die Führung der Familie und des florentinischen Staates von seinem Vater Piero übernahm, der nur wenige, krisenreiche Jahre regiert hatte. Belastet wurde Lorenzos Herrscherzeit aber durch seine Feindschaft mit Papst Sixtus IV. (1471–1484), dessen Neffe, Kardinal Raffaele Riario, bei der so genannten Pazzi-Verschwörung, die 1478 Giuliano de' Medici das Leben kostete, eine zentrale Rolle spielte. Auch danach gelang es Sixtus noch, Neapel und Siena zum Krieg gegen das mediceische Florenz zu bewegen. Der folgende Friedensschluss der Stadt (1480) mit dem unter spanischer Herrschaft stehenden Neapel trug aber dann beträchtlich zum strahlenden Bild Lorenzos bei: »Il Magnifico« begab sich in einer spektakulären Aktion persönlich nach Neapel, um sich dort mit dem Feind zu arrangieren.
Wodurch sicherte Lorenzo seine Macht?
Durch eine Taktik der Protektion und Bestechung. Nach den ersten Krisenjahren konnte Lorenzo überaus erfolgreich und beinahe unangefochten die Geschicke der Stadt lenken. Wie sein Großvater Cosimo verzichtete auch er weitgehend darauf, öffentliche Ämter zu übernehmen. Dennoch legte sich die Opposition gegen diese »Kryptosignorie« der Medici – die Herrschaft im Hintergrund – nie ganz.
Lorenzo versuchte nicht nur durch politische Reformen – etwa die Einrichtung des Rats der Siebzig im Jahr 1480, der nur aus Medici-Anhängern bestand – den Einfluss seiner Gegner zu beschneiden, sondern forderte darüber hinaus, dass sämtliche Lebensbereiche im Dienst seiner Regierung stehen sollten. Dies erstreckte sich von der äußerst erfolgreichen Protektion von Familienmitgliedern – etwa durch seine und seines Sohnes Eheverbindung mit dem römischen Adelsgeschlecht der Orsini – über bürokratische Reformen bis hin zur nachhaltigen Förderung von Kunst und Kultur als Mäzen.
Wie sah sich Lorenzo de' Medici selbst?
Wenn Lorenzo späteren Zeiten als Verkörperung des Renaissance-Ideals vom universellen Menschen galt, so geht dieses Bild auf eine bewusste Stilisierung durch ihn selbst und seine Umgebung zurück. Er schaltete sich als Vermittler in die »internationale« Politik ein und begründete damit einen Ruf, der letztlich auch seine Macht in der eigenen Stadt sicherte. Davon zeugt beispielsweise sein umfangreicher Briefwechsel. Einen weiteren Stilisierungsschub erfuhr sein Bild dann nach seinem Tod, als der französische König Karl VIII. Feldzüge nach Italien unternahm, und die damit verbundenen außenpolitischen Misserfolge von Lorenzos Sohn Piero 1494 zu dessen Vertreibung aus Florenz führten. Angesichts der aktuellen Probleme wurde die Regierungszeit Lorenzos als eine Ära des Friedens, der Größe und des Glanzes verklärt.
Welche Rolle spielte Girolamo Savonarola in Florenz?
Der Dominikaner, der aus einer vermögenden Familie stammte, war von Lorenzo de' Medici nach Florenz geholt worden. Dort erlangte er als fanatischer Bußprediger immer mehr Macht, die er zunehmend gegen die so erfolgreich herrschende Familie einsetzte. Als Karl der VIII. von Frankreich in Italien einmarschierte, nutzte Savonarola die Gelegenheit, um den Nachfolger Lorenzos, seinen Sohn Piero de' Medici, aus der Stadt zu vertreiben. Seine fortgesetzten Vorwürfe gegen Papst und Kirche ließen ihn aber letztlich scheitern: 1497 wurde er von Papst Alexander VI. exkommuniziert und im folgenden Jahr in Florenz öffentlich gehängt und anschließend verbrannt.
Wussten Sie, dass …
Lorenzos Sohn Giovanni, dem erst 14-jährig sein Vater im Jahr 1489 die Kardinalswürde verschafft hatte, später als Leo X. Papst wurde?
zu den von Lorenzo geförderten Künstlern auch Sandro Botticelli und Michelangelo Buonarotti zählten?
Botticelli unter dem Einfluss der Predigten des Dominikaners Savonarola einige seiner Gemälde vernichtete?
Lorenzo ebenso wie sein Vater und sein Großvater an Gicht litt?
die Medici seit 1569 als Großherzöge eine Monarchie in Florenz errichten konnten?
George Washington: Erster Präsident der USA
Kam George Washington aus der kolonialen Oberschicht?
Ja, George Washington wurde am 22. Februar 1732 als Sohn eines Plantagenbesitzers in eine Familie hineingeboren, die bereits seit vier Generationen in Virginia siedelte. Zunächst arbeitete er als Landvermesser und nahm dann als Oberst der virginischen Miliz 1754/55 an den ersten Kämpfen gegen französische Streitkräfte aus Kanada teil. In diesen Scharmützeln erwarb er sich einen Ruf als Militärführer.
Unmittelbar nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst heiratete Washington im Januar 1759 Martha D. Custis, eine Witwe, die beachtlichen Besitz mit in die Ehe brachte. Washington war nun zu einem der reichsten Männer der Kolonie Virginia geworden und sein Landsitz Mount Vernon entwickelte sich bald zu einem gesellschaftlichen Zentrum.
Warum rebellierte Washington gegen die Kolonialmacht England?
Entschieden lehnte Washington die britischen Steuergesetze und Souveränitätsansprüche in den 13 Neuengland-Kolonien ab und plädierte im September 1774 als einer der Ersten für den bewaffneten Widerstand gegen Großbritannien. Im April 1775 wurde er vom Kongress der aufständischen Kolonisten zum Oberbefehlshaber der amerikanischen Truppen gewählt. Nach einer Reihe von Rückschlägen gelang es Washington am 19. Oktober 1781, mit französischer Unterstützung die Kapitulation von 7000 britischen Soldaten in Yorktown zu erzwingen. Damit öffnete er den Weg zu Verhandlungen, die knapp zwei Jahre später zum Friedensschluss und zur völkerrechtlichen Anerkennung der amerikanischen Unabhängigkeit führten. Anschließend legte Washington sein Kommando nieder und kehrte auf seinen Landsitz zurück.
Wie wurde der Militärkommandant Präsident?
Im Mai 1787 wurde Washington in den Kongress der 13 Staaten entsandt, wo er sich für eine Stärkung der Zentralgewalt einsetzte. Die Beratungen führten am 17. September 1787 zur Verabschiedung der Verfassung der Vereinigten Staaten. Am 4. Februar 1789 votierte das Wahlmännerkollegium einstimmig für Washington als Präsident. In einer starken, energisch handelnden Bundesregierung sah das neue Staatsoberhaupt die beste Gewähr für die Freiheit und Sicherheit der Bürger. Washington respektierte die konstitutionellen Rechte der Einzelstaaten, konnte sich aber keine »Gewaltenteilung« mit ihnen vorstellen. Mit seiner Entscheidung, die in der Verfassung vorgesehene Hauptstadt am Potomac zu errichten, kam er den Südstaaten entgegen, die sich von Anfang an über Benachteiligung in der Union beklagt hatten.
Was erreichte der Präsident in seiner Amtszeit?
Washingtons erste Amtszeit stand ganz im Zeichen der Durchsetzung eines nationalen Wirtschafts- und Finanzprogramms: Die Nationalbank wurde ins Leben gerufen und ein einheitliches Währungssystem eingeführt. Eine weitere bedeutende Leistung war die Erklärung der Grundrechte (Bill of Rights). Durch eine sparsame Verwaltung und strenge Neutralität nach außen gelang es Washington, das neue Staatswesen zu stabilisieren.
Im Jahr 1793 wurde er erneut zum Präsidenten gewählt. Trotz vielfachen Drängens entschied er sich gegen die Unterstützung des revolutionären Frankreichs und schloss stattdessen – gegen eine starke Opposition im Kongress – einen Handelsvertrag mit Großbritannien.
Washington lehnte 1797 eine zweite Wiederwahl ab, ließ sich aber ein Jahr später, als ein Krieg mit Frankreich ernsthaft bevorstand, zur nochmaligen Übernahme des Heeres-Oberbefehls bewegen. Die Krise flaute jedoch ab, bevor er den Posten antreten konnte. Washingtons letzte öffentliche Stellungnahme richtete sich gegen die von Thomas Jefferson eingebrachten Virginia- und Kentucky-Resolutionen, die den Einzelstaaten das Recht zusprachen, Gesetze des Bundes für nichtig zu erklären.
Befürwortete Washington die Sklaverei?
Washington lehnte die Sklaverei als unvereinbar mit den Prinzipien der Unabhängigkeitserklärung ab, hielt jedoch ihre sofortige Abschaffung für praktisch undurchführbar. Sein Testament sah – nach dem Tod seiner Ehefrau – die Befreiung aller Sklaven in seinem Besitz vor. Washington starb am 14. Dezember 1799 im Alter von 67 Jahren an einer akuten Kehlkopfentzündung, die damals noch nicht behandelt werden konnte.
Welche Vorbilder hatte Washington?
Washingtons politische Vorstellungen waren insbesondere von dem britischen Politiker und Philosophen Viscount Bolingbroke geprägt, der dem korrupten Treiben von Hof und Regierung das Ideal eines patriotischen Königs entgegengestellt hat. Nicht minder fesselte Washington die Figur des jüngeren Cato, den er als Inbegriff römischer Tugenden verehrte. Diesen Leitbildern versuchte er gerecht zu werden, Selbstbeherrschung, Disziplin und strenge Kontrolle von Emotionen wurden zu seinen hervorstechenden Eigenschaften.
Wussten Sie, dass …
Washington zeit seines Lebens unter seinen schlechten Zähnen litt? Er konsultierte ständig Zahnärzte und besaß diverse künstliche Gebisse.
Mrs. Washington über die Wahl ihres Gatten zum Präsidenten wenig beglückt war? Martha Washington hätte ein beschauliches Leben als Plantagenbesitzersgattin auf dem Lande vorgezogen.
Simón Bolívar: Vergötterter Befreier von spanischer Herrschaft
Welche geistigen Strömungen beeinflussten Simón Bolívar?
Vor allem die Ideen der Aufklärung und der französischen Revolution. Der am 24. Juli 1783 in Caracas geborene Bolívar stammte aus einer reichen Familie, die im 17. Jahrhundert aus Spanien nach Südamerika ausgewandert war. Mit neun Jahren wurde er Waise, er genoss eine liberale Erziehung im Geiste Rousseaus und wurde von Verwandten sehr früh nach Spanien geschickt. Bei einem späteren Europabesuch begeisterte er sich in Paris für die Revolution und den Liberalismus, machte Bekanntschaft mit Befürwortern der Unabhängigkeit Lateinamerikas wie Alexander von Humboldt und trat einer Freimaurerloge bei.
Wie kam es zum Aufstand in Venezuela?
In Venezuela hatte sich inzwischen eine Gruppe um reiche Kreolen (mantuanos) gebildet, die gegen Spanien konspirierte und beabsichtigte, eine eigene Nation zu schaffen. Ein erster Aufstand fand am Gründonnerstag des Jahres 1810 statt. Die Kreolen nutzten die Gelegenheit, dass es im Mutterland unter Joseph Bonaparte gärte, und bildeten eine Junta, die zunächst Treue auf den spanischen König Ferdinand VII. schwor. Bolívar wurde nach England entsandt, wo er die Möglichkeit hatte, Hilfe für die Rebellen zu organisieren, aber auch Francisco de Miranda zu treffen, einen der großen Vordenker der Unabhängigkeit, der mit Bolívar nach Venezuela zurückkam. Dann überschlugen sich die Ereignisse, ein Kongress proklamierte 1811 eine unabhängige Republik, gab Miranda weitgehende militärische Vollmachten und rief eine föderative Verfassung aus.
Stießen die Aufrührer auf Widerstand?
Durchaus: Die Anhänger des Königs von Spanien und des alten Systems waren noch sehr zahlreich. Zudem erschütterte 1812 ein fürchterliches Erdbeben das Land. Schließlich wurden die Anführer der Unabhängigkeitsbewegung in Puerto Cabello geschlagen, die wütenden Soldaten rebellierten und warfen Miranda Versagen vor. Bolívar ließ ihn kurzerhand an die Spanier ausliefern.
Brachte Bolívar die Wende?
Zunächst noch nicht. Bolívar versuchte, eine neue Armee zu organisieren. Er zog sich nach Neugranada zurück, heute Kolumbien. Danach drang er mit Unterstützung von aufständischen Generälen wieder nach Venezuela ein, wo er im Juni 1813 in Trujillo sein berühmtes Dekret »Guerra a muerte« veröffentlichte, wonach keine Gefangenen mehr unter den Spaniern gemacht werden dürften. Dann ließ er sich im Oktober 1813 zum »Libertador« (Befreier) in Caracas ausrufen. Aber die Royalisten und die spanientreuen llaneros (Viehbesitzer) gewannen wieder die Oberhand und nach unzähligen Gefechten musste Bolívar 1815 nach Jamaica fliehen. Dort nutzte er die Zeit des Exils und entwarf ein politisches Programm für die Zukunft Lateinamerikas. Er sprach sich gegen Monarchie, für Föderalismus und Demokratie aus und forderte eine große Allianz der amerikanischen Völker. Die Hauptstadt sollte in Panama liegen.
Wie kam es schließlich zur Unabhängigkeit?
1816 gelang es Bolívar, nach Venezuela zurückzukehren und im August 1819 in Boyacá einen brillanten Sieg über die Spanier und Spanienanhänger zu erringen. Die spanische Herrschaft brach zusammen, und im Dezember 1819 proklamierte ein Kongress in Angostura die Bildung der Republik Großkolumbien, die Neugranada, Venezuela, Panama und Ecuador umfasste. Ihr Präsident wurde Bolívar. Nachdem nun auch in Spanien selbst Aufruhr herrschte und dort die liberale Verfassung von 1812 ausgerufen wurde, befahl die Regierung in Madrid, einen Kompromiss mit den südamerikanischen Rebellen auszuhandeln. Bolívar schloss zwar im November 1820 in Trujillo mit dem General der spanischen Streitkräfte, Morillo, einen Waffenstillstand, aber die Spanier lehnten jede Art von Unabhängigkeit ab. Der Krieg ging folglich weiter. Erst im Juni 1821 konnte Bolívar in Carabobo den entscheidenden Sieg über die Spanier erringen, der Venezuela in die Unabhängigkeit führte. Endgültig unabhängig als eigener Staat wurde es 1830, im Todesjahr Simón Bolívars, als sich Großkolumbien auflöste.
Welche Mitstreiter hatte Bolívar?
Im Juli 1822 traf Bolívar in Guayaquil auf José de San Martín (1778–1850), den zweiten großen Helden in der Unabhängigkeitsbewegung Südamerikas und »Protector« (Beschützer) Perus. Aber es gab Differenzen zwischen den beiden Männern. Bolívar wollte eine Vereinigung Guayaquils mit Kolumbien, während San Martín eine Union mit Peru bevorzugt hätte, wo die spanische Kolonialherrschaft noch viele Anhänger hatte. Auch stand Bolívar dem Wunsch San Martíns, europäische Herrscher als Könige für die südamerikanischen Staaten zu proklamieren, um die Anarchie zu bekämpfen, ablehnend gegenüber. San Martín zog sich 1824 nach Frankreich zurück und überließ es Bolívar, Peru in die Unabhängigkeit zu führen. Im peruanischen Ayacucho wurden die Spanier im Dezember 1824 endgültig von General Sucre geschlagen, dem späteren Präsidenten von Bolivien. Bolívar versuchte sofort, seine alte Idee einer amerikanischen Konföderation wieder zu beleben, indem er zu einer Versammlung aller hispanischen Nationen nach Panama einlud. 1826 fand der Kongress statt, allerdings nur mit Mexiko, Guatemala, Kolumbien und Peru.
Wussten Sie, dass …
Bolívars Frau ein Jahr nach der Hochzeit an Gelbfieber starb?
sich Bolívar angeblich 1805 in Rom verpflichtete, die Unabhängigkeit seiner Heimat von der spanischen Herrschaft zu erreichen?
der Feldherr, nachdem er sich 1828 zum Diktator ernannt hatte, ein Attentat überlebte?
neben dem Staat Bolivien auch die venezolanische Währung nach dem Freiheitskämpfer benannt ist?
Abraham Lincoln: Kriegsherr und Sklavenbefreier
Was verkörperte Abraham Lincoln?
Den amerikanischen Traum. Der 16. Präsident der USA kam aus kleinsten Verhältnissen und arbeitete sich aus eigener Kraft empor – buchstäblich von der Holzhütte ins Weiße Haus.
Geboren wurde Abraham Lincoln am 12. Februar 1809 bei Hodgenville in Kentucky als Sohn eines Farmers. Über seine Kindheit und Jugend sagte er, man finde sie in den »kurzen und simplen Annalen der Armen«: mehrere Umzüge, Tod der Mutter im Jahr 1818, kaum Gelegenheit, eine Schule zu besuchen. Der junge Lincoln schlug sich mit verschiedenen Jobs durch und widmete sich nebenbei mit eisernem Willen und Disziplin seiner Weiterbildung – 1836 legte er das juristische Examen ab.
Was löste den Amerikanischen Bürgerkrieg aus?
Es war die Wahl Lincolns zum amerikanischen Präsidenten. Nachdem der bekennende Sklavengegner Lincoln im Jahr 1846 in den US-Kongress gewählt worden war und sich ab 1856 in der neu gegründeten Republikanischen Partei engagiert hatte, stieg er rasch die Karriereleiter empor. 1860 schließlich gewann er die Präsidentschaftswahl, und zwar mit den Stimmen der Nordstaaten, denn die Bewohner des Südens hegten nicht die geringste Sympathie für den Mann, dessen Einstellung zur Sklaverei sie kannten und hassten.
Der Konflikt zwischen den Sklaven haltenden, agrarisch ausgerichteten Südstaaten und dem industrialisierten Norden hatte schon lang geschwelt. Als Lincoln an die Macht kam, brach er offen aus. Die Südstaaten erklärten ihren Austritt aus der Union, es kam zum Krieg, der die Politik in der ersten Amtsperiode des Präsidenten beherrschte.
Ging es im Bürgerkrieg von Anfang an um die Sklavenbefreiung?
Nein. Als Christ, Demokrat und Humanist war Abraham Lincoln ein Gegner der Sklaverei und machte daraus auch keinen Hehl. Als Politiker ging er anfangs jedoch nicht so weit, die Freilassung der Sklaven zu fordern. Nicht nur, weil er damit keine Chance gehabt hätte, die Wahlen zu gewinnen, er hielt auch fest am Recht der einzelnen Staaten, ihre inneren Angelegenheiten selbst, also ohne Einflussnahme der Regierung, zu regeln.
Auch den Krieg begann er nicht, um die Sklaven zu befreien – es ging ihm ausschließlich um den Erhalt der Union und damit um die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des Nordens. Hätte sich die Union in den ersten eineinhalb Kriegsjahren wieder herstellen lassen, so wäre Lincoln bereit gewesen, die Existenz Sklaven haltender und nicht Sklaven haltender Staaten zu akzeptieren und an einer Lösung zu arbeiten, die die Sklaven schrittweise und im Einvernehmen mit den Südstaaten in die Freiheit entließ.
Wie wurden die Sklaven befreit?
Durch ein Gesetz. Ausschlaggebend dafür waren strategische Gründe. Der Norden kam militärisch nicht recht voran, es war nicht abzusehen, dass der Süden aufgeben und zu Friedensverhandlungen bereit sein würde. Der Süden musste in die Knie gezwungen werden, und dazu gehörte auch, seine wirtschaftliche Basis, die Sklaverei, zu zerstören. So kam es zur »Emancipation Proclamation«, die am 1. Januar 1863 in Kraft trat und 1865 durch zwei Verfassungs-Zusatzartikel ergänzt wurde.
Kriegstechnisch erhielt die Union dadurch die Möglichkeit, Sklaven zu rekrutieren und ihre Truppen aufzustocken. Nicht zu unterschätzen war auch die psychologische Wirkung, die Lincoln propagandistisch nutzte: Die Soldaten kämpften nun für die Menschenrechte, sie zogen auf die Schlachtfelder, um ihre schwarzen Brüder zu befreien.
Warum wurde Abraham Lincoln ermordet?
Weil er eine Politik zugunsten der Schwarzen betrieb. 1864 kandidierte Lincoln erneut und gewann die Wahl. Am 9. April 1865 kapitulierten die Südstaaten. Am 14. April besuchte Lincoln eine Vorstellung im Ford's Theatre in Washington und wurde erschossen. Seine Ankündigung, den Afroamerikanern das Wahlrecht zu geben, soll den Schauspieler John Wilkes Booth so erbost haben, dass er dem Präsidenten eine Kugel in den Kopf jagte.
Übrigens: Lincolns Tod wirft die Frage auf: Was wäre gewesen, wenn ...? Hätte Lincoln den Wiederaufbau des zerstörten Südens stärker vorangetrieben und damit den wirtschaftlichen Rückstand der Südstaaten vermieden, der zu einem tiefen Bruch zwischen dem Norden und dem Süden der USA führte? Hätte er darauf gedrungen, die Rechte der ehemaligen Sklaven auch durchzusetzen? Die Schwarzen im Süden mussten fast 100 Jahre warten, bis sie wirklich alle zu den Urnen gehen konnten.
Wussten Sie, dass …
Lincoln in kürzester Zeit seine Haltung zur Sklavenfrage änderte? Im März 1861 erklärte er: »Ich verfolge weder direkt noch indirekt die Absicht, die Institution der Sklaverei in den Staaten, in denen sie existiert, anzugreifen.« Im Juli 1862 hieß es dann: »Die Sklavenbefreiung ist eine militärische Notwendigkeit. Wir müssen die Sklaven befreien oder wir werden selbst unterworfen werden.«
der durch die Wahl Abraham Lincolns ausgelöste Amerikanische Bürgerkrieg der erste moderne Massenkrieg der Weltgeschichte war?
Otto von Bismarck: Der Eiserne Kanzler
Wie kam Bismarck zu dem Beinamen »Eiserner Kanzler«?
»Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts auf der Welt.« Mit solch markigen Aussprüchen und aufgrund seiner anfänglichen Kriegspolitik zog sich Bismarck den Ruf als »Eiserner Kanzler« zu.
Schon in jungen Jahren war Otto von Bismarck, der am 1. April 1815 im ländlich-preußischen Schönhausen (Altmark) geboren wurde, zwar ein Heißsporn, doch zugleich eine höchst empfindsame Natur, was sich in tiefer Religiosität äußerte. Erzkonservativ, stand Bismarck allen liberalen Bestrebungen misstrauisch gegenüber und profilierte sich seit 1847 im Vereinigten Landtag und während der Märzrevolution als treuer Anhänger des Königs.
Was für eine Außenpolitik betrieb der Kanzler?
Eine zunächst recht aggressive. Nach Jahren als Diplomat erreichte Bismarck 1862 der Ruf Wilhelms I., der ihm das Amt des preußischen Ministerpräsidenten anbot. Dem König erschien er als geeignete Waffe gegen seine rebellierenden Abgeordneten. Die Rechnung ging auf: Bismarck setzte sich über Verfassungsbedenken hinweg und machte dies durch außenpolitische Erfolge wett. 1864 entriss er im Auftrag des Deutschen Bundes gemeinsam mit Österreich den Dänen Schleswig-Holstein, zwei Jahre später stellte er sich gegen den Verbündeten und entschied die Rivalität mit Österreich in einem deutschen »Bruderkrieg« bei Königgrätz zugunsten Preußens, 1870 provozierte er eine Kriegserklärung Frankreichs, indem er Kaiser Napoleon III. diplomatisch brüskierte, und erzwang die Einigung Deutschlands. Am 18. Januar 1871 wurde Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles zum Deutschen Kaiser proklamiert: eine weitere demütigende Provokation des Nachbarn, die sich auf lange Sicht rächen sollte.
Wie wurde der Politiker zum »ehrlichen Makler«?
Duch die Behauptung, Deutschland sei nach der Reichsgründung »saturiert«. Zwar musste er nun im nationalen Rausch der Annexion von Elsass-Lothringen zustimmen und mit fünf Milliarden Goldfrancs Frankreich harte finanzielle Bedingungen stellen. Ganz entschieden setzte er jedoch immer darauf, das Erreichte und den Frieden zu sichern. Mit einem ausgeklügelten Bündnissystem errang er in brillanter Ausbalancierung der Interessen eine Schiedsrichterrolle in Europa.
Wie fortschrittlich war Bismarck innenpolitisch?
Innenpolitisch erkannte er die Zeichen der Zeit überhaupt nicht. Er protegierte die Großagrarier und die Schwerindustrie, verkannte aber die soziale Frage: Zwar sorgte er für eine fortschrittliche Sozialgesetzgebung, versuchte jedoch ab 1872 die Macht der katholischen Kirche in einem Kulturkampf zu brechen und die Arbeiterbewegung 1878 durch ein scharfes Sozialistengesetz zu unterdrücken. Seine antikirchlichen Maßnahmen, die dem jungen Reich die katholischen Bevölkerungskreise entfremdete, musste er ab 1879 Stück für Stück zurücknehmen. Und die Arbeiter verweigerten sich ihm nach wie vor, weil er die Linke politisch entmündigte.
So war es auch die Arbeiterfrage, an der sich 1890 der Konflikt mit dem seit 1888 regierenden Kaiser Wilhelm II. entzündete, der den Reichsgründer schließlich entließ. Vieles war nur Vorwand; es ging dem jungen Regenten eher darum, sich aus dem Schatten Bismarcks zu lösen. Die Mittel dazu gab ihm die restriktiv gestaltete Reichsverfassung: Bismarck hatte es versäumt, Sicherungen gegen ein zu »persönliches Regiment« des Monarchen einzubauen.
Verbittert zog sich Bismarck nach Friedrichsruh bei Hamburg zurück, von wo aus er die Zerstörung seines kunstvollen Bündnissystems durch die vom Kaiser »ohne Augenmaß« geleitete Regierung mitansehen musste. Mit dem Tod seiner geliebten Frau Johanna traf ihn 1894 ein schwerer Schicksalsschlag. Er selbst starb am 30. Juli 1898.
Was meinte Bismarck mit seiner »Blut und Eisen«-Parole?
Ursprünglich fielen die Worte in umgekehrter Reihenfolge in durch den Verfassungskonflikt aufgeheizter Atmosphäre. Der neu ernannte preußische Ministerpräsident Bismarck erklärte vor der Budgetkommission des Abgeordnetenhauses am 30. September 1862: »Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der Fehler von 1848 und 1849 gewesen –, sondern durch Eisen und Blut.« Diese Worte, als patriotischer Appell gedacht, um die Wogen zu glätten, wurden als politisches Programm der Gewalt interpretiert. Die Abgeordneteen unterstellten Bismarck eine Strategie außenpolitischer Ablenkung und gingen auf das von ihm beabsichtigte Kooperationsangebot nicht ein, jedenfalls verweigerten sich alle Liberalen. Bismarck musste nun zunächst den König beruhigen. Im kollektiven Gedächtnis sind die martialischen Worte bis heute in der von Bismarck in seinen Memoiren überlieferten »blutigen« Reihenfolge und als Drohgebärde erhalten geblieben, woran auch die Friedenspolitik Bismarcks nach der Reichseinigung nichts geändert hat.
Wussten Sie, dass …
Bismarck ein entschiedener Gegner des Kolonialismus war, dem er mit den Worten »Frankreich liegt links, Rußland liegt rechts, in der Mitte liegen wir. Das ist meine Karte von Afrika« ein Absage erteilte?
der Kanzler selbst den Namen des nach ihm benannten Bismarckherings genehmigte, weil er dieses Gericht sehr schätzte?
Bismarck aus dem konfiszierten Vermögen Georgs von Hannover, dem so genannten Welfenfonds, eine schwarze Kasse einrichtete, über die er frei verfügen konnte? Er nutzte sie unter anderem zum Kampf gegen die von ihm als »Reptilien« bezeichneten Anhänger Georgs – daher auch der Name »Reptilienfonds«.
Henri Dunant: Der Samariter auf den Schlachtfeldern
Was war das entscheidende Ereignis in Henri Dunants Leben?
Es war die Schlacht von Solferino, in die er unvorhergesehen geriet. Folgende Zeilen schrieb Dunant 1862, drei Jahre nach der Schlacht, in der italienische und französische Truppen gegen die österreichische Fremdherrschaft in Oberitalien gekämpft hatten: »Die Pferde zertreten mit ihren beschlagenen Hufen Tote und Verwundete. Einem armen Blessierten wird die Kinnlade fortgerissen (...) Gehirn spritzt aus zerplatzenden Köpfen, Glieder werden gebrochen und zermalmt, Körper werden zu formlosen Massen.«
Der Kaufmann aus Genf hatte ursprünglich nur dem französischen Kaiser nachreisen und ihn um Vermittlung bei Geschäften mit Algerien bitten wollen. Dunant traf den Kaiser nicht, fand aber seine Lebensaufgabe.
Wie kam es zur Gründung das Roten Kreuzes?
Dunant suchte sich Mitstreiter und schickte seinen Bericht über das Elend der Kriegsopfer an alle Höfe Europas, an bedeutende Institutionen und einflussreiche Privatpersonen. Er schlug vor, einen Kongress von Militärs aus allen Ländern einzuberufen, mit dem Ziel, eine internationale Hilfsorganisation für Verwundete zu gründen. Seine Initiative wurde begrüßt, aber mitmachen wollte erst einmal niemand. Allein die Schweizer Gemeinnützige Gesellschaft, eine 1810 ins Leben gerufene humanitäre Organisation, lud Dunant zu einer ihrer Mitgliederversammlungen ein.
Auf dieser Mitgliederversammlung wurde beschlossen, ein Fünferkomitee zu bilden, das konkrete Vorschläge erarbeiten sollte. Am 17. Februar 1863 trat das Gremium zusammen. Es war die Geburtsstunde des Roten Kreuzes (offiziell: Internationales Komitee vom Roten Kreuz, IKRK), das zu einer weltumspannenden Hilfseinrichtung werden sollte und noch heute von der Schweizer Zentrale aus regiert wird. Dunants Solferino-Bericht war das erste Grundlagenpapier.
Wie gewann Dunant die Regierungen für sich?
Durch im wahrsten Sinne des Wortes schlagende Argumente. Leiteten den Gründer und seine ersten Mitstreiter in erster Linie humanitäre Gründe, so verdankten sie ihre Erfolge bei Regierungen und Militärs vor allem einem Argument: dem der ungewöhnlich hohen Sterblichkeitsrate nach Kriegsverletzungen infolge von Unterversorgung, Epidemien und unsachgemäßer Pflege. Man plädierte für einen Ausbau der Sanitätsdienste, für besser ausgestattete Lazarette, eine professionellere Behandlung der Verletzten und die Neutralität der Helfer auf dem Schlachtfeld. Nur so könnte man zahllosen Soldaten das Leben retten und eine Vielzahl von ihnen möglichst schnell wieder einsatzfähig machen.
Die deutschen Staaten – stets in Gefahr, aufgrund ihrer europäischen Mittellage zum Kriegsschauplatz zu werden – zeigten ein besonders großes Interesse. Auf der ersten Genfer Konferenz vom 26. bis 29. Oktober 1864 dominierten sie mit 10 von 17 Delegationen. Darüber hinaus nahmen, neben den Schweizer Gastgebern, auch Vertreter aus Frankreich, Spanien, England, Schweden, den Niederlanden und Russland teil, so dass die wichtigsten Mächte gemeinsam am Tisch saßen.
An ihrer Schlussresolution, in der schon das Symbol des roten Kreuzes auf weißem Grund auftaucht, orientierten sich nach und nach die meisten europäischen Länder und schon im Jahr darauf sah man beim deutschen Krieg gegen Dänemark die Helfer mit ihren Rotkreuz-Armbinden, die die Verwundeten versorgten.
Setzte sich das Internationale Komitee durch?
Ja, der entscheidende Schritt war getan, die erste Genfer »Konvention zur Verbesserung des Loses der im Felddienst verwundeten Militärpersonen« von 1864 kodifizierte die Absprachen. Trotz interner Querelen, denen sogar Dunant zum Opfer fiel – er hatte Konkurs gemacht –, war das Gebäude des Internationalen Komitees nun so stabil, dass ihm die Turbulenzen nur wenig anhaben konnten. Es war schon nach wenigen Jahrzehnten eine weltweit geachtete Einrichtung geworden. Inzwischen hatte man sich auch wieder an den Gründer Dunant erinnert und ihm 1901 den ersten Friedensnobelpreis zuerkannt.
War Dunant privat erfolgreich?
Nein. Henri Dunant wurde am 8. Mai 1828 in Genf als Spross einer einflussreichen Familie geboren. Nachdem er sich schon früh sozial engagiert hatte, widerfuhr ihm mit der Schlacht von Solferino sein Schlüsselerlebnis, in dessen Folge 1863 das Rote Kreuz gegründet wurde. Bald geriet Dunant allerdings in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Ab 1888 lebte er mit einer kleinen Rente seiner Familie vereinsamt am Bodensee, ehe er mit der Verleihung des Friedensnobelpreises 1901 wieder ins Rampenlicht der Öffentlichkeit trat. Henri Dunant starb am 30. Oktober 1910.
Wussten Sie, dass …
man dem Roten Kreuz schon nach wenigen Jahrzehnten in Genf ein Denkmal setzen wollte? Dies lehnte das Komitee mit dem Hinweis ab, dass die Leistungen selbst das Monument seien, und zwar eines »im Herzen der Menschen, nicht eines aus Stein«.
das Motto des Roten Kreuzes aus der Anfangszeit »Inter arma caritas« (Barmherzigkeit auf den Schlachtfeldern) lautete? Heute gilt der Auftrag »Durch Menschlichkeit zum Frieden«.
Sitting Bull: Listenreicher Führer der Sioux
Wer war Sitting Bull?
Ein ausgezeichneter Krieger und ein angesehener Häuptling. Sitting Bull wurde 1831 am Grand River im heutigen Bundesstaat South Dakota als einziger Sohn eines Kriegers der Hunkpapa-Sioux geboren. Eingebunden in das Leben eines Stammes, der das Kriegshandwerk für die wichtigste Existenzaufgabe hielt, hatte Sitting Bull die tapfersten Krieger zum Vorbild. Mit 25 Jahren wurde er einer der Führer der »Starken Herzen«, eines geachteten Kriegerbundes. Mitte der 1860er Jahre erfolgte seine Wahl zum Häuptling des Stamms.
Wovor wollte der Häuptling sein Volk schützen?
Vor den Gebietsansprüchen der Weißen auf das Siedlungsgebiet der Indianer. Im Mai 1868 versuchte der Jesuitenmissionar Pierre Jean De Smet, den Häuptling zu überreden, mit seinem Stamm in ein großes Reservat umzusiedeln. Sitting Bull zeigte sich jedoch wenig beeindruckt und erklärte dem Geistlichen: »Ich möchte hiermit alle wissen lassen, dass ich nicht beabsichtige, irgendeinen Teil meines Landes zu verkaufen, genauso wenig wie ich es zulassen werde, dass die Weißen die Bäume an den Flüssen fällen.«
Als zu Beginn der 1870er Jahre Geologen in den Black Hills, den heiligen Bergen der Sioux, Goldvorkommen entdeckten, zogen rasch zahlreiche Abenteurer in das Gebiet. Da die Regierung in Washington nicht willens war, die Goldschürfer zu vertreiben, schickte sie einen Unterhändler, der einen Preis für die heiligen Berge aushandeln sollte. Das Geschäft kam jedoch nicht zustande, woraufhin im März 1876 Truppen unter General George Crook gegen die Indianer in Marsch gesetzt wurden. Angesichts der Bedrohung berief Sitting Bull eine Ratsversammlung ein und entsandte Boten zu allen Sioux-, Arapaho- und Cheyenne-Lagern. Wenig später fanden sich am Rosebud Creek Hunderte von Kriegern ein, um den Vormarsch der weißen Soldaten aufzuhalten. Sitting Bull tanzte den Sonnentanz bis zur völligen Erschöpfung und brach dann ohnmächtig zusammen. Als er wieder zu sich kam, erklärte er seinen Stammesangehörigen, in seiner Vision hätten die Soldaten zwar das große Indianerlager betreten, aber nicht gesiegt.
Was geschah am Little Big Horn?
Die Indianer errangen einen bedeutsamen Sieg gegen die US-Armee.
Die von Sitting Bull geführten Indianer verlegten ihr Lager weiter westlich an den Wasserlauf des Little Big Horn. Am 17. Juni 1876 überraschten die Krieger einen Teil der Soldaten am Rosebud Creek und brachten den Vormarsch zum Stehen. General Crook sah sich gezwungen, seine Truppen neu zu organisieren.
Neun Tage später stieß die 1. Abteilung des 7. Kavallerieregiments unter dem Kommando von Oberstleutnant George A. Custer, einem Draufgänger, der unbedingt berühmt werden wollte, am Little Big Horn auf die Hauptstreitmacht der Indianer. Die 225 Kavalleristen wurden auf einen Hügel gedrängt, umzingelt und getötet. Die Verluste der Indianer blieben unbekannt.
Warum flohen die Indianer nach Kanada?
Nach der Katastrophe am Little Big Horn setzte eine wahre Treibjagd auf die Sioux ein. Die meisten Indianer gelangten im Verlauf der gnadenlosen Kämpfe zu der Überzeugung, dass sie diesen Krieg nicht gewinnen konnten, und gaben auf. Sitting Bull dachte jedoch nicht an Unterwerfung und flüchtete im Mai 1877 mit seinen Anhängern nach Kanada – ins Land der »Großen Mutter«, wie die Sioux Königin Viktoria nannten. Ihr Aufenthalt jenseits der Grenze dauerte vier Jahre. Es war eine Zeit des Friedens, aber nicht der Zufriedenheit. Zwar wurden die Sioux durch die kanadische Ordnungsmacht – berittene Polizei – nicht belästigt, doch Sitting Bulls Bitte, seinen Leuten ein weiträumiges Gebiet zuzuweisen, lehnten die Behörden beharrlich ab. 1881 kehrte die kleine Sioux-Gruppe daher in die Vereinigten Staaten zurück und ergab sich der U.S.-Armee.
Wie erging es Sitting Bull in den USA?
Es war eine Zeit der Entwürdigung. Zwei Jahre musste Sitting Bull als Kriegsgefangener in Fort Randall einsitzen. 1885 ging er mit Buffalo Bill Codys berühmter »Wild West Show« auf Tournee und versuchte anschließend, seine Stammesangehörigen davon zu überzeugen, kein Reservationsland zu verkaufen, doch seine Bemühungen scheiterten.
Als dann 1889 die so genannte Geistertanz-Religion aufkam, die den Indianern wunderbare Erlösung von ihren Bedrückungen verhieß, zeigte sich Sitting Bull dem neuen Kult gegenüber skeptisch, hatte aber nichts gegen dessen Ausübung. In Washington befürchtete die Regierung einen Aufstand der Sioux, woraufhin der Indianeragent James McLaughlin befahl, Sitting Bull als mutmaßlichen Rädelsführer zu verhaften. Am 15. Dezember 1890 nahmen Indianerpolizisten den Häuptling fest, doch Sitting Bull widersetzte sich der Verhaftung. Zwischen den Polizisten und Sitting Bulls Gefolgsleuten kam es zu einer wilden Schießerei, in deren Verlauf ein Sergeant den Häuptling erschoss.
Was war der Indianische Sonnentanz?
Der Sonnentanz der Präriestämme dauerte meist acht Tage, wobei die ersten vier Tage fast immer dem Fasten und Schwitzen vorbehalten blieben. Hauptziel der Zeremonie war eine Art geistige und körperliche Selbstreinigung. Im Allgemeinen wurde – häufig auf der Stelle – getanzt, bis der Tänzer in Trance verfiel und eine Vision hatte. 1910 verbot das Büro für Indianische Angelegenheiten unter dem Einfluss von Missionaren den Sonnentanz.
Wussten Sie, dass …
Sitting Bull unter anderem deshalb zum Häuptling gewählt wurde, weil man ihm nachsagte, dass die Geister zu ihm durch Träume und Tiere redeten?
der Häuptling an dem Gefecht am Rosebud Creek 1876 nicht teilnehmen konnte? Der Sonnentanz hatte seinen Körper zu sehr geschwächt, als dass er in den Kampf hätte ziehen können.
Emmeline Pankhurst: Vorkämpferin für das Frauenwahlrecht
Aus welchem Milieu stammte Emmeline Pankhurst?
Aus gehobenen Kreisen. Als Emmeline Goulden wurde sie am 14. Juli 1858 in Manchester geboren – damals die größte Industriestadt Englands und Zentrum sozialen Elends. Ihre Eltern gehörten den gebildeten Bürgerkreisen an, der Vater war ein erfolgreicher Geschäftsmann mit radikalen freiheitlichen Ansichten. Emmeline genoss eine gute Schulbildung, die sie in Paris abschloss, und heiratete 1879 den 20 Jahre älteren Juristen Richard Marsden Pankhurst, der Mitglied der »Women's Suffrage Society« (Frauenwahlrechtsverein) war und die ersten Anträge zur Frauengleichstellung formulierte; er starb 1898. Emmeline hatte fünf Kinder, von denen ihre beiden ältesten Töchter, Christabel Harriette (1880–1958) und Sylvia (1882–1960), in ihre Fußstapfen traten und in der Frauenbewegung Prominenz erlangten.
Was war das Ziel der Frauenrechtlerinnen?
Die Suffragetten wollten das Wahlrecht auch für Frauen durchsetzen. Seit 1884 gab es zwar ein allgemeines geheimes Wahlrecht, das die männlichen Arbeiter einschloss. Die Frauenfrage war unterdessen noch nicht in die Programme der Parteien vorgedrungen. Auch die Arbeit des offiziellen Frauenwahlrechtsvereins, dem Mr. Pankhurst angehört hatte, und der »Woman's Franchise League« (Frauenstimmrechtsliga), die Mrs. Pankhurst 1889 ins Leben gerufen hatte, wurde in der Regierung nicht ernst genommen. Schließlich gründete Emmeline 1903 zusammen mit ihrer Tochter Christabel in Manchester die »Women's Social and Political Union« (WSPU, Soziale und Politische Frauenunion), um der Sache der Frauen eine größere Öffentlichkeit zu verschaffen. Die Union bestand aus engagierten Frauen aller Schichten, die in der Presse als Suffragetten – eine Verkleinerungsform des Wortes »suffragists«, Frauenwahlrechtsverfechter – herabgewürdigt wurden. Das Wahlrecht galt als Schlüssel zur allgemeinen Verbesserung der Lage der Frauen und war die einzige Chance auf eine politische Interessenvertretung. Und dafür galt es zu kämpfen!
Welche Methoden nutzten die Suffragetten?
Nach dem Motto »Taten, nicht Worte« störten Emmeline Pankhurst und ihre Anhängerinnen ab 1905 Sitzungen der regierenden »Liberal Party«, Parlamentsdebatten und das öffentliche Leben mit lautstarken Forderungen nach dem Frauenwahlrecht. Noch Aufsehen erregender waren Aktionen, bei denen sich demonstrierende Frauen an Schienen ketten ließen, um einer Verhaftung zu entgehen. Von 1908 an wurde Emmeline Pankhurst mehrmals verhaftet, unter anderem auch für einen öffentlichen Aufruf, das Unterhaus zu stürmen. Die Bewegung wurde vollends militant, nachdem 1910 ein Antrag zum Frauenwahlrecht gescheitert war. Die Geduld der engagierten Frauen hatte ein Ende. Die Bewegung versuchte sich jetzt, mit Wurfgeschossen, Brandstiftungen und Bombenattentaten auf öffentliche Einrichtungen Gehör zu verschaffen. 1912 ging Emmeline aufgrund der Haftbedingungen in ihren ersten Hungerstreik, um für sich und ihre Mitgefangenen die Anerkennung als politische Gefangene durchzusetzen.
Erreichte Emmeline Pankhurst ihr Ziel?
Ja, wenn auch mit Verzögerung. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 beendete Emmeline Pankhurst die Frauenwahlrechtskampagne und stellte die WSPU in den Dienst des Kriegs. Der Einsatz der Frauen stärkte tatsächlich ihre Stellung. 1918 erhielten Frauen über 30 Jahre das Wahlrecht, aber erst 1928 erfolgte die Gleichstellung mit den Männern.
Emmeline Pankhurst ging während des Kriegs auf Vortragsreisen in die Vereinigten Staaten, nach Kanada und Russland, um die Frauen im Arbeitskampf zu unterstützen. Nach dem Ersten Weltkrieg lebte sie einige Jahre in den USA, in Kanada und auf den Bermudas. Als sie 1926 zurückkehrte, wurde sie als Kandidatin der Konservativen Partei für den Wahlkreis East London aufgestellt. Doch sie starb noch vor der Wahl am 14. Juni 1928 in London.
Wie war die Stellung der Frau im viktorianischen England?
Hier klafften Ideal und Wirklichkeit weit auseinander. Im krassen Gegensatz zum Bild der Frau als Hüterin von Heim und Familie, dem auch Königin Viktoria (1819–1901) anhing, mussten im Armenmilieu Frauen und Kinder mitverdienen; und diese Schicht war im Zuge der Industrialisierung im Wachsen begriffen. Ganz allgemein war die Frau rechtlos in der Ehe und völlig abhängig vom Mann, besaß weder das Recht auf Bildung noch auf Eigentum; auch das Scheidungsrecht berücksichtigte in keiner Weise die Interessen von Frauen.
Wussten Sie, dass …
bei der 1914 im Gegenzug für die Beendigung der Frauenrechtskampagne erwirkten Entlassung aller inhaftierten Frauenrechtlerinnen stolze 200 Frauen freikamen?
die Ideen von Emmeline Pankhurst bei den Frauen in den USA auf weit fruchtbareren Boden fielen als im heimischen Europa?
Mahatma Gandhi: Symbolfigur des gewaltlosen Widerstands
Warum wurde Gandhi zum politischen Führer?
Viele Inder glaubten, dass er es wegen seiner politischen Erfahrung, die er in Südafrika gesammelt hatte, schaffen würde, die Kolonialherren zu vertreiben. Aus diesem Grund warteten im Jahr 1915 Tausende von Indern im Hafen von Mumbai erwartungsfroh auf die Rückkehr des am 2. Oktober 1869 in dem Hafenstädtchen Porbandar geborenen Mohandas Karmachand Gandhi. Der Sohn eines einflussreichen und wohlhabenden Politikers war 1893 nach einem vierjährigen Jurastudium in England als Rechtsanwalt eines Handelshauses seiner Heimatstadt nach Südafrika gegangen. In den folgenden 20 Jahren hatte er sich dort als Führer seiner gegen die Rassendiskriminierung kämpfenden Landsleute einen weit über die Grenzen Südafrikas hinausgehenden Namen gemacht. So war er bei seiner Rückkehr bereits ein Held, und viele Inder glaubten, in ihm endlich den lang ersehnten Retter aus über 500-jähriger Fremdherrschaft gefunden zu haben.
Wie führte er Indien in die Unabhängigkeit?
Gandhi stand bald an der Spitze der indischen Unabhängigkeitsbewegung gegen die britischen Kolonialherren, die er durch seine Aktionen des gewaltlosen Widerstands in die Defensive drängte. Berühmtheit erlangte hierbei sein legendärer Salzmarsch, bei dem ihm 1930 hunderttausende seiner Landsleute in einem beispiellosen Triumphzug durch die Wüsten Gujarats zum Meer folgten, um mit dem dort gewonnenen Salz den symbolischen Sieg über das britische Salzmonopol zu feiern.
1947 war es schließlich so weit: Der britische Premier Attlee verkündete die Unabhängigkeit und die Teilung Indiens in das hinduistische Indien und das moslemische Pakistan. Für Gandhi war es ein Triumph mit einem bitteren Beigeschmack, hatte er doch die Teilung vehement abgelehnt.
Was geschah nach der Unabhängigkeitserklärung?
Der Traum vom freien, selbstbestimmten Indien wurde zum Alptraum. Millionen von Hindus und Moslems schlachteten sich auf offener Straße mit Äxten und Messern ab, und in den Wochen nach dem 15. August 1947, dem Tag der Unabhängigkeit, »floss mehr Blut als Regen«, wie es ein Reporter der »New York Times« formulierte.
Worin sah der berühmte Hindu seine eigentliche Aufgabe?
In der Persönlichkeitsbildung des Einzelnen, die seiner Ansicht nach große Auswirkungen auf die Politik hat. Die blutigen Auseinandersetzungen bewahrheiteten auf fatale Weise die von Gandhi immer wieder vertretene These, dass der politischen Freiheit die ethisch-moralische Freiheit jedes Einzelnen vorausgehen müsse. Zur Einübung dieses von aktiver Nächstenliebe, Gewaltlosigkeit und materieller Enthaltsamkeit geprägten Lebensstils gründete er den noch heute bestehenden Satyagraha-Ashram in Ahmedabad.
Entschieden wandte sich Gandhi auch gegen die Diskriminierung der Unberührbaren, die er in den Ashram integrierte und denen er den Namen »Harijans« (Kinder Gottes) verlieh. Hier zeigt sich, dass Gandhis eigentliches Interesse weit mehr dem sozialen Engagement als der großen Politik galt. So nahm er bezeichnenderweise am Tag der Unabhängigkeit nicht an den offiziellen Feierlichkeiten teil, sondern diente in einem kleinen Dorf den Armen.
Wo irrte Gandhi?
Er idealisierte das »einfache« Leben und lehnte den technischen Fortschritt radikal ab. »Experimente mit der Wahrheit« nannte er programmatisch seine Autobiografie, wohl wissend, dass sein Weg zuweilen mit Irrtümern gepflastert war. Aus heutiger Sicht gehört hierzu sicherlich auch seine doch sehr unkritische Verklärung des indischen Dorflebens, wenn er beispielsweise dazu aufforderte, »alles zu verlernen: Eisenbahnen, Telegraphen, Krankenhäuser, Advokaten, Doktoren, all dies muss verschwinden; und die so genannten besseren Kreise müssen bewusst, gläubig und gezielt das einfache Bauernleben lernen, im Wissen, dass dieses Leben das wahre Glück bringt.«
Sein langjähriger Weggefährte und Indiens erster Ministerpräsident Jawaharlal Nehru erteilte dieser Verklärung des indischen Dorflebens eine klare Absage.
Folgten die Inder seiner Lehre?
Letztendlich nein. Heute gibt es zwar kaum eine Stadt in Indien, in der nicht eine Hauptverkehrsstraße nach ihm benannt wäre, kein Tag, an dem nicht irgendwo im Land eine Statue von ihm eingeweiht würde, und vor allem kaum eine Politikeransprache, in der er nicht erwähnt wird. Man kann sich jedoch des Gefühls nicht erwehren, dass mit der Mythisierung Gandhis nur von der Tatsache abgelenkt werden soll, dass der Vater der Nation mit seinen Lehren schon zu Lebzeiten gescheitert war. Er selbst war einer der Ersten, der dies erkannt hatte, als er im Juli 1946 sagte: »Ich weiß, Indien ist nicht mehr auf meiner Seite. Ich habe nicht genug Inder von der Wahrheit der Gewaltlosigkeit überzeugt.« Auf welch tragische Weise sich diese Einsicht bestätigen sollte, wurde der geschockten Welt am 30. Januar 1948 vor Augen geführt, als die Symbolfigur der Gewaltlosigkeit von dem fanatischen Hindu Nathuram Godse erschossen wurde.
Wussten Sie, dass …
Winston Churchill Gandhi wegen seiner spärlichen Bekleidung einst abschätzig »der nackte Fakir« genannt hatte?
Gandhi bereits im Alter von 13 Jahren mit der gleichaltrigen Kasturba Nakanji verheiratet wurde? Die Ehe dauerte 62 Jahre.
»Mahatma« ein Ehrentitel ist und »Große Seele«“ bedeutet? Gandhi lehnte den Titel allerdings ab, da er sich als unwürdig empfand.
Lenin: Revolutionär und Gründer der Sowjetunion
Wodurch wurde Lenin schon früh politisiert?
Lenin wurde geprägt durch seine Erfahrungen mit der zaristischen Willkür. Als Wladimir Iljitsch Uljanow kam Lenin, wie er sich später nannte, am 22. April 1870 im russischen Simbirsk als Sohn eines Intellektuellenpaars zur Welt. Der obrigkeitstreue Vater erzog ihn streng. Der Junge war gerade 17, als sein Bruder Alexander hingerichtet wurde, weil er mit anderen ein Attentat auf Zar Alexander III. vorbereitet hatte. Wladimir Iljitsch traf das im Mark, sein politisches Denken und sein Engagement gegen die zaristische Gewalt begannen. Bald nahm er an Studentenkundgebungen teil, wurde festgenommen, aus der Universität geworfen, später sogar aus der Stadt Kasan ausgewiesen. Sein Jurastudium konnte Lenin später in Petersburg glanzvoll beenden, doch dann verschrieb er sich, zusammen mit seiner Frau Nadeshda Krupskaja, ganz der politischen Arbeit. Er war schon da weitsichtig und auf seine Weise charismatisch.
Welche politische Idee entwickelte der Russe?
Lenins Idee war es, die Arbeiterklasse durch eine starke Partei führen zu lassen. Während einer dreijährigen Verbannung nach Sibirien verfasste er eine seiner bekanntesten Schriften: »Die Entwicklung des Kapitalismus in Russland«. Nach der Freilassung 1900 ging das Ehepaar in die Emigration, eine zermürbende Zeit für jemanden wie Lenin, der aktiv an Ort und Stelle die Umwälzungen vorantreiben wollte. In der Schweiz, in England und in Deutschland verbrachte Lenin ganze Tage und halbe Nächte in Bibliotheken, er wollte den Marxismus auf die russischen Gegebenheiten zuschneiden. Lenin war der Auffassung, dass die Arbeiterklasse von außen, also durch die Partei und ihre Funktionäre, an den Sozialismus herangeführt werden müsse. Für Marx dagegen hatte die Partei eine wesentlich geringere Bedeutung, im Grunde eine reine Aufklärungsfunktion. Lenin propagierte die Macht des Proletariats, was allerdings nichts anderes hieß als die Macht des Parteiapparats.
Wie kam der Sowjet an die Macht?
Im Ausland war Lenin Mitbegründer der für Russland bestimmten sozialdemokratischen Zeitung »Iskra« (der Funke), in der er vehement für die Schaffung einer Partei von Berufsrevolutionären eintrat. Dies führte 1903 zu einer Spaltung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands in die Bolschewiki um Lenin, abgeleitet vom russischen Wort »bolsche« für »mehr«, und die Menschewiki, von »mensche« »weniger«. Die Bolschewiki, die sich 1912 vollständig ablösten, sollten über lange Zeit maßgeblich die Geschicke Russlands gestalten. Als der letzte Zar, Nikolaus II., im März 1917 zum Abdanken gezwungen wurde, begab sich Lenin in einem verplombten Zugwaggon von Zürich kommend über Deutschland in seine Heimat. Dort waren bereits Arbeiter- und Bauernräte gegründet worden. Die Oktoberrevolution desselben Jahres brachte die Bolschewiki und mit ihnen Lenin an die Staatsmacht, Leo Trotzki und Josef Stalin waren seine engsten Mitarbeiter. Der Zar und seine Familie wurden ermordet. Mit Gewalt und »revolutionärer Härte« begann der neue Machtapparat, eine Diktatur des Proletariats und damit einen sozialistischen Staat zu schaffen. Die Sowjetunion wurde gegründet.
Warum sollte Stalin nicht Generalsekretär werden?
Lenin erkannte Stalins gewaltbereite Persönlichkeitsstruktur. Anfang Januar 1923 diktiert er in großer Sorge um sein Land: »Stalin ist viel zu grob, und dieser Fehler, der in unserer Mitte und im Verkehr zwischen uns Kommunisten erträglich ist, kann in der Funktion des Generalsekretärs nicht geduldet werden. Deshalb schlage ich den Genossen vor, sich zu überlegen, wie man Stalin ablösen könnte (…).« Lenin sitzt da bereits im Rollstuhl. Er stirbt am 21. Januar 1924 in Gorki. Die Ärzte sprechen von einer enormen Verkalkung der Gefäße in seinem Gehirn »infolge übermäßiger geistiger Tätigkeit«.
Wie wirkte Lenin in der Öffentlichkeit?
Lenin hatte etwas von einem Bauernburschen, mit den leicht asiatisch geschnittenen Augen, den breiten Wangenknochen und vor allem der Schirmmütze. Wenn er etwa auf einer Veranstaltung erschien, wirkte er jedenfalls immer wie einer von denen, um deren Befreiung er kämpfte. Der Dichter Maxim Gorki über Lenin: »In seinem etwas mongolisch geschnittenen Gesicht glühten und funkelten die scharfen Augen eines Lüge und Elend des Lebens unermüdlich verfolgenden Jägers, zugekniffen, ironisch lächelnd oder zornig blitzend. Der Glanz dieser Augen machte seine Rede noch flammender und unheimlich klar.« Auf Plakatwänden oder als Monument sah man ihn im Sowjetreich allerdings in einer etwas anderen Rolle: Da war er die staatsmännische Erscheinung mit der hohen Stirn und dem schütteren Haupthaar, der die große Geste beherrschte.
Wussten Sie, dass …
Lenin als Student bei Vernehmungen gefragt wurde, warum er rebelliere, wo er doch eine Mauer vor sich habe? Er antwortete: »Eine Mauer schon, aber eine morsche, man stoße und sie bricht zusammen.«
das Pseudonym »Lenin« nach einer Erklärung als Reminiszenz an seine Verbannung auf den sibirischen Fluss Lena zurückgeht?
das Deutsche Reich bei der Rückkehr Lenins nach Russland 1917 wahrscheinlich die Hand im Spiel hatte, da sie die bolschewistische Revolution vorantreiben wollte, um den Kriegsgegner zu schwächen? Anders hätte der versiegelte Zug mit Lenin wohl nicht Deutschland passieren können.
Rosa Luxemburg: Die große Frau der sozialistischen Bewegung
Wie verlief Rosa Luxemburgs politischer Werdegang?
Rosalie Luxemburg kam am 5. März 1871 in Zamość zur Welt, einem Provinzstädtchen in Polen, das unter russischer Herrschaft stand, und wuchs mit vier Geschwistern in einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie auf. Noch vor ihrer Einschulung übersiedelte die Familie nach Warschau. Schon im Gymnasium beschäftigte sich Rosalie mit den Schriften von Karl Marx und schloss sich einer illegalen politische Gruppe an. Als ihr deswegen die Verhaftung drohte, floh sie in die Schweiz. In Zürich schrieb sie sich an der Philosophischen Fakultät ein und begann, Nationalökonomie zu studieren. Sie schrieb für parteipolitische Zeitschriften. Mit Anfang 20 wurde sie Mitgründerin und führendes Mitglied der im Untergrund arbeitetenden Sozialdemokratischen Arbeiterpartei des Königreichs Polen und Litauen (SDKPiL).
Wie nahm die Aktivistin Einfluss auf die deutsche Arbeiterbewegung?
Rosa Luxemburg ging eine Scheinehe ein, um sich in der deutschen Arbeiterbewegung engagieren zu können, erhielt die deutsche Staatsbürgerschaft und zog nach Berlin, wo sie der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) beitrat. Sie gehörte dem linken Flügel an, ging scharf ins Gericht mit den Revisionisten, den Gemäßigten in der Partei. Sie setzte sich nach wie vor für Revolution und Internationalismus und gegen den Krieg ein. Während der ersten russischen Revolution, 1905, kämpfte Rosa Luxemburg für die Befreiung Polens und landete dort im Gefängnis. Nach Deutschland zurückgekehrt, lehrte sie marxistische Nationalökonomie an der zentralen Parteischule der SPD in Berlin, schrieb über »Die Akkumulation des Kapitals«, einen Faktor, der ihrer Ansicht nach zwingendermaßen zum Imperialismus führen müsse.
Warum wurde der Spartakusbund gegründet?
Die Gründung war eine Reaktion auf die Aushebelung des Parlaments. Im August 1914 bewilligte der Reichstag geschlossen Kriegskredite. Rosa Luxemburg war schockiert: Die Genossen hatten sich einmütig dem Fraktionszwang gebeugt und einen Burgfrieden geschlossen. Rosa Luxemburgs Antwort: Sie gründete mit Karl Liebknecht und Clara Zetkin die linke »Gruppe Internationale«. Aus dieser ging bald der Spartakusbund hervor, in dem sich die radikalen Kriegsgegner aus der SPD sammelten.
Wie erlebte Rosa Luxemburg ihre Haftzeit?
Auch in der Haft, zu der sie wegen ihrer kritischen Haltung verurteilt worden war, verlor Rosa Luxemburg nicht ihren Glauben an Veränderung und verfasste Schriften, die von Freunden aus dem Gefängnis geschmuggelt wurden. Dazu gehören ihr SPD-kritischer Aufsatz über »Die Krise der Sozialdemokratie« und ihre sehr persönlich gehaltenen Briefe an ihre Freundinnen Sonja Liebknecht und Mathilde Jacob.
Siegten die demokratischen Kräfte nach 1918?
Nur vorläufig. Als in Deutschland der verlorene Krieg in den Versuch einer parlamentarischen Demokratie mündete, der Kaiser am 9. November 1918 abdankte und Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht endlich aus dem Gefängnis entlassen wurden, warnte sie wieder. Die Revolutionäre müssten wachsam sein, die Revolution habe noch nicht gesiegt. Im November 1918 trat sie zur Kommunistischen Partei über und verfasste gleich deren Programm. Im Januar 1919 kam es in Berlin zum so genannten Spartakusaufstand, der von der SPD-Regierung niedergeschlagen wurde. Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht wurden in Berlin verhaftet und am 15. Januar 1919 von Freikorpsoffizieren erschossen; ihre Leichen warf man in den Landwehrkanal.
Wie gab sich die sozialistische Vorkämpferin als Privatperson?
Wenig kämpferisch. Rosa Luxemburg war eine kleine, fast unscheinbare Frau, die es liebte, sich adrett anzuziehen, die auf sich aufpasste und auf die Wohnungen, in denen sie lebte. Erst wenn sie redete, zog sie die Menschen wirklich in ihren Bann, dann begannen ihre Augen zu funkeln, fing ihr Geist an zu sprühen. Die private Rosa liebte ihren politischen Mitstreiter Leo Jogiches. Mit ihm wollte sie ein wenig Zweisamkeit, ein gemeinsames Leben, ein Kind, doch er war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Später ging sie eine brisante Affäre mit dem Sohn von Clara Zetkin ein, der wesentlich jünger war als sie. Leo tobte plötzlich vor Eifersucht.
Wussten Sie, dass …
Rosa Luxemburg mit einem körperlichen Gebrechen zu kämpfen hatte? Wegen eines schweren Hüftleidens in ihrer Kindheit zog sie ein Bein nach.
der »Spartakusbund« den Anführer eines Sklavenaufstands (um 70 v. Chr.) im Römischen Reich zum Namenspatron wählte?
die 1918 durch Rosa Luxemburg gegründete Zeitschrift »Die Rote Fahne« noch heute erscheint?
Winston Churchill: Hartnäckiger Widersacher Hitlers
Wie verlief Churchills politische Laufbahn?
Das Schicksal hielt für Churchill Bewährungsproben aller Art bereit, ehe aus dem Abenteurer ein Staatsmann gehärtet war, der sein Land durchs Feuer führen konnte. Geboren am 30. November 1874 in Blenheim Palace (Oxfordshire) als Spross der Familie der Herzöge von Marlborough, wurde Churchill Offizier, nahm 1899/1900 als Kriegsberichterstatter am Burenkrieg teil, floh aus der burischen Gefangenschaft, wurde noch im selben Jahr konservativer Abgeordneter im Unterhaus und wechselte später zu den Liberalen.
Als Erster Lord der Admiralität scheiterte er im Ersten Weltkrieg mit einem kühnen Unternehmen gegen die Südostflanke der Mittelmächte und musste 1915 den Hut nehmen. Anfang der 1920er Jahre schloss er sich wieder den Konservativen an, war fünf Jahre lang Schatzkanzler und verschwand nach der Niederlage seiner Partei 1929 für lange Zeit in der politischen Versenkung. Auch als die Konservativen an die Macht zurückkehrten, wollten sie nichts mehr von ihm wissen, zu sehr hatte sich Churchill inzwischen als »Hitler-Fresser« ins publizistische Abseits der Appeasement-Politik geschrieben, die er als rückgratloses Kuschen vor den Diktatoren brandmarkte. Seine unermüdlichen Warnungen vor nationalsozialistischem Imperialismus und Rassismus fanden wenig Gehör.
Wann kehrte Churchill ins Kabinett zurück?
Erst als die Beschwichtiger nach dem Münchener Abkommen von 1938 am ungebremsten Appetit Hitlers gescheitert waren, wuchs das Ansehen des Mahners wieder, und bei Kriegsausbruch am 1. September 1939 führte kein Weg mehr an der Rückberufung Churchills ins Kabinett vorbei. Erneut übernahm er den Posten eines Ersten Lords der Admiralität. Als er mit seinen Warnungen vor einem deutschen Überfall auf Norwegen und Dänemark im April 1940 gegen die Zögerer wieder einmal Recht behalten hatte, waren die Stunden Chamberlains gezählt. Am 9. Mai 1940 wurde Churchill zu seinem Nachfolger als Premierminister bestellt.
Die erste Nachricht, die Churchill als frisch gebackener 65-jähriger Premierminister in der Londoner Downing Street No. 10 entgegennahm, informierte über den Beginn der deutschen Offensive im Westen gegen die Benelux-Länder und Frankreich im Morgengrauen des 10. Mai 1940. Was folgte, war eine Kette von Rückschlägen, die wohl jeden anderen umgeworfen hätte, nicht aber ihn. Auch noch nach der Besetzung Frankreichs und den deutschen Blitzsiegen auf dem Balkan und auf Kreta schlug Churchill die »ausgestreckte Friedenshand« Hitlers aus und hielt ohne jeden Verbündeten durch.
Worin bestand die Kriegspolitik des Premiers?
Er bildete ein »Kabinett der nationalen Konzentration« unter Einschluss der Labour Party. Und er stimmte die Menschen ein auf Jahre voller »Blut, Mühsal, Tränen, Schweiß«. So standen die Briten die Luftschlacht um England in den Jahren 1940/41, die Niederlagen in Südosteuropa und zeitweilig in Afrika durch. Im Bündnis mit den USA und nach dem deutschen Angriff mit der Sowjetunion gelang es ihm, das Kriegsblatt zu wenden. Auf der Siegerstraße aber führten bald die beiden anderen Großen, die über die entscheidenden Menschen- und Material-Ressourcen verfügten.
Auf den großen Konferenzen von Teheran 1943 und Jalta 1945 scheiterte Churchill mit seinem Bemühen, die Rote Armee Stalins von Mitteleuropa fernzuhalten. Auch die europäische Nachkriegsordnung konnte er nur noch in Ansätzen mitgestalten. In ihrer traditionellen Skepsis gegen zu große Machtballung wählten die Engländer ihren Retter im Juli 1945 ab. Eine neue Amtszeit als Premierminister 1951 bis 1955 änderte nichts mehr am Verlust der britischen Weltmachtrolle. Als er am 24. Januar 1965 starb, war er längst zu einem britischen Mythos geworden.
Was legte die Atlantik-Charta fest?
Politische Leitlinien. Der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt und der britische Premierminister Churchill trafen sich am 14. August 1941 an Bord des britischen Schlachtschiffs »Prince of Wales« vor der amerikanischen Küste und veröffentlichten ein gemeinsames Nachkriegsprogramm, das als Atlantik-Charta in die Geschichte einging: 1. Verzicht auf Annexionen; 2. Gebietsveränderungen nur nach Volksabstimmungen; 3. Selbstbestimmungsrecht der Völker; 4. Zugang für alle zu Rohstoffen und Welthandel; 5. Wirtschaftlicher Fortschritt durch Zusammenarbeit; 6. Freiheit von Furcht und Not durch Frieden; 7. Freiheit der Meere; 8. Gewaltverzicht, Entwaffnung der Aggressoren, Abrüstung. 47 Staaten schlossen sich der Erklärung an, die Vorbild der Charta der Vereinten Nationen wurde.
Wussten Sie, dass …
Churchill ein Spätzünder war? Er blieb aus Protest gegen das autoritäre Erziehungssystem an den Eliteschulen mehrfach sitzen. Auch bei der Aufnahmeprüfung für das Militär fiel er zweimal durch.
der Premier bei Zigarren ein spezielles Format bevorzugte, das nach ihm benannt wurde?
Churchill auch als Literat Format hatte? Für seine Memoiren erhielt er 1953 den Literatur-Nobelpreis.
Albert Schweitzer: Das Prinzip der Tat
Was war Schweitzers ethisches Prinzip?
Es war das Prinzip der Tat. Albert Schweitzer formulierte es so: »Alles, was du tun kannst, wird in Anschauung dessen, was getan werden sollte, immer nur ein Tropfen statt eines Stromes sein; aber es gibt deinem Leben den einzigen Sinn, den es haben kann, und macht es wertvoll.«
Dieses Handeln gilt dem Wohl des Mitmenschen. Schweitzer spricht von der »Ehrfurcht vor dem Leben«. Im Zeitalter der Massenvernichtungswaffen, der verheerenden Kriege und dem immer problematischer werdenden Verhältnis zwischen Mensch und Natur gleicht dieser Aufruf zu einer ethischen Erneuerung und Besinnung des modernen Menschen einem Fanfarenstoß.
War der Elsässer ein Revolutionär?
In gewisser Weise schon. Er vertrat in vieler Hinsicht eine ganz eigene Sichtweise. Schon als junger Student legte sich Schweitzer mit der akademischen Autorität an. Er vernahm auch in religiöser Hinsicht den inneren Ruf zu sittlichem Tun und praktischer Hilfe, denn er war überzeugt, dass der Mensch nur so seinem Leben einen Sinn geben kann. So schrieb er etwa 1962: »Da wage ich zu sagen, dass die ethische Religion der Liebe bestehen kann ohne den Glauben an eine ihr entsprechende, die Welt leitende Gottespersönlichkeit.« Schweitzer setzte den Erlösungsgedanken um, für ihn gab es keine Trennung zwischen Glauben und Frömmigkeit einerseits und Vernunft andererseits. Im Gegensatz zu Luther war er nicht davon überzeugt, dass die Gnade dem innig Glaubenden zugesprochen wird, sondern dem Tatmenschen.
Wie setzte der Idealist seine Ideen um?
Schweitzer – Sohn eines elsässischen Pfarrers – studierte zunächst evangelische Theologie und Philosophie. Mit 21 Jahren änderte er allerdings sein Leben grundlegend und fasste den Entschluss zu einem »Beruf menschlichen Dienens«. Der Verfasser einer Dissertation über Kant wollte die glänzenden Berufsaussichten einer Universitätslaufbahn nicht wahrnehmen, seine Ethik leitete ihn hin zu einem ganz anderen Lebensziel: in Afrika medizinischen Dienst zu leisten an denjenigen, die Hilfe am nötigsten brauchten. Deshalb studierte er ab 1905 zusätzlich Medizin und gab 1912 sein Predigtamt auf.
Für die folgenden Jahrzehnte wurde Albert Schweitzer zum Pendler zwischen dem schwarzen und dem weißen Kontinent. Er gab Orgelkonzerte, hielt Vorlesungen, sprach und schrieb über Goethe. Doch sein Hauptziel galt dem Aufbau und der Erweiterung des Hospitals in Lambarene (Gabun), eine Siedlung für Leprakranke wurde 1953 errichtet.
Konnte Albert Schweitzer die Welt verbessern?
Ja, denn von seiner »Idee Lambarene« gingen Impulse für die gesamte moderne Entwicklungshilfe aus. Schweitzer selbst wurden die Grenzen seines Handelns immer wieder schmerzhaft bewusst. Selbst bei Mithilfe und Spenden von Freunden aus Europa war härteste Aufbauarbeit zu leisten, das körperliche Elend unter den Eingeborenen war noch größer als angenommen. Meist kamen gleich ganze Familien, erkrankt an Elefantiasis oder Tuberkulose. Was wegen des Mangels an medizinischen Gerätschaften nicht erreicht werden konnte, wurde oft durch menschliche Zuwendung ersetzt.
Im Jahr 1953 erhielt der weltberühmte Schweitzer den Friedensnobelpreis. Immer stärker engagierte er sich nun für politische Themen. In seinen letzten Lebensjahren bereitete ihm die Bedrohung des Weltfriedens durch Kernwaffen zunehmend Sorge. 1965, auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs, starb Schweitzer in Lambarene.
Wussten Sie, dass …
Schweitzers gerade auch in den USA erworbene Popularität spürbar zurückging, als er sich kritisch zum atomaren Wettrüsten des Kalten Krieges äußerte?
Schweitzer ein bedeutender Organist und Musikwissenschaftler war, der sich vor allem mit Johann Sebastian Bach beschäftigte?
Schweitzer vor seiner Tätigkeit als Arzt bereits bedeutende philosophische, theologische und musikwissenschaftliche Werke veröffentlicht hatte?
Albert Schweitzers Onkel Charles Schweitzer der Großvater des Philosophen Jean-Paul Sartre war?
Konrad Adenauer: Kanzler des Wiederaufbaus
Warum ist Adenauer auch heute noch so beliebt?
Durch Konrad Adenauer (1876–1967) gelang es der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, wieder akzeptiertes Mitglied der westlichen Staatengemeinschaft zu werden.
Denn Adenauer, der Mitbegründer der CDU, der am 15. September 1949 erster deutscher Bundeskanzler wurde, hatte früh auf eine konsequente Westintegration gesetzt. So konnte er verhindern, dass das noch in drei Sektoren geteilte Westdeutschland zum Spielball der beiden Supermächte USA und Sowjetunion wurde. Bei den Siegermächten USA, England und Frankreich drängte er auf eine schnelle Wiederherstellung der staatlichen Souveränität Westdeutschlands, die im Deutschlandvertrag von 1952 festgeschrieben wurde.
Die anderen Westmächte mussten vor allem davon überzeugt werden, dass Deutschland in der Lage war, ein politisch beständiger, demokratisch verlässlicher und zusehends auch wirtschaftlich wieder prosperierender Partner zu werden. Sicher kam ihm dabei das überraschend schnelle Wirtschaftswachstum der Bundesrepublik zu Hilfe, ein Erfolg, der auf dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft seines Ministers Ludwig Erhard fußte. So gelang es Adenauer, während seiner Kanzlerschaft im Zeitraum von 1949 bis 1963 Deutschland wieder Ansehen zu verschaffen.
Wieso war der Politiker so erfolgreich?
Durch eine Politik der Verständigung. Besonders engagiert betrieb Adenauer die Aussöhnung mit dem zweimaligen Kriegsgegner Frankreich, wobei ihm 1950 französische Vorschläge zur wirtschaftlichen Integration sehr entgegenkamen, insbesondere der Schuman-Plan zur Gründung einer europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Tatsächlich gelang Adenauer und dem Staatspräsidenten Frankreichs, Charles de Gaulle, die deutsch-französische Aussöhnung, die am 22. Januar 1963 im »Vertrag über deutsch-französische Zusammenarbeit« gipfelte.
Doch auch gegenüber der Weltmacht USA und den Engländern verfolgte er eine äußerst gelungene Politik der Konsolidierung der jungen Bonner Republik: Die Unterzeichnung der Westverträge 1952, das Londoner Schuldenabkommen und das Wiedergutmachungsabkommen mit Israel – all das wurde von den Amerikanern als hinreichender Beweis des guten Willens gewertet.
Selbst mit den Sowjets nahm Adenauer diplomatische Beziehungen auf und erreichte bei seiner Moskauer Reise 1955 die Freilassung der letzten deutschen Kriegsgefangenen.
Wie stand Adenauer zur Wiederbewaffnung?
Er befürwortete diese, und zwar schon sehr früh. Nach dem Ausbruch des Koreakriegs im Jahr 1950 und der Stationierung militärähnlicher Polizeieinheiten in der DDR war eine Wiederbewaffnung der Bundesrepublik für Konrad Adenauer unumgänglich.
Bereits die Berlin-Blockade 1948, als die Sowjetunion Berlin vom Westen abzuschneiden versuchte, hatte Adenauer bewusst gemacht, wie groß die Gefahr war, dass sich aus dem Kalten Krieg eine akute Bedrohung Mitteleuropas und Deutschlands durch die Sowjetunion ergeben könnte. Und darauf musste mit einem westdeutschen Militärbeitrag reagiert werden.
Übrigens: Es kostete Adenauer fast weniger Anstrengung, England, Frankreich und auch die USA von der Notwendigkeit einer eigenen westdeutschen Armee zu überzeugen, als die antimilitaristische und pazifistische Stimmung im Land selbst zu überwinden.
Wussten Sie, dass …
Konrad Adenauer bereits in den Jahren von 1917 bis 1933 Oberbürgermeister von seiner Geburtsstadt Köln war, ein Amt, das er nach dem Krieg nochmals kurz innehatte?
in der ersten Regierungserklärung Konrad Adenauers 1949 der prophetische Satz enthalten war: »Die Teilung Deutschlands wird eines Tages verschwinden«?
Josef Stalin: »Säuberung« im Namen des Sozialismus
Wie kam es zur Schreckensherrschaft des Diktators?
Es ist nur Stalins Machtwillen zu verdanken, dass er nach der Oktoberrevolution 1917 politisch so großen Einfluss erlangen konnte. Zunächst agierte er als Volkskommissar, Parteiführer und Generalsekretär der KPdSU an Lenins Seite, bis es zu innerparteilichen Differenzen kam. Nach Lenins Tod 1924 hatte er seine Position soweit gefestigt, dass ihm Trotzkijs Opposition in Abstimmungen nicht mehr gefährlich werden konnte. 1927 wurde Trotzkij aus der Partei ausgeschlossen, dann nach Kasachstan verbannt und schließlich aus der Sowjetunion ausgewiesen. Schon 1926 hatte sich Stalin seiner früheren Mitstreiter Zinowjew und Kamenew entledigt.
Nach Niederschlagung der Opposition begann Stalin, harte Maßnahmen durchzuführen, mit dem Ziel, das Land planmäßig zu industrialisieren und die Landwirtschaft zu kollektivieren. Die Landbesitzer wurden enteignet, die Landbevölkerung zwang man in staatlich verfügte Kolchosen; 120 Millionen Landbewohner wurden umgesiedelt oder ermordet. Allein zehn bis zwölf Millionen Kulaken (Großbauern) wurden deportiert, von denen bis 1935 ein Drittel starb.
Welche Auswirkungen hatte die Diktatur?
Die Ermordung des letzten mutmaßlichen Konkurrenten, Sergei Kirow im Dezember 1934, diente als Startsignal für eine »Säuberung« (Tschistka), die bis zum Vorabend des Zweiten Weltkriegs andauerte. Zehntausende echte oder vermeintliche Widersacher wurden ermordet. In Schauprozessen ließ Stalin seine Gegner aburteilen und in zwei Großprozessen wurde schließlich die gesamte frühere Parteispitze »liquidiert«. Insgesamt wurden zwischen 1937 und 1953 etwa 17 bis 23 Millionen Menschen verhaftet. Wie viele davon erschossen wurden oder in den Lagern umkamen, ist kaum zu sagen. Allein für 1937/38 lassen sich 680000 Hinrichtungen belegen.
Was bezweckte er mit dem Nichtangriffspakt?
Der Nichtangriffspakt Stalins mit Adolf Hitler von 1939 war ein Versuch, Zeit für den Wiederaufbau der Armee zu gewinnen. 1937/38 hatte Stalin 38000 Offiziere der Roten Armee verhaften lassen und damit die Landesverteidigung praktisch »enthauptet«. Über diesen Versuch des Zeitgewinns hinaus diente der Nichtangriffspakt aber auch Stalins Expansionsdrang. Nach dem deutschen Angriff auf Westpolen marschierte die Rote Armee in Ostpolen, die Baltischen Staaten, die Bukowina und Bessarabien ein. Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 traf Stalin unvorbereitet, aber es gelang der Roten Armee, Moskau und Stalingrad 1942/1943 zu verteidigen und so die Wende herbeizuführen.
Wie ging es nach dem Krieg weiter?
Auch nach Kriegsende funktionierte das System der Lager und Schauprozesse, nun auch in den kommunistischen Ostblockstaaten. Millionen wurden verhaftet und in Arbeitslager deportiert. Stalins Misstrauen gegen alles und jeden wird ihm schließlich zum Verhängnis, da sich nach einer Hirnblutung am 1. März 1953 niemand in seine Nähe wagt und Hilfe holt. Ohne ärztliche Versorgung stirbt er vier Tage später.
Wussten Sie, dass …
Josef Stalin der »Rote Zar« genannt wurde, nachdem er versucht hatte, seiner Mutter seine Funktion als Herrscher der Sowjetunion zu erklären? Sie sei mit der Rolle des früheren Zaren vergleichbar – und an den könne sie sich ja wohl noch erinnern.
Wie wurde Stalin vom Schustersohn zum Herrscher der UdSSR?
Josef (Jossif) Wissarionowitsch Dschugaschwili kam als Sohn eines Schusters am 6. Dezember 1878 im georgischen Gebirgsstädtchen Gori zur Welt. Aus dem Priesterseminar, in das er nach dem Besuch der Kirchenschule wechselte, wurde er 1899 wegen Kontakten zu marxistischen Zirkeln ausgeschlossen. 1898 trat er der Marxistenorganisation »Messame Dassy« (Dritte Gruppe) bei, schloss sich 1901 der Sozialdemokratischen Partei Lenins (1870–1924) an und wurde 1912 unter dem Namen Stalin (»der Stählerne«) Mitglied im Zentralkomitee des bolschewikischen Parteiflügels. Von 1902 bis 1917 arbeitete Josef Stalin im Untergrund, wurde mehrmals verhaftet und verbannt, konnte aber immer wieder fliehen. Nach der Oktoberrevolution wurde er 1922 Generalsekretär und nach Lenins Tod unumschränkter Führer der Sowjetunion. 29 Jahre dauerte seine Schreckensherrschaft, bis er am 5. März 1953 in Moskau starb.
Kemal Atatürk: Vater der Türken
In welcher Ära wurde Kemal Atatürk geboren?
Kemal Atatürk wurde in einer Zeit groß, in der der Niedergang des Osmanischen Reichs schon längst eingeleitet war. Das Osmanische Reich war damals ein Vielvölkerstaat, der den Übergang vom Mittelalter in die Neuzeit versäumt hatte und infolgedessen gegenüber Europa in vieler Hinsicht rückständig war.
Geboren im Jahr 1881 in der damaligen osmanischen Stadt Selanik (heute Saloniki), besuchte der kleine Mustafa die dortige Militärschule, wo ihm sein Lehrer, der ebenfalls Mustafa hieß, den Beinamen »Kemal« gab. Nach Abschluss der Militärakademie als Hauptmann im Generalstab wurde er 1905 zur 5. Armee in Damaskus versetzt. Mustafa Kemal begann also eine militärische Karriere; wie viele Offiziere der damaligen Zeit machte auch er sich Gedanken darüber, wie der »kranke Mann am Bosporus« »geheilt« werden könne, wie er die Türkei liebevoll nannte.
Wofür kämpfte der Reformer sein Leben lang?
1909 zwang die jungtürkische Revolution Sultan Abdulhamid zur Absetzung, doch Mustafa Kemal war wider Erwarten nicht unter ihren Anführern. Seine Geburtsstadt Saloniki war zwar das Zentrum der »Jungtürken«, die seit 1896 immer stärker wurden, doch Kemal Atatürk hatte ganz andere Ziele. Er sah die Lösung nicht im eingeschlagenen Weg der Jungtürken, sondern war der Ansicht: »Das Sultanat muss zerstört werden. Die Struktur des Staates muss auf einer homogenen (einheitlichen türkischen) Grundlage beruhen. Religion und Staat müssen voneinander getrennt werden. Wir müssen uns der östlichen Zivilisation entziehen und der westlichen zuwenden. Wir müssen die Unterschiede zwischen Mann und Frau aufheben (...). Wir müssen die Schrift, die uns hindert, an der westlichen Zivilisation teilzunehmen, abschaffen, wir müssen ein Alphabet, das auf der lateinischen Schrift beruht, finden, und wir müssen uns in jeder Beziehung, bis hin zu unserer Kleidung, auf den Westen hin ausrichten.«
Wie wurde die Türkei zur Republik?
Atatürk nutzte die Schwächung des Sultanats durch die Niederlage im Ersten Weltkrieg, um seine politischen Ziele durchzusetzen. 1919, einige Monate nach dem Ende des Krieges, war Mustafa Kemal, der inzwischen den Rang eines Pascha erlangt hatte, vom Sultan zum Inspektor der 9. Armee ernannt worden. Statt sich jedoch dieser Aufgabe zu widmen, ging Mustafa Kemal Pascha nach Samsun, einer Küstenstadt am Schwarzen Meer. Von dort aus organisierte er den türkischen Unabhängigkeitskrieg, der sich vor allem gegen die Griechen richtete, und gewann ihn am 9. September 1922 auch.
Im Zuge seiner Erneuerungspolitik beseitigte Atatürk das Sultanat, rief am 23. Oktober 1923 die Republik aus und schaffte schließlich das Kalifat ab. Gleichzeitig mit der Ausrufung der Republik wurde Atatürk zum Präsidenten der Republik gewählt, was er bis zu seinem Tod am 10. November 1938 auch blieb. Atatürk pflegte zu sagen: »Mein unbedeutender Körper wird selbstverständlich eines Tages zu Erde, aber die Republik Türkei wird auf Ewigkeit Bestand haben.« Mit diesen Worten fasste Mustafa Kemal, der am 24. November 1934 per Gesetz den Familiennamen Atatürk (»Vater der Türken«) erhielt, das zusammen, worauf es ihm immer ankam: eine moderne, zivilisierte und republikanische Türkei zu schaffen.
Wie sollte die moderne Türkei aussehen?
Die politisch-gesellschaftlichen Grundsätze Mustafa Kemal Paschas lassen sich in sechs Punkten zusammenfassen: Republikanismus, Säkularismus (Befreiung des öffentlichen Lebens von religiöser Bevormundung), Modernismus (Entwicklung von Wissenschaft, Technik und Wirtschaft nach europäischem Muster), Populismus (im Sinn von allgemeiner Wohlfahrt), Nationalismus und Etatismus.
Wussten Sie, dass …
der kemalistische Nationalismus-Begriff im staatsbürgerlichen Sinn jeden als Türken bezeichnete, der sich zur Türkei bekannte und deren Staatsbürger er war?
Atatürk mit seiner Politik die Entstehung eines vor allem unternehmerischen Bürgertums fördern wollte? Diese gesellschaftliche Gruppierung hatte es im Osmanischen Reich nicht gegeben.
nach dem Konzept »Populismus« die vernachlässigte Bevölkerung, die für den osmanischen Staat nur Steuerzahler und Bauern gewesen waren, in den Rang mündiger Bürger erhoben werden sollte?
Was bedeutet Modernismus?
Für Atatürk bedeutete Modernismus, mit Hilfe von Wissenschaft und Technik aus dem rückständigen Osmanischen Reich eine moderne Türkei zu schaffen.
Dabei sollte sich die Türkei vor allem am Vorbild der westlichen Staaten orientieren.
David Ben Gurion: Der größte jüdische Staatsmann
Woher kam Ben Gurion?
In hebräischer Sprache bedeutet der Name Ben Gurion »Sohn des Löwen«. Diesen Namen gab sich der 1886 als Sohn eines Rechtsanwalts und Zionisten in Polen geborene David Grün selbst. Er kam 1906 während der zweiten jüdischen Einwanderungswelle nach Palästina und betrieb dort den Aufbau einer jüdischen Organisationsstruktur. Bekannt in aller Welt wurde David Ben Gurion, als er am 14. Mai 1948 als erster Ministerpräsident und Verteidigungsminister einer provisorischen Regierung den Staat Israel ausrief.
Welche Ideale bewegten den jungen Staatsmann?
Wie die meisten seiner Kameraden hatte Ben Gurion große Träume. Er war beseelt von den sozialistischen Gesellschaftsentwürfen der revolutionären Bewegung Russlands. Ihm schwebte eine klassenlose, sozial gerechte Gesellschaft vor. Seine Hauptaktivität in den zwanziger und dreißiger Jahren war der Aufbau einer jüdischen Arbeiterbewegung in Palästina. Lange Jahre saß er der großen nationalen Gewerkschaftsbewegung Histadrut und der sozialistischen Arbeiterpartei Mapai vor. Ben Gurion lebte den damaligen »Mythos Israel«: Pioniergeist, Selbstbewusstsein, Mut und soziale Gerechtigkeit.
Welche politische Rolle übernahm der Zionist?
Als Vorsitzender der jüdischen Selbstverwaltung, der Jewish Agency, vertrat Ben Gurion die Interessen seines Volks gegenüber der britischen Mandatsmacht. Besonders nach der Veröffentlichung des britischen Weißbuchs 1939, das die jüdische Einwanderung und den jüdischen Landkauf drastisch limitieren sollte, organisierte er die illegale jüdische Einwanderung und den bewaffneten Widerstand gegen die Mandatsmacht.
Weshalb billigte der Politiker den Teilungsplan der Vereinten Nationen?
Ben Gurion war in erster Linie Realpolitiker. Sein Ziel war es, Israel den Weg zur Staatlichkeit zu ebnen, darum blieb ihm gar nichts anderes übrig, als den Teilungsplan der Vereinten Nationen vom November 1947 zu billigen. Natürlich war er nicht glücklich über die Aufteilung Palästinas zwischen Juden und Palästinensern, er war vielmehr davon überzeugt, dass die Ziele von Zionisten und Palästinensern langfristig unvereinbar seien.
Nachdem es der israelischen Armee im Unabhängigkeitskrieg 1948/49 gelungen war, weite Teile Galiläas und der Negevwüste zu erobern, die ursprünglich dem palästinensischen Staat zugeteilt waren, dachte Ben Gurion nicht an die Rückgabe dieser Gebiete und strebte einen Frieden mit den Arabern unter Anerkennung der Gebietsgewinne an. Die Parole »Land gegen Frieden«, die heute den Nahost-Friedensprozess bestimmt, lehnte Ben Gurion ab.
Wie kam es zur Aussöhnung mit Deutschland?
Ben Gurion hatte den großen Vorteil, aus einer Position der Distanz heraus verhandeln zu können, obwohl er selbstverständlich entsetzt und erschüttert über die nationalsozialistischen Verbrechen an den Juden war. Er hatte aber nicht, wie viele jüngere Politiker, den persönlichen Bezug zum Holocaust, da er schon in jungen Jahren nach Palästina ausgewandert war. Aus diesem Grund befürwortete Ben Gurion trotz des starken Widerstands in Israel die Aussöhnung mit Deutschland.
Es war das gemeinsame Verdienst von Ben Gurion und Konrad Adenauer, dass Deutschland und Israel Kontakt aufnahmen, verhandelten und schließlich ein Wiedergutmachungsabkommen ratifizierten. Das Luxemburger Abkommen von 1952 legte schließlich die erste Zahlung von 3,5 Milliarden DM durch Westdeutschland an den Staat Israel und jüdische Organisationen als Wiedergutmachung fest, die dank Ben Gurions Einfluss auch von der Knesset, dem israelischen Parlament, angenommen wurde.
Wovon träumte Ben Gurion?
Sein großer Traum war die Urbarmachung der Wüste. Ein Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer im Jahr 1960 in New York führte dazu, dass Deutschland ab 1963 günstige Kredite an Israel überwies, um zur Besiedlung und Urbarmachung der Wüste Negev beizutragen. Heute hat man selbst in Israel erkannt, dass diese Vision in eine wirtschaftliche Sackgasse führt.
Wussten Sie, dass …
Ben Gurion seine Ideale selbst vorlebte, indem er 1953 dem Kibbuz Sede Boqer inmitten der Negevwüste beitrat und dafür sogar 14 Monate lang alle Regierungsämter niederlegte?
Ben Gurion die Neueinwanderer, die er mit seiner Vision in die Wüste rief, in eine wirtschaftliche und soziale Sackgasse schickte? Die Kultivierung der Wüste ist nur durch hohe staatliche Subventionen möglich und somit unökonomisch.
Adolf Hitler: Der braune Völkermörder
Wie kam Adolf Hitler an die Macht?
Hitler kam durch Wahlen an die Macht. Im Jahr 1932 wurde die NSDAP stärkste politische Kraft in Deutschland und Hitler wurde am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler einer Koalitionsregierung mit konservativer Mehrheit im Kabinett ernannt.
Bis dahin machte der österreichische Zöllnersohn Adolf Hitler aus Braunau am Inn eine der erstaunlichsten Karrieren der Geschichte: vom namenlosen Gefreiten des Ersten Weltkriegs zum »Führer Großdeutschlands« und Weltbrandstifter.
Begabt mit einem ungewöhnlichen Redetalent, hatte der verhinderte Künstler Hitler, geboren am 20. April 1889, nach der Niederlage von 1918 in Deutschland Erfolg als Politiker mit einem scharf nationalistischen Programm der Revision und Revanche. Den »linken«, sozialistischen Bestandteil des Namens der von ihm seit 1921 geführten Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) nutzte er als Köder für die unteren und mittleren Schichten des Volkes. Das Nationale stand für ihn jedoch immer unverrückbar im Vordergrund. Zunächst mit einem Putsch gegen die verhasste Republik am 9. November 1923 gescheitert, formulierte Hitler in der anschließenden Haftzeit sein rassistisches Bekenntnis »Mein Kampf«. In der Weltwirtschaftskrise (1929/32) erntete er die Früchte seiner Agitation gegen Marxisten, Juden und »demokratische Volksverderber«, die er als »Novemberverbrecher« verantwortlich machte für die Niederlage des Reichs und den Umsturz von 1918.
Wie kam der Demagoge zur Alleinherrschaft?
Als Reichskanzler der NSDAP liquidierte Hitler ohne große Mühe die Republik durch das am 23. März 1933 durchgepeitschte »Ermächtigungsgesetz«, verbot alle anderen Parteien, zerschlug die Gewerkschaften, schaltete durch die Morde während des so genannten Röhm-Putschs die letzte innerparteiliche Opposition aus und machte sich nach dem Tod Hindenburgs im August 1934 als »Führer und Reichskanzler« zum Alleinherrscher. Mit Zuckerbrot – Arbeitsbeschaffung, soziale Errungenschaften, Olympische Spiele 1936 – und Peitsche – Polizeiterror, Spitzelsystem, Gleichschaltung, Zensur, Konzentrationslagern – brachte er das Volk hinter sich. Ein ungeahnter, durch massive Aufrüstung zusätzlich angekurbelter wirtschaftlicher Aufschwung gewann ihm die früher feindlich gesonnene Arbeiterschaft.
Krieg gegen die ganze Welt – wie war das möglich?
Zwei fatale Umstände trafen hier aufeinander: Außenpolitisch hatten die einstigen Siegermächte ein schlechtes Gewissen und reagierten viel zu spät oder nicht entschlossen genug und Hitler selbst zeigte eine unerhörte Risikobereitschaft. So gelang ihm die Rückgliederung des Saarlands 1935, die Besetzung des Rheinlands 1936, der Anschluss Österreichs 1938, die »Heimholung« des Sudetenlands 1938, die Annexion Böhmens und Mährens 1939, ein Pakt mit dem Todfeind Stalin 1939.
So entstand nach den Jahren der Depression und der »Schmach« ein »Großdeutsches Reich«, das die Plattform zur »Eroberung von Lebensraum« und zum »Endkampf gegen das Weltjudentum« werden sollte. Die »Raumfrage« stand hinter dem Entschluss zum Krieg, den er 1939 mit dem Angriff gegen Polen begann und der nach fast sechs Jahren zum völligen Zusammenbruch Deutschlands führte.
Wie viele Opfer forderte das Dritte Reich?
Über 50 Millionen Tote waren die Bilanz des Zweiten Weltkriegs. Hinzu kam die rassische Verfolgung, getragen vor allem von der SS, der Weltanschauungstruppe Hitlers, die sich von der Ausgrenzung der Juden aus dem öffentlichen Leben durch die Nürnberger Rassengesetze und aus dem Wirtschaftsleben durch die »Arisierung« bis hin zum Holocaust steigerte. Es fielen ihm in der Kriegszeit an die sechs Millionen Juden aus ganz Europa sowie andere in Hitlers Augen »lebensunwerte Untermenschen« zum Opfer.
Was hieß für Hitler Lebensraum?
Für Hitler bedeutete die Gewinnung von Lebensraum die »heilige Mission meines Lebens« und »Daseinszweck des Nationalsozialismus« – so bezeichnete Hitler noch im Februar 1945 die Eroberung von Lebensraum für das deutsche Volk. Es war von Anfang an Hitlers Überzeugung, dass dies immer nur gewaltsam geschehen könne. Seine Politik der Revision des Versailler Vertrags betrieb er nach 1933 ausschließlich zur »Rückendeckung für eine Vergrößerung des Lebensraums«, da sich ein Krieg bloß für die Wiederherstellung der Vorkriegsgrenzen, wie es schon in »Mein Kampf« heißt, nicht lohne.
Wussten Sie, dass …
der Widerstand gegen Adolf Hitler zunächst lange zu keiner gemeinsamen erfolgreichen Aktion führte? Auch der letzte, aussichtsreichste Versuch zur Beseitigung Hitlers am 20. Juli 1944 schlug fehl, obwohl viele wichtige Widerstandsgruppierungen koordiniert handelten.
hohe und höchste Militärs für den Staatsstreich gewonnen worden waren, der Hitler vernichten sollte?
Hitlers Reich ihn nur um eine Woche überlebte?
Charles de Gaulle: Glühender Patriot und Europäer
Wovor wollte Charles de Gaulle sein Land schützen?
Vor den Deutschen. Charles de Gaulle sah die wachsende Bedrohung durch den Zweiten Weltkrieg lange voraus und warnte sein Land immer wieder. Aus dem Ersten Weltkrieg und deutscher Gefangenschaft zurückgekehrt, wurde der am 22. November 1890 in Lille geborene Charles de Gaulle zunächst Dozent an der Kriegsschule von Saint Cyr und machte in den Jahren von 1922 bis 1924 eine Ausbildung zum Generalstabsoffizier.
Vergeblich wandte er sich gegen die Verschanzung Frankreichs hinter der Maginot-Linie, der gegen Deutschland gerichteten Verteidigungslinie, und warb als Generalsekretär des Nationalen Verteidigungsrats (1932 bis 1937) ebenso vergeblich für den Aufbau schneller gepanzerter Verbände. Als 1940 die deutsche Wehrmacht ihre kriegsentscheidende Überlegenheit demonstrierte und Frankreich besetzte, war es zu spät.
Wieso ging der Franzose nach London?
De Gaulle schulte vom militärischen zum politischen Strategen um und ging – zum General befördert – nach London und kämpfte vom Exil aus für Frankreich. Als Gründer und oberster Repräsentant eines Komitees »Freies Frankreich« appellierte er an seine Landsleute, gegen die deutschen Besatzer und die Vichy-Regierung Marschall Pétains Widerstand zu leisten.
Aus dieser Exilbewegung heraus entwickelte sich dann die Provisorische Regierung, die de Gaulle nach der Landung der Alliierten in der Normandie 1944 installierte und als deren Ministerpräsident er seinen Anteil am Sieg in Form einer Besatzungszone in Deutschland sicherte. Es wurde ihm schnell klar, dass angesichts des einsetzenden Kalten Krieges zwischen Ost und West aus dem einstigen Feind Deutschland ein Partner werden musste. Doch umsetzen konnte er die Erkenntnis zunächst nicht.
Warum legte der Patriot eine Politik-Pause ein?
Charles de Gaulle war vom Parteienstreit in der neuen, Vierten Republik angewidert. So zog er sich 1946 zunächst für zehn Jahre aus der Politik zurück. Dann kehrte er als großer Reformer zurück.
Es war der Algerienkrieg, der ihn wieder auf den Plan rief: Dieser drohte nach einem Offiziersputsch außer Kontrolle zu geraten. De Gaulle übernahm die Retterrolle, indem er eine Verfassung für eine neue, Fünfte Republik entwarf, mit stark erweiterten Rechten des Staatspräsidenten und einer Schwächung des Parlaments. Sie wurde 1958 angenommen und de Gaulle erster Präsident. Gegen die Militärs setzte er die Beendigung des Kriegs in Algerien durch und entließ die einstige Kolonie sowie weitere afrikanische Kolonien in die Unabhängigkeit.
Welche Rolle spielte Konrad Adenauer?
Charles de Gaulle fand im deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer einen Partner, der zum Freund wurde und es auch ertrug, dass de Gaulle Großbritannien den Weg nach Europa versperrte. Die Wendung des Generals gegen Amerika jedoch, die sich im Austritt Frankreichs aus der militärischen Integration der NATO und im Aufbau einer eigenen Atomstreitmacht ausdrückte, konnte Adenauer schon wegen der Frontlage der Bundesrepublik nicht mitmachen.
Was läutete das politische Ende de Gaulles ein?
1965 wiedergewählt, geriet der General jedoch bald im Zuge der 68er-Revolte unter Beschuss. Im »Pariser Mai« kam es sogar zu einer gewissen Verbrüderung der Studenten mit der Arbeiterschaft, was eine Staatskrise heraufbeschwor. Nur mit Mühe konnte de Gaulle, der zeitweilig ans Aufgeben gedacht hatte, die schweren Unruhen kanalisieren. Als er jedoch im Jahr darauf bei der Abstimmung über eine Verwaltungs- und Hochschulreform eine Niederlage erlitt, trat er wie angekündigt zurück. De Gaulle starb am 9. November 1970 auf seinem Landsitz in Colombey-les-deux-Églises.
War ein deutsch-französischer Freundschaftsvertrag möglich?
Erstaunlicherweise ja. Dem ersten deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer und Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle gelang, was Gustav Stresemann (1878-1929) und sein französischer Kollege Aristide Briand (1862-1932) nicht hatten vollenden können: die deutsch-französische Aussöhnung. Im Bemühen um eine europäische Einigung stand fest, dass diese nur durch Überwindung alter Rivalitäten der beiden Hauptmächte (»Erbfeinde«) zu erreichen war. Am 22. Januar 1963 unterzeichneten die beiden Politiker in Paris einen »Vertrag über deutsch-französische Zusammenarbeit«, kurz Elysée- oder Freundschaftsvertrag genannt, der regelmäßige Konsultationen der Regierungen vorsah und zu immer engeren Beziehungen führen sollte, bis hin zur Gründung eines gemeinsamen Jugendwerks, Kulturabkommen, Gründung eines deutsch-französischen Wirtschaftsrates und vereinter Streitkräfte (Eurokorps).
Wussten Sie, dass …
de Gaulle als »größter europäischer Politiker« gefeiert wurde?
die Freundschaft zwischen de Gaulle und Adenauer trotz entgegengesetzter politischer Ansichten zum europäisch-amerikanischen Verhältnis keinen Schaden nahm?
der französische Hauptstadtflughafen nach Charles de Gaulle benannt ist?
Mao Zedong: Diktator der Volksrepublik
Wie wandelte sich das Bild Mao Zedongs von der Kultfigur zum rücksichtslosen Diktator?
Der am 26. Dezember 1893 geborene Mao Zedong (in früherer Umschrift des Chinesischen Mao Tse-tung) war Mitbegründer der Volksrepublik China im Jahr 1949 und fast drei Jahrzehnte lang diktatorischer Führer des riesigen asiatischen Landes. Zu seinen Verdiensten gehören sicher die Befreiung Chinas vom Joch eines überkommenen mittelalterlichen Staatssystems und die Wiedererlangung der nationalen Unabhängigkeit nach langer Zeit der ausländischen Dominanz. Der Preis für diese Errungenschaften war eine brutale Diktatur, in deren Bilanz Millionen von Toten stehen.
In der Zeit der antiautoritären Bewegung der 1960er und 1970er Jahre im Westen galt Mao die weit gehend unkritische Sympathie der Protestgeneration, die in seinem radikalen Vorgehen gegen »bürgerliche Strukturen« während der »Kulturrevolution« ein Vorbild sahen. Die historische Aufarbeitung Maos rücksichtsloser Diktatur führte zum tief greifenden Wandel seines Bildes, viele Historiker zählen den »Großen Vorsitzenden« mittlerweile zu den übelsten Diktatoren des 20. Jahrhunderts.
Wie verbrachte Mao seine Lehrjahre?
Als Sohn einer vergleichsweise wohlhabenden Bauernfamilie erhielt der junge Mao immerhin eine einfache Schulausbildung. Mit 17 Jahren lief Mao von zu Hause weg, schrieb sich erst in einer modernen Mittelschule ein und dann – als 1911 die letzte Kaiserdynastie gestürzt wurde – bei den revolutionären Soldaten. 1918 wurde er Hilfsbibliothekar an der Pekinger Universität, im Jahr darauf nahm er eine Stelle als Grundschullehrer in seiner Heimatprovinz Hunan an.
Auf welchem Weg wurde der Chinese zum Großen Vorsitzenden?
1921 trat Mao der kurz zuvor gegründeten Kommunistischen Partei bei und stieg schnell ins Zentralkomitee auf. Im Herbst 1927 nahm er an einem – schnell niedergeschlagenen – Bauernaufstand teil. Mit einigen Überlebenden bildete er eine Guerilla-Truppe, die sich bald mit anderen Antiregierungstruppen vereinigte und im so genannten Langen Marsch 1934 vom Südosten Chinas in den Norden zog. Im Verlauf des sich entwickelnden Bürgerkriegs und des Kriegs gegen Japan etablierte sich Mao, schon in dieser Zeit mit rücksichtslosen Methoden, als Anführer der Kommunistischen Partei Chinas und wurde mit der Ausrufung der Volksrepublik China am 1. Oktober 1949 deren Führer.
Wie sah Maos Politik in der Volksrepublik China aus?
Im »Großen Sprung nach vorn« von 1958 bis 1961 versuchte Mao, in China eine Leichtindustrie aufzubauen und die landwirtschaftlichen Erträge bedeutend zu steigern. Mit brutalsten Maßnahmen wurde die Bevölkerung geknechtet und ausgebeutet. Nach verschiedenen Schätzungen fielen der Kampagne bis zu 75 Millionen Menschen zum Opfer. In der »Kulturrevolution« (1966–1976) wollte Mao vermeintlich konterrevolutionäre Tendenzen bekämpfen. Die Kampagne richtete sich besonders gegen Intellektuelle (Lehrer, höhere Beamte, Akademiker), die bürgerlicher Gesinnung bezichtigt wurden. Sie führte zum Tod hunderttausender Menschen, darüber hinaus wurden auch bedeutende Kulturgüter des Landes vernichtet.
Als Mao Zedong 1976 starb, hinterließ er ein Land in großer Armut und mit einer weitgehend im Analphabetismus verharrenden Bauernschaft. Sein größter Erfolg war außenpolitisch: Die Aufnahme Chinas in die UNO.
Was war die »Hundert-Blumen-Bewegung«?
Neben dem »Großen Sprung nach vorn« und der »Kulturrevoluton« war die »Hundert-Blumen-Bewegung« eine weitere der organisierten Kampagnen Mao Zedongs. Im Frühjahr 1956 ließ Mao die Zensurbestimmungen lockern. Er erhoffte sich dadurch ein offeneres Klima und neue Anregungen für seine Politik. Als, nach einiger Verzögerung, Intellektuelle Maos Politik kritisierten, ließ der KP-Führer die Bewegung einstellen und viele unbequeme Kritiker inhaftieren. Als »Volksfeinde« erkannte Inhaber wichtiger Positionen wurden durch zuverlässige Parteikader ersetzt.
Wussten Sie, dass …
»Die Worte des Vorsitzenden Mao«, eine Sammlung von Zitaten des KP-Chefs, als »Mao-Bibel« eine Auflage von etwa einer Milliarde Exemplaren erreichte? In der Zeit der 1968er Studentenbewegung war das Buch auch im Westen populär.
der 73-jährige Mao mit einer spektakulären Aktion seinen Führungsanspruch unterstrich? Öffentlichkeitswirksam durchschwamm er den Fluss Jangtse und demonstrierte damit seine ungebrochene Vitalität.
Mutter Teresa: Der Engel der Armen
Was rechtfertigte die schnelle Heiligsprechung Mutter Teresas?
Mutter Teresa wurde durch ihre beispiellose Unterstützung und Pflege der Armen zum weltweit geachteten Vorbild. Als sie am 5. September 1997 im hohen Alter von 87 Jahren starb und im indischen Kalkutta im Mutterhaus ihres Ordens auf der Lower Circular Road mit einem großen Staatsakt beerdigt wurde, nahm die ganze Welt Anteil. Papst Johannes Paul II. setzte sogar das Kirchenrecht aus, um die Formalien zur Heiligsprechung Mutter Teresas bald nach ihrem Tod in die Wege leiten zu können, anstatt die üblichen fünf Jahre warten zu müssen.
Wie prägte die Kindheit ihr späteres Leben?
Prägend für Mutter Teresa war, dass sie in einer katholischen und sehr gläubigen Familie aufwuchs, in der nicht zuletzt christliche Barmherzigkeit großgeschrieben wurde.
Sie wurde am 26. August 1910 als jüngstes von drei Kindern in Skopje, der heutigen mazedonischen Hauptstadt, geboren. Der Vater war Albaner, die Mutter Italienerin. Die Tochter wurde auf den Namen Agnes Gonxha getauft. Der Familienname war Bojaxhiu. Agnes Gonxha hatte ein inniges Verhältnis zu ihren sehr religiösen Eltern und Geschwistern. Die Mutter war streng, aber gütig. Wenn sie sich um die Armen in Skopje kümmerte, wurde sie oft von ihrer jüngsten Tochter begleitet. Der Vater starb, als Agnes Gonxha acht Jahre alt war. Nach anfänglichen Notzeiten gelang es der Mutter, die Familie mit Stoffhandel und Stickereien über Wasser zu halten.
Wusste Teresa schon früh, was sie wollte?
Ja. Die intelligente Agnes Gonxha war gerade mal 18, als sie sich zum Ziel setzte, als Missionarin nach Indien zu gehen, und in Dublin in den irischen Orden der Schwestern von Loreto aufgenommen wurde. Sie hatte in Erfahrung gebracht, dass diese Missionarinnen in Indien tätig waren. 1929 machte sie sich auf zu einer fünfwöchigen Schiffsreise in das Land, dessen Not und Elend ihr Leben bestimmen sollten.
Etwa ein Jahr später wurde sie Novizin, man gab ihr den Namen Teresa. Im nordindischen Darjeeling unterrichtete sie Kinder und arbeitete in einem Krankenhaus. Hier begegnete ihr unbeschreibliches Elend. In Kalkutta unterrichtete Teresa im Kloster »höhere Töchter« in Geografie und Geschichte, aber auch Kinder ärmerer Familien. Am 14. Mai 1937 legte sie das Gelübde zur voll ordinierten Nonne ab. Sie wurde Direktorin der Missions High School St. Mary. Schwester Teresa war glücklich in Indien, hier hatte sie ihre Aufgaben gefunden.
War das Wirken in den Slums von Kalkutta ihre Bestimmung?
Mutter Teresa war 1946 auf dem Weg nach Darjeeling, als sie den Ruf Gottes hörte, der ihr auftrug, in den Elendsvierteln von Kalkutta mit den Ärmsten der Armen zu leben und ihnen beizustehen. Erst zwei Jahre später wurde ihr vom Vatikan gestattet, außerhalb des Ordens zu arbeiten. Sie legte ihre Nonnenkleidung ab und kleidete sich fortan wie die Menschen, mit denen sie lebte: in einen weißen Sari mit blauer Borte. Bald hatte sie zahlreiche freiwillige Helferinnen, die »Missionare der Nächstenliebe«. 1950 erkannte der Vatikan den neuen Orden an, den vier Gelübde bestimmen: Armut, Keuschheit, Gehorsam und der Dienst an »den Ärmsten der Armen von ganzem Herzen ohne Gegenleistung«.
Mutter Teresa, die »Managerin« mit der ungewöhnlichen Durchsetzungskraft, schuf zusammen mit ihren Schwestern Häuser für Sterbende, Tuberkulose- und Leprakranke, Kranken- und Entbindungsstationen, ein Haus für unverheiratete Mütter und Schulen. Als sie einmal angegriffen wurde, sie verteile Fische statt Angelruten, entgegnete Mutter Teresa ruhig: »Die meisten meiner Schützlinge sind so schwach, dass sie nicht einmal eine Angelrute halten können.«
Inzwischen zählen einige tausend zu ihrem Orden, in weltweit rund 700 Einrichtungen wird denen geholfen, die zu viel nur vom Nichts haben.
Wie wurde Mutter Teresa geehrt?
Mutter Teresa erhielt zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen. 1979 bekam sie den Friedensnobelpreis. Zur Verleihung erschien sie in ihrem Sari und einem löchrigen Pullover. Das Preisgeld nahm sie gern an, schlug aber das Festbankett aus. Das gesparte Geld sollte lieber ihre Arbeit ein Stück voranbringen!
Wussten Sie, dass …
Mutter Teresa ihrer eigenen Person keine allzu große Bedeutung beimaß? »Wir dürfen niemals glauben, dass wir unersetzlich sind«, das war einer ihrer Grundsätze.
Mutter Teresa alles mit den Armen teilte und nur drei Saris und ein Ansteckkreuz besaß?
Willy Brandt: Der Kanzler der Ostpolitik
Wie verlief Willy Brandts Weg ins Bundeskanzleramt?
Als Herbert Ernst Karl Frahm 1913 in Lübeck geboren und früh in die SPD eingetreten, musste er als Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei vor den Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen. In Norwegen und Schweden wurde er in der Folge fest in die Arbeiterbewegung eingebunden. Unter seinem Decknamen »Willy Brandt« kehrte er 1945 aus dem Exil zurück. Als Bürgermeister West-Berlins rückte Brandt während der Berlin-Krise (1958) und des Mauerbaus (1961) in den weltpolitischen Blickpunkt. 1964 wurde er Vorsitzender der SPD, 1966 Außenminister der Großen Koalition. Im Frühjahr 1969 kündigte die Wahl des Sozialdemokraten Gustav Heinemann zum Bundespräsidenten einen Machtwechsel an. Nach der Bundestagswahl im Herbst entschlossen sich SPD und FDP zu einer Koalition. Mit knapper Mehrheit wurde Willy Brandt zum vierten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
War der Sozialdemokrat ein »Menschenfischer«?
Das war er. Willy Brandt verfügte über eine große Ausstrahlung, mit der er die Mitglieder der SPD emotional an sich und an die Partei zu binden vermochte, mit seinem Charisma, seiner Weltoffenheit und seinen fortschrittlichen politischen Ansichten verkörperte er die verbreitete Aufbruchsstimmung der späten 1960er und frühen 1970er Jahre und sprach Menschen weit über die klassische Wählerschaft der SPD an. Das Ausland sah in Willy Brandt vor allem einen Vertreter des antifaschistischen Deutschlands.
Was wollte der neue Kanzler anders machen?
In der ersten Regierungserklärung zeigte Willy Brandt die Richtung seiner Politik auf. Allgemein beschrieb er die angestrebte Erneuerung damit, dass man »mehr Demokratie wagen« wolle. Der Einzelne sollte zum mündigen Bürger werden, der in einen gesellschaftlichen Reformprozess eingebunden war. Zur Verwirklichung aller beabsichtigten Neuansätze legte das Kabinett Brandt einen umfassenden Katalog vor.
Worauf zielte Brandts Außenpolitik?
Kernstücke von Brandts Außenpolitik waren die Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn Deutschlands und die Definition eines neuen Verhältnisses zur DDR. Brandt ging in seiner Ostpolitk aber nicht so weit, die Existenz zweier deutscher Staaten anzuerkennen. Die Beziehungen zueinander konnten für ihn »nur von besonderer Art« sein. Für eine gegenseitige Annäherung bildete die Aussöhnung mit den Nachbarn im Osten eine notwendige Bedingung. Die Anerkennung des Status quo in den Verträgen von Moskau und Warschau im Jahr 1970 ist einer der Meilensteine der Regierung von Willy Brandt. Erst hierdurch konnten beide deutsche Staaten im Grundlagenvertrag 1972 ihr Verhältnis zueinander regeln und das Miteinander der Menschen erleichtern. Mit der Verleihung des Friedensnobelpreises 1971 fand Willy Brandt für seine Entspannungspolitik die höchste internationale Anerkennung.
Wie reagierte die Opposition auf die Ostpolitik?
Die Deutschland- und Ostpolitik war ein gesellschaftspolitisches Konfliktfeld. Insbesondere die Opposition sah die Chance auf eine Wiedervereinigung vergeben. Ein konstruktives Misstrauensvotum der Union 1972 vermochte den Kanzler jedoch nicht zu stürzen. Die nachfolgenden Neuwahlen wurden von den Parteien zu einer Art »Volksabstimmung« über die Ostpolitik gestaltet. Willy Brandt gewann mit großer Mehrheit.
Wie sahen die letzten Lebensjahrzehnte des Politikers aus?
In der Folgezeit forderten die physischen Anstrengungen des Amtes als Bundeskanzler und der gleichzeitigen Tätigkeit als Vorsitzer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ihren Tribut. Krankheit und Depressionen beeinträchtigten den Kanzler. Auch innerhalb der SPD war Willy Brandt nicht länger unumstritten. Die Affäre um den DDR-Spion Günter Guillaume bereitete der Kanzlerschaft dann ein Ende. 1974 trat Brandt als Bundeskanzler zurück.
Auch nach seinem Rücktritt blieb er SPD-Chef. Als Vorsitzender der Sozialistischen Internationale und der Nord-Süd-Kommission blieb er an wichtigen Stellen in die internationale Politik integriert. 1983 heiratete er in dritter Ehe seine Assistentin Brigitte Seebacher. 1991 erkrankte Willy Brandt an Krebs, im Jahr darauf starb er.
Was geschah beim Misstrauensvotum gegen Brandt?
1972 glaubte der Oppositionsführer Rainer Barzel, im Bundestag über eine Mehrheit gegen Brandt zu verfügen. Beim konstruktiven Misstrauensvotum fehlten ihm jedoch zwei Stimmen. Diese hatte, wie sich später herausstellte, der Staatssicherheitsdienst der DDR gekauft. Brandt blieb Kanzler, führte aber für den Herbst 1972 Neuwahlen herbei, die er triumphal gewann.
Wussten Sie, dass …
Brandt nach seinem Abitur 1932 zunächst ein Volontariat bei einem Schiffsmakler in Lübeck begann?
Willy Brandt in seinen ersten beiden Ehen jeweils mit Norwegerinnen verheiratet war?
der spätere Bundeskanzler 1937 als Journalist auf republikanischer Seite über den spanischen Bürgerkrieg berichtete?
John F. Kennedy: Hoffnungsträger im Kalten Krieg
Warum ist John Fitzgerald Kennedy heute noch ein Mythos?
John F. Kennedy war gebildet, weltgewandt, ein Mann des Wortes und der Tat. Er besaß Geld, eine reizende, schöne Frau und ein unbeschreibliches Charisma. Seinem Lächeln und seinem Charme konnte sich kaum jemand entziehen. Doch sein Leben fand durch ein Attentat, das nie ganz aufgeklärt werden konnte, ein jähes Ende. Sein tragischer Tod trug insbesondere dazu bei, dass der 35. Präsident der USA zu einem Mythos des 20. Jahrhunderts wurde. »Wo waren Sie, als das Unglück geschah?« Diese Frage wurde nach dem 22. November 1963 häufig gestellt, und wer die Zeit erlebt hat, weiß noch heute, wo er sich befand, als er von der Ermordung Kennedys erfuhr. Und erinnert sich an die Emotionen, die diese Nachricht auslöste: Wut, Trauer und vor allem Angst.
Welche Bedeutung hatte der Demokrat im Kalten Krieg?
John F. Kennedy wurde zum Hoffnungsträger für politische Entspannung in der ganzen Welt, als die demokratische Partei ihren Kandidaten für die Wahlen im Jahr 1960 nominierte. Der jugendliche Held betrat die politische Bühne zu Zeiten des Kalten Kriegs. Unerbittlich standen sich die Großmächte USA und Sowjetunion gegenüber, jede darauf bedacht, ihre Machtsphäre auszuweiten, militärisch und politisch Stärke zu zeigen und sie mit entsprechenden Drohgebärden zu unterstreichen. Die Sowjetunion konnte dabei Punkte für sich verbuchen, sie war Ende der 1950er Jahre sowohl militärisch überlegen, als auch in der Weltraumtechnik führend.
War der junge Präsident seiner Rolle gewachsen?
John F. Kennendy war durchaus kein unbedarfter Mann. Er war jung, aber politisch kein unbeschriebenes Blatt und konnte mit seinen 43 Jahren auf eine erstaunliche Karriere zurückblicken: 1940 Abschluss einer immer wieder von Krankheiten unterbrochenen Ausbildung an der Elite-Universität Harvard. 1941 Eintritt in die Marine, die ihn 1943 in den Südpazifik versetzte. Dort übernahm er das Kommando über ein Schnellboot, das am 2. August 1943 von den Japanern versenkt wurde. Kennedy überlebte und zog, von der Presse bejubelt, ins Pantheon der amerikanischen Kriegshelden ein.
Als politischer Korrespondent kommentierte er in der Nachkriegszeit die wichtigsten Ereignisse in Europa und Amerika, für sein Buch »Zivilcourage« erhielt er 1957 den Pulitzerpreis. Seit 1947 war er aktiv in der Politik tätig, erst im Kongress seines Heimatstaats Massachusetts, dann ab 1952 als Senator in Washington.
Kurz, er wusste sehr genau, was er tat. Ganz bewusst zeigte er sich im Wahlkampf von seiner persönlichen Seite, als Familienvater und Sportler, natürlich und unverkrampft – damals eine Novität in der politischen PR-Kampagne. Neu war auch das inzwischen zur Tradition gewordene Fernsehduell zwischen den beiden gegnerischen Kandidaten. Wie weit dieses die Wähler beeinflusste, darüber streiten sich die Historiker, sicher aber ist, dass der graue Richard Nixon neben dem jugendlichen Helden keine besonders gute Figur machte.
Wie erfolgreich war die Politik John F. Kennedys?
Kennedy war nur rund 1000 Tage im Amt und doch hat er mehr bewirkt als manch anderer Präsident in zwei Legislaturperioden.
Seine Politik stand unter dem Motto »New Frontier« (Neue Grenze). Dabei galt es innenpolitisch, alte Grenzen zu sprengen, diejenigen, die das Land in Arm und Reich und vor allem in Schwarz und Weiß teilten. Kennedy konnte einige Erfolge auf diesem Gebiet verbuchen, wenn auch viele sozialpolitische Reformen scheiterten, weil ihm der mehrheitlich von Republikanern beherrschte Kongress die Zustimmung versagte.
Kennedys größter außenpolitischer Triumph: Ende 1962 erreichte er, dass die Russen, die Raketen auf Kuba stationiert hatten, diese wieder abzogen und damit ein drohender Atomkrieg verhindert wurde.
War Kennedys Religion ein Problem?
Im Grunde schon. In Amerika üben bis heute weiße, angelsächsische Protestanten die Macht aus und der katholische Kennedy empfand die »Religionsfrage« während des Wahlkampfs und auch schon vor seiner Nominierung durch die demokratische Partei als größtes politisches Hindernis, wie sein Biograf Arthur M. Schlesinger in »Die tausend Tage Kennedys« schreibt: »Er ist unweigerlich niedergeschlagen, wenn er daran denkt, dass dieser Umstand ihm vorenthalten könnte, was er aufgrund seiner Begabung und Anstrengungen verdient zu haben glaubt.«
Wussten Sie, dass …
es hinter der Fassade des strahlenden Politikers einen anderen Kennedy gab, der gesundheitlich schwer angeschlagen war? So litt der Präsident unter anderem an der Addison'schen Krankheit, die zu lebensbedrohlichen Zuständen führen kann.
Nelson Mandela: Ein Leben für die Gleichheit
Wie wurde Nelson Mandela Präsident von Südafrika?
Durch demokratische Wahlen im Jahr 1994. Der 1989 gewählte Präsident Frederik Willem de Klerk, bis dahin als konservativer Hardliner bekannt, hatte eine neue politische Ära in Südafrika eingeleitet. Im Februar 1990 veranlasste er die Freilassung des damals bereits 72-jährigen Mandela.
Nach 27 Jahren Haft trat Mandela an die Spitze der Anti-Apartheid-Bewegung und setzte sich, wie vor seinem Gefängnisaufenthalt, unermüdlich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller Südafrikaner ein. Er wurde Präsident des wieder zugelassenen ANC und war entscheidend am parteienübergreifenden Friedensabkommen beteiligt. Im Jahr 1993 erhielten Mandela und Präsident de Klerk für ihre Leistungen bei der Demokratisierung des Landes den Friedensnobelpreis.
Im Wahlkampf 1994 gewann Mandela durch seinen unermüdlichen Einsatz für eine nationale Versöhnung auch bei weißen Südafrikanern viele Sympathien. Der überwältigende Sieg des ANC bei den ersten demokratischen Parlamentswahlen sowie seine Wahl zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas krönten Mandelas langen Kampf gegen die Apartheid. Über 340 Jahre weißer Vorherrschaft am Kap hatten ein Ende.
Wie sah der Kampf gegen die Apartheid aus?
Zunächst gewaltlos. 1942 trat Mandela dem African National Congress (ANC) bei, der mehr Rechte für die Schwarzen forderte, 1944 war er Mitbegründer der Jugendliga des ANC, die einen afrikanischen Nationalismus mit Beseitigung der weißen Vorherrschaft und demokratischen Reformen anstrebte. Nach dem Sieg der burischen Nationalistischen Partei wurde 1949 das Aktionsprogramm der Jugendliga als Politik des ANC beschlossen, das durch zivilen Ungehorsam, Streik und Nicht-Kooperation geprägt war und den Anfang des Widerstands der Massen gegen die Apartheid markierte.
Mandela wurde Präsident der ANC-Jugendliga und eröffnete 1952 zusammen mit Oliver Tambo, seinem politischen Mitstreiter schon aus College-Zeiten, das erste schwarze Rechtsanwaltsbüro Südafrikas in Johannesburg. 1955 wurde beim ANC-Jahreskongress die Freiheits-Charta verkündet, die mit den Worten begann: »Südafrika gehört allen, die dort leben, Schwarzen und Weißen«. Im Jahr darauf wurden Mandela und 156 weitere wichtige Parteiführer des Hochverrats angeklagt – der Prozess endete jedoch mit Freisprüchen.
Warum landete der Aktivist im Gefängnis?
Weil er zum bewaffneten Kampf überging. Als der PAC, der Panafrikanische Kongress, 1960 in Sharpeville zum gewaltlosen Protest gegen die diskriminierenden Passgesetze aufrief, reagierte die Polizei mit einem Massaker. Kurz darauf wurden die Parteien der Schwarzen verboten und Tausende ihrer Aktivisten verhaftet.
Der ANC ging unter der Führung Mandelas in den Untergrund. 1961 griff der MK, der militärische Flügel des ANC, unter Mandela zu den Waffen gegen die weiße Minderheitsregierung. Anfang 1962 reiste der inzwischen meistgesuchte Mann Südafrikas illegal zur Panafrikanischen Freiheitskonferenz in Addis Abeba und ließ sich von der algerischen Befreiungsarmee militärisch ausbilden.
Kurz nach seiner Rückkehr kam es zur Verhaftung Mandelas und der meisten Führer des MK. Er und viele der Mitangeklagten wurden im Juli 1964 wegen Sabotage und Aufruhr zu lebenslanger Haft verurteilt. Bereits während der ersten 17 Jahre auf der berüchtigten Gefängnisinsel Robben Island wurde er zu einem bedeutenden politischen Aufklärer der Massen – und zum berühmtesten politischen Gefangenen der Welt. Immer lauter wurden die internationalen Forderungen nach seiner Freilassung. Seit 1985 bot ihm die Regierung mehrmals Haftverkürzung an, wenn er dem bewaffneten Kampf abschwöre. Doch Mandela lehnte ab.
Wie lebt der Ex-Präsident heute?
1997 gab er den Parteivorsitz an den Vizepräsidenten Thabo Mbeki ab und zog sich 1999 ganz aus der Politik zurück, Mbeki wurde der neue Präsident Südafrikas. Nelson Mandela wirkte noch als Anwalt für Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen und erhielt viele Auszeichnungen. Er lebt heute in Qunu, dem Ort seiner Kindheit im ehemaligen Homeland Transkei.
Was versteht man unter Apartheid?
Mit diesem Begriff bezeichnet man die Politik der Rassentrennung in Südafrika. Das Wort stammt aus der Sprache der weißen Minderheit dort, dem Afrikaans: »apart« bedeutet »einzeln, besonders«. Die Herrschaft der Weißen beruhte auf einer strikten Trennung der Rassen, die nicht nur den Ausschluss der Schwarzen von allen politischen Rechten beinhaltete. Sie wurden auch sozial und wirtschaftlich benachteiligt. Das System der Apartheid ging sogar so weit, dass Schwarze bestimmte Busse oder Züge nicht benutzen durften.
Wussten Sie, dass …
Nelson Mandela mit Vornamen eigentlich »Rolihlahla« hieß, was in der Sprache seines Volkes, der Xhosa, so viel wie »Unruhestifter« bedeutet? Den Namen Nelson erhielt er an seinem ersten Schultag.
es von Nelson Mandela eine Autobiografie mit dem Titel »Der lange Weg zur Freiheit« gibt?
sich Mandela 1992 nach mehr als 30 Ehejahren von seiner Frau trennte? Im Jahr zuvor war Winnie Mandela für schuldig befunden worden, vier Jugendliche entführt zu haben.
Makgatho, der zweite Sohn von Nelson Mandela, 2005 im Alter von 54 Jahren an AIDS starb?
Fidel Castro: Legendärer Herrscher Kubas
Wie wurde Fidel Castro Staatschef in Kuba?
Fidel Castro Ruz, am 13. August 1926 als unehelicher Sohn eines Dienstmädchens und eines Plantagenbesitzers geboren, studierte Rechtswissenschaft in Havanna und arbeitete nach seiner Promotion 1950 zunächst als Anwalt. Seine Leidenschaft gehörte der Idee eines unabhängigen Kubas. 1902 war die Karibikinsel zwar autonom geworden, allerdings nur formell. Faktisch bestimmten die USA die Geschicke. Auch General Fulgencio Batista (1901–1973) konnte die Diktatur, die er 1952 errichtet hatte, nur dank amerikanischer Unterstützung aufrechterhalten.
Am 26. Juli 1953 begann Castros Freiheitskampf gegen das Regime Batista: Gemeinsam mit 78 jungen Revolutionären versuchte er, die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba zu stürmen. Die Aktion scheiterte, die Rebellen wurden getötet oder wie Castro verhaftet. Aber Fidel Castro kannte danach jeder, und auch sein Schlusswort im Prozess: »Verurteilt mich. Es spielt keine Rolle. Die Geschichte wird mich freisprechen.«
Als er nach einer Amnestie freikam, ging er nach Mexiko ins Exil. 1956 kehrte er mit Ernesto »Che« Guevara (1928–1967) und einer kleinen Gruppe von Freischärlern nach Kuba zurück und führte zwei Jahre lang einen erbitterten Guerillakrieg. Zum Jahreswechsel 1958/59 war Havanna erreicht. Batista gab auf und floh. 1959 übernahm Fidel Castro das Amt des Ministerpräsidenten.
Wie entwickelte sich Kuba nach der Revolution?
Bereits 1960 verhängte die US-Regierung ein Handelsembargo, das die kubanische Wirtschaft bis heute schwer belastet. Im April 1961 unternahmen Exilkubaner mit Unterstützung der CIA einen schlecht vorbereiteten Invasionsversuch, dessen Niederschlagung Fidel Castro persönlich leitete. Unter dem Druck des amerikanischen Embargos lehnte sich Kuba eng an die Sowjetunion an, von deren wirtschaftlicher Unterstützung es zunehmend abhängig wurde. Durch die Umstellung von der Markt- auf die Planwirtschaft, groß angelegte Alphabetisierungskampagnen und den Aufbau einer kostenlosen Gesundheitsversorgung für alle vollzog sich auf der Karibikinsel ein tiefgreifender sozialer Wandel.
Blieb der Staatschef seinen Idealen treu?
Nein, sein ursprüngliches politisches Ziel, Kuba zur Demokratie zu führen, hatte Castro schnell aus den Augen verloren. Bereits in den 1960er Jahren herrschte er diktatorisch: Die Opposition wurde ausgeschaltet, eine staatliche Zensur errichtet, die Gefängnisse füllten sich mit politischen Gefangenen.
Seine Hinwendung zur Sowjetunion, die sich 1965 in der Umbenennung der Einheitspartei in »Kommunistische Partei Kubas« niederschlug, führte 1972 zum Beitritt zur Ostblock-Handelsorganisation COMECON. Zugleich verstärkte Castro sein Auslandsengagement und schickte seine von der UdSSR ausgerüsteten Truppen zur Unterstützung marxistischer Befreiungsbewegungen und Regierungen nach Angola (1975–1989) und Äthiopien (1978). Aber in Kuba ging es den Menschen immer schlechter. Um der wachsenden Unzufriedenheit zu begegnen, öffnete Castro 1980 für kurze Zeit die Grenzen, rund 125000 Kubaner verließen das Land.
Was geschah nach dem Ende der UdSSR?
Der Zusammenbruch der Sowjetunion stürzte Kuba Anfang der 1990er Jahre in eine existenzielle Wirtschafts- und vor allem Versorgungskrise. Castro leitete daraufhin eine wirtschaftliche Liberalisierung ein. Dazu gehörten unter anderem die Legalisierung des Dollarbesitzes und die Zulassung freier Bauernmärkte und selbstständiger Arbeit. Rettung versprach schließlich auch der Tourismus. Im Jahr 1993 wurde der US-Dollar als zweite Währung im Land zugelassen. Politisch blieb Fidel Castro allerdings unnachgiebig. 1994 erteilte er jedweden demokratischen Reformen eine deutliche Absage.
Der Gesundheitszustand des betagten Comandante wird von der Weltöffentlichkeit aufmerksam verfolgt, da das kubanische Regime aufs engste mit seiner Person verbunden ist und nach seinem Tod dramatische politische Veränderungen zu erwarten sind.
Vom wem war Fidel Castro beeinflusst?
Der Student und junge Rechtsanwalt Castro verehrte den kubanischen Dichter und Unabhängigkeitskämpfer José Martí (1853–1895). Aus dem Exil in den USA organisierte der heute als Nationalheld Kubas geltende Martí den Kampf gegen die spanische Kolonialmacht und gründete die kubanische Revolutionspartei. Er fiel 1895 im Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien. Aus der Feder José Martís stammt der Text zum berühmten Lied »Guantanamera«.
Wussten Sie, dass …
Fidel Castro mit über 40 Jahren Dienstzeit das am längsten amtierende Staatsoberhaupt der Welt ist?
der kubanische Staatschef diverse Attentatsversuche der USA überlebte, darunter so absurde wie vergiftete Schuhsohlen?
für Kuba heute der Tourismus der wichtigste Devisenbringer ist? In den nächsten Jahren soll die Besucherzahl von jetzt acht auf 15 Millionen jährlich gesteigert werden.
Che Guevara: Gegen die Ausbeutung der Dritten Welt
Wie kam der Argentinier Ernesto Che Guevara zur Kubanischen Revolution?
Aus politischer Überzeugung. Der 1928 in Argentinien geborene Guevara, der 1953 sein Medizinstudium in Buenos Aires mit der Promotion abgeschlossen hatte, wollte eigentlich Lepraarzt werden. Auf einer Reise, die ihn quer durch Südamerika führte, kam er jedoch mit dem Elend der Bevölkerung seines Kontinents in Berührung. Für die Unterentwicklung und die schlechten Lebensbedingungen war seiner Ansicht nach die Politik diktatorischer Regime wesentlich verantwortlich, denen es vor allem um die Sicherung der Macht und des Reichtums der Oberschicht ging.
Und er war sich sicher: Diese Diktaturen konnten nur mit militärischer Gewalt gestürzt werden. »Der Guerillero handelt gewalttätig, nicht aus Gewinnsucht, sondern aus moralischer Notwendigkeit. Gewalt zu üben schließt beim Guerillero immer auch die Bereitschaft zum Selbstopfer des eigenen Lebens mit ein«, so lautete die feste Überzeugung Guevaras.
In Mexiko lernte er 1955 den dort im Exil lebenden Kubaner Fidel Castro kennen. Guevara schloss sich dessen Guerilla als Arzt an und setzte 1956 mit 80 Kämpfern nach Kuba über, um das auf der Insel herrschende Batista-Regime zu stürzen. Nach zweijährigem zähen Kampf, im Verlauf dessen Guevara sein außerordentliches taktisches Geschick unter Beweis stellte, gelang im Januar 1959 die Vertreibung von Batista.
Die Kubanische Revolution galt Che Guevara dabei als Muster für weitere zukünftige Revolutionen in Lateinamerika.
Was wurde aus seiner permanenten Revolution?
Guevaras Glaube an die »permanente Revolution« in Südamerika und Afrika wurde nur von ganz wenigen geteilt. In Kuba nahm Guevara unter Castro nach der Absetzung des Batista-Regimes nicht nur hochrangige politische Ämter ein, er entwickelte in seinen Büchern auch Theorien zur bewaffneten Guerilla. Denn der ungeduldige Rebell wollte seine Ideen konsequent umsetzen und als radikaler Kämpfer für die Sache der Ärmsten agieren.
Im Juni 1965 reiste er deshalb nach Afrika, musste aber im Kongo erkennen, dass in afrikanischen Ländern kaum eine Möglichkeit zum Umsturz bestand. In Kuba fühlte er sich zunehmend isoliert, der zwischen Moskau und Peking lavierende Castro folgte ihm ideologisch nicht mehr. Weder die Sowjetunion noch China wollten eine Ausweitung der Kubanischen Revolution auf ganz Südamerika oder nach Afrika riskieren.
Gab der Revolutionär den Kampf auf?
Nein, er verzichtete zwar auf Ministerposten und die kubanische Staatsbürgerschaft, aber er wollte nun Bolivien, das ärmste Land Südamerikas, zum Zentrum der Guerillabewegung machen. Ab 1963 wurden südlich von Santa Cruz Guerillagebiete erkundet. Verkleidet reiste er im November 1966 nach La Paz. Doch seine kleine revolutionäre Gruppe fand nur schwache Unterstützung bei der bolivianischen KP, sie kämpfte unter ungünstigen klimatisch-geografischen Bedingungen und war überdies hinsichtlich der Ausrüstung dem Gegner unterlegen.
Bei einem Übungsmarsch zeigte sich überdies, wie desinteressiert die Landbevölkerung war. Auch wenn Guevara mit seinen Leuten durchaus militärische Erfolge hatte, wurde die Übermacht der Regierungstruppen schnell offenkundig. In der Churo-Schlucht eingekesselt, wurde Guevara verletzt und gefangen genommen, in einem kleinen Schulhaus in Higuera verhört und am 9. Oktober 1967 auf persönlichen Befehl des bolivianischen Präsidenten Barrientos von einem Feldwebel mit mehreren Schüssen getötet.
Was macht Che zum Idol der linken Jugend?
Die utopische Kraft seiner Ideen wirkte fort. Vielen galt Guevara als Symbol eines revolutionären Aufbruchs, das letztliche Scheitern konnte seiner ikonenhaften Popularität nichts anhaben. Im Rückblick wird deutlich, dass Guevara seine Möglichkeiten überschätzt hatte, dass seine Vorstellungen an der Realität vorbeigingen. Der weltweite Mythos blieb aber auch 30 Jahre nach seinem Tod lebendig, was sich anlässlich der Überführung seiner in Bolivien aufgefundenen sterblichen Überreste nach Kuba im Jahr 1997 zeigte.
Wussten Sie, dass …
Guevaras Spitzname »Che« auf das häufig von Argentiniern in die Rede eingeflochtene, gleich lautende Füllwort zurückgeht, das in etwa mit einem deutschen »He!« zu vergleichen ist?
Che Guevara Zeit seines Lebens an schweren Asthmaanfällen litt, was für seinen Kampf im Untergrund eine erhebliche Belastung darstellte?
Martin Luther King: Prediger des gewaltlosen Widerstands
Wodurch wurde Martin Luther King weltberühmt?
Durch seine »I have a dream«-Rede. Die Führer der Bürgerrechtsbewegung hatten zum Marsch auf Washington gerufen, um dem Kongress zu demonstrieren, dass endlich Handlungsbedarf bestand, um die Diskriminierung der Afroamerikaner in den Südstaaten zu beenden. An die 100000 hatte man erwartet, 250000 kamen. Männer und Frauen, Schwarze und Weiße aus allen Teilen des Landes. Nun standen sie, eine Viertelmillion Menschen, vor dem Lincoln Memorial, säumten den Teich, der die Achse zum Washington Monument bildet, und lauschten.
Es war der Nachmittag des 28. August 1963. Die Demonstration war friedlich verlaufen, singend war »die Armee ohne Waffen« durch die Straßen gezogen, jetzt traten die Redner ans Pult. Als Letzter war Dr. Martin Luther King Jr. an der Reihe. »I have a dream«, hallte seine kräftige, klare Stimme über die Mall. »Ich habe einen Traum, dass eines Tages auf den roten Hügeln von Georgia die Söhne einstiger Sklaven und die Söhne einstiger Sklavenhalter zusammen am Tisch der Brüderlichkeit sitzen (…). Ich habe einen Traum, dass eines Tages meine vier kleinen Kinder in einer Nation leben werden, wo sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt werden (…).« Den Zuhörern liefen die Tränen über die Wangen, und als er mit den Worten eines alten Spirituals »Free at last (…)« endete, spendeten sie ihm frenetischen Beifall.
War der Bürgerrechtler ein religiöser Mensch?
Ja. Martin Luther King stammte aus einer sehr religiösen Familie. Er wurde am 15. Januar 1929 in Atlanta/Georgia geboren und gemäß der Familientradition nach dem Reformator Martin Luther benannt. Der Vater, Martin Luther Sr., leitete die baptistische Ebenezer Church, und sein Sohn entschloss sich früh, ebenfalls Geistlicher zu werden. Die Kings waren nicht arm. Martin, ein ausgezeichneter Schüler, erhielt eine College-Ausbildung, die er mit der Promotion abschloss. Ende 1954 übernahm er eine Pfarrei in Montgomery/Alabama.
Wie kam der Prediger zum Widerstand?
Durch einen Bus-Boykott. Die afroamerikanische Gemeinde in Montgomery entschloss sich Ende 1955, das öffentliche Bussystem der Stadt zu boykottieren, nachdem eine schwarze Frau verhaftet worden war, die sich geweigert hatte, ihren Sitzplatz für einen Weißen zu räumen. Dieser Akt des Widerstands dauerte insgesamt 381 Tage.
Im Verlauf dieser Zeit wuchs Martin Luther King in die Rolle des Boykottführers hinein. Er verstand es als großartiger Redner, die Menge in seinen Bann zu ziehen und zur Disziplin anzuhalten. Dabei berief er sich auch auf das bei den Schwarzen des Südens stark verwurzelte Christentum und seine Ethik, um ihre Forderungen nach Gleichberechtigung zu begründen, und beschwor das Gottvertrauen, um den Durchhaltewillen zu stärken. Der Boykott hatte schließlich Erfolg: In den Bussen Montgomerys wurde durch einen Beschluss des Obersten Gerichtshofs jede Art von Rassentrennung verboten. Die Bürgerrechtsbewegung sah sich dadurch enorm gestärkt.
Was war seine Strategie?
Kings Credo war die Gewaltlosigkeit. Er mobilisierte die Massen, indem er sie zu Sitzstreiks, Märschen und Boykotts aufrief. Die weiße Opposition reagierte häufig mit Gewalt. Zu einer besonders brutalen Auseinandersetzung kam es im Mai 1963 in Birmingham/Alabama, einer Hochburg der weißen Rassisten. Der Polizeichef der Stadt antwortete mit Massenverhaftungen auf friedliche Proteste gegen die Rassentrennung. Auch King wurde festgenommen und erhielt erst durch die Intervention John F. Kennedys das Recht, mit seinem Anwalt zu sprechen. Als die Gefängnisse voll waren, befahl der Polizeichef, Knüppel einzusetzen und Hunde auf die friedlichen Demonstranten zu jagen – Bilder, die um die Welt gingen und die Nation erschütterten.
Gab es auch Kritik aus dem eigenen Lager?
Ja, manche sahen im gewaltlosen Widerstand nicht die adäquate Antwort auf die Brutalität der Weißen und wollten mit militanten Mitteln vorgehen. Im tief religiösen Süden blieben ihm viele Anhänger treu, in den Ghettos der Städte im Norden aber folgte man lieber anderen Predigern. 1964, in jenem Jahr, in dem King den Friedensnobelpreis erhielt, brachen dort blutige Aufstände los. King sah den Grund für die Gewalt in der großen Armut der Ghettobewohner und plante erneut eine Großdemonstration in Washington, diesmal den Marsch der Armen. Die Abschlussrede dort konnte er nicht mehr halten. Er wurde am 4. April 1968 von einem Rassisten in Memphis/Tennessee erschossen.
Als Führer der Bürgerrechtsbewegung, die für die Gleichberechtigung der Afroamerikaner kämpfte, wurde Martin Luther King zur nationalen und internationalen Symbolfigur.
Wussten Sie, dass …
bereits der Vater von Martin Luther King Vorsitzender einer Bürgerrechtsorganisation, der NAACP (National Association for the Advancement of Colored People), war?
sich Martin Luther King mit seiner Lehre vom gewaltlosen Widerstand von den Schriften des amerikanischen Essayisten Henry David Thoreau und von Mahatma Gandhis Kampf für die Unabhängigkeit Indiens inspirieren ließ?
am dritten Montag im Januar jeden Jahres zu Ehren Martin Luther Kings in den USA ein nationaler Gedenktag gefeiert wird?
Helmut Kohl: Der Kanzler der Einheit
Wie verliefen Helmut Kohls frühe politische Jahre?
Helmut Kohl, am 3. April 1930 in Ludwigshafen geboren, kam aus einem bürgerlich-konservativen Elternhaus. Bereits 1946 trat er der CDU bei und engagierte sich ab 1947 beim Aufbau der Jungen Union in seiner Heimatstadt. Er studierte Staatswissenschaften und Geschichte und stieg in der Partei schnell auf. 1953 wurde er stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Union Rheinland-Pfalz, ab 1955 gehörte er dem CDU-Landesvorstand an. Nach dem Studium arbeitete er als Direktionsassistent bei einer Ludwigshafener Eisengießerei. Von 1959 bis 1969 war er als Referent des »Industrieverbands Chemie« in Ludwigshafen tätig.
In vielen politischen Ämtern war Helmut Kohl der Jüngste: Mit 33 Jahren wurde er Fraktionschef im Mainzer Landtag, mit 36 avancierte er zum CDU-Landesvorsitzenden, mit 39 Jahren wurde er Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz. Bis 1971 regierte er mit einer christlich-liberalen Koalition, anschließend errang er zweimal die absolute Mehrheit für die CDU. Nachdem Kohl 1973 zum Bundesvorsitzenden der CDU aufgestiegen war, ging er nach der knapp verlorenen Bundestagswahl 1976, bei der er als Kanzlerkandidat angetreten war, als Oppositionsführer nach Bonn.
Wie wurde der Pfälzer Bundeskanzler?
Nach dem Bruch der sozialliberalen Koalition erreichte Helmut Kohl sein Ziel: Am 1. Oktober 1982 wurde er im Rahmen eines konstruktiven Misstrauensvotums zum Bundeskanzler gewählt und bei der Bundestagswahl 1983 errang seine Koalition aus CDU/CSU und FDP eine deutliche Mehrheit.
Was war Helmut Kohls größte politische Leistung?
Seinen Platz in den Geschichtsbüchern sicherte sich Kohl als Kanzler der deutschen Einheit. Beim Zusammenbruch der DDR nutzte er entschlossen die Gunst des Augenblicks. Mit einem Zehn-Punkte-Programm, das er am 29. November 1989 vorlegte, übernahm er die deutschlandpolitische Initiative und gewann bald auch die Zustimmung der Siegermächte zur Wiederherstellung der deutschen Einheit. Als am 3. Oktober 1990 die Wiedervereinigung gefeiert wurde, stand Helmut Kohl auf dem Höhepunkt seines politischen Lebens.
Wie verlief die Zeit nach der Wiedervereinigung?
In den Jahren nach der Wiedervereinigung bildete der Aufbau Ost einen Schwerpunkt von Kohls Regierungspolitik. Doch die Herstellung der inneren Einheit Deutschlands erwies sich als schwieriger, als ursprünglich prognostiziert worden war. Die »blühenden Landschaften«, die Kohl dem Osten versprochen hatte, ließen auf sich warten. Trotz Wirtschaftskrise und Integrationsproblemen der neuen Bundesländer wurde Helmut Kohl 1994 mit knapper Mehrheit wiedergewählt. Anschließend konnte er weitere Erfolge in der Europapolitik feiern und mit dem Beschluss über die Einführung der Gemeinschaftswährung die europäische Einigung unumkehrbar machen. Nach 16-jähriger Regierungszeit wurden Helmut Kohl und die CDU/FDP-Koalition bei der Bundestagswahl 1998 nicht wiedergewählt. Eine Ära ging zu Ende.
Welche historische Bewertung erhält Kanzler Kohl?
Von vielen Historikern und Politikwissenschaftlern wird Helmut Kohl in die Reihe großer deutscher Kanzler – Reichskanzler Otto von Bismarck, Willy Brandt, Konrad Adenauer – gestellt. In vier Legislaturperioden hat Kohl, wie nur wenige vor und nach ihm, die Politik der Bundesrepublik Deutschland geprägt. In Europa trieb er zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten François Mitterrand den zügigen Ausbau der Europäischen Union voran.
Das bleibende Verdienst Helmut Kohls ist die Wiedervereinigung Deutschlands nach mehr als vier Jahrzehnten Teilung – ein Glücksfall der Geschichte!
Wie empfand Kohl die Öffnung des Brandenburger Tors (Rede am 22. Dezember 1989)?
»Viele von uns, auch ich, haben in den zurückliegenden Jahrzehnten oft vor dem Brandenburger Tor gestanden. Und oft haben wir darüber gesprochen, diskutiert und nachgedacht: Werden wir es erleben, dass wir wieder gemeinsam durch dieses Tor schreiten können? Für mich ist das eine der glücklichsten Stunden meines Lebens, weil ich als Deutscher spüre, dass ich hier in Berlin mitten in Deutschland bin, dass wir hier zu Hause sind und dass wir alles tun wollen, um die Gemeinsamkeit der Deutschen zu pflegen.«
Wussten Sie, dass …
Helmut Kohl aufgrund seiner Verdienste um die europäische Integration am 11. Dezember 1998 zum Ehrenbürger Europas ernannt wurde? Diese Ehrung war zuvor nur Jean Monnet, dem »Architekten der europäischen Einigung«, zuteil geworden.
der langjährige Kanzler zum meistparodierten Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte wurde? Seine Darstellung als »Birne« im Satiremagazin Titanic brachte ihm sogar einen gewissen Popularitätsgewinn.
Michail Gorbatschow: Das Ende des Kalten Krieges
War Michail Gorbatschow wirklich ein Demokrat?
Jedenfalls erkannte er die Notwendigkeit demokratischer Reformen in der Sowjetunion: »Wir brauchen die Demokratie wie die Luft zum Atmen. Wenn wir dies nicht erkennen (…), wird unsere Politik ersticken, wird die Umgestaltung ersticken, Genossen.« Als Gorbatschow 1987 seine Vorstellungen vor dem ZK-Plenum bekräftigt, ist er schon zwei Jahre ganz oben an der Spitze der Sowjetunion. Im März 1985 war Gorbatschow einstimmig zum Generalsekretär der KPdSU gewählt worden.
Wie ging er bei seinen Reformen vor?
»Perestroika« (Umbau) und »Glasnost« (Offenheit) – mit diesen zwei Begriffen kann sein Vorgehen charakterisiert werden. Dabei ging es Gorbatschow nicht um überstürzte und oberflächliche Maßnahmen, vielmehr wusste er, dass nur wirkliche, tiefgreifende Reformen die Sowjetunion aus der wirtschaftlichen, sozialen und auch ökologischen Talsohle führen konnten. Die Zeit schien überreif für Veränderungen. Gorbatschow war zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle und er ließ sich nicht beirren. Er legte die Fesseln der Gesellschaft ab, die vor allem dazu bestimmt war, den aufgeblasenen sowjetischen Apparat zu füttern. Und doch ließ auch er seine Macht spielen. Mit strategischen Winkelzügen wusste Michail Gorbatschow sich gezielt einiger seiner Widersacher zu entledigen, seiner Säuberungsaktion fielen allein in den ersten Monaten seiner Amtszeit rund 35 Minister zum Opfer.
Der Generalsekretär kämpfte verbissen gegen Willkür, Amtsmissbrauch und Korruption, er ging gegen Missstände im Allerinnersten der Macht – in Staat, Partei und Armee – vor. Darüber hinaus galt sein Kampf vor allem der Misswirtschaft und dem ökonomischen Niedergang der Sowjetunion.
Bewirkte der Präsident das Ende des Kalten Krieges?
Ja, denn die von Gorbatschow entschlossen in Gang gesetzte Umgestaltung entwickelte eine Eigendynamik und die Veränderungen waren nicht mehr aufzuhalten. Im März 1990 wurde Gorbatschow zum ersten sowjetischen Präsidenten gewählt, im Monat darauf bekannte sich die Sowjetunion zur marktwirtschaftlichen Ordnung. Im Oktober 1990 erhielt Gorbatschow den Friedensnobelpreis.
Es war eine aufregende Zeit, in deren Verlauf auch die deutsch-deutsche Mauer fiel. Gorbatschow hatte den anderen Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes die Freiheit gegeben, demokratische Reformen durchzuführen. Der Kalte Krieg war vorbei, Ab- statt Aufrüstung war angesagt, der Warschauer Pakt hatte sich überholt – im Februar 1991 verkündete Gorbatschow dessen Auflösung. Die Dynamik der Veränderungen ging schließlich so weit, dass die Sowjetunion von den auseinander strebenden Einzelstaaten infrage gestellt wurde und schließlich am 25. Dezember 1991 aufhörte zu existieren. Gorbatschow trat als Staatspräsident zurück.
Welche Folgen hatte die Auflösung der Sowjetunion?
Es zeigten sich viele neue Schwierigkeiten. Die Unabhängigkeit der baltischen Staaten etwa galt als wirtschaftlich problematisch. Die schwelenden und offenen gewalttätigen nationalistischen Konflikte in einzelnen ehemaligen Teilrepubliken der Sowjetunion forderten immer mehr Opfer, vielfach sind sie bis heute nicht gelöst und werden durch den wiedererwachten Islamismus verschärft.
Die soziale und wirtschaftliche Lage erwies sich weiterhin als sehr schwierig. Der im Westen hoch geschätzte Gorbatschow ist im eigenen Land politisch unbedeutend geworden, wenig geliebt, stattdessen häufig gescholten. Doch wie hat er sich einmal in einem deutschsprachigen Magazin geäußert? »Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es keine glücklichen Reformer gibt.«
Wie war Gorbatschow überhaupt an die Macht gekommen?
Er absolvierte die übliche Parteikarriere. Der am 2. März 1931 in Priwolnoje, einem kleinen südrussischen Dorf, geborene Michail Gorbatschow erlebte als Kind noch den Einmarsch der Nazis und wuchs später auf wie viele intelligente sowjetische Jungen seiner Zeit: Nach der Grundschule besuchte er weiterführende Schulen, in Moskau studierte er dann Jura.
Dann folgte die Parteikarriere. Schon früh trat er dem Jugendverband Komsomol bei, später dann wurde er dessen erster Sekretär im heimatlichen Stadtkomitee. Langsam, aber sicher stieg er die politische Karriereleiter nach oben, qualifizierte sich zusätzlich im Agrarinstitut von Stawropol, der Gebietsstadt seines Dorfs, zum landwirtschaftlichen Experten. 1980 dann wurde Gorbatschow Vollmitglied des Politbüros und der mit Abstand jüngste Funktionär.
Wie wird man Gorbatschow in Erinnerung behalten?
So kennt man Michail Gorbatschow, der in seiner Frau Raissa bis zu deren Tod 1999 eine kluge und liebevolle Begleiterin hatte: mit aufrechter Haltung und meist heruntergezogenen Mundwinkeln, auch wenn er lächelt, mit ausgeprägten, klaren Gesichtszügen und dem unübersehbaren Blutschwamm auf dem Kopf. Der Schöpfer einer neuen Ordnung ist ein Denker und einer, für den die Wurzeln des Sozialismus Fundament sind. »Die Umgestaltung ist kein Spaziergang auf einem planierten Weg. Es ist die Besteigung eines Bergs, häufig auf Pfaden, die noch nie jemand begangen hat.«
Unter ihm stürzte der Kommunismus, der Kalte Krieg zwischen Ost und West machte Abrüstungsverhandlungen Platz und die Machtverhältnisse in der Welt verschoben sich. Michail Gorbatschows Politik riss Barrieren ein und setzte völlig neue Akzente, auf der Landkarte und in den Köpfen vieler Menschen.
»Es gibt keine vernünftige Alternative zu einer dynamischen, revolutionären Perestroika. Die Alternative wäre dauerhafte Stagnation (...) Es gibt kein Zurück«, schreibt Gorbatschow in seinem Buch »Perestroika«.
Wussten Sie, dass …
Gorbatschow 1989 nach der Unabhängigkeitserklärung der baltischen Sowjetrepubliken zunächst die Armee einsetzen ließ? Er besann sich aber schnell eines Besseren und blies diesen Versuch einer gewaltsamen Unterbindung der Unabhängigkeitsbestrebungen der baltischen Länder Estland, Litauen und Lettland wieder ab.
bei den Präsidentschaftswahlen der russischen Föderation (GUS) im Jahr 1996 nur weniger als ein Prozent der Stimmen auf Gorbatschow entfiel?
Gorbatschow 1993 die Umweltschutzorganisation »Grünes Kreuz International« gründete?
Lech Walesa: Der »Held von Danzig«
Was löst den demokratischen Umbruch in Polen aus?
Ein arbeitsloser Elektromonteur fährt am 14. August 1980 mit der Straßenbahn zur Danziger Leninwerft. Er klettert über die Werftmauer und führt, obwohl er nicht mehr zur Belegschaft gehört, die streikenden Arbeiter an. Sie fordern die Wiedereinstellung entlassener Dissidenten sowie höhere Löhne und Lockerung der Zensur. Während sich der Ausstand immer mehr zu einem Generalstreik entwickelt, setzt sich der charismatische Streikführer an die Spitze des neugegründeten überbetrieblichen Streikkomitees und zwingt die kommunistische Regierung mit Unterstützung der Massen in die Knie. Die Forderungen der Streikenden werden weitgehend erfüllt. Lech Walesa, der arbeitslose Elektriker, ist mit einem Schlag berühmt. Drei Jahre später bekommt er als Vorsitzender der Gewerkschaft Solidarność den Friedensnobelpreis verliehen.
Tauchte Walesa aus dem Nichts auf?
Nein, er war zumindest den Behörden schon vorher aufgefallen. Ein ähnlicher Aufstand zehn Jahre zuvor, bei dem sich Walesa ebenfalls beteiligt hatte, endete ganz anders: Walesa war verhaftet worden und wurde zu einer Loyalitätserklärung gezwungen. Der 1967 aus Popowo, einem Dorf südlich von Danzig, als Schiffselektriker in die Hafenstadt gekommene Walesa wurde nach den Dezember-Unruhen 1970 Sicherheitsinspektor in der kommunistischen Gewerkschaft, legte sich aber immer wieder mit deren Führung an und verlor mehrmals seine Arbeit.
Nach dem bahnbrechenden Erfolg der Streiks des Jahres 1980 wird Walesa Chef der Freien Gewerkschaft Solidarność, der einzigen Möglichkeit zu legaler Opposition. Mit 13 Millionen Mitgliedern wird sie bald zum Sammelbecken unterschiedlicher Interessen.
Welche politischen Folgen hat der Aufstand?
Als auf dem Gewerkschaftskongress im Herbst 1981 zunehmend Forderungen nach einem radikalen politischen Umbruch laut werden, kommt es zu Spannungen mit der Regierung. Die Situation verschärft sich dramatisch, als die Regierung schließlich am 13. Dezember das Kriegsrecht ausruft, die Gewerkschaft verbietet, etwa 5000 Solidarność-Anhänger verhaften und die Streiks gewaltsam beenden lässt.
Erst 1982, nach knapp einem Jahr, wird Walesa, die Symbolfigur der Solidarność, aus der Haft entlassen und das Kriegsrecht ausgesetzt. Solidarność aber bleibt verboten. Trotz aller Restriktionen kann Lech Walesa, wohl wegen seiner Popularität im In- und Ausland, offen agieren. Der Mann mit dem charakteristischen Schnauzbart wird zum Medienstar und erhält mehrfach die Ehrendoktorwürde. Das Time Magazine wählt ihn zum »Mann des Jahres«.
Wie wird Polen demokratisch?
Nach neuen Streiks im April 1988 willigt die Regierung in Gespräche am »Runden Tisch« ein. Freie Gewerkschaften werden wieder zugelassen, die Löhne erhöht und das politische System reformiert. Die Zensur wird abgeschafft und der Zugang zu den Massenmedien ermöglicht. Auch die Unabhängigkeit der Justiz wird gestärkt, man vereinbart »halbfreie Wahlen« für den 4. Juni 1989. Dabei kann Solidarność 99 der 100 frei gewählten Senatssitze gewinnen und erringt alle 161 frei zu wählenden Parlamentssitze. Die erste nichtkommunistische Regierung unter Tadeusz Mazowiecki, einem engen Berater Walesas und der Solidarność, verändert das politische System nachhaltig. Polen wird ein demokratischer Rechtsstaat, basierend auf den Grundsätzen der Volkssouveränität, Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz.
Warum bleibt Walesa als Präsident erfolglos?
Bei der Neuwahl des Staatspräsidenten tritt Walesa gegen Mazowiecki an, was zur Spaltung der Solidarność-Bewegung führt. Nach seinem Sieg kommt es ständig zum Konflikt zwischen Parlament und Regierung. Durch politischen Starrsinn und häufige Polemiken büßt der frühere Nationalheld während seiner Amtszeit viel an Popularität ein. Außenpolitisch fördert Walesa den Beitritt Polens zur EU und zur NATO. Der Sieg eines postkommunistischen Linksbündnisses bei der Parlamentswahl im Jahr 1993 führt zu einer weiteren Schwächung seiner Position. Bei der Präsidentschaftswahl 1995 unterliegt er dem jungen exkommunistischen Konkurrenten Aleksander Kwasniewski – die politische Zeit des »Helden von Danzig« ist abgelaufen.
Gespräche am Runden Tisch und demokratischer Wandel
Nachdem im April 1988 wieder vermehrt gestreikt wurde und Forderungen nach Wiederzulassung der Solidarność laut wurden, willigte die Regierung in Gespräche am »Runden Tisch« ein. Freie Gewerkschaften waren nun wieder zugelassen, die Löhne erhöht und das politische System reformiert. Die Zensur wurde abgeschafft und der Opposition der Zugang zu den Massenmedien ermöglicht. Auch die Unabhängigkeit der Justiz wurde gestärkt.
Die am »Runden Tisch« vereinbarten »halbfreien Wahlen« am 4. Juni 1989 wurden zu einem Triumph für Solidarność, die 99 der 100 frei gewählten Senatssitze gewinnen konnte und alle 161 frei zu wählenden Parlamentssitze errang. Die erste nichtkommunistische Regierung unter Tadeusz Mazowiecki (geb. 1927), eines engen Beraters Walesas und der Solidarność, veränderte das politische System nachhaltig. Polen wurde in einen demokratischen Rechtsstaat umgewandelt, basierend auf den Grundsätzen der Volkssouveränität, Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz.
Wahl zum Staatspräsidenten
Bei der Neuwahl des Staatspräsidenten trat Walesa gegen Mazowiecki an, was zur Spaltung der Solidarność-Bewegung führte. Walesa, der eigentlich nie Politiker werden, aber nach seinem Kampf gegen das kommunistische Regime das freie Polen repräsentieren wollte, gewann die Stichwahl mit 74,2 Prozent der Stimmen. Der politische Autodidakt proklamierte als neuer Staatschef die »Dritte Republik«, womit er an die »Adelsrepublik« und die »Zweite Republik» der Zwischenkriegszeit anknüpfte und das volksrepublikanische Polen ausblendete.
Unter Walesa verlagerte sich die Macht ins Präsidialamt. Ständige Konflikte mit dem Parlament und der Regierung waren die Folge. Wegen seines politischen Starrsinns und seiner häufigen Polemiken büßte der frühere Nationalheld während seiner Amtszeit viel an Popularität ein. Außenpolitisch setzte sich Walesa für den Beitritt Polens zur EU und zur NATO ein. Der Sieg eines postkommunistischen Linksbündnisses bei der Parlamentswahl im Jahr 1993 führte zu einer weiteren Schwächung seiner Position. Nach einem mit viel Polemik und harten Bandagen geführten Wahlkampf unterlag Walesa bei der Präsidentschaftswahl 1995 seinem exkommunistischen Konkurrenten Aleksander Kwasniewski (geb. 1954). Die politische Zeit des »Helden von Danzig« war abgelaufen.
Wie verläuft Walesas Weg?
29.9.1943: Lech Walesa wird in Popowo bei Bromberg geboren.
1961: Er fängt als Elektriker im örtlichen staatlichen Maschinenzentrum an.
1966: Walesa wechselt zur Leninwerft in Danzig.
1980: Es folgt der Aufstieg zum Führer der Gewerkschaft Solidarność.
1990: Walesa wird Staatspräsident.
1995: Bei der Präsidentenwahl wird er von Aleksander Kwasniewski abgelöst.
Wussten Sie, dass …
Walesa den ihm zugesprochenen Friedensnobelpreis 1983 nicht selbst entgegennahm, da er fürchtete, man könne ihm die Rückkehr nach Polen verweigern? Stattdessen schickte er seine Frau Danuta nach Oslo, die den Preis dort für ihn in Empfang nahm.
der frühere Gewerkschaftsführer und Friedensnobelpreisträger bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2000 nur noch 1% der abgegebenen Stimmen erhielt?
Schnecken, Schwämme, Nussschalen
So vielfältig wie die Tier- und Pflanzenwelt, so breit ist die Palette an bizarren Materialstrukturen, die die Natur im Verlauf der Evolution hervorgebracht hat. Sie bieten pfiffige Lösungen für viele Herausforderungen in der Technik und Medizin. von Reinhard Breuer
Der Beitrag...
Kernkraft, Kernkraft überall
Ich rede gerne und oft über Kernkraft. Neu ist, dass die Leute mir dabei zuhören. Kernkraft ist kein Tabuthema mehr, selbst in Deutschland nicht. Das erste Kernkraftwerk wurde 1954 in der damaligen Sowjetunion in Betrieb genommen. In den folgenden 50 Jahren nahm die durch Kernkraftwerke produzierte Energie weltweit stetig zu....