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Spinnentiere: Räuber auf acht Beinen
Sind Spinnen Insekten?
Nein, Spinnen sind zwar Gliederfüßer, aber keine Insekten. Zusammen mit den Skorpionen (Scorpiones), Skorpionspinnen (Pedipalpi), Weberknechten (Phalangida), Milben (Acari) und anderen bilden die Echten Spinnen oder Webspinnen (Araneae) die Gliederfüßerklasse der Spinnentiere. Die Insekten dagegen bilden eine andere, weitaus artenreichere Klasse im Stamm der Gliederfüßer. Alle Spinnentiere zählen zu den Scherentieren (Chelicerata), da ihr erstes Gliedmaßenpaar nicht – wie bei den Insekten – zu Antennen, sondern zu Zangen oder Scheren umgebildet wurde (auf Griechisch heißt »chele« Schere, Kralle). Wie viele Arten von Spinnentieren weltweit existieren, ist nicht genau bekannt, vermutlich sind es über 50 000.
Auf den ersten Blick sehen sich Skorpion, Vogelspinne und Zecke zwar nicht sonderlich ähnlich, doch der Grundaufbau ist bei allen Spinnentieren gleich: Der Körper besteht aus zwei Abschnitten, einem Kopf-Brust-Stück und einem Hinterleib; beide sind meist noch untergliedert. Acht Beine entsprießen diesem Körper. Im Unterschied zu Krebsen und Insekten fehlen ihnen eigentliche Kiefer (Mandibeln) sowie Tastorgane wie Fühler oder Antennen. Alle Spinnentiere leben auf dem Land. Sie atmen durch Bauchlungen, die durch Atemschlitze auf der Bauchseite des Hinterkörpers mit der Außenwelt in Verbindung stehen.
Woran ist eine Spinne zu erkennen?
Spinnen haben acht Beine – hieran können auch Laien sofort erkennen, ob sie es mit einem – sechsbeinigen – Insekt oder einer achtbeinigen Spinne zu tun haben. Die acht Beine entspringen alle dem Kopf-Brust-Stück. Sie sind mit Sinneshaaren bedeckt, die auf Berührung, Veränderung der Luftströmung oder chemische Reize reagieren. Andere, vielfach verzweigte Haarbüschel an ihren Füßen ermöglichen es den Spinnen, auch an glatten Oberflächen auf und ab zu klettern. Die Zahl Acht taucht bei den Spinnen mehrmals auf: Die meisten Spinnen haben nicht nur acht Beine, sondern auch acht Augen.
Ist Sex für Spinnenmännchen gefährlich?
Ja, denn Spinnenmännchen werden in vielen Fällen direkt nach oder sogar schon während der Paarung von den größeren und stärkeren Weibchen gefressen. Nur die schnellsten Männchen können entkommen. Bekannt geworden ist dieses Verhalten von der Schwarzen Witwe, doch ist es weit verbreitet unter allen Spinnengruppen. Ein wenig »ausgleichende Gerechtigkeit« gibt es aber dann doch zwischen den Geschlechtern: Bei manchen Arten wird nämlich das Weibchen später von den frisch geschlüpften Jungtieren aufgefressen.
Warum verfangen sich Spinnen nicht in ihren eigenen Netzen?
Weil es neben den leimbesetzten Netzfäden und Wollgespinsten, in denen sich Beute verfängt, auch Lauffäden gibt, über die sich die »Hausherrin« gefahrlos bewegen kann. Um ihren einzigartigen Werkstoff – die Spinnenseide – werden die Spinnen von Technikern und Ingenieuren heftig beneidet: Spinnenseide ist mehr als doppelt so fest und fast achtmal so dehnbar wie Stahl und dabei nur 0,00002 Millimeter dick. Wie die Webspinnen (Ordnung Araneae) dieses Kunststück fertigbringen, ist immer noch nicht restlos geklärt.
Erzeugt wird der Spinnfaden, der aus bis zu 200 Einzelfäden bestehen kann, mithilfe von maximal sechs Spinndrüsen. Diese münden am Hinterleib der Tiere in Spinnwarzen, aus denen ein Sekret austritt, das an der Luft sofort zu einem Faden aushärtet. Die von verschiedenen Drüsentypen erzeugten Fäden unterscheiden sich in Zusammensetzung, Struktur und Verwendungszweck: Flugfäden, mit denen sich der Spinnennachwuchs im Altweibersommer davontragen lässt, bestehen ebenso wie die Fäden zum Einhüllen der Beute aus weicher Seide. Fangfäden sind besonders elastisch und vor allem klebrig. Aus festeren Fäden werden Hilfsspirale und Grundgerüst eines Radnetzes hergestellt; die Seide für den Eikokon ist sehr reißfest.
Wie töten Skorpione andere Tiere?
Mithilfe des großen Giftstachels an ihrer Schwanzspitze. Sowohl wenn sie ein Beutetier ausgemacht und überwältigt haben, als auch zur Verteidigung gegen Feinde wird der Stachel eingesetzt. Die großen Scheren dagegen dienen eher als Werkzeuge.
Übrigens: Skorpione sind trotz ihres gefährlichen Stachels gar nicht so aggressiv, wie ihnen nachgesagt wird. Da Skorpione nachtaktive Lebewesen sind, halten sie sich tagsüber im Verborgenen. Zu ihren bevorzugten Verstecken zählen Steine, manchmal verkriechen sie sich aber auch in unbeaufsichtigtes Schuhwerk; dies kann leicht zu Unfällen führen! Wer in warmen Gegenden unvorsichtigerweise einen Stein umdreht oder seine Schuhe nicht vor dem Anziehen kontrolliert, kann von dem erschreckten Gliederfüßer attackiert und oft auch gestochen werden.
Warum sind Zecken gefährlich?
Weil sie Krankheiten übertragen können. Das Tückische daran ist, dass man Zecken leicht übersieht, bis es zu spät ist. Wenn es erst juckt, hat sich der Gewöhnliche Holzbock (Ixodes ricinus), auch Zecke genannt, bereits festgesetzt und die Erreger möglicherweise in den Blutstrom abgegeben.
Zecken produzieren kein Gift, übertragen aber verschiedene Krankheitserreger, wie das FSME-Virus, das die Frühsommer-Meningoenzephalitis auslöst, und das Bakterium Borrelia burgdorferi, das Lyme-Borreliose verursacht. Gegen Letztere gibt es, anders als bei FSME, noch keine Impfung. Ein Trost: 70 Prozent der FSME-Infektionen verlaufen unbemerkt und harmlos, und vom Erreger Borrelia burgdorferi sind nur zehn bis 15 Prozent aller Zecken befallen. Bricht eine dieser Krankheiten aber aus, sind ernsthafte Schäden zu befürchten, da FSME das Gehirn befällt und Borreliose u. a. neurologische Folgeschäden nach sich ziehen kann.
Zecken, die Borrelien übertragen können, kommen überall in Mittel-, Ost- und Nordeuropa vor, außerdem in Nordamerika und Australien. In Deutschland galten früher nur einige Regionen als Risikogebiete, mittlerweile aber sind Wälder in weiten Teilen Süd- und Ostdeutschlands als gefährlich eingestuft worden.
Zecken besitzen einen eiförmigen Körper mit hartem Rückenschild und eine Größe von ein bis zwei Millimetern. Erst wenn sie sich mit Blut vollgesaugt haben, erreichen sie Größen um einen Zentimeter. Am Kopf befinden sich Mundwerkzeuge, die speziell zum Stechen und Saugen ausgebildet sind.
Was macht Milben so unangenehm?
Einige wenige Milbenarten wie beispielsweise die Krätzmilbe (Sarcoptes scabiei) oder die Allergien auslösende Polstermilbe (Glyciphagus domesticus) können bei Menschen Krankheiten auslösen. Dabei beherbergen fast alle Menschen unfreiwillig parasitisch lebende Arten dieser artenreichen Ordnung der Spinnentiere.
Fast die Hälfte aller Milbenarten lebt allerdings unauffällig im Boden, doch es gibt auch viele Parasiten unter ihnen, die Tiere oder Pflanzen befallen. Nicht nur in der Lebensweise, auch im Aussehen unterscheiden sich die Milben (Ordnung Acari oder Acarina) stark von anderen Spinnentieren.
Die mitteleuropäischen Milbenarten sind nur 0,5 bis zwei Millimeter groß, etwa die winzige, leuchtend rote Sammetmilbe (Trombidium holosericum), die zur Unterordnung der Laufmilben (Trombidiformes) gehört. Trotz ihres Namens reisen die Arten dieser Gruppe meist »per Anhalter« auf einem Transporttier. Zu den Sarcoptiformes gehören die Lebensmittel befallenden Vorratsmilben (Familie Acaridae) sowie die berüchtigte Hausstaub- oder Polstermilbe (Glyciphagus domesticus) – eine der häufigsten Allergieauslöser. Früher sehr verbreitet war die Krätzmilbe (Sarcoptes scabiei), die beim Menschen die Krätze (medizinisch Skabies) verursacht.
Neben Tieren werden auch Pflanzen von Milben heimgesucht. Am bekanntesten ist hier die Gallmilbe (Aceria nervisequa nervisequa). Sie erhielt ihren Namen, weil sie die befallenen Pflanzen dazu zwingt, sog. Pflanzengallen wachsen zu lassen – abnorme Wucherungen des Pflanzengewebes, von denen sich die Nachkommenschaft der Milbe ernährt. Das gelingt ihnen durch eine Art »natürliche Gentechnologie«: Sie programmieren nämlich das Genom ihrer Wirte so um, dass die Pflanze mit ihren eigenen Ressourcen dem Milbennachwuchs Kost und Logis in einem zur Verfügung stellt.
Leben Skorpione in Büchern?
Ja, eine Art ist tatsächlich zwischen den Seiten alter Bücher zu finden. Der Bücherskorpion (Chelifer cancroides) besitzt keinen Giftstachel. Er jagt u. a. nach Milben oder Staubläusen. So vermindert er zwar den Befall sehr alter Bücher durch Schädlinge, beschädigt die Bücher aber mit seinem Kot.
Wo verdauen Spinnen ihre Jagdbeute?
Außerhalb des Körpers. Spinnen besitzen eine sog. extraintestinale Verdauung, wörtlich »Verdauung außerhalb der Eingeweide«. Tatsächlich haben sie die Zersetzung der Nahrung sogar in die Körper ihrer Beutetiere verlagert, denen sie einen Cocktail aus Verdauungssäften, die denen im Magen von Wirbeltieren ähneln, injizieren. Dieser zersetzt und verflüssigt das Gewebe, bis die zahnlose Spinne es aufsaugen kann. Die Spinne kann deswegen nicht nur auf Zähne, sondern auch auf große Teile des Verdauungstrakts verzichten. Und noch eine weitere »Einsparung« ist mit dieser Verdauungsart verbunden: Das Spinnengift braucht das Opfer nicht zu töten, sondern lediglich zu lähmen. Den Rest erledigen die Verdauungssäfte.
Wussten Sie, dass …
unsere einheimischen Spinnen weder durch Gift noch als Krankheitsüberträger dem Menschen schaden können und es deshalb keinerlei Grund gibt, diese oft bedrohten Tiere zu bekämpfen oder sich vor ihnen zu ekeln?
die kleinste Spinne mit nur 1 mm Größe die Zwergspinne (Glyphesis cottonae) und die größte mit bis zu 12 cm die Vogelspinne (Acanthoscuria gigantea) ist?
die einzige unter Wasser lebende Spinne die Wasserspinne (Argyroneta aquatica) ist. Sie führt als Luftvorrat kleine Luftbläschen am Körper mit sich und lebt so in einer Art Luftballon?
die Speispinnen (Familie Scytodidae) ihre Beute mit ausgespuckten Leimfäden fangen und dann mit Zickzackfäden fesseln?
das starke Nervengift der Schwarzen Witwe (Latrodectus mactans) und der australischen Trichternetzspinne (Atrax robustus) auch dem Menschen gefährlich werden kann? Bereits nach wenigen Minuten führt ein Biss zu Atemlähmungen.
Ist der Stich eines Skorpions für den Menschen tödlich?
Der Stich eines Skorpions kann sehr unterschiedliche Auswirkungen auf einen Menschen haben. In ungünstigen Fällen tödlich sind nur die Stiche von Vertretern der Gattungen Centruroides, Tityus und Leturus – besonders Kinder sind gefährdet. Oft kommt es dagegen zu Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle, mitunter überdies zu Bläschenbildung und einem Taubheitsgefühl. Aber auch Übelkeit, Bauchkrämpfe, Erbrechen, Schweißausbrüche, Kurzatmigkeit, verschwommenes Sehen und undeutliches Sprechen können sich einstellen.
Übrigens: Die Größe eines Skorpions sagt nichts über die Gefährlichkeit seines Giftes aus. Gegen das Gift ihrer eigenen Art scheinen die meisten Skorpione immun zu sein.
Wussten Sie, dass …
sich Weberknechte von den echten Spinnen unterscheiden? Sie verfügen weder über Kieferklauen und Giftdrüsen noch über Spinndrüsen. Vorder- und Hinterkörper sind direkt zu einem eirunden Körper aneinandergefügt. Auffallend sind darüber hinaus die ungewöhnlich langen und extrem dünnen Beine.
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