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Visionäre und Denker – existenzielle Fragen und kluge Antworten

Die Namen sind bekannt, womöglich noch ein prägnanter Ausspruch, eine typische Anekdote. Doch oft sind die grandiosen Gedankenwelten der bedeutenden Visionäre und Denker, die in diesem Kapitel vorgestellt werden, nur schwer zugänglich. Die biographische Annäherung kann Türen zum Verständnis öffnen und Interesse wecken für Ideen, die mehr Einfluss auf das Weltgeschehen und das Leben Einzelner nahmen und nehmen, als man gemeinhin annimmt.

Die faszinierende Weisheit des Fernen Ostens ist vertreten durch Konfuzius, der vor etwa 2500 Jahren lebte. An der Wiege der abendländischen Kultur stehen die Denker der griechischen Antike, allen voran Sokrates, auch 2400 Jahre nach seinem Tod der Inbegriff des Philosophen. Das mittelalterliche Abendland sah in der Philosophie eine Tochter der Theologie. Scholastik hieß diese philosophisch-theologische Lehre des christlichen Mittelalters und ihr herausragender Vertreter war Thomas von Aquin (1225–1274). Die neuzeitliche Philosophie stellte sich wieder auf eigene Füße. Sie beginnt mit René Descartes (1596–1650), der bezeichnenderweise auch Mathematiker und Naturforscher war, Klarheit im Denken forderte und dem Zeitalter der Vernunft – der »Aufklärung« des 18. Jahrhunderts – den Weg bereitete. Ziel war die Befreiung des Menschen aus seiner »selbstverschuldeten Unmündigkeit», wie Immanuel Kant (1724–1804) formulierte, der wohl größte deutsche Philosoph.

Für die Wirkung der Philosophie auf die Politik steht wie kein Zweiter Karl Marx (1818–1883), auf dessen Schriften sich, noch Jahrzehnte nach seinem Tod, kommunistische Parteien und Staaten beriefen. Politisch gedacht hat auch Jean-Paul Sartre (1905–1980), der in den 1950er und 1960er Jahren ungemein einflussreiche Begründer des Existenzialismus. Mit ihm und seiner Lebensgefährtin, der Schriftstellerin und Feministin Simone de Beauvoir (1908 bis 1986), schließt das Kapitel.

Konfuzius: Einflussreicher Tugendlehrer

Wer war Konfuzius?

Der Einfluss seiner Lehre bis heute steht in krassem Missverhältnis zur Erfolglosigkeit des Konfuzius zu Lebzeiten. Kong Qiu, auch Kongzi, Meister Kong, genannt, starb 479 v. Chr. nach der Rückkehr in seinen Heimatstaat Lu (im heutigen Shandong), ohne jemals ein hohes Staatsamt mit politischem Einfluss bekleidet zu haben. Als Angehöriger des verarmten Adels und in einer Zeit des Verfalls der alten Staats- und Sippenordnung gehörte er zum Stand der keinem Fürsten verpflichteten »wandernden Gelehrten« und versuchte letztlich erfolglos, einzelne Fürsten für seine Ideen zu gewinnen.

Erfolgreicher wirkte er als Lehrer; viele seiner Schüler bekleideten später administrative Posten. Der Schwerpunkt seines Unterrichts lag auf der Ausbildung zum Aristokraten oder »Edlen« (junzi) mit geistig-sittlicher Vorbildfunktion unter Rückgriff auf die Schriften (»Buch der Lieder« oder »Buch der Urkunden«) und das Wissen des Altertums.

Woher kennt man die Ideen des Gelehrten?

Als Hauptquelle geben uns die »Lunyu« (Gespräche), eine von Schülern der dritten Generation überlieferte Sammlung von Anekdoten, Aphorismen und geistreichen Bemerkungen, Auskunft über den Meister und seine Lehre.

Worin besteht die Richtschnur des Handelns?

In der Rückkehr zur Sittlichkeit. Angesichts des zu seinen Lebzeiten herrschenden Moralverfalls strebte der Meister die Wiederherstellung sozialer Harmonie an. Für ihn war die Idealgesellschaft des alten Königshauses der Zhou Vorbild. Deren Sitten und Gebräuche erhob er zum Maßstab, gab jedoch dem ursprünglich mit sakralem Gehalt gefüllten Ritual (li) eine ethische Wendung: Li wurde für ihn zum Inbegriff der Sittlichkeit. Die sittlichen Normen dienten dazu, die innere Tugend durch Übung selbstverständlich werden zu lassen und diese zudem in allen zwischenmenschlichen Beziehungen zum Ausdruck zu bringen. Staatliche Ordnung manifestiert sich schließlich in der korrekten Handhabung der fünf sozialen Grundbeziehungen (wulun), in denen die hierarchischen Verhaltensmuster für Familie und Staat sowie die Beziehung unter gleichgestellten Freunden festgelegt werden.

An wen richtet sich die Morallehre?

Breiten Raum in den »Gesprächen« nimmt die Beschreibung der Tugend des »Edlen« ein, denn der Meister war der Ansicht, dieser könne am ehesten dazu gebracht werden, den mit seinem Namen verbundenen Anforderungen zu entsprechen (chengming). Der Edle wurde somit zum Garanten für die Rückkehr zu einer harmonischen Gesellschaftsordnung – Dao in konfuzianischem Sinn. Die Tugend des Edlen strahlte auf alle anderen ab.

Wann beginnt die Erziehung zur Tugend?

Schon in der Kindheit. Nur durch Erziehung lasse sich die den Wesenskern des Idealmenschen bildende Kardinaltugend der Humanität formen. Humanität, durch eine Reihe von zusätzlichen Einzeltugenden modifiziert, steht für die Vervollkommnung des Selbst. Die Eltern hatten schon in ihrer Familie mit der Vermittlung des Tugendkatalogs zu beginnen. Xiao, die Ehrerbietung der Kinder gegenüber den Eltern, ist für Konfuzius eine der »Wurzeln der Humanität« und die Liebe zum lebenslangen Lernen die Triebfeder zur Vervollkommnung des Wissens. Dieses Lernideal war jahrhundertelang Grundlage des Erziehungssystems.

Wie wirkte der Konfuzianismus weiter?

Den Ausbau der Lehre besorgten die Schüler. Bei Konfuzius fehlt die Beschäftigung mit administrativen und institutionellen Problemen, da er sein Gedankengebäude auf den Edlen und dessen ordnungstiftende Tugend im Staat konzentrierte. Erst bei seinem Nachfolger Xun Zi und dessen Schülern, Li Si und Han Feizi, die der legalistischen Theorie im Einheitsstaat Qin Geltung verschafften, werden diese Probleme thematisiert. Ihrem Einfluss ist es zu verdanken, dass sich der Konfuzianismus unter Einschluss legalistischer Elemente um 140 v. Chr. zur Staatsorthodoxie und damit zu der das gesamte kulturelle Leben Chinas prägenden Lehre entwickelte.

Worin besteht die Lehre des Konfuzius?

Die Schule der Gelehrten – besser bekannt als Konfuzianismus nach dem latinisierten Namen ihres Gründervaters Kongfuzi – vereint religiöse, sozialethische und lebensanschauliche Elemente. Religiösen Ursprungs sind der Ahnenkult, der in der Verehrung des anthropomorphen Urahnen wurzelt, und das aus dem agrarischen Staatskult abgeleitete Ritual. Die Befolgung der von Konfuzius mit ethischem Gehalt gefüllten Riten sollte für Harmonie zwischen Menschen und Kosmos sorgen.

Sozial richtungsweisend wurde die Lehre, da sie an die Stelle des früheren Herrschaftssystems des Geburtsadels die geistig-moralische Autorität setzte. Diese wurde im zweiten Jahrhundert v. Chr. Leitidee der konfuzianischen »Beamtenaristokratie«, die bis zum Ende des Kaiserreichs Trägerin der gültigen Staatsdoktrin blieb.

Schließlich entwickelten die Moralvorstellungen Modellcharakter für die Lebensführung auf allen Ebenen des Staatsgefüges und wirken bis heute nach.

Wussten Sie, dass …

Konfuzius in früher Jugend den Vater verlor und von seinem Großvater unterrichtet wurde?

von dem Gelehrten selbst kein einziges schriftliches Werk überliefert ist?

die Vorfahren des Philosophen Könige von Shang waren, die später aber verarmten?

Konfuzius mit 19 Jahren geheiratet haben soll und in den Staatsdienst eintrat, den er aber bald wieder quittierte?

der Gelehrte 518 v. Chr. den Begründer des Taoismus Lao Zi getroffen haben soll?

Sokrates: Die Kunst des Fragens

Warum wurde Sokrates zum Tode verurteilt?

Man warf dem Athener Philosophen im Jahre 399 v. Chr. vor, durch seine Lehre die Jugend verdorben und nicht an die Götter geglaubt zu haben. Nach einem Prozess wurde er von der Mehrheit der etwa 500 Richter zum Tode verurteilt. Sokrates war damals wohl 70 Jahre alt, er hatte bis dahin alle Bürgerpflichten, insbesondere den Wehrdienst in drei Kriegen, vorbildlich erfüllt. Er lebte äußerst bescheiden, da er seinen erlernten Beruf als Bildhauer nicht ausübte, sondern sich ganz der Philosophie widmete. Sokrates selbst sah sich jedoch im Gegensatz zur Anklage als treuen Diener der Götter, insbesondere des Gottes Apollon, der ihn durch das Orakel von Delphi sogar selbst in seinem Tun bestärkt hatte. Denn als ein angesehener Bürger Athens einmal das apollinische Orakel befragte, ob irgendjemand weiser sei als Sokrates, bekam er zur Antwort: keiner. Sokrates selbst bildete sich indes nicht ein, besonders weise zu sein.

Welcher Methode folgte der Athener?

Sokrates übte sich in der Kunst des Fragens. Seine dabei angewandte Methode der »Ironie« bestand darin, die Argumente seiner Gegner so lange infrage zu stellen, bis sie sich in Widersprüche verwickelten oder ihren Standpunkt ad absurdum führten. Auf diese Weise brachte der unbestechliche Denker allerdings ein ums andere Mal die herkömmlichen Vorstellungen durcheinander.

Auch bei seiner Verteidigung vor Gericht ging Sokrates so vor. Er stellte infrage, dass es seinen Anklägern wirklich darum gehe, die Jugend Athens vor dem Verlust der traditionellen Wertordnung zu beschützen. In Wahrheit wollten sie laut Sokrates nur nicht eingestehen, »dass sie bloßgestellt werden als Leute, die vorgeben, etwas zu wissen, in der Tat aber nichts wissen«. Solchen nur vermeintlich weisen Menschen gegenüber ist tatsächlich derjenige weiser, der wie Sokrates erkennt: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.«

Was lehrte der Philosoph die Menschen?

Er wollte der Stimme der Wahrheit Gehör verschaffen. Im Unterschied zu den so genannten Sophisten, die die Relativität jeglichen Wissens lehrten, wollte Sokrates nicht bei der Zertrümmerung des nur scheinbaren Wissens stehen bleiben. Die Aufhebung falscher Meinungen war für ihn nur die Voraussetzung dafür, um das »Erkenne dich selbst!« der Tempelaufschrift in Delphi zu befolgen. Wer dies ernsthaft versucht, der wird nach Sokrates in seinem eigenen Innersten ein Daimonion, ein »Göttliches«, finden, das ihm sagt, was er tun und welche falschen Handlungen er lassen soll – das Gewissen.

Übrigens: Sokrates verglich seine Philosophie mit der Hebammenkunst (Maieutik), die seine Mutter ausgeübt hatte: Der Philosoph kann seinen Schüler durch geschicktes Fragen bis an den Punkt heranführen, in der eigenen Seele die Wahrheit zu finden, die er im Grunde immer schon weiß. Die Einsicht in die wahre Tugend muss dann jeder selbst finden.

Was hinterließ Sokrates?

Sokrates hat kein einziges schriftliches Werk verfasst. Die Nachwelt weiß von seiner Lehre nur durch seine Schüler Xenophon und vor allem Platon. Einzig im persönlichen Gespräch glaubte Sokrates seine Umgebung dahin bringen zu können, sich dem Ruf des Daimonion zu öffnen. Diese Aufgabe betrachtete er allerdings als göttlichen Auftrag. Denn nur wer das Richtige kennt, vermag auch recht zu handeln. Umgekehrt war Sokrates ebenfalls davon überzeugt, dass es genauso unmöglich sei, das Rechte nicht zu tun, wenn man es einmal wirklich erkannt habe. Folgerichtig lehnte Sokrates, der den Gehorsam gegenüber den staatlichen Gesetzen als sittlich geforderte Tugend verstand, die ihm nach dem Todesurteil von Freunden angebotene Möglichkeit zur Flucht ab – obwohl er sich schuldlos fühlte – und trank schließlich im festen Glauben auf ein Leben nach dem Tod mit völligem Gleichmut den Schierlingsbecher.

Was war das Orakel von Delphi?

Im Apollontempel von Delphi befand sich nach dem Glauben der alten Griechen der »Nabel der Welt«, ein Marmorblock, der als Mittelpunkt der Erde galt. In unmittelbarer Nähe saß die Pythia, die Priesterin des Gottes Apollon, über einem Erdspalt, dem Luft entströmte, und wirkte als »Orakel«: Nach zukünftigen Ereignissen befragt, gab die Pythia Prophezeiungen kund, die meist zweideutig formuliert waren.

Wussten Sie, dass …

Sokrates mit seiner Frau Xanthippe drei Söhne hatte? Lamprokles, Menexenos und Sphroniskos. Sie waren bei seinem Tod alle noch nicht erwachsen.

der Dramatiker Aristophanes 423 in seiner Komödie »Die Wolken« Sokrates satirisch, ja verleumderisch darstellte? Er zeigte ihn als sophistischen Verdreher der Wahrheit und leistete damit den späteren Anklägern des Sokrates Schützenhilfe.

Demokrit: Nachdenken über die Atome

Von welchen Annahmen geht der Atomismus aus?

Grundlage des antiken Atomismus war die Idee vom Atom als kleinstem, nicht mehr teilbarem Baustein des Kosmos. Aufbauend auf den Vorstellungen seines Lehrers Leukippos von Milet (5. Jh. v.Chr.), vertrat Demokrit die Lehre, nach der sich alle lebendige und tote Materie in der unendlichen Leere des Raumes aus einer ebenso unendlichen Vielzahl dieser für das menschliche Auge unsichtbaren Atome, die in zahllosen unterschiedlichen Formen existieren, zusammensetzt.

Geht ein Lebewesen oder unbelebter Gegenstand zugrunde, lösen sich seine Atome voneinander und können neue Körper bilden. Jedes Atom für sich ist jedoch unveränderlich und unzerstörbar. Demokrit lehrte, dass nicht nur die Körper, sondern auch Sinnesempfindungen, menschliches Bewusstsein und letztlich die Seele mit der Existenz von Atomen erklärbar seien. Wenn das Auge das Licht der Sonne wahrnimmt, sind es Atome der Sonne, die diese Wahrnehmung auslösen.

Wie urteilten die Zeitgenossen über Demokrit?

Als einen »Fünfkämpfer der Wissenschaften« rühmten ihn seine Zeitgenossen: Neben Physik, Mathematik, Ethik und allgemeiner Bildung kenne er sich auch mit der Technik aus. Tatsächlich hat Demokrit wohl in allen Bereichen der Wissenschaft geforscht, sich aber auch über praktische Dinge – etwa die Kriegskunst – Gedanken gemacht.

Großen Einfluss übten die Schriften dieses letzten der großen griechischen Naturphilosophen auf Aristoteles (384–322 v.Chr.) aus, der ihm bescheinigte, alle Erscheinungen der Welt erforscht und intensiv über alles nachgedacht zu haben.

Sind Schriften des Philosophen überliefert?

Wir wissen zwar, dass Demokrit ungeheuer produktiv war und rund 70 philosophische Werke verfasste, aber außer einem Verzeichnis dieser Schriften ist nichts erhalten. Allerdings haben ein halbes Jahrtausend lang Gelehrte der griechischen und römischen Antike aus seinen Werken zitiert und darauf Bezug genommen. Dadurch sind wir mit Demokrits Erkenntnissen insbesondere zum Atomismus vertraut.

Wie erläuterte Aristoteles Demokrits Ideen?

Der große Philosoph Aristoteles erläuterte in seinen Schriften die freilich noch sehr mechanistischen Vorstellungen Demokrits folgendermaßen:

»Als Grund dafür aber, dass die Atome eine Zeit lang miteinander zusammenbleiben, gibt er ihre wechselseitige Verschränkung und ihr Haften aneinander an. Denn die einen von ihnen seien schief, die anderen hakenförmig, die einen mit muldenförmigen Vertiefungen, die anderen gewölbt, die anderen mit anderen unzähligen Unterschieden. Nach seiner Meinung haften sie nun so lange aneinander und bleiben zusammen, bis irgendein stärkerer Zwang, der aus der äußeren Umwelt auf sie einwirkt, sie durcheinander schüttelt, trennt und zerstreut.«

Was wissen wir über das Leben des Griechen?

Demokrit stammte aus der Handelsstadt Abdera in Nordgriechenland und wurde um 460 v.Chr. als Sohn wohlhabender Eltern geboren. Er brauchte sich seinen Lebensunterhalt wohl nicht zu verdienen, sondern konnte von dem geerbten Vermögen seine philosophischen Untersuchungen finanzieren – und ebenso seine vielen Fernreisen.

Denn ein Stubengelehrter war der als heiterer Mensch geschilderte Grieche nicht. Im Gegenteil. Stolz erklärte er: »Ich aber bin von meinen Zeitgenossen am meisten auf der Erde herumgekommen, wobei ich im weitesten Umfang forschte, und habe die meisten Himmelsstriche und Länder gesehen und die meisten gelehrten Männer gehört.« Zu den Ländern, die er besuchte, sollen Ägypten, Persien, Äthiopien und sogar Indien gehört haben.

Ob dichterische Erfindung oder biografische Wahrheit: Die Überlieferung berichtet von der Heimkehr des Vielgereisten. Er hatte seine Geldmittel unterwegs gänzlich verbraucht und war vom Stadtrat seiner Heimatstadt Abdera mit heftigen Vorwürfen empfangen worden: Das ererbte Vermögen habe er vergeudet und damit gegen das Gesetz verstoßen. Doch Demokrit war klug und wortgewandt genug, um seine Mitbürger von der Qualität seiner auf Reisen gewonnenen Erkenntnisse zu überzeugen. Er wurde zum geachteten Lehrer und Philosophen und erhielt ein ehrenvolles Begräbnis, als er im hohen Alter von etwa 90 Jahren starb.

Was sagte Demokrit über das Gute und das Übel?

»Alles, was gut ist, schenken die Götter den Menschen (…); was aber übel, schädlich und unnütz ist, das machen die Götter den Menschen nicht zum Geschenk (…). Vielmehr sind es diese selbst, welche sich an derartiges heranmachen, aufgrund ihrer geistigen Blindheit und ihres Unverstandes.«

Wussten Sie, dass …

der weise Grieche als Weg zum Glück empfahl, sich frohgemut mit mäßigem Besitz einzurichten, statt missmutig in Reichtum zu leben?

nach Demokrits Lehre auch die Seele aus Atomen besteht, die sich beim Tod eines Menschen zerstreuen, um sich neuen Seelen anzuschließen?

der Philosoph das rechte Maß empfahl, auch bei der Arbeit? Niemand solle seine eigene Kraft und Begabung übersteigen.

Platon: Ideen als Urbilder der Wirklichkeit

Wer war Platons Lehrer?

Im Jahr 427 v.Chr. in Athen geboren, war Platon acht Jahre lang Schüler des Philosophen Sokrates gewesen, den er später in einem Brief als »den rechtschaffensten Menschen jener Zeit« bezeichnete. Dass Platon miterleben musste, wie Sokrates von der Athener Elite in einem Schauprozess zum Tod verurteilt wurde, prägte sein eigenes Philosophieren in zweifacher Weise. Zum einen schuf Platon seinem Lehrer, der selbst nichts Schriftliches hinterlassen hatte, ein bleibendes Gedenken, indem er in fast allen seinen eigenen Werken, die in Form von Dialogen abgefasst sind, Sokrates als den wichtigsten Gesprächspartner auftreten ließ. Zum anderen war das Schicksal des Sokrates für Platon der Beweis dafür, dass die Regierenden erst bei den Philosophen zu lernen hätten, worin die wahre Gerechtigkeit besteht.

Worum geht es in dem berühmten Höhlengleichnis?

Platon will damit zeigen, dass die eigentliche Wahrheit nicht im Bereich der sinnlich erfahrbaren Dinge zu finden ist. Er vergleicht die Situation der Menschen mit Sklaven, die von Geburt an gefesselt in einer Höhle liegen und den Kopf nicht wenden können. Wenn es nun hinter den Gefangenen ein Feuer gäbe und zwischen diesem und den Gefesselten Gegenstände vorbeigetragen würden, die ihre Schatten auf die für die Höhleninsassen einzig sichtbare Wand werfen, dann müssten diese Armseligen zwangsläufig die Schatten für die Wirklichkeit halten. Ebenso geht es den Menschen mit der materiellen Welt.

Was besagt die Ideenlehre?

Die Begriffe, mit denen wir die Gegenstände der materiellen Wirklichkeit benennen, bezeichnen diese nicht exakt. Sie beziehen sich eigentlich auf übersinnliche reine »Ideen«, welche die Urbilder liefern für unsere begrifflichen Abbilder. Und auch die wahrnehmbaren Dinge der Sinnenwelt sind für Platon in irgendeiner Weise Erscheinungen dieser Ideen und von diesen abgeleitet. Überall da, wo wir eine Reihe von Einzeldingen mit demselben Namen bezeichnen können, haben wir eine zugrunde liegende Idee anzunehmen.

Woher weiß der Mensch vom Reich der Ideen?

Platon meint, dass wir in einem vorgeburtlichen Dasein unserer Seelen die Ideen schon einmal geschaut haben. Wahre Erkenntnis ist darum Wiedererinnerung (anamnesis) an diese frühere Schau der Ideen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich die Seele losreißt von der sinnlichen Welt, eine mühevolle, oft auch als schmerzlich empfundene Aufgabe. Dass der Mensch sie trotzdem in Angriff nimmt, ist für Platon auf den Eros zurückzuführen, eine Art inneren Drang, der die Menschen für das Wahre, Gute und Schöne, die höchsten Ideen überhaupt, begeistert und sie danach streben lässt.

Wie wird man laut Platon glücklich?

Indem die Seele ihr Handeln nach den Ideen ausrichtet. So beherrscht sie die eigenen Triebe wie ein Wagenlenker die zusammengespannten Rosse. Diese Ordnung der Seele ist für Platon auch das Vorbild für das Zusammenleben der Menschen im Staat. Die Tugend der Gerechtigkeit wird dann verwirklicht, wenn die Menschen ihre jeweils vorherrschenden Tugenden in geregelter Weise zur Geltung bringen. Die Bauern und Handwerker sollen die Tugend des Gehorsams erfüllen, die Krieger die Tugend der Tapferkeit, die Herrscher alles in Weisheit leiten. Und deshalb wird nach Platon der vollkommene, gerechte Staat erst dann erreicht sein, wenn die Philosophen zu Herrschern oder die Herrscher zu Philosophen geworden sind.

Wo liegt Atlantis bei Platon?

In seinen Dialogen »Timaios« und »Kritias« berichtet Platon von der sagenhaften Insel Atlantis. Etwa 9000 Jahre vor Platons Zeit hätten sich die Bewohner der mit unermesslichen Reichtümern ausgestatteten Insel aufgemacht, die ganze Welt zu erobern, seien aber von den Athenern besiegt worden. Kurz danach sei die jenseits von Gibraltar gelegene Insel bei einem Seebeben im Lauf eines Tages und einer Nacht vollständig im Meer versunken.

Wussten Sie, dass …?

Platon um 387 v.Chr. die erste philosophische Akademie des Abendlands gründete? Er benannte sie nach dem Hain des Helden Akademos außerhalb Athens, wo der Unterricht auch stattfand. Diese Einrichtung, die erst 529 n.Chr. von Kaiser Justinian geschlossen wurde, ist das Vorbild aller späteren Universitäten.

die platonische Liebeskonzeption maßgeblich die europäische Liebeslyrik der Renaissance prägte? Die unerreichbare Geliebte wurde dabei als Mittlerin des übersinnlich Schönen, Guten und Wahren verehrt.

Aristoteles: Systematisierung des Denkens

Was hatte Aristoteles mit Alexander dem Großen zun tun?

Er war sein Lehrer. 384 v. Chr. im Norden Griechenlands geboren, ging Aristoteles als junger Mann nach Athen, um dort bei Platon bis zu dessen Tod im Jahr 347 v. Chr. Philosophie zu studieren. Mit 42 Jahren wurde Aristoteles vom makedonischen König Philipp II. zum Erzieher des 13-jährigen Thronfolgers bestimmt, der später ganz Kleinasien erobern und als Alexander der Große in die Geschichte eingehen sollte. Der Herrscher Alexander ermöglichte seinem ehemaligen Lehrer dann den Aufbau einer riesigen zoologischen und botanischen Sammlung sowie die Zusammenstellung einer Bibliothek aller bekannten Staatsverfassungen.

Worin bestand für den Griechen die Aufgabe der Philosophie?

In der Systematisierung allen Wissens. Aristoteles war zeitlebens – er starb 322 v. Chr. – fasziniert vom naturkundlichen und historischen Erfahrungswissen über die Phänomene unserer Welt. Sein größtes Interesse als Philosoph galt deshalb der Frage, wie diese Fülle an Einzelerkenntnissen in einen sinnvollen Ordnungszusammenhang gebracht werden konnte. Aristoteles begründete damit das moderne Wissenschaftssystem mit verschiedenen Einzeldisziplinen, die alle bestimmten logischen Regeln entsprechen müssen.

Darüber hinaus etablierte er die Metaphysik als philosophische Wissenschaft von den Prinzipien des Seins, nach denen an einzelnen Phänomenen gewonnene Einsichten zu allgemeinen Gesetzen formuliert werden können.

Wie ging der Philosoph bei seiner Systematik vor?

Mittels logischer Begriffsbildungen. Erste Voraussetzung dafür ist es nach Aristoteles, die Regeln zu bestimmen, die das Denken unabhängig von bestimmten Inhalten immer und ausnahmslos befolgen muss. In einer von ihm als »Analytik« bezeichneten Logik behandelt er die richtige Begriffsbildung durch Definitionen, die fehlerfreie Verknüpfung von Begriffen zu Urteilen, schließlich die Gewinnung von korrekten Schlussfolgerungen aus der Verbindung von Urteilen miteinander.

Die Ausgestaltung dieser Logik gelang ihm derart umfassend und klar, dass sogar noch rund 2000 Jahre später Immanuel Kant der Ansicht war, die Logik sei seit Aristoteles nicht weiterentwickelt worden. Mithilfe dieses Instrumentariums des Denkens (organon) können nun für Aristoteles die einzelnen Bereiche des Daseins lückenlos wissenschaftlich untersucht werden: das praktische menschliche Verhalten in Ethik, Politik und Ökonomik, die gestaltenden (poiëtischen) Kunstfertigkeiten des Menschen in Technik, Ästhetik und Rhetorik, schließlich in theoretischer Betrachtung das Sein der Natur in Mathematik und Physik, aber auch dessen, was noch hinter den natürlichen Phänomenen liegt: »das Seiende, insofern es seiend ist«.

Was ist der Gegenstand der Metaphysik?

Die grundlegenden Prinzipien allen Seins. Wie sein Lehrer Platon will Aristoteles zum Beispiel erklären, weshalb wir voneinander unterscheidbare Einzeldinge, etwa zwei Bäume, doch mit demselben Begriff bezeichnen können. Platon hatte gelehrt, die Gegenstände der Sinnenwelt seien nur die unvollkommenen Abbilder eines übersinnlichen Reichs reiner Ideen.

Für Aristoteles dagegen gibt es nur einen einzigen Kosmos, der Sinnliches und Übersinnliches in untrennbarer Einheit manifestiert, und zwar nach den Prinzipien Form und Materie. Bestimmte unwandelbare Formen finden in der jeweils zugehörigen Materie eine vielfache Ausprägung, insofern ist die allgemeine Form tatsächlich etwas Höheres als ihre einzelnen Materialisierungen. Aber ohne stoffliche Ausprägungen würden auch die reinen Formen überhaupt nicht existieren. Aber es gibt noch andere metaphysische Prinzipien als Form und Materie. Bewegung und Veränderung beispielsweise werden hervorgebracht durch die Prinzipien Ursache und Ziel.

Hat Gott in dem System des Wissens einen Platz?

Ja. Erste Ursache und letztes Ziel aller Bewegung ist für Aristoteles das vollkommene Sein, Gott, der selbst unbewegte Beweger alles Seienden. Sich ihm anzunähern ist das Bestreben des Menschen, am ehesten gelingt dies in der reinen Theorie, wo der Mensch die unwandelbaren göttlichen Prinzipien wenigstens anzuschauen vermag.

War Aristoteles einflussreich?

Ja, außerordentlich! Über die von ihm begründete antike Philosophenschule der »Peripatetiker« hinaus beriefen sich in den folgenden Jahrhunderten jüdische wie arabische Denker, seit dem 13. Jahrhundert auch christliche Philosophen und Theologen direkt auf die Lehren des Aristoteles. Durch diesen »Aristotelismus« wurden die Begriffe und Grundgedanken des Aristoteles zum festen Bestandteil der abendländischen Umgangs- und Wissenschaftssprache.

Wussten Sie, dass …

Aristoteles mit der Tragödientheorie in seiner »Poetik« zur Zeit der Renaissance auch die abendländische Literatur stark beeinflusste?

Seneca: Stoiker bis in den Tod

Was ist der Stoizismus?

Die alte philosophische Tradition der Stoa geht davon aus, dass das Wohl des Einzelnen nicht in äußeren Objekten liegt, nicht in Reichtum, Ruhm oder erfülltem Begehren, sondern in einem ausgeglichenen Seelenzustand. Dafür braucht es Weisheit und Mut, Gerechtigkeitssinn und Mäßigung, Selbstbeherrschung und nicht zuletzt Gelassenheit. All das versuchte der aus Córdoba stammende Seneca zu beherzigen und weiterzugeben.

Was hatte Seneca mit Nero zu tun?

Der Stoiker Seneca war der Lehrer und Erzieher des späteren Tyrannen. Seneca, der in Rom als Jurist und in verschiedenen öffentlichen Ämtern hohes Ansehen erlangte, stand seinem berühmt-berüchtigten Schüler – dem späteren Kaiser Nero (Reg. 54–68 n.Chr.) – auch in dessen ersten Regierungsjahren noch sehr nahe.

In dieser Zeit war der Philosoph Seneca neben dem Prätorianerpräfekten Burrus der mächtigste Mann im Römischen Reich. Gemeinsam führten sie die Regierungsgeschäfte für den jungen Kaiser. Es war eine gute Zeit für Rom! Doch letztendlich scheiterten Senecas Versuche, im Sinne der stoischen Lebensführung auf Nero einzuwirken. Dessen labiler Charakter, seine Selbstherrlichkeit und seine Maßlosigkeit waren nicht zu zügeln. Nachdem sich Seneca in den Machtkampf zwischen Nero und seiner herrschsüchtigen Mutter Agrippina hineinziehen ließ, sogar das Mordkomplott des Sohnes gegen die Mutter unterstützte, endete seine politische Einflussnahme.

Wie starb der Philosoph?

Seneca wurde von Nero zum Selbstmord gezwungen. Er soll 65 n.Chr. an der Verschwörung seines Freundes Gaius Calpurnius Piso gegen den Kaiser beteiligt gewesen sein. Seneca war im Jahr 62 von der politischen Bühne abgetreten und hatte sich in den Badeort Baiae zurückgezogen, um an seinen Werken zu arbeiten. Auch bei seinem Tod bewahrte Seneca seine stoische Ruhe und empfahl seinen Freunden als Trost die Lektüre seiner Lebensweisheiten.

Worin bestand die Lehre des Stoikers?

In seinen populärsten und bedeutsamsten philosophischen Schriften legte Seneca seine undogmatische, am praktischen Leben orientierte Morallehre dar. Hier zeigt sich der Stoiker als lebenserfahrener Lehrer und weiser Ratgeber. Es ging ihm nicht um abstrakte, hochkomplizierte philosophische Spekulationen. Er wollte den Menschen nützen, wollte sich möglichst vielen verständlich machen. So gestaltete er einige seiner zentralen Werke, die »Dialogi«, als Gespräche mit einem imaginären Partner, der die Position des Rat suchenden Lesers einnimmt. Ein so genannter Fürstenspiegel war »De clementia« (Über die Milde). Dieser Leitfaden für eine erfolgreiche Herrschaft zum Wohl des Volkes war speziell für den Tyrannen Nero verfasst. In seinen letzten Lebensjahren schrieb Seneca auf seinem Alterssitz in Baiae schließlich die »Epistulae morales ad Lucilium« (An Lucilius, Briefe über Ethik), in denen sich seine Weisheit, seine pointierte Sprache und sein Wortwitz in Vollkommenheit entfalteten.

Verfasste der Morallehrer nur Philosophie?

Nein. Der ausgesprochen produktive Autor schrieb auch literarische Werke wie Satiren und Dramen. Senecas überliefertes dramatisches Werk umfasst neun Versdramen, deren Titelhelden sagenhafte Gestalten wie Herkules, Medea oder Ödipus sind. In der Tradition der griechischen Tragödie wird die zerstörerische Kraft ungezügelter Leidenschaften thematisiert. Hier trifft sich der Dramatiker mit dem Philosophen Seneca, der Gier und Eifersucht ablehnt und Vernunft und Selbstbeherrschung zu idealen Lebensprinzipien erklärt.

In welcher Form äußerte sich der Satiriker?

Seneca versprüht als Satiriker viel Witz, der auch schon mal die Grenze zur Bosheit überschreitet. Das ist besonders der Fall in der Satire »Apocolocyntosis Divi Claudii« (etwa: Verkürbissung des göttlichen Claudius), in der er im Jahr 54 gnadenlos mit dem verstorbenen Kaiser Claudius, Neros Adoptivvater, abrechnet. Claudius hatte Seneca nämlich Jahre vorher in die Verbannung nach Korsika geschickt. Der Grund war die Affäre des geschätzten, aber nicht standesgemäßen Philosophen mit der vornehmen Julia, der Tochter des Germanicus.

Wussten Sie, dass …

das christliche Mittelalter die Werke des »heidnischen« Philosophen in seinen Bildungskanon aufnahm?

in der Renaissance die Dramen Senecas als Musterbeispiele der Tragödie galten?

Seneca auch naturwissenschaftliche Werke verfasst hat? Seine »Naturales Quaestiones« geben einen Überblick über das Wissen seiner Zeit zu Physik, Astronomie und Geographie.

Averroës: Mittler zwischen den Welten

Als was wurde Ibn Roschd alias Averröes berühmt?

Averroës, im Arabischen Ibn Roschd genannt, war Arzt und Mathematiker, Rechtsgelehrter und Theologe, berühmt wurde er als Philosoph. 1126 wurde er in Córdoba geboren, der Hauptstadt des arabischen Kalifats im Süden der Iberischen Halbinsel. Im christlichen Abendland war Averroës bekannt und hoch geschätzt. Wie die christlichen Philosophen seiner Zeit, die Scholastiker, versuchte auch er, die »heidnischen« Schriften des Aristoteles mit der Religion in Einklang zu bringen.

So gering sein Einfluss in der östlichen arabisch-islamischen Welt war, so bedeutend wurde er für die europäische Philosophiegeschichte. Als der herausragende Kommentator des Aristoteles beeinflusste er in besonderer Weise das Abendland: Durch Averroës fand die griechische Philosophie wieder Eingang ins europäische Denken.

Wie war zu Averröes' Zeit die Lage in Andalusien?

Vor dem 11. /12. Jahrhundert war die Atmosphäre im islamischen Andalusien von großer Aufgeschlossenheit und Toleranz geprägt. Die Stadt Córdoba galt jahrhundertelang als eines der bedeutendsten Zentren von Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung im Mittelmeerraum. Lage und Stimmung änderten sich radikal, als die arabische Kultur ihre Existenz auf der Iberischen Halbinsel durch die christliche Rückeroberung bedroht sah. Genau ein Jahrhundert nach Averröes Geburt sollte Córdoba von Ferdinand III. von Kastilien erobert werden. Aber noch befand sich die Stadt in ihrer Blüte.

Welche Ideen entwickelte der Philosoph?

Averroës beschäftigte sich mit der antiken Philosophie des Aristoteles. In einem Klima schwindender Toleranz bemühte er sich darum, die Gegensätze zwischen der aristotelischen Philosophie und der islamischen Offenbarungsreligion zu überwinden. Er entwickelte dazu die Idee der doppelten Wahrheit: Auf der einen Seite stehen die wissenschaftlichen Wahrheiten auf der Basis der Vernunft und auf der anderen Seite die religiösen Wahrheiten, die sich im Glauben offenbaren. Insgesamt gab er der Vernunft den Vorrang vor der Religion, was allein schon zu heftiger Kritik Anlass bot. Doch dann leugnete Averroës sogar noch die Unsterblichkeit der Seele!

Mit diesem Angriff auf das Fundament des Glaubens ging er zu weit. Doch in seinem streng rationalen Denksystem war kein Platz mehr für nicht überprüfbare Offenbarungen. Damit war er für die Wächter des Glaubens nicht mehr tragbar. Im Jahr 1195 verbot man seine Werke und er wurde nach Marrakesch verbannt, wo er am 11. Dezember 1198 starb.

Welche Bedeutung hatte die islamische Welt für das christliche Abendland?

Für das Abendland spielte die islamische Welt bei der Vermittlung des antiken Wissens eine überragende Rolle. Denn mit dem Untergang des Römischen Reichs gingen viele antike Quellen verloren und es ging viel antikes Wissen unter. Dieser tiefe kulturelle Bruch, den das Abendland zwischen Antike und Mittelalter erlebte, blieb dem Orient erspart. Denn dort sorgte die politische Kontinuität des Oströmischen, später Byzantinischen Reichs auch für die Kontinuität antiker Bildung bis ins Mittelalter hinein. Und der Osten war eben auch der Kulturraum der Araber. Sie eigneten sich das antike Wissen an und verbreiteten es in ihren Herrschaftsgebieten, die einen Großteil der damals bekannten Welt umfassten. Mit der arabischen Herrschaft auf der Iberischen Halbinsel kehrte antikes Wissen nach Europa zurück.

Wie beeinflusste das maurische Spanien Europa?

Von Córdoba und Toledo, den führenden Städten des islamischen Andalusien, gingen im Hochmittelalter wichtige Impulse gen Norden. In den intellektuellen Zentren der Christenheit, wie etwa Paris, wurden sie begierig aufgenommen. Und Averroës war einer der bedeutendsten Vermittler. Insgesamt verfasste er rund 80 Schriften, darunter »Über die mögliche Vernunft«, in dem die aristotelische Logik dargelegt wird, sowie ein großes medizinisches Lehrwerk. Seine Aristoteles-Bearbeitungen wurden im christlichen Mittelalter zu philosophischen Standardwerken.

Wussten Sie, dass …

Averröes von christlichen Philophen des Mittelalters, die sich mit Aristoteles beschäftigten, einfach als »der Kommentator« bezeichnet wurde? Er hatte praktisch zu jedem Werk des Aristoteles einen Kommentar verfasst.

die orthodoxe islamische Geistlichkeit die Lehren des Averröes bis heute ablehnt?

Averröes eigentlich kein Araber war? Er gehörte der Bevölkerungsgruppe der Berber aus Nordafrika an.

Wie verlief die arabische Eroberung Spaniens?

Auf ihren weiten Eroberungszügen drangen die Araber im Jahr 711 von Süden her in Spanien ein. Sie nannten ihr neues Reich Al Andalus – Andalusien. Unter den mächtigen Omajjaden-Herrschern erlebte die arabische Herrschaft in Spanien ihre glänzendsten Zeiten. Die Hauptstadt Córdoba konnte sich damals mit Damaskus und Bagdad messen. Nach dem Sturz des letzten Omajjaden 1031 zerfiel Andalusien in mehrere Kleinstaaten, wurde dann aber wieder vereint. Seit 1212 bedrängte die erstarkende Reconquista, die »Rückeroberung«, Andalusien. 1236 eroberten die christlichen Heere Córdoba. Das arabische Königreich Granada konnte sich noch bis 1492 halten: Dann hatte die Reconquista endgültig gesiegt und die arabischen Kultur aus Europa vertrieben.

Moses Maimonides: Vordenker einer Religion der Vernunft

Was gilt als Hauptwerk des Maimonides?

Sein bedeutendstes religionsphilosophisches Werk gab Maimonides 1191 in arabischer Sprache heraus: Der »Führer der Unschlüssigen« richtete sich an eine jüdische Bildungselite, die zwar nach wie vor an Gott und seine Offenbarungen glaubte, hinsichtlich ihrer Verbindung zu Philosophie und Vernunft jedoch unschlüssig war. Maimonides gab nun in seinem Führer die gesuchten Hilfestellungen. Er versuchte, Gott und seine Offenbarungen rational erfassbar zu machen, lehrte einen vernunftgemäßen Zugang zur Tora, den fünf Büchern Mose. Hier orientierte sich Maimonides stark an der aristotelischen Philosophie der Vernunft. Seine Ideen standen im krassen Gegensatz zur Kabbala, der etwa zeitgleich entstandenen jüdischen Bewegung der Mystik in Südfrankreich und Spanien.

Welche Wirkung hatte Maimonides' Werk?

Der »Führer der Unschlüssigen« löste bald nach seiner Übersetzung ins Hebräische den »Maimonidesstreit« aus, der insbesondere nach dem Tod des Autors schärfste Formen annahm: Die traditionalistischen Gegner verhängten gegen das Werk den Bann, die Maimonisten sprachen daraufhin den Gegenbann aus. Mit Hilfe der christlichen Inquisition erreichten die Traditionalisten sogar eine öffentliche Bücherverbrennung des Maimonides-Führers. Noch im 19. Jahrhundert war die Schrift im osteuropäischen Schtetl an den jeschiwot, den Talmudschulen, verboten, wurde jedoch häufig unter der Bank als Inbegriff des Modernen gelesen. Im Zeitalter der jüdischen Aufklärung, im 18. und 19. Jahrhundert, wurde Maimonides zum Idol der Reformer, Moses Mendelsohn und Salomon Maimon verwendeten seine Gedanken für ihren neuen Weg des jüdischen Denkens. Bis heute ist der Streit zwischen Rationalisten und Traditionalisten um den »Führer der Unschlüssigen« nicht beigelegt.

Beeinflusste der Gelehrte christliche Philosophen?

Das christliche Gedankengut erhielt durch den »Führer der Unschlüssigen« im Mittelalter erhebliche Anregungen. Nachdem der Text 1240 ins Lateinische übersetzt worden war, hatten nun auch christliche Philosophen Zugang dazu. Besonders die Scholastiker Albertus Magnus und Thomas von Aquin fanden mit Hilfe des Maimonides-Textes zu Aristoteles und bekannten schließlich ebenso wie der jüdische Denker, dass es keinen Widerspruch zwischen der Vernunft und dem Glauben gebe. Im 17. Jahrhundert bezogen sich der niederländische Philosoph Baruch Spinoza und Gottfried Wilhelm Leibniz auf das aristotelische Denken des Maimonides.

Was bezweckte die »Mischne Tora«?

Eine Reduktion der Tora auf wesentliche Rechtsgrundsätze. Das wichtigste religionsgesetzliche Werk des Maimonides, die in hebräischer Sprache verfasste »Mischne Tora« (Wiederholung der Tora), wurde um 1180 beendet und umfasst 14 Bände. Das jüdische Religionsgesetz, die Halacha, war bis dahin unübersichtlich über die vielen Bände des Talmud verstreut. Sowohl im Islam als auch im byzantinischen Christentum spielte zu jener Zeit die Kodifizierung der Rechtsmaterie eine große Rolle. Davon inspiriert versuchte Maimonides, aus den umfangreichen Schriften des Talmud alle Gesetze herauszuziehen und sie in eine systematische Ordnung zu bringen. Dabei ließ er den seiner Meinung nach überflüssigen Ballast der vielen Zitate, diversen Meinungen und offenen Streitfragen des Talmud weg. Der Talmud sollte nur noch von einer intellektuellen Elite studiert werden. So weit kam es jedoch nicht, auch heute noch wird der Talmud von den Schülern der Jeschiwot studiert, das Maimonides-Werk bildet jetzt nur einen Abschnitt des Talmudstudiums.

Was blieb von Maimonides' Schriften?

Maimonides' älterer »Kommentar zur Mischna« von 1168, den er in Arabisch verfasste, enthält unter anderem die Zusammenstellung von 13 verbindlichen Glaubensgrundsätzen des Judentums. Diese wurden später ins jüdische Gebetbuch aufgenommen und sind bis heute häufig Teil der jüdischen Liturgie in der Synagoge.

Was weiß man über die Biographie des Philosophen?

Am 30. März 1135 wurde im südspanischen Córdoba Mose ben Maimon geboren. Nach einer soliden Erziehung mit dem Wissen der jüdischen, arabischen und antiken Gelehrten musste er mit seiner jüdischen Familie 1148 vor den fanatisch-islamischen Almohaden ins christliche Nordspanien fliehen. 1159 ging die Flucht weiter nach Fez in Marokko, von da schließlich 1165 nach Palästina. Dort landete die Familie in der Hafenstadt St-Jean-d'Acre (heute Akko) und zog über Jerusalem und Hebron weiter nach Fustat (heute Kairo).

Maimonides machte im Land der Pyramiden einen bemerkenswerten Aufstieg, er wurde ein berühmter Arzt, bald Leibarzt am Hof des Sultans und damit auch politisch einflussreich. Trotz seines beruflichen und gesellschaftlichen Engagements nahm er sich viel Zeit zum Schreiben. Er starb am 13. Dezember 1204 in Fustat, wurde aber wunschgemäß in Tiberias in Palästina begraben, wo sein Grab noch heute zu besichtigen ist.

Wussten Sie, dass …

Mose ben Maimon, der spätere Maimonides, häufig auch Rambam genannt wurde?

Maimonides' Bruder David als Juwelenhändler zunächst den Unterhalt der ganzen Familie sicherte? Erst nach dessen Tod bei einem Schiffsunglück musste Moses eine Erwerbsarbeit aufnehmen.

dem Philosophen auch der Aufstieg zum Führer der jüdischen Gemeinschaft Ägyptens gelang?

Maimonides neben den religionsgesetzlichen und religionsphilosophischen Werken auch medizinische Schriften veröffentlichte?

Thomas von Aquin: Der Aristoteles des Mittelalters

Was bedeutet Thomas von Aquin für die Philosophie des Mittelalters?

Mit seiner Interpretation der Schriften des Aristoteles gilt Thomas von Aquin als der wichtigste Theologe und Philosoph des Hochmittelalters. Man nennt ihn »doctor angelicus« (engelgleicher Lehrer). Sein Einfluss auf das christliche Denken kann nur mit dem des Augustinus verglichen werden.

Augustinus hatte das Christentum vom Platonismus her interpretiert und damit die christliche Philosophie über Jahrhunderte hinweg bestimmt. In der Hochscholastik kam der zweite große Denker der Antike ins Spiel: Aristoteles. Es war Thomas von Aquin, der diese Herausforderung annahm.

Welchen Einfluss hatte Aristoteles auf das mittelalterliche Denken?

Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts kannte man Aristoteles nur durch wenige Schriften zur Logik. Über die arabisch-jüdische Philosophie, etwas später auch durch direkte Übersetzung aus dem Griechischen wurde man jetzt mit den metaphysischen Werken des Aristoteles konfrontiert. Dies bedeutete eine gewaltige Umwälzung und Befruchtung des Denkens. Eine umfassende Aristoteles-Rezeption setzte ein. Die Kirche fühlte sich durch diese neue, weltlichere Philosophie verunsichert und bedroht. Es gab mehrere Aristoteles-Verbote, die aber letztendlich den Umbruch nicht verhindern konnten.

Wie kam ein junger Graf zur Philosophie?

Durch glückliche Umstände wurde der um 1225 auf Schloss Roccasecca bei Aquino im Neapolitanischen geborene und aus gräflichem Geschlecht stammende Thomas schon sehr früh in die Philosophie des Aristoteles eingeführt. Später, als junger Dominikaner, studierte er in Köln bei Albertus Magnus, dem Begründer des christlichen Aristotelismus. Hier entwickelte sich Thomas zum bedeutendsten Aristoteles-Interpreten des Mittelalters. Er lehrte in Paris und Italien. In seinem gewaltigen Werk versucht er eine umfassende Synthese zwischen dem Glauben des Evangeliums, der Tradition und der aristotelischen Philosophie. Dabei fließen durchaus auch platonische Gedanken ein. Thomas wird zunächst angefeindet und bekämpft, seine Thesen werden von der Kirche verurteilt.

Was ist das grundlegend Neue bei Thomas?

Das Neue besteht in dem konsequenten Glauben an die Eigenständigkeit und den eigenen Wert der Welt. Für den Neuplatonismus ist wirkliches Sein nur das Sein der Ideenwelt. Unsere konkrete Erfahrungswelt dagegen ist eher ein Nichtsein, ein vergängliches Abbild, ein Hinweis auf das Jenseits. Eine gewisse Weltverachtung liegt nahe. Dementsprechend kann Erkenntnis nur durch Abkehr von der sinnlichen Welt geschehen. Kehre in dich selbst zurück, lautete das Motto des Augustinus. Thomas aber geht den umgekehrten Weg und folgt damit Aristoteles. Gehe nach draußen! Von der Sinneserkenntnis gelangen wir zur Wahrheit. Dabei sind es gerade theologische Gründe, die Thomas zu diesem Weg führen. Wenn die Welt von Gott geschaffen ist, dann muss sie für sich Wert besitzen und die Vernunft des Menschen von der Schöpfung zu Gott gelangen können.

Wie erklärt der Philosoph das Verhältnis zwischen Leib und Seele?

Thomas definiert ein völlig neues Verhältnis von Leib und Seele. Für Augustinus hatte die unsterbliche Seele nur eine äußerliche Verbindung zu einem sterblichen Leib. Thomas aber überwindet diese Trennung. Auch er glaubt an die Unsterblichkeit der Seele, doch Leib und Seele stehen für ihn nicht nur in einer äußerlichen, sondern auch in einer innerlichen Verbindung, denn die Seele ist die wesentliche Form des Körpers. Der Mensch ist leiblich-seelische Einheit und Ganzheit.

Dachte Thomas von Aquin »modern«?

Thomas misst dem Gewissen des Einzelnen große Bedeutung bei. Damit weist sein Denken bereits in die Neuzeit, denn im antiken Denken hatte noch das Allgemeine Vorrang vor dem Einzelnen. In der Philosophie des Thomas besitzt der Einzelne Vorrang vor dem Allgemeinen.

Was ist Thomas' Hauptwerk?

Das Hauptwerk des Thomas von Aquin ist die unvollendete »Summe der Theologie«. Unter »Summe« versteht man eine mittelalterliche systematische Darstellung, vor allem der Theologie und Philosophie, in der rationale Argumente großen Raum einnehmen. Es gab im Mittelalter eine ganze »Summenliteratur«, darunter auch die Werke des ersten großen »Summisten« Petrus Lombardus, der im 12. Jahrhundert lebte, oder die »Summa theologiae« des Albertus Magnus, bei dem Thomas von Aquin studierte.

Wussten Sie, dass …

Thomas von Aquin 1323 von Papst Johannes XXII. heilig gesprochen wurde?

der Aquinate – wie er auch genannt wird – nach dem Plan seiner Eltern hätte Abt eines Benediktinerklosters werden sollen? Gegen den elterlichen Willen entschied er sich aber für den Beitritt zum Bettelorden der Dominikaner.

Niccolò Machiavelli: Theoretiker der Macht

Worin bestand Niccolò Machiavellis großes Verdienst?

Er lieferte eine schlüssige Theorie der Macht. Machiavelli hat erstmals nüchtern und ohne Beschönigung die Techniken der Herrschaft und des Machterhalts beschrieben. Er begreift Politik grundsätzlich als Machtpolitik und geht davon aus, dass Staat und Herrschaft auf menschliche Gewalt gegründet sind. Damit lehnt Machiavelli jegliche Art von Verbrämung ab, die die Legitimation von Machtverhältnissen etwa auf göttliche Voraussetzungen zurückführt. Aus solcher Beschränkung des Staatswesens auf bloße Herrschaftstechnik ergibt sich, dass Politik und Moral voneinander zu trennen sind. Maßstab für einen Politiker ist nicht mehr, ob er gut, sondern ob er effektiv im Sinn der Machterhaltung handelt und so dem Prinzip der Staatsräson den Vorrang gibt.

Andererseits zeigt Machiavelli, dass Macht und Herrschaft als allein von Menschen verantwortete Phänomene auch zum Positiven veränderbar sind. Damit hat er der Aufklärung vorgearbeitet und gilt mit seinen Analysen als Begründer der modernen Geschichtsschreibung und der Politikwissenschaft.

Hatte der Italiener politische Erfahrung?

Gewiss. Der Stadtstaat Florenz, in dem er am 3. Mai 1469 als Sohn eines Beamten und Juristen geboren wurde, war Machiavellis Wirkungs- und Lebensstätte. Seine politische Laufbahn begann 1498. Machiavelli war zunächst in der inneren Verwaltung von Florenz tätig, war dann aber für Fragen der Außen- und Verteidigungspolitik zuständig. Als ständiger Sekretär des regierenden Rats hatte Machiavelli auch diplomatische Funktionen zu erfüllen, die ihn mit mächtigen Fürsten seiner Zeit in Kontakt brachten. So konnte er etwa miterleben, wie Cesare Borgia an seinem Hof in der Romagna eine entscheidende Machtprobe zu seinen Gunsten beendete.

War Machiavelli als Politiker erfolgreich?

Zunächst schon. Auf Machiavellis Initiative hin wurden die Söldnertruppen durch ein Bürgerheer ersetzt, eine Maßnahme, die der Republik Florenz in einer militärischen Auseinandersetzung mit Pisa sogleich Erfolg bescherte. Dann aber führte 1512 die von den Spaniern unterstützte gewaltsame Rückkehr der 18 Jahre lang in der Verbannung lebenden Familie der Medici nach Florenz das Ende der Republik herbei. Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass Machiavelli seiner Ämter enthoben und gefangen gesetzt wurde, da man ihn der Verschwörung gegen die Medici verdächtigte. Nach seiner Freilassung und Verbannung zog er sich auf sein bescheidenes Landgut Sant'Andrea bei San Casciano nahe Florenz zurück.

Was machte der Dichter in der Verbannung?

Er schrieb über Politik. Das wurde ihm zum Ersatz für politisches Handeln. Er verfasste nun seine Hauptwerke, die aber erst nach seinem Tode publiziert wurden: die »Erörterungen über die ersten zehn Bücher des Titus Livius« (1531) und »Der Fürst« (1532), in dem er das System einer skrupellosen Alleinherrschaft beschreibt und analysiert. Mittlerweile von den regierenden Medici wieder wohl gelitten, wurden Machiavelli kleinere Ämter und diplomatische Missionen übertragen. Im Auftrag des Medici-Papstes Klemens VII. verfasste er zudem eine 1525 abgeschlossene »Geschichte der Stadt Florenz«. Als die Medici 1527 ihre Macht verloren, wurde auch Machiavelli wieder aller Funktionen enthoben. Den neuerlichen Abstieg sollte Machiavelli nicht lang überleben. Geschwächt und verarmt starb er am 22. Juni 1527.

Was ist Machiavellismus?

Der Zweck heiligt die Mittel: Auf diese zentrale These wird die oft abwertend als »Machiavellismus« bezeichnete Lehre von der Staatsräson gern verkürzt. Der negative Beigeschmack sollte aber nicht so sehr einem etwaigen Zynismus Machiavellis zugeschrieben, sondern als Ergebnis der Illusionslosigkeit betrachtet werden, mit der der große Staatsdenker die politischen Verhältnisse seiner Zeit und insbesondere das Scheitern der Republik von Florenz sehen lernte. Die zentrale Rolle, die die Gestalt eines starken Herrschers in der Schrift »Der Fürst« einnimmt, rührt von dem pessimistischen Menschenbild Machiavellis her. Als Haupttriebfeder menschlichen Handelns setzt er den Egoismus an, und dieser bedarf einer Disziplinierung von außen, damit er das Gemeinwesen nicht aus dem Gleichgewicht bringt.

Wussten Sie, dass …

Machiavelli auch als Stilist und Sprachkünstler für die italienische Literatur bedeutend ist? Das zeigt etwa die von ihm verfasste Renaissancekomödie »La Mandragola« (um 1513).

der skrupellose italienische Renaissanceherrscher Cesare Borgia als Modell für die Figur von Machiavellis »Fürsten« gilt?

Nostradamus: Rätselhafte Prophezeiungen für Jahrtausende

Warum ist Nostradamus' Herkunft so unsicher?

Michel de Notre-Dame – Nostradamus ist die latinisierte Version des Namens – wurde am 14. Dezember 1503 in Saint-Rémy in der Provence in eine Familie hineingeboren, die ein Netz an Legenden um sich gewoben hatte. Wie viele Juden der damaligen Zeit zwangschristianisiert, standen seine Eltern und Großeltern unter dem persönlichen Druck, ihre Herkunft verschleiern zu müssen. Michel wuchs in einer unruhigen Zeit auf. In dieser Epoche zwischen Mittelalter und Aufklärung kam es zu enormen gesellschaftlichen, sozialen, politischen und religiösen Umwälzungen.

Welchen Beruf übte Nostradamus aus?

Michel studierte in Montpellier Medizin und wirkte vor allem im Süden, aber auch in anderen Gegenden innerhalb und außerhalb Frankreichs als Pestarzt und wurde bald berühmt. Er verschrieb Rosenpillen gegen den Schwarzen Tod, der immer wieder ganze Dörfer verwaisen ließ. Sein guter Ruf verbreitete sich schnell, wohl auch, weil er, der aufopferungsvoll von Pesthaus zu Pesthaus ging, niemals angesteckt wurde. Lag es daran, dass er als erster Arzt von den schwächenden Aderlässen absah und deswegen kaum mit infiziertem Blut in Berührung kam, oder hatte er einfach Glück? Nach einer kurzen Ehe in den 1530er Jahren heiratete Nostradamus 1547 zum zweiten Mal und ließ sich in Salon in der Provence nieder. Insgesamt gingen aus beiden Ehen acht Kinder hervor.

Wie wurde der Arzt zum Seher?

Nostradamus war keiner der empirischen Naturwissenschaftler, wie einige seiner Zeitgenossen, sondern ein Arzt antiker Schule. Medizin, Magie, Pharmazie und Astrologie waren eins. Er wurde zum Seher, nächtelang sperrte er sich ein, studierte die Sterne, sinnierte und ließ sich erleuchten. Es ging ihm darum – wie er an den französischen König Heinrich II. schrieb – »Seele, Geist und Gemüt von aller Sorge, Bekümmernis und Erregung zu befreien.«

Nostradamus wurde nun auch aufgrund seiner Prophezeiungen zunehmend bekannt und knüpfte enge Bande zu König Heinrich II. von Frankreich und seiner Frau Katharina von Medici. 1564 wurde er sogar auf Betreiben Katharinas der Leibarzt Karls IX., des Sohnes Heinrichs II. Zwei Jahre später, am 2. Juli 1566, starb Nostradamus als weithin bekannter Prophet, dessen Ruhm im Lauf der Jahrhunderte noch wachsen sollte.

Warum sind die Weissagungen so rätselhaft?

Das liegt vor allem an der Sprache. Was für die einen ausgemachte Scharlatanerie ist, halten andere für die Bibel der Prophetie. Das war auch schon zu Nostradamus' Lebzeiten so. 1555 veröffentlichte er das erste Buch von »Les Centuries« (französisch: cent = hundert), seinen Zenturien, Prophezeiungen, die er auch anschließend in Bücher zu je 100 Strophen gliederte. Die Texte sind eigenartig verschlüsselt, nebulös, gespickt mit lateinischen und griechischen Fragmenten und voller Andeutungen. Er selbst soll es so bestimmt haben: Seine düsteren, von Weltuntergangsfantasien geprägten Vorhersagen sollen sich erst offenbaren, wenn sie eingetreten sind. Dennoch haben Generationen von Nostradamikern den Schlüssel gesucht. Auch die Übersetzbarkeit der rätselhaften Zeilen, deren Bedeutung keiner wirklich kennt, bleibt fraglich. Viele haben sich daran geübt, was dazu führte, dass von jeder französischen Vorhersage grundverschiedene, ja sogar gegensätzliche Sprüche in anderen Sprachen existieren.

Wie wirken die Prophezeiungen heute?

Für das Millennium erwarteten viele den Weltuntergang, einer Prognose des Sehers folgend: »Im Jahr 1999, im siebten Monat, kommt vom Himmel ein großer Schreckenskönig…«. Nach den Terroranschlägen in New York und Washington am 11. September 2001 waren Nostradamus-Bücher in den Buchhandlungen ausverkauft. In Krisensituationen haben Propheten Hochkonjunktur. Nostradamus soll die Schreckenstat prophezeit haben – seine Anhänger interpretierten kurzerhand dessen Prognosen für 1999 um.

Was machte der Seher am französischen Hof?

Nostradamus' Ruf reichte sehr bald bis an den französischen Hof, wo er auf großes Interesse stieß. Heinrich II. schenkte ihm nach einiger Zeit allerdings zunehmend weniger Glauben, seine Gattin Katharina von Medici dagegen immer mehr. So ließ sie für alle ihre Kinder Horoskope erstellen. Nach dem Tod Heinrichs II. besuchte sie den Seher sogar in Südfrankreich. Nostradamus soll das Ableben ihres Mannes vorausgesagt haben. Allerdings gibt es Quellen, die dies zweifelhaft erscheinen lassen. Katharina jedenfalls war für Okkultismus und Astrologie sehr empfänglich und machte Nostradamus zum Hofarzt.

Wussten Sie, dass …

der Großvater des Sehers bereits zum Katholizismus konvertiert war?

Nostradamus die Quittenmarmelade erfand?

die Astrologin Elisabeth Teissier angesichts der Prophezeiungen für 1999 zwischen einem Ufo-Angriff und dem Auftreffen einer mit hoch radioaktivem Material beladenen Raumsonde schwankte?

Thomas Hobbes: Der Erfinder des Gesellschaftsvertrags

Welche Lehren verbreitete Thomas Hobbes?

Der englische Philosoph Thomas Hobbes erreichte seine größte Wirkung mit seinen Lehren zum Naturrecht und zum Gesellschaftsvertrag. In seinem Hauptwerk »Der Leviathan« vergleicht er den Menschen mit einem Tier, das in seinem Naturzustand von seinem rücksichtslosen Selbsterhaltungstrieb beherrscht wird – wie ein böses Tier.

Seine pessimistische Einschätzung des Menschen fasste er in den berühmten Spruch: »Homo homini lupus« – Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Ein friedliches Zusammenleben ist nach der Ansicht des Philosophen nur dann möglich, wenn sich alle an ein System von Regeln halten, den Gesellschaftsvertrag.

Was machte den Theoretiker so pessimistisch?

Seine Umwelt. Thomas Hobbes (1588 bis 1679) lebte in einer Zeit, in der es schwer fiel, an das Gute im Menschen zu glauben. England ging durch eine der blutigsten Epochen seiner Geschichte. Nach dem Studium in Oxford war Hobbes 1608 als Hauslehrer zu Lord Cavendish gekommen. Mehrfach reiste Hobbes als Begleiter des Lords oder seines Sohnes nach Frankreich, Italien und Deutschland. 1637, bei der Heimkehr von einer dieser Reisen, bahnte sich in England gerade eine Katastrophe an.

Es ging um Religion und um Geld. Der mit den Katholiken sympathisierende König Karl I. brauchte das Geld, um gegen die renitenten schottischen Protestanten vorzugehen. Steuern konnte nur das Parlament bewilligen, also musste es der König 1640 einberufen, wohl wissend, dass er da nicht nur Freunde hatte. Die Streitigkeiten wuchsen sich zu einem Bürgerkrieg aus, in dem der Truppenführer Oliver Cromwell (1599–1658) zum mächtigen Oppositionsführer wurde. Der ließ den König 1649 zum Tod verurteilen, löste das Parlament auf und errichtete eine Militärdiktatur, in der strenger Puritanismus den Alltag bestimmte.

War der Philosoph ein Revolutionär?

Eher nicht. In seiner Schrift »Naturrecht und allgemeines Staatsrecht in den Anfangsgründen« (The Elements of Law, Natural and Politic, 1640) verteidigte Hobbes das Hoheitsrecht des Herrschers. Aufgrund der antimonarchischen Stimmung wagte er keine Veröffentlichung, statt dessen reiste er nach Paris. Dort unterrichtete er den aus England geflohenen Prinzen von Wales, der im Jahr 1660 als Karl II. in England die Monarchie wiederherstellen sollte.

Außerdem beschäftigte sich Hobbes in Paris mit seiner Staatstheorie: Was ist das überhaupt, ein Staat? Und vor allem: Wie muss so ein Gemeinwesen aussehen, damit seine Mitglieder in Frieden und Ordnung leben können? Seine Antworten auf diese Fragen gab Hobbes in seinem 1651 erschienenen Hauptwerk »Leviathan oder Wesen, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Gemeinwesens«.

Wer überwacht die Regeln des Gesellschaftsvertrags?

Die Staatsmacht. Hobbes geht davon aus, dass der Mensch von Natur aus nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Deshalb herrscht im Naturzustand der Krieg aller gegen alle. Frieden ist im Zusammenleben der Menschen nur möglich, wenn sie sich auf bestimmte Regeln einigen, einen Gesellschaftsvertrag schließen. Mit einem solchen abstrakten »Vertrag« hatten Philosophen seit dem Mittelalter das Phänomen Staat erklärt. Neu war Hobbes' Auslegung, wonach sich die Gesellschaft der Staatsmacht unterwirft und die Staatsmacht im Gegenzug die Einhaltung der »Vertragsregeln« garantiert.

Somit legitimiert Thomas Hobbes die absolutistische Herrschaft, die Macht eines Einzelnen über die Gesellschaft – allerdings ebenso die Revolution. Denn auch unter den Bedingungen des Gesellschaftsvertrags behält jedermann sein natürliches Recht auf Leben, Sicherheit und Eigentum. Widersetzt sich ein Herrscher dem über allem stehenden Naturrecht, oder ist er zu schwach, um es zu gewährleisten, darf ihm das Gemeinwesen die Unterstützung entziehen und sich einem anderen Herrscher anschließen.

Warum kehrte Hobbes nach England zurück?

Die englischen Royalisten, die sich in Paris im Exil aufhielten, sahen nun aufgrund seiner kritschen Gedanken gegenüber einem möglichen tyrannischen König in Hobbes einen Feind. Zudem erregte sich das katholische Frankreich über seine Kritik am Papsttum. So konnte sich der Philosoph nach Erscheinen seines großen Werks in Paris nicht mehr sicher fühlen. Er kehrte 1651 heim ins puritanische England, wo ihm allerdings ein ebenso scharfer Wind entgegenwehte. Auch nach der Restauration der Monarchie im Jahr 1660 blieben seine Schriften umstritten. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Hobbes zumindest in materieller Sicherheit, hatte ihm doch König Karl eine Pension ausgesetzt.

Wussten Sie, dass …

im »Leviathan« das Gemeinwesen, dessen Rechte selbst der Herrscher zu achten verpflichtet ist, Commonwealth heißt – ebenso, wie Cromwell das ehemalige Königreich nach der Revolution genannt hatte?

1666 nur der Einspruch Karls II. eine Verurteilung von Hobbes wegen angeblicher atheistischer Äußerungen verhindern konnte?

Hobbes sein Hauptwerk nach einem Seeungeheuer aus dem Alten Testament benannte? In der jüdisch-christlichen Tradition galt der Leviathan als Verkörperung des Bösen, das jedoch letztendlich von Gott niedergerungen wird.

René Descartes: Ein Zweifler aus Berufung

Welche Welt findet René Descartes vor?

Den Dreißigjährigen Krieg: Europa ist von Religionsstreitigkeiten zerrissen, die Scholastik in Begriffsgefechten erstarrt. Descartes will ein zuverlässiges Fundament des Wissens und der Wissenschaft finden.

Unser Wissen besteht aus Meinungen und Vorstellungen, von denen wir die wenigsten selbst geprüft, die meisten gutgläubig übernommen haben. Der 1596 in La Haye in der Touraine geborene und in einer Jesuitenschule erzogene Descartes hat es selbst auf seinen Reisen erfahren – jedes Land hat eigene Sitten und Ansichten. Kann sich ein Kannibale nicht ebenso auf eine Tradition berufen wie wir? Und wie steht es mit der Philosophie, der Metaphysik? »Ich sah, dass sie von den ausgezeichnetsten Köpfen einer Reihe von Jahrhunderten gepflegt worden ist, und dass es gleichwohl noch nichts in ihr gibt, worüber nicht gestritten würde.« Wer Sicherheit will, der kann nicht auf unsicherem Grund bauen. Alles Brüchige muss zunächst eingerissen werden.

Wo beginnt Philosophie?

Am Anfang der Gewissheit steht der radikale Zweifel. Schon in der antiken Philosophie gab es die Skepsis. Doch Descartes ist der Erste, der den Weg des Zweifels in dieser Konsequenz zu Ende geht.

In seinen »Meditationen über die Grundlagen der Philosophie« macht er genau das, was ihn seit seiner Jugend bewegt: »Einmal im Leben alles von Grund auf umstoßen und von den ersten Grundlagen an neu beginnen.«

Was ist die grundlegende Erkenntnis?

Wo finden wir Gewissheit? In unserer Sinneserfahrung? Die Sinne können uns täuschen, und wenn wir glauben, etwas sicher wahrzunehmen, so können wir doch träumen. Aber die Wahrheiten der Logik, der Mathematik? Dass zwei und drei fünf ergibt, dass das Quadrat vier Seiten hat, müsste das nicht selbst im Traum sicher sein? Doch wie, wenn selbst diese Überzeugungen uns nur von Gott oder von einem böswilligen Geist eingegeben worden sind? Descartes zieht dies nicht wirklich in Erwägung. Es geht ihm um ein Gedankenexperiment, um die Frage: Könnte unser Denken manipuliert sein? Wenn diese Möglichkeit besteht – und wie wollen wir sie ausschließen –, dann bleibt keine einzige Gewissheit, auf die wir bauen können. Und doch: Es gibt einen archimedischen Punkt in unserem Denken. Dieser Punkt ist das Ich. Was feststeht, ist, »dass dieser Satz: —Ich bin, ich existiere‹, sooft ich ihn ausspreche oder in Gedanken fasse, notwendig wahr ist«. Diese berühmte Einsicht »cogito, ergo sum« (Ich denke, also bin ich) ist kein logischer Schluss, somit auch nicht irrtumsanfällig. Es ist eine Gewissheit, die wir in jedem Denkakt miterfassen. Dieses geistige Selbstbewusstsein wird nun zum Fundament der Erkenntnis.

Existiert Gott?

Descartes meint, es beweisen zu können. Was die Gewissheit des »cogito, ergo sum« ausmacht, ist, dass es sich um eine »klare und deutliche« Einsicht handelt. Descartes leitet daraus das allgemeine Kriterium ab, »dass alles das wahr ist, was ich ganz klar und deutlich einsehe.« Solche klaren und deutlichen Einsichten sind die »eingeborenen Ideen«, und das sind in erster Linie Gott, Geist und Materie. In komplexen Argumentationsgängen erbringt Descartes zunächst den Beweis für die Existenz eines allmächtigen, guten Gottes. Unter anderem führt er an, dass jede Idee in uns eine Ursache von mindestens ebenso großem Sachgehalt haben muss. Das bedeutet, dass die Gottesidee nicht durch uns selbst, sondern nur durch ein vollkommenes Wesen verursacht sein kann. Der Vollkommenheit dieses Wesens widerspräche es aber, wenn es uns betrügen wollte.

Gibt es Materie?

Wenn aber Gott uns nicht täuscht und wir eine klare und deutliche Vorstellung von einer materiellen Welt besitzen, muss diese auch existieren. Descartes bestimmt nun Geist als Denken, Materie als Ausdehnung. Er versteht beide als voneinander unabhängige Substanzen. Dadurch ist die Unsterblichkeit der Seele gewährleistet. Allerdings geht er in dieser Trennung so weit, dass er die Natur rein mechanisch begreift und Tiere, da sie nicht denken können, nur als perfekte Automaten sieht. Damit begründet er eine Naturauffassung, die lange Gültigkeit haben soll.

Was beschäftigte den Philosophen?

Alles andere als ein »Stubenphilosoph«, verbringt er Jahre auf Reisen durch Europa und in Kriegsdiensten des Statthalters Moritz von Nassau und des Kurfürsten von Bayern. Er ist ein guter Fechter und Tennisspieler. Als Mathematiker steht er am Beginn der modernen analytischen Geometrie. Er beeinflusst Physik und Medizin seiner Zeit. In der Philosophie tritt durch ihn eine Wende ein. Die Frage nach den Grenzen unserer Erkenntnis dominiert von nun an. Das Subjekt wird Ausgangspunkt der Gewissheit. Dieser Weg führt konsequent zu Kants Trennung von Ich und Ding-an-sich und zum deutschen Idealismus. Mit René Descartes beginnt die Neuzeit.

Wussten Sie, dass …

der Philosoph nach dem frühen Tod seines Vaters und der Wiederverheiratung der Mutter bei seiner Großmutter und einer Amme aufwuchs?

Descartes, der 1629 für 18 Jahre nach Holland übersiedelt war, dort mit seiner Dienstmagd ein Kind zeugte, das aber fünfjährig bereits starb?

der Philosoph 1649 auf Aufforderung Königin Christines von Schweden nach Stockholm zog, wo er täglich um 5 Uhr bei ihrem Frühstück zugegen sein musste? Auf dem Weg dorthin soll er sich eine Lungenentzündung zugezogen haben, an der er 1650 starb.

Baruch de Spinoza: Philosoph und Linsenschleifer

In welchem Umfeld kam Spinoza zur Welt?

Das 17. Jahrhundert war das Goldene Zeitalter der Niederlande. Der Handel mit den Kolonien brachte viel Geld in die Taschen der Handelsherren und Schiffseigner, es herrschte ein Klima der Großzügigkeit, in dem sich Wissenschaft und Kunst – man denke nur an Maler wie Rembrandt und Vermeer – zur vollen Blüte entfalten konnten. In dieser Welt der Fülle lebte Baruch de Spinoza sein bescheidenes Leben, das ganz dem Denken gewidmet war.

Am 24. November 1632 in Amsterdam in eine wohlhabende jüdische Kaufmannsfamilie hineingeboren, kam er in den Genuss der klassischen jüdischen Bildung. Doch Tradition und Glaube wurden erschüttert durch die Lektüre philosophischer und wissenschaftlicher Werke. Vor allem René Descartes, der Begründer der neuzeitlichen Philosophie und des vernunftbetonten Rationalismus, übte großen Einfluss auf den jungen Mann aus. Mit seinen Prinzipien setzte sich Spinoza in »Renati Descartes principiorum philosophiae pars I et II« auseinander. Doch als er daran arbeitete, lebte er schon nicht mehr in seiner Heimatstadt Amsterdam: 1656 war er, gerade einmal 21 Jahre alt, wegen seiner »Irrlehren« aus der jüdischen Gemeinde ausgeschlossen und vom Magistrat aus der Stadt verbannt worden.

Ließ sich Spinoza durch das erzwungene Exil einschüchtern?

Spinoza war ein freier Geist, der sein Denken von nichts und niemandem beugen lassen wollte. Selbstverständlich hätte er bei den Auseinandersetzungen in Amsterdam klein beigeben und in seiner wohlhabenden Familie bleiben können. Aber er nahm die Vertreibung, die Einsamkeit und auch die Armut in Kauf, um sich die geistige Freiheit zu erhalten. Mehrmals zog er innerhalb der Niederlande um, fand erst 1669 in Den Haag eine ständige Bleibe. Seinen Lebensunterhalt verdiente er mit dem Schleifen von Brillengläsern.

Warum ging Spinoza nicht an die Universität?

Von der Philosophie konnte auch damals kaum einer leben, es sei denn als Professor. So manchem anderen wäre das Angebot, das ihm der Pfälzer Kurfürst 1674 machte, gerade recht gekommen. Doch Spinoza lehnte den Ruf an den Lehrstuhl für Philosophie der Heidelberger Universität ab. Er wusste um die Beschränkungen, die der Philosophie an den Universitäten durch die Theologie auferlegt waren, und wollte sich auch dort nicht anpassen.

Welche Wirkung hatte der Philosoph?

Unter Zeitgenossen hatte Spinoza durchaus Bewunderer, er schrieb nicht nur für die Schublade und stand in Kontakt mit anderen Denkern. Doch die Anerkennung, die er verdiente, erhielt er nie. Er blieb zeitlebens umstritten, musste auch üble Schmähungen hinnehmen. Als sein 1670 anonym erschienener »Theologisch-politischer Traktat« verboten wurde, zog er sich enttäuscht zurück.

Welche religiöse Strömung begründete Spinoza?

Den Pantheismus. In seinem bedeutendsten Werk, der »Ethik« (Ethica Ordine Geometrico Demonstrata) von 1674, vertrat Spinoza die Auffassung, dass Gott und die durch ihn und aus ihm selbst geschaffene Substanz aller Dinge identisch mit dem Universum sind. Damit leugnete er die gültige Lehre von der Persönlichkeit Gottes, was als gesamte Leugnung Gottes ausgelegt wurde. In Wirklichkeit leistete Spinoza einen einzigartigen Beitrag zu jener philosophisch-theologischen Weltsicht, nach der das Göttliche in allen Dingen existiert.

Spinoza starb am 21. Februar 1677 an Lungentuberkulose. Da er in einem Massengrab beigesetzt wurde, weiß niemand mehr, wo dieser große europäische Denker und Freigeist seine letzte Ruhe fand.

In welchem Verhältnis steht Spinozas Philosophie zur Religion?

»Ich weiß nicht, wie ich Philosophie lehren soll, ohne die althergebrachte Religion zu stören. Das Ziel der Philosophie ist einzig und allein die Wahrheit, das Ziel des Glaubens einzig und allein Gehorsam und Frömmigkeit.«

»Der Drang, die göttliche Religion unter den Menschen zu verbreiten, sank in den Schmutz, und das Gotteshaus wurde zum Theater, in dem man nicht mehr Lehrer, sondern Ausrufer zu hören bekam. Sie wollten die Menschen nicht mehr belehren, sondern sich selbst darstellen, und benutzten das Gotteshaus jetzt als Plattform, um Andersdenkende anzugreifen.«

Wussten Sie, dass …

Spinoza, der von seinem Vater ein verschuldetes Handelsgeschäft erbte, die Erbschaft nachträglich ausschlug, um sich den Gläubigern zu entziehen?

Spinoza die Pension des französischen Königs Ludwig XIV. nicht annahm, weil die daran geknüpfte Bedingung, dem Sonnenkönig sein nächstes Werk zu widmen, ihm zu viel der Zugeständnisse schien?

Spinozas »Theologisch-politischer Traktat« die moderne Bibelkritik vorbereitet hat?

Gottfried Wilhelm Leibniz: Der letzte Universalgelehrte

Wie bestritt Gottfried Wilhelm Leibniz seinen Lebensunterhalt?

Als Jurist, Diplomat, Bibliothekar und Wissenschaftsorganisator diente er verschiedenen Fürsten, darunter auch dem Zaren und dem Kaiser. Der am 1. Juli 1646 als Sohn eines Leipziger Philosophieprofessors geborene Gottfried Wilhelm Leibniz schloss sein Jurastudium 20-jährig als Doktor der Rechte an der Universität Altdorf ab. Damit hatte er sich für eine Stelle beim Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn qualifiziert.

Noch in Mainzer Diensten stehend, kam er 1672 in diplomatischem Auftrag nach Paris. Während seines vierjährigen Aufenthalts, zu dem zwei Reisen nach London kamen, konnte Leibniz Kontakte zu den Mitgliedern der Pariser Académie des Sciences und der Londoner Royal Society herstellen, die den Mathematiker, Physiker, Naturforscher, Historiker, Sprachwissenschaftler, Theologen und Philosophen Leibniz entscheidend prägten.

Trotz seiner großen Leistungen gelang es Leibniz nicht, eine bezahlte Stelle an der Pariser Académie des Sciences zu erhalten. Stattdessen wurde er 1676/77 Rat und Bibliothekar für das Welfenhaus, in dessen Diensten er am 14. November 1716 in Hannover starb.

Wo lagen die größten Leistungen des Philosophen?

Zweifelsohne auf dem Gebiet der Logik, der Metaphysik und der Mathematik. Seine Wirkung als Logiker zum Beispiel kann bis ins 20. Jahrhundert hinein verfolgt werden. Leibniz war an einer symbolischen Begriffssprache interessiert, die alles Wissen erfassen sollte. Ebenso arbeitete er erfolgreich an einer Weiterentwicklung der formalen Logik.

Als Mathematiker etwa schuf Leibniz – unabhängig von Newton – die Grundlagen der Differential- und Integralrechnung. Er erfand auch bereits eine Rechenmaschine.

Wie sieht sein metaphysisches Weltbild aus?

Die Metaphysik von Leibniz ist durch drei Hauptpunkte gekennzeichnet: Gott, den von Gott erstellten Weltplan und die Monaden. Zunächst gilt es, Gott als Urgrund allen Seins zu erkennen, darauf folgt als höchstes Ziel der Naturphilosophie, jene Gesetze zu finden, die den Bauplan des Kosmos bestimmen. Nach Leibniz ist der Kosmos die Verwirklichung eines Willensaktes Gottes, der von höchster Weisheit und vollkommenem, mathematischem Wissen bestimmt ist.

Die Monaden stellen die kleinsten und unteilbaren Einheiten des Kosmos dar, die diesen mehr oder weniger vollkommen spiegeln. Die Fähigkeit der Monaden, die Welt zu erfassen, ist an den Grad ihrer Bindung an die Substanz gekoppelt. Gott ist die einzige Monade ohne Bindung an Substanz; er allein erfasst die Welt mit voller Klarheit.

Was bedeutet die prästabilierte Harmonie?

Dass wir in der besten aller möglichen Welten leben. Die Monaden sind trotz ihrer Individualität vollkommen in den Weltplan einbezogen, wobei der Leibniz'schen Lehre von der prästabilierten Harmonie zufolge Gott in der Welt alles zum Besten eingerichtet hat. Dem Einwand der allenthalben beobachtbaren sozialen Ungerechtigkeit setzt Leibniz den Glauben an Gottes Güte sowie den Unterschied zwischen notwendigen ewigen Wahrheiten und zufälligen Erfahrungswahrheiten entgegen. Die notwendigen Wahrheiten findet man mithilfe der Vernunft in der Logik, Mathematik, Metaphysik und natürlichen Theologie. Für zufällige Erfahrungswahrheiten gilt: Nichts, was ist, ist ohne zureichenden Grund.

Konnte Leibniz auch die Gesellschaft verbessern?

Ja, über den Weg als Wissenschaftsorganisator und Akademiegründer. Akademien sollten nach Leibniz' Vorstellung vom Staat getragene wissenschaftliche Institutionen zur Verwirklichung einer idealen Gesellschaft sein. Sie sollten helfen, alle menschlichen Aktivitäten rational zu durchdringen. In Berlin und St. Petersburg gründete er Akademien.

Bei all seinen Handlungen ging es Leibniz vor allem auch um die Einheit von Theorie und Praxis, wie etwa in seinen Vorschlägen zur Verbesserung der Wasserhaltung im Harzer Bergbau oder zur Einrichtung von Lebens- und Feuerversicherungen. Als Bibliothekar hatte Leibniz die Vision einer Vereinigung alles Wissenswerten in einer universalen Bibliothek, dem Ort einer optimalen Informationsspeicherung, wobei Überflüssiges durch geeignete Kontrollmaßnahmen beseitigt werden sollte.

Wussten Sie, dass …

Leibniz über 15000 Briefe an tausend Korrespondenzpartner schrieb? So stand er in einem regen Gedankenaustausch mit den klügsten Köpfen seiner Zeit.

Leibniz viele seiner Werke in französischer Sprache abgefasst hat? So etwa die »Metaphysische Abhandlung« (1685), die »Theodizee« (1710) oder die »Monadologie« (1714).

Charles de Montesquieu: Vater der modernen Verfassung

Hat Montesquieu eine Bedeutung für die Gegenwart?

Ja, mit seinen politisch-philosophischen Schriften wurde er zu einem der Vordenker des modernen Staats. Charles de Secondat, Baron de La Brède et de la Montesquieu (1689 bis 1755) ist damit einer der wichtigsten Vertreter der französischen Aufklärung.

Montesquieu war ausgebildeter Jurist. Als Angehöriger des französischen Amtsadels studierte er nach Abschluss einer humanistischen Schule Rechtswissenschaften. Dabei war er unter anderem auch mit der Philosophie von René Descartes bekannt geworden. Nach seinem Jurastudium setzte er die praktische Ausbildung in Paris fort.

Am Gerichtshof in Bordeaux wurde er zunächst Richter und übernahm später als Präsident den Vorsitz. Daneben hielt er an der Akademie von Bordeaux naturwissenschaftliche und historische Vorträge.

Nach Aufgabe seines Präsidentenamtes unternahm Montesquieu Reisen durch Europa und hielt sich auch längere Zeit in England auf.

Was ist das Hauptwerk des Franzosen?

Es heißt »Vom Geist der Gesetze« (»De l'Esprit des Lois«) und es erschien 1748. Montesquieu verarbeitete darin Eindrücke seiner Englandreise. Dieses Werk ist ein Versuch, die Mechanismen jeglicher Form von Gesetzgebung wissenschaftlich zu erfassen. Dabei stellte er die Grundthese auf, dass jedes Gesetz der »Vernunft« entsprechen und dem jeweiligen Volk individuell angepasst sein müsse. Montesquieu bemühte sich, die vielfältigen Erscheinungen zu ordnen und historische Gesetzmäßigkeiten zu erschließen. Dieser Ansatz war nicht völlig neu, wurde jedoch erstmals so klar formuliert.

Was macht den Geist der Gesetze aus?

Das harmonische Zusammenspiel des »Volksgeistes« mit den äußeren Gegebenheiten. Überaus exakt legt Montesquieu die Bezüge der einzelnen Faktoren zueinander in 31 Kapiteln dar: Sowohl die Regierungsform wie auch die natürlichen Gegebenheiten (geografische Lage, Größe, Klima), das Bewusstsein (Religion, Sitten, Bräuche) und die soziale Gliederung sollten berücksichtigt werden. Zusammen mit dem »ésprit général« (Volksgeist) ergänzten sich diese dann zum »Geist der Gesetze«. Nur im harmonischen Gleichgewicht aller Faktoren könnten ein vernünftiges Gesetz und eine stabile politische Ordnung entstehen. Montesquieu zufolge wäre es ein großer Zufall, wenn sich diese Bedingungen bei zwei Völkern derart glichen, dass gleiche Gesetze möglich wären.

Welches Prinzip für Verfassungen entwarf der Philosoph?

Er entwarf das Prinzip der Gewaltenteilung. In dem wirkungsgeschichtlich bedeutendsten Kapitel von »De l'Esprit des Lois« legt Montesquieu zugrunde, dass jede Staatsmacht in Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (Gesetzesvollzug) und Judikative (Rechtsprechung) aufgeteilt sei. Wenn diese Gewalten in der Hand eines Einzelnen oder einer Institution vereinigt seien, könne das die Freiheit nicht gewährleisten. Da ein Herrscher immer danach strebe, seine Macht zu erweitern, müssten die Gewalten auf verschiedene Institutionen verteilt werden. Gleichzeitig sollten diese so miteinander verschränkt sein, dass Macht durch Macht gebremst würde.

Montesquieu verwendet nicht den Begriff Gewaltenteilung, sondern spricht von einer Balancierung und Mäßigung der Gewalten. Die Gedanken Montesquieus wurden zu einem der Ausgangspunkte des modernen Verfassungsstaats. Gewaltenteilung und Gewaltenverschränkung sind in fast allen modernen Verfassungen verankert.

Verfasste Montesquieu nur theoretische Schriften?

Nein, er schrieb auch Literatur. Im Jahr 1721 etwa veröffentlichte Montesquieu den Roman »Persische Briefe« (»Lettres persanes«), in dem er die gesellschaftlichen Zustände Frankreichs in Form fiktiver Briefe zweier reisender Perser darstellte. Im Stil der Zeit bediente er sich des »fremden Blicks«, um vertraute Verhältnisse möglichst unbefangen zu kritisieren. Zudem verstand es Montesquieu in diesem erfolgreichen satirischen Roman hervorragend, viele komische Effekte zu erzeugen.

Wussten Sie, dass …

Montesquieus Hauptwerk »Vom Geist der Gesetze« im Jahr 1751 von der katholischen Kirche auf den Index gesetzt wurde?

die Verfassung der Vereinigten Staaten von Nordamerika (1789) das von Montesquieu formulierte Prinzip der Gewaltenteilung erstmals voll anwandte?

Voltaire: Führer der europäischen Aufklärung

Lässt sich Voltaires philosophische Haltung auf den Punkt bringen?

Auf jeden Fall – es gibt eine philosophisch-literarische Position, die sein ganzes Werk durchzieht: Vernunft und Witz vereint Voltaire zu Ironie, mit der er Dummheit, Intoleranz und Bevormundung angreift. Der Aufklärer Voltaire kämpft um rationale Selbstbestimmung, Meinungsfreiheit und gegen die weltanschauliche Vormacht der Kirche.

Was zeichnet den Philosophen von früh an aus?

Es ist der Geist des Widerstandes gegen eine als überholt empfundene Ordnung. Voltaire wurde am 21. November 1694 in Paris geboren. Mit bürgerlichem Namen hieß er François Marie Arouet; ab 1719 nannte er sich Voltaire. Von seinem Vater, einem Notar, zum Jurastudium gedrängt, betätigte er sich dennoch schon früh philosophisch und vor allem als Satiriker: Spottschriften über Herzog Philipp von Orléans, der nach dem Tod Ludwigs XIV. die Regentschaft in Frankreich übernommen hatte, brachten ihm Verbannung und 1717 elf Monate Gefängnisaufenthalt in der Bastille ein.

Er begann dort mit der Niederschrift eines Epos über König Heinrich IV., hinter dem der Ehrgeiz stand, Frankreich ein Nationalepos vom Rang der lateinischen »Aeneis« zu verschaffen. Mit »Oedipe« (1718) brachte er seine erste klassizistische Tragödie zur Aufführung, eine Gattung, mit der Voltaire sich zeit seines Lebens mit großem Erfolg beschäftige. Trotz wachsenden Ruhms als Theaterautor musste Voltaire aufgrund eines Streits mit einer Adelsfamilie Frankreich verlassen.

Welchen Einfluss hatte das liberale England?

1726 bis 1729 hielt sich Voltaire in England auf. Hier eignete er sich die Position des Deismus an: Danach greift Gott nicht mehr in das Weltgeschehen ein, das, einmal von ihm in Gang gesetzt wie ein Uhrwerk, von selbst weiterläuft. Diese Kausalverkettungen gilt es als aktiver und willensfreier Mensch zu durchschauen. Voltaire war davon überzeugt, dass mit Vernunft die vom Menschen selbst verschuldeten Abhängigkeiten und Missstände beseitigt werden können.

Wieder in Paris, veröffentlichte Voltaire seine Schilderung der englischen Verhältnisse und die damit verbundene Kritik an Frankreich in den »Philosophischen Briefen« (1734). Von 1734 bis 1749 hielt sich Voltaire auf dem Gut einer Geliebten auf, wo er unter anderem an der berühmten von Diderot und d'Alembert herausgegebenen Enzyklopädie mitarbeitete.

War Voltaire ein weltfremder Intellektueller?

Nein, Voltaire stand mitten im Leben! So mischte er sich immer wieder in die öffentlichen Angelegenheiten ein. Zu diesen Aktivitäten zählten auch politische Diskussionen in einem Briefwechsel mit Friedrich dem Großen, in dem Voltaire das Ideal des aufgeklärten Monarchen sah. Von 1750 bis 1753 folgte er sogar einer Einladung des Königs nach Berlin. Aber auch in anderer Hinsicht erwies sich der Philosoph als gar nicht weltfremd. So hatte er es nicht versäumt, sich über die Jahre finanzielle Rücklagen zu schaffen. Diese ermöglichten es ihm 1758, ein ganzes Dorf mitsamt Schloss auf der französischen Seite des Genfer Sees zu erwerben. In Fernay lebte Voltaire bis kurz vor seinem Tod am 30. Mai 1778 in Paris.

Welche Thematik bestimmte sein Spätwerk?

Es war seine Kritik an Religion und Kirche. In deren großem Einfluss sah Voltaire ein entscheidendes Hemmnis für den wissenschaftlichen und politischen Fortschritt. Zeugnis seines Antiklerikalismus ist das beißend-witzig geschriebene »Philosophische Taschenwörterbuch« (1764, ab 1770 »Philosophisches Wörterbuch«). Es vermittelt zusammen mit den philosophischen Erzählungen »Zadig» (1747) und »Candide» (1759) vielleicht einen ersten Zugang zum ironischen Stil und zur Thematik Voltaires.

In »Candide« widerlegt Voltaire polemisch Leibniz' einflussreiche These, die bestehende sei die beste aller möglichen Welten. Mit fast boshaftem Vergnügen schickt er den arglosen Candide mit seinem naiven Glauben an das Gute in die schlimmsten Abenteuer. Candide wird ständig übel mitgespielt, am Ende hat das Leben nur wenig zu bieten. Mit Naivität und Gottvertrauen lässt sich also nicht viel ausrichten. Voltaire wollte auch hier davon überzeugen, dass vernünftige Tatkraft zur Bewältigung der vom Menschen selbst verursachten Probleme am besten geeignet ist.

Wussten Sie, dass …

Voltaire auch ein bedeutender Historiker war? Sein »Essai sur l'histoire générale et sur les mœurs et l'esprit des nations« (Versuch über die allgemeine Geschichte, über die Sitten und den Geist der Nationen) zählt zu den großen Werken der Geschichtsschreibung.

Voltaire erst wieder 1778 nach 28 Jahren in seine Geburtsstadt Paris zurückkehrte und dann dort starb?

Jean-Jacques Rousseau: Zurück zur Natur

Welche Erziehung erhält der Philosoph?

Jean-Jacques Rousseau, der Begründer der modernen Kulturkritik, wird am 28. Juni 1712 im calvinistisch geprägten Genf geboren. Seine Erziehung verläuft nicht kontinuierlich, da seine Mutter bald nach der Geburt stirbt und der Vater ihn 1722 in Pension zu einem Pfarrer gibt. Er erwirbt sich seine Bildung als leidenschaftlich lesender Autodidakt. Sein impulsiver Zugang zum Wissen wird auch seine Denk- und Schreibweise beeinflussen. Rousseaus unstete Jugend kommt nach vier Jahren des Vagabundierens 1732 in Chambéry bei Madame de Warens zur Ruhe, die ihm Gönnerin, Ersatzmutter und Geliebte ist. Nach der Trennung von ihr begibt er sich 1742 als angehender Literat und Komponist nach Paris. Nach Tätigkeiten als Musik- und Hauslehrer, als Sekretär und Notenkopist findet er in Paris Zugang zu literarischen und philosophischen Zirkeln. Er lernt dort seine spätere Frau, die Wäscherin Thérèse Levasseur, kennen, die ihn bis zu seinem Lebensende begleiten wird, und findet Freunde in Diderot und d'Alembert, den Herausgebern der »Encyclopédie«. Für dieses große Buchprojekt verfasst er die musiktheoretischen Artikel.

Wie kommt Rousseau zu seiner Zivilisationskritik?

1749 stößt Rousseau zufällig auf die Preisfrage der Akademie von Dijon, ob Wissenschaft und Künste die Entwicklung der Menschheit befördert haben. Dies ist der Moment der Initialzündung für Rousseaus Zivilisationskritik. Denn ihm drängt sich der Gedanke auf, dass jeglicher Fortschritt nur eine zunehmende Entfernung vom ursprünglichen Naturzustand bewirkt hat. In der für die Akademie verfassten »Rede über die Künste und die Wissenschaften« führt er diesen Gedanken aus und gewinnt überraschend den Preis. Damit ist auch der Grundstein für sein weiteres philosophisches Werk gelegt. In der 1755 verfassten »Rede über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen« wiederholt und verschärft er seine Thesen von der verderblichen Wirkung des Bewusstseins und der Zivilisation auf die natürlichen Instinkte. Diese werden von Rousseau vor allem deswegen als unverdorben und moralisch gut idealisiert, um vor diesem Hintergrund den verkommenen Gesellschaftszustand stärker kritisieren zu können. Die Ungleichheit der materiellen und ständischen Bedingungen seiner Zeit gelten ihm als deutlichstes Zeichen der Entfremdung von der Natur. Rousseau wird mittlerweile von der wohlhabenden Mäzenatin Madame d'Epinay gefördert.

Was ist sein Gesellschaftsvertrag?

»Der Gesellschaftsvertrag« (1762) bereitet schon zentrale Ideen der Französischen Revolution vor. »Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten«, so lautet die provozierende Ausgangsthese, bevor Rousseau seine Gedanken vom Gemeinwillen und dem Volkssouverän als Vertragsgrundlage einer Gesellschaft entwickelt, in der alle die gleichen Rechte und Pflichten haben sollen.

Der noch im selben Jahr erschienene Roman »Émile« erstellt ein idealtypisches Erziehungsprogramm, das nicht als konkrete Handhabe gedacht ist, sondern den Übergang vom Natur- zum Kulturzustand darstellt. Die beiden letzten Werke bringen Rousseau erhebliche Schwierigkeiten sowohl mit den Pariser als auch mit den Genfer Behörden ein: Sie werden als umstürzlerisch und antireligiös verboten und sogar öffentlich verbrannt.

Wie reagiert Rousseau auf die Ablehnung?

Rousseau fühlt sich zunehmend verstoßen und verfolgt. Er hat sich bereits mit den Freunden Diderot und d'Alembert überworfen. Seine letzte Lebensphase sollte ihn immer mehr in die Isolation und in das gesellschaftliche Abseits führen. In seinem 1770 abgeschlossenen Lebensbericht »Die Bekenntnisse« (1782 posthum publiziert) legt er Rechenschaft vor sich selbst ab und gibt rückhaltlos die intimsten Beweggründe seines Handelns und Denkens preis. Mit diesen nicht ohne Exhibitionismus und Ichsucht vorgetragenen Memoiren schafft Rousseau das Vorbild zukünftiger Bekenntnisliteratur. Die ebenfalls autobiografischen Betrachtungen »Träumereien eines einsamen Spaziergängers« dokumentieren Rousseaus Rückzug in die Natur. Finanzielle Not, Depressionen und Verfolgungswahn verdüstern seine Existenz. Auf dem Gut eines Gönners in Ermenonville nördlich von Paris verbringt er die letzten Wochen, ehe er am 2. Juli 1778 stirbt.

Welchen Beitrag leistete Rousseau zur zeitgenössischen Literatur?

Vor allem zwei seiner Hauptwerke, »Julie oder die neue Héloïse« (1761) und »Die Bekenntnisse« (1782), spielen in der europäischen Literaturgeschichte eine wichtige Rolle. Der sentimentale Briefroman um Julie zählt zu den zentralen Werken der europäischen Empfindsamkeit und beeinflusste die Entwicklung der Gattung auch in Deutschland. Leidenschaftliches Gefühl wird darin zur höchsten Instanz erhoben, muss aber unter den Bedingungen der damaligen Zeit tragisch an Standesunterschieden scheitern. Für das neue Naturgefühl der Romantik sind Rousseaus Landschaftsbeschreibungen der Schweizer Alpen und des Genfer Sees wegweisend.

Wussten Sie, dass …

Rousseau sich spontan zur Auswanderung entschloss, als er eines Abends bei der Rückkehr von einem Spaziergang die Genfer Stadttore verschlossen fand?

sich der Philosoph auf Anregung Mme. de Warens' katholisch taufen ließ? Nach seiner Rückkehr nach Genf 1754 schwor er dem Katholizismus wieder ab.

Rousseau und Thérèse Levasseur aus Geldmangel alle ihre fünf Kinder als Findelkinder in einem Waisenhaus unterbrachten?

Adam Smith: Theoretiker des Wirtschaftsliberalismus

Was weiß man über die ersten Jahre Smiths?

Nur wenig ist über die Kindheit Adam Smiths bekannt: Getauft am 5. Juni 1723 als Sohn eines Zollbeamten im schottischen Fischerdorf Kirkcaldy, soll er mit vier Jahren von Zigeunern entführt worden sein. Nach einer Verfolgungsjagd wurde er wieder freigelassen – »Er hätte einen schlechten Zigeuner abgegeben«, schrieb ein Biograf. Aus dem Kind wurde ein bedeutender Moralphilosoph und einer der Begründer der Nationalökonomie.

Welche Ausbildung erhielt Adam Smith?

Mit 14 Jahren besuchte Smith die Glasgower Universität, zu dieser Zeit ein Zentrum der schottischen Aufklärung. Öffentliche Vorträge in Edinburgh brachten dem 27-Jährigen im Jahr 1751 eine Professur in Glasgow ein, wo er nach eigenem Bekunden die glücklichste Zeit seines Lebens verbrachte. Hier verfasste er sein erstes Werk, die »Theorie der moralischen Empfindungen«. Stark engagiert in der Universitätspolitik und der Glasgower Gesellschaft, machte er die Bekanntschaft von Adligen, Regierungsmitgliedern, Kaufleuten und Wissenschaftlern. Eine lebenslange Freundschaft verband ihn mit dem Philosophen David Hume.

Warum verließ der Philosoph die Universität?

1764 gab Smith seine Professur auf, um eine besser dotierte Position als Privatlehrer des Duke of Buccleuch, des Stiefsohns des Finanzministers Townshend, zu übernehmen. Mit ihm reiste er von 1764 bis 1766 nach Frankreich und in die Schweiz, wo er den Aufklärer Voltaire und den Physiokraten François Quesnay kennen lernte. In der Abgeschiedenheit der Provinz begann er »Wohlstand der Nationen« zu schreiben, jenes Werk, für das er berühmt werden sollte. 1779 übernahm er eine Position als höherer Zollbeamter und verbrachte ruhige Jahre mit der Überarbeitung seiner beiden Hauptwerke, ohne weitere Bücher zu veröffentlichen. Als hoch angesehener und wohlhabender Mann starb er am 17. Juli 1790 im Alter von 67 Jahren in Edinburgh.

Was prägte Smiths Menschenbild?

Die Gedanken der Aufklärung. Bereits sein erstes Werk, die 1759 erschienene »Theorie der moralischen Empfindungen«, erregte große Aufmerksamkeit. Smith beschäftigte sich darin mit den Prinzipien der menschlichen Natur. Besonders faszinierte ihn die Fähigkeit des Menschen, seine Leidenschaften und seinen Egoismus zu überwinden, sich in andere einzufühlen und moralische Urteile zu fällen. Als eine Eigenschaft der menschlichen Natur erschien ihm die Existenz eines »inneren Beobachters«, der den Menschen zu steter Verbesserung und zur Vernunft antreibe und ihn so zugunsten der Allgemeinheit steuere.

Was bewirkt die »unsichtbare Hand«?

Sie regelt Angebot und Nachfrage. Smiths 1776 erschienenes Hauptwerk »Der Wohlstand der Nationen« übertrug die Gedanken des ersten Werkes auf die Entwicklung einer ganzen Gesellschaft. Dem rohen Jägerdasein folge ein zweites Stadium der nomadischen Landwirtschaft und eine dritte Phase der feudalen Agrargesellschaft. Die höchste Stufe sei mit dem Wirtschaftsliberalismus erreicht. Unter vollkommenen Bedingungen rufe die Konkurrenz der Individuen unbeabsichtigt das Phänomen der »unsichtbaren Hand« hervor. Aus der Verfolgung des Eigeninteresses entstehe so Harmonie in Wirtschaft und Gesellschaft, der Volkswohlstand steige an.

Adam Smith wandte sich mit seiner Lehre sowohl gegen die Merkantilisten als auch gegen die Physiokraten. Aber auch restriktive Eingriffe des Staates in das Wirtschaftsleben, etwa durch die Vergabe von Monopolen, kritierte er. Damit lieferte er die wissenschaftliche Begründung für das Selbstverständnis der bürgerlichen Gesellschaft, die sich gerade herauszubilden begann, und erlangte große Bedeutung für die Durchsetzung des Kapitalismus mit seinen Idealen der ökonomischen Selbstverantwortung, des Freihandels und der internationalen Arbeitsteilung.

Wussten Sie, dass …

der Nationalökonom ständig unter Krankheiten, unter anderem Skorbut, litt?

Smith als schottischer Zollkommissar gegen Tee- und Branntweinschmuggler vorging?

der Philosoph zu Selbstgesprächen neigte und einmal im Morgenrock auf die Straße gegangen sein soll?

zahlreiche Aufzeichnungen Smiths nach seinem Tod vernichtet wurden?

Was bringt die Arbeitsteilung?

In »Wohlstand der Nationen« erklärt Adam Smith seine Arbeitswertlehre mit dem Beispiel einer Stecknadelfabrik: Ein ungelernter Arbeiter könne allein vielleicht eine, höchstens aber 20 Nadeln an einem Tag anfertigen. Wenn der Herstellungsprozess jedoch in seine einzelnen Arbeitsschritte aufgeteilt werde und sich der einzelne Arbeiter auf das Ausziehen, Begradigen oder Zuschneiden des Drahtes, das Schleifen der Nadelspitze, das Anfertigen des Stecknadelkopfes, das Bleichen oder das Verpacken der fertigen Nadeln spezialisiere, könnten zehn Personen an einem einzigen Tag 48000 Nadeln fertigen. Arbeit allein schafft Smith zufolge Wohlstand, und ein hoher Grad der Arbeitsteilung spreche für das hohe Niveau einer Volkswirtschaft. Zuvor müsse jedoch Kapital aufgebracht werden, um zusätzliche Arbeiter und Gerätschaften zu bezahlen.

Immanuel Kant: Eine Wende im Denken

Was ist Transzendentalphilosophie?

Mit seiner Transzendentalphilosophie will Immanuel Kant (1724–1804) die Grundlagen und Grenzen unserer Erkenntnis untersuchen. Er stellt damit die Weichen nicht nur für den deutschen Idealismus, sondern für die gesamte nachfolgende Philosophie.

Die traditionelle, »dogmatische« Metaphysik hatte über Jahrhunderte hinweg geglaubt, die letzten Grundstrukturen der Wirklichkeit zu erforschen. Kant aber fragt in seinem berühmten Hauptwerk »Kritik der reinen Vernunft« nun, wie es sein kann, dass diese Wissenschaft – im Gegensatz zu den Naturwissenschaften – in all der Zeit offensichtlich kein Stück vom Fleck gekommen ist. Womöglich sei die Frage bis dahin ganz falsch gestellt worden.

Wie kommt man zu allgemeinen Erkenntnissen?

Nicht nur über die Erfahrung. Denn aus dieser können wir immer nur einzelne, zufällige Tatsachen gewinnen. Wie aber gelangen wir dann zu allgemeinen und notwendigen Aussagen, die der Erfahrung vorausgehen und dennoch tatsächlich als Erkenntnisse unser Wissen erweitern, zu den so genannten synthetischen Urteilen apriori? Es gibt nur eine Möglichkeit: Die Notwendigkeit kommt nicht aus der Erfahrung, sondern aus dem menschlichen Geist selbst.

Diese Annahme aber revolutioniert das Denken in einer so dramatischen Weise, dass Kant von einer »kopernikanischen Wende« spricht. Sie bedeutet nicht weniger, als dass wir letztlich im Erkennen den Gegenstand unserer Erkenntnis überhaupt erst schaffen. Freilich: Der Mensch ist nicht Gott. Er kann durch sein Denken nicht die Welt erschaffen. Wohl aber erzeugt er im Denken die Dinge, wie sie ihm erscheinen.

Welche Folgen hat das für die Wirklichkeit?

Das hat gewaltige Konsequenzen für den Status der Wirklichkeit. Denn Kant behauptet damit, dass wir eigentlich nie die Wirklichkeit, wie sie ist, erkennen, sondern nur die Wirklichkeit, wie wir sie konstruieren. Wir erfassen also nicht die Dinge an sich, sondern nur die Dinge »für uns« – die Dinge, wie sie uns erscheinen. Damit aber zerfällt die Wirklichkeit in zwei Bereiche: Wir haben einerseits das Ding an sich, das für den Menschen unerkennbar bleibt, und andererseits eine Erscheinungswelt, die wir zwar erkennen können, die aber letztlich unser eigenes Werk ist.

Geht es bei Kant auch um das menschliche Handeln?

Ja, Kant befasst sich damit in der »Kritik der praktischen Vernunft«. Darunter versteht er die Vernunft, sofern sie sich nicht auf theoretisches Wissen, sondern auf praktisch-sittliches Handeln bezieht. Es geht also um eine Grundlegung der Ethik. Man könnte glauben, im Bereich der Ethik käme unsere Erkenntnis in noch viel unsichereres Gewässer als im Bereich der strengen Wissenschaft. Doch erstaunlicherweise ist genau das Gegenteil der Fall. Gerade im sittlichen Handeln erreichen wir plötzlich etwas absolut Gültiges – jenes An-sich-Sein, das der theoretischen Vernunft verschlossen geblieben war. Dieses Absolute ist der sittliche Anspruch, unter dem wir als Vernunftwesen stehen und den Kant für ein unleugbares Faktum hält.

Was ist der kategorische Imperativ?

Kants Leitsatz vom »kategorischen Imperativ« begründet den sittlichen Anspruch, der uns im Gewissen gegenübertritt. Eine Formulierung dafür lautet: »Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.« Populär gesagt heißt das: Bedenke bei jeder Handlung, welche Folgen es hätte, wenn jeder so handeln würde. Kant versucht hier bewusst, auf jeden konkreten Inhalt zu verzichten, was ihm oft den Vorwurf des Formalismus eingetragen hat.

Über die Ethik gelingt Kant nun doch eine Neubegründung der Metaphysik. Damit sittliches Handeln einen letzten Sinn hat, muss der Mensch frei sein, er muss ferner eine unsterbliche Seele besitzen, die unendlich weiter nach dem Guten strebt, und es muss Gott geben, der die Glückseligkeit als Ziel sittlichen Handelns gewährleistet. Kant will also Freiheit, Unsterblichkeit und das Dasein Gottes nicht bezweifeln – wir können sie aber nicht im theoretischen Wissen erfassen, sondern nur im vernünftigen Glauben.

Lebte Kant nur für die Philosophie?

Ja: Kant, der nie heiratete und Königsberg und seine Umgebung nie verließ, führte ein ganz der Philosophie und Wissenschaft gewidmetes Leben. Er wurde am 22. April 1724 als Sohn eines Sattlers in Königsberg geboren. Nach Schulbesuch und Studium der Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften in seiner Vaterstadt arbeitete er von 1746 bis 1755 als Hauslehrer in der Umgebung Königsbergs, ehe er als Privatdozent an der Universität seiner Vaterstadt zu unterrichten begann. 1765 wurde Kant Bibliothekar in Königsberg, 1770 schließlich Professor für Metaphysik und Logik an der dortigen Universität, wo er die nächsten Jahrzehnte wirkte. Ab 1781 erschienen seine großen philosophischen Werke, die ihm rasch in Deutschland und darüber hinaus Ruhm eintrugen. Immanuel Kant starb am 12. Februar 1804 in seiner Geburtsstadt.

Wussten Sie, dass …

das absolute Lieblingsgewürz von Immanuel Kant der Senf war? Er genoss ihn am liebsten zu jeder Mahlzeit und behielt es sich sogar vor, ihn selbst anzurühren, obwohl er eigentlich eine Köchin hatte.

man bei der Gründung des Völkerbundes auf Gedanken Kants zum Weltfrieden zurückgriff? Diese sind in der Schrift »Vom ewigen Frieden« (1795) dargelegt.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Der Universalphilosoph

War Hegel von Anfang an zum Philosophen berufen?

Eher nicht. Am theologischen Seminar der Tübinger Universität schaffte er nur einen mittelmäßigen Abschluss, und seine Eltern – Georg Wilhelm Friedrich Hegel entstammte einer Stuttgarter Beamtenfamilie – hatten ihn für den Kirchendienst bestimmt. Doch der Hochschulabsolvent dachte nicht daran, eine kirchliche Laufbahn einzuschlagen. Er verdingte sich als Hauslehrer in Bern und Frankfurt, wo der Dichter Johann Christian Friedrich Hölderlin (1770–1843), mit dem er in Tübingen studiert hatte, weiterhin entscheidenden Einfluss auf ihn ausübte. Hegel, der zurückgezogen lebte und zu Melancholie neigte, studierte ausdauernd und verfasste neben depressiven Gedichten in holprigem Versmaß religiöse Abhandlungen, in denen er sich kritisch mit dem christlichen Autoritätsdenken auseinander setzte.

Was zog Hegel nach Jena?

In der Universitätsstadt tummelten sich die kreativsten Köpfe der Zeit. Friedrich von Schiller hielt Geschichtsvorlesungen, die Brüder August Wilhelm und Friedrich von Schlegel und der Dichter Novalis gründeten die deutsche Schule der Romantik und Fichte lehrte die neueste postkantianische Philosophie. 1801 habilitierte Hegel sich mit der »Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie« und wurde auf Vermittlung seines Studienfreundes, des Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling (1775–1854), Privatdozent in Jena. Mit Schelling gab Hegel 1802 ein »Kritisches Journal der Philosophie« heraus, überwarf sich aber mit dem Freund und ging eigene Wege.

Machte der Philosoph in Jena Karriere?

Zunächst schien es so. 1805 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt, was ihm ermöglichte, seine »Phänomenologie des Geistes« voranzutreiben. Im Jahr 1806 marschierten französische Truppen in Jena ein, wodurch Hegel seine Geschichtsphilosophie, die darauf hinauslief, die historische Entwicklung als notwendigen Prozess darzustellen, als bestätigt ansah. Der Philosoph, für den geschichtliche Individuen Werkzeuge in der Hand des allmächtigen »Weltgeistes« waren, begrüßte Napoleon (1769–1821) als »Weltseele«.

Wodurch wurde der Denker berühmt?

Durch sein zweites großes Werk »Wissenschaft der Logik«. Hegel verließ die Universität für eine Redakteursstelle bei der »Bamberger Zeitung« und wurde 1808 für acht Jahre Direktor eines Nürnberger Gymnasiums. Er verliebte sich in die erst 18-jährige Marie von Tucher und heiratete sie im Jahr 1811. In dieser Zeit schrieb er auch sein zweites großes Werk »Wissenschaft der Logik«, das in drei Bänden 1812 bis 1816 erschien und ihn berühmt machte. Hegel behandelt hier nicht nur die Logik, sondern auch Konzepte für logische Argumentation wie die Lehre vom dialektischen Prozess von These, Antithese und Synthese. Die Universitäten von Berlin und Heidelberg boten ihm daraufhin ihre philosophischen Lehrstühle an. Hegel entschied sich zunächst für Heidelberg, wohin er im Jahr 1816 übersiedelte.

Ein Jahr später erschien seine »Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse«, die seine Studenten zur Vorbereitung auf die Vorlesungen lesen sollten und die eine komprimierte, thesenartige Darstellung seines gesamten philosophischen Systems enthält. Er wechselte 1818 nach Berlin und erwarb sich dort viel Ruhm. Seine Vorlesungen wurden nicht nur von Studenten besucht, sondern auch von Bildungsbürgern der Berliner Gesellschaft. Nach seinem plötzlichen Tod im November 1831 – Hegel starb während einer Cholera-Epidemie – übte er durch seine Schüler eine enorme Wirkung aus. Der bekannteste und einflussreichste Hegelianer wurde Karl Marx (1818–1883).

Was bedeutet Dialektik?

Mittels These und Antithese zu einer Synthese zu kommen. Im Zentrum von Hegels Philosophie stand die Frage, was Wirklichkeit im Grunde sei. Die eigentliche Wirklichkeit war für ihn der Geist, dessen Weg zur Selbsterkenntnis in dialektischen Schritten zur absoluten Idee führt. In ihr sind alle partiellen Bestimmungen des Verstandes zusammengefasst und aufgehoben. Hegel benannte zwei Formen des dialektischen Weges: den subjektiven und den objektiven Geist. Er schrieb der Erfahrung eine wichtige Rolle bei der Erklärung der Welt zu. In der »Phänomenologie des Geistes« (1807), seinem Hauptwerk, erklärte er, dass der Mensch nicht über die Erfahrung hinausgehen müsse, um zur Wirklichkeit zu gelangen, sondern dass die Erfahrung an sich bereits Selbstüberschreitung sei.

Hegel, der die komplexesten Erfahrungen auf den Begriff zu bringen vermochte, wirkte vor allem mit seiner radikal dialektischen Methode auf die Philosophie nach ihm weiter. Sein systematisch fortschreitendes Erkenntnismodell gleicht einer Pyramide, an deren Spitze die alles in sich begreifende Idee steht.

Was waren wichtige Stationen?

27.8.1770: Georg Wilhelm Friedrich Hegel wird in Stuttgart geboren

bis 1790: Studium der Philosophie, Philologie und Mathematik an der Universität Tübingen

1790–1801: Theologiestudium in Tübingen

1801–1807: Privatdozent an der Universität Jena

1807: Veröffentlichung der »Phänomenologie des Geistes«

1807/08: Redakteur bei der »Bamberger Zeitung«

1808–1816: Gymnasialdirektor in Nürnberg

1812–1816: »Wissenschaft der Logik« erscheint

1816–1818: Lehrstuhl in Heidelberg

ab 1818: Dozent an der Berliner Universität

ab 1829: Rektor der Berliner Universität

14.11.1831: Hegel stirbt in Berlin

Wussten Sie, dass …

viele Biografen aufgrund eines Übersetzungsfehlers behaupten, Hegels Abschlusszeugnis bescheinige ihm keine (»nullam«) Fähigkeiten als Philosoph? Tatsächlich bestätigte man ihm viele (»multam«) Kenntnisse in diesem Fach.

Hegel an jenen Berliner Lehrstuhl berufen wurde, an dem zuvor der Idealist Johann Gottlieb Fichte (1762 bis 1814) gelehrt hatte?

neben anderen auch der Philosoph Arthur Schopenhauer die unverständliche Sprache Hegels kritisierte?

Arthur Schopenhauer: Pessimistischer Blick auf die Welt

Was prägte Schopenhauers Jugend?

Der Tod des Vaters. Arthur Schopenhauer wurde am 22. Februar des Jahres 1788 als Sohn eines wohlhabenden Exportkaufmanns in Danzig in gutbürgerlich-kultivierte Verhältnisse hineingeboren. Auf Wunsch des Vaters begann er eine kaufmännische Lehre, um irgendwann in die väterlichen Fußstapfen zu treten. Doch als der Vater 1805 starb, vermutlich durch seine eigene Hand, wurde seine Handelsfirma liquidiert. Die Mutter Johanna Henriette Schopenhauer zog mit der kleinen Tochter Adele nach Weimar, wo sie einen literarischen Salon, in dem auch Johann Wolfgang Goethe verkehrte, unterhielt und sich als Schriftstellerin mit Romanen, Novellen und Reisebeschreibungen einen gewissen Namen machte.

Der 17-jährige Arthur Schopenhauer brach in dieser schwierigen Situation seine kaufmännische Lehre ab. Der junge Mann war in der Folge ganz auf sich allein gestellt. Und so sollte es auch sein Leben lang bleiben. Der spätere große Denker heiratete nie, sah auf das weibliche Geschlecht herab und bezeichnete Frauen als »läppisch«.

Wie gestaltete sich seine berufliche Laufbahn?

Schopenhauer studierte zunächst Medizin, dann Philosophie. 1813 promovierte er in Jena und beendete 1818 – im Alter von nur 30 Jahren – sein Hauptwerk »Die Welt als Wille und Vorstellung«, das 1819 beziehungsweise 1859 in der Endfassung erschien.

Ab 1820 war er zeitgleich mit Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831), aber ohne dessen Erfolg, an der Universität Berlin als Privatdozent tätig. Wegen der Cholera-Epidemie zog er 1831 nach Frankfurt am Main. Dort lebte er zurückgezogen als Privatgelehrter und starb am 21. September 1860. Zu seinen wichtigsten Werken gehören »Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde« (1813), »Über den Willen in der Natur« (1836), »Die beiden Grundprobleme der Ethik« (1841) und »Aphorismen zur Lebensweisheit« (1851).

Welche Vorbilder hatte der Philosoph?

Arthur Schopenhauer selbst sah sich in der Nachfolge des großen Immanuel Kant. Beiden Philosophen ging es um nicht weniger als die Erklärung der Welt. Gibt es etwas, das hinter unseren subjektiven Vorstellungen, Wahrnehmungen und Eindrücken steckt? Kann man die Welt überhaupt verstehen? Während Kant nach langen philosophischen Überlegungen absolute Erkenntnis verneinte, war Schopenhauer durchaus davon überzeugt, zum Absoluten vordringen zu können. Allerdings nicht durch Rationalität, nicht durch das denkende, sondern durch das körperliche Ich. Wie dies machbar sei, legte er in seinem Hauptwerk »Die Welt als Wille und Vorstellung« (1819) dar.

Was ist die treibende Kraft hinter allem?

Nach Schopenhauer ist es der Wille. Die Welt ist demnach nur Vorstellung und Erscheinung. Der Wille als treibende Kraft steht in direktem Zusammenwirken mit allen Objekten, denn er ist an Triebe und Reflexe gekoppelt. Er ist allgegenwärtig: im Menschen, im Tier, in der Pflanzenwelt, in der unbelebten Natur und im Kosmos.

Wie schätzt der Pessimist die Liebe ein?

Die Liebe ist nach Schopenhauer nur als ein Täuschungsmanöver der Natur zu verstehen. Alle menschlichen Bestrebungen und Handlungen werden allein durch den Erhaltungstrieb des Willens gesteuert. Gefühle verdecken lediglich den biologischen Arterhaltungstrieb. So ist die ganze Welt die Entfaltung dieses Urwillens, aber – und dies ist das pessimistische Moment in Schopenhauers Philosophie – eines ziel- und zwecklosen Willens, der nur seine Gier befriedigen will. »Keine auf der Welt mögliche Befriedigung könne hinreichend sein Verlangen stillen, seinem Begehren ein endliches Ziel zu setzen und den bodenlosen Abgrund seines Herzens auszufüllen«, beschreibt Schopenhauer das Wesen der Welt.

Abgründe tun sich auf, das Leben ist sinnlos, besteht nur aus Leiden und Unglück. Wie aber kann man unter diesen Bedingungen überhaupt existieren?

Gibt es einen Ausweg?

Kann man den Willen besiegen? Ja und nein: Kurzfristig mag das gelingen, durch die Versenkung in die Kunst, vor allem in die Musik, denn sie ist die zweckfreie, willenlose Betrachtung der Welt. Die endgültige Lösung von der Welt an sich bringt jedoch nicht der Selbstmord, den Schopenhauer ablehnt, sondern die Askese, die höchste Form des Nichtseins. Nur durch Entsagung kann man nach Schopenhauer den absoluten Willen brechen und einen Hauch von Freiheit im Nirvana finden.

Wie hält es Schopenhauer mit der Religion?

Einen Gott, Glück oder Zufriedenheit gibt es bei Schopenhauer nicht mehr. Sein Blick auf die Welt offenbart einen bis dahin unbekannten Pessimismus. Schopenhauer übte mit seiner Philosophie im 19. Jahrhundert großen Einfluss etwa auf Richard Wagner oder Friedrich Nietzsche aus, der später die Idee des Weltwillens in seinem Werk »Der Wille zur Macht« weiterentwickelte.

Was verbindet Schopenhauers Philosophie mit Freud?

Sigmund Freud (1856–1939), der Begründer der Psychoanalyse, bescheinigte Schopenhauers Philosophie vom Willen die Verwandtschaft mit seiner eigenen Theorie. Schopenhauers unbewusster Wille sei quasi identisch mit den seelischen Trieben in der Psychoanalyse. Der Mensch ist bei Schopenhauer nicht so sehr ein Vernunft-, sondern vor allem ein körperliches Wesen. Seine Darstellung des Willens als innere Kraft, die sich der rationalen Erkenntnis entzieht, aber dennoch in ganz ausdrücklicher Weise »leibhaftig« alles Handeln und Wirken bestimmt, weist große Ähnlichkeiten mit Freuds Auffassung vom Unbewussten auf.

Wussten Sie, dass …

die Mutter des Philosophen die erste Deutsche war, die ihren Lebensunterhalt mit Schreiben verdiente?

der Philosoph nach dem Tod seines Vaters zunächst von seinem Erbe leben konnte, ohne einen Brotberuf ergreifen zu müssen?

Schopenhauer trotz seiner Misogynie lange Jahre ein Verhältnis mit der Opernsängerin Caroline Medon hatte?

der Misanthrop immer in Gesellschaft eines Pudels lebte? Starb dieser, schaffte er sich gleich wieder einen ähnlich aussehenden an.

Søren Kierkegaard: Die Philosophie des »Entweder – Oder«

Wie prägte den jungen Mann seine Familie?

Vor allem in religöser Hinsicht. Am 5. Mai 1813 wird Søren Aabye Kierkegaard als jüngstes von sieben Kindern des begüterten Kopenhagener Kaufmanns Michael Pedersen Kierkegaard geboren. Er ist der Liebling des Vaters. Diese enge Beziehung sollte für Søren Kierkegaard eine lebensentscheidende Rolle spielen. Einerseits versteht es der Vater, seine herausragende geistige Begabung zu wecken. Andererseits ist die Schwermut des Vaters, der – von eigenen religiösen Schuldgefühlen geplagt – seine Kinder in pietistischer Strenge erzieht, eine Belastung. Mit 17 Jahren beginnt Søren in Kopenhagen, dem Wunsch des Vaters entsprechend, Theologie zu studieren.

Wie kam es zum Bruch mit dem geliebten Vater?

Im Alter von 22 Jahren erfuhr Kierkegaard den Grund der Gewissensqualen des Vaters und empfand diese Eröffnung wie ein »Erdbeben«: Als armer Hirtenjunge hatte der Vater einst Gott verflucht und lebte seither in dem Glauben, dieser Fluch habe sich gegen ihn und seine Familie gekehrt. Søren Kierkegaard wandte sich von seinem Vater ab, gab das Theologiestudium auf, nahm sich eine eigene Wohnung, führte in der Folge das Leben eines Dandys und Bohemiens. Mit seinem scharfen Verstand und seiner Spottlust wurde er zum Mittelpunkt der Kopenhagener Gesellschaft.

Søren Kierkegaard genoss dieses Leben – zugleich aber spürte er das Ungenügen dieser rein auf Äußerlichkeiten ausgerichteten, sinnenfreudigen Lebensweise. So kam es nach einigen Jahren zur Umkehr und Aussöhnung mit dem Vater, der kurz darauf starb. Kierkegaard vollendete sein Theologiestudium und verlobte sich mit der 17-jährigen Regine Olsen. Bald erkannte er, dass ihm durch die vom Vater ererbte Schwermut und seinen Drang zur unermüdlichen Selbstreflexion eine bürgerliche Existenz verwehrt bleiben würde. So löste er die Verlobung, worunter er sein Leben lang leiden sollte, und zog sich ganz zurück, um als »religiöser Schriftsteller« zu leben.

Was fürchtet der Mensch?

Vor allem die Freiheit. In zahlreichen bedeutenden Werken – etwa »Entweder – Oder«, »Die Wiederholung«, »Der Begriff Angst«, »Philosophische Brocken«, »Die Krankheit zum Tode« – überträgt Kierkegaard seine eigene Lebenserfahrung in brillanter philosophischer Analyse auf die allgemeine Situation der menschlichen Existenz: Der Einzelne steht in jedem Augenblick vor einer Entscheidung, unausweichlich heißt es immer wieder »entweder – oder«. Dieser Abgrund an Möglichkeiten erweckt im Menschen unweigerlich Angst, die Angst vor der eigenen Freiheit. Woran kann sich der Einzelne in dieser Angst halten, was kann ihm als Richtschnur dienen? Entweder das Streben nach größtmöglichem Lebensgenuss – oder die Forderung, sein Handeln vor seinem eigenen Gewissen und dem Anspruch des Absoluten zu verantworten.

Beides schließt sich aus und ist dem Menschen auf Dauer nicht möglich, ohne zur Verzweiflung zu führen. Denn der Mensch ist in seinem innersten Wesen zusammengesetzt aus Leib und Seele, aus Endlichkeit und Unendlichkeit, aus Zeitlichem und Ewigem. Eine nur »ästhetische«, am Genuss orientierte Lebenshaltung akzeptiert diese eigentümliche Zusammengesetztheit der menschlichen Natur ebenso wenig wie der Versuch, ganz in einer »ethischen« Verzichthaltung aufzugehen.

Gibt es eine Rettung?

Ja, im Glauben. Kierkegaard hat das Beispiel seines Vaters vor Augen, der im Bewusstsein der eigenen Schuld letztlich nur noch um sich selbst kreiste. Es gibt nur einen Ausweg aus diesem Dilemma: den religiösen Glauben. Der Glaube daran, dass Gott in Jesus Christus selbst Mensch geworden ist, vermag dem Einzelnen die Zuversicht zu geben, dass sein Leben zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit letztlich doch gelingen kann. Nur von diesem Glauben aus ist es möglich, die Sünde als eigene Schuld anzuerkennen, aber doch nicht daran zu verzweifeln, sondern Vergebung zu empfangen.

Allerdings ist die Menschwerdung Gottes für die Vernunft das Paradox schlechthin: Das Ewige soll zugleich das Geschichtliche, die ewige Wahrheit nur durch ein historisches Ereignis zugänglich sein. Vor dieses Paradox gestellt, hilft dem Einzelnen kein Wissen oder Erkennen; einmal mehr ist seine Entscheidung gefordert. Der Glaube bedeutet deshalb ein Wagnis, ist nur möglich als ein bewusst vollzogener Sprung. Dieser Sprung in den Glauben ist aber kein einmaliger Vorgang, sondern muss stets wiederholt werden.

Wie endete der Philosoph?

Während seiner letzten Lebensjahre widmete sich Søren Kierkegaard dem Kampf gegen die dänische Staatskirche, der er vorwarf, die Dramatik des christlichen Glaubens zu verharmlosen. Er isolierte sich, verausgabte sich gesundheitlich und finanziell und starb schließlich völlig entkräftet am 11. November 1855.

Wussten Sie, dass …

Kierkegaard 22 Semester bis zu seinem Examen brauchte?

der Philosoph nach dem Tod des Vaters von dem geerbten Vermögen lebte, bis das angelegte Geld in den Revolutionswirren von 1848 verloren ging?

der Ehemann Regine Olsens, der einstigen Verlobten Kierkegaards, dem Philosophen verbot, noch einmal mit ihr zu sprechen?

Warum verwendete Kierkegaard verschiedene Pseudonyme?

Kierkegaard veröffentlichte seine philosophischen Werke nicht nur unter eigenem Namen, sondern auch unter sieben Pseudonymen. Dabei ging es ihm nicht darum, seine Autorenschaft zu verleugnen. Vielmehr dienten ihm die Pseudonyme zur Kennzeichnung unterschiedlicher Standpunkte, um davon ausgehend philosophische Probleme ohne direkten Bezug zur eigenen Person zu durchdenken – als psychologischer Beobachter, als philosophischer Experimentator, als gläubiger Christ.

Karl Marx: Vordenker des Sozialismus

Welchen Einfluss hatte Marx auf die Entwicklung des Sozialismus?

Er ist ohne Zweifel der einflussreichste Vordenker des Sozialismus im 19. Jahrhundert gewesen. Und er wirkte dabei als Philosoph, Soziologe, Historiker und Revolutionär. Zu Lebzeiten jedoch wurde er von den Gelehrten meist übergangen, nach seinem Tod 1883 hingegen fanden seine politischen und sozioökonomischen Ideen bei der sozialistischen Bewegung rasch Akzeptanz.

Noch bis vor nicht allzu langer Zeit lebte fast die Hälfte der Weltbevölkerung in Regimen, die vorgaben, »marxistisch« zu sein. Daraus lässt sich leicht auf die bis weit ins 20. Jahrhundert anhaltende Wirkung Marx' schließen, auch wenn seine ursprünglichen Ideen vielfach modifiziert worden sind, um sie den unterschiedlichen politischen Umständen anzupassen.

War der Deutsche zu radikal für sein Land?

Ja, er wurde von der Regierung ausgewiesen. Marx war Philosoph und Journalist. 1818 in Trier als Sohn jüdischer, später zum Protestantismus konvertierter Eltern geboren, studierte er zunächst in Bonn und Berlin Jura, Philosophie und Geschichte und geriet unter den Einfluss von Ludwig Feuerbach und anderen radikalen Hegelianern. Diese Gruppe, der auch die Theologen Bruno Bauer und David Friedrich Strauss angehörten, tat sich durch ihre radikale Kritik am Christentum hervor.

1842/43 war Marx Redakteur der liberalen »Rheinischen Zeitung« in Köln, musste dann aber wegen seiner extremen Ansichten nach Frankreich emigrieren, wo er zusammen mit Arnold Ruge die »Deutsch-Französischen Jahrbücher« herausgab. In Paris studierte Marx den Sozialismus und Kommunismus und entwickelte die entscheidenden Grundgedanken seiner späteren Theorie. Hier begann auch seine enge Zusammenarbeit mit Friedrich Engels. Auf Verlangen der preußischen Regierung 1845 ausgewiesen, ging er für drei Jahre nach Brüssel. 1848 erschien »Das Kommunistische Manifest« als radikale Kritik an der bürgerlichen Ökonomie und Gesellschaft. Nach dem Ausbruch der Revolution in Frankreich floh Marx nach London, wo er bis zu seinem Tod 1883 blieb.

Was ist Marx' Hauptwerk?

»Das Kapital«, aber den Kern seiner Ökonomie-Analyse etwa zeigte er schon früh (1844) in den »Ökonomisch-Philosophischen Manuskripten« auf. Marx trug dort Argumente vor, wonach die modernen Industriegesellschaften unweigerlich zur Entfremdung des Arbeiters von seiner eigenen Arbeit führen müssten.

Das »Manifest der kommunistischen Partei«, das Marx 1848 gemeinsam mit seinem Mitstreiter Friedrich Engels herausgab, wiederum hat den Klassenkampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie zum Thema und grenzt den Kommunismus gegen andere sozialistische Bewegungen ab. Darin zählt er auch eine Reihe von sozialen Reformen auf und endet, indem er das internationale Proletariat auffordert, sich in einer Revolution gegen die existierende Herrschaft zu erheben. Sehr viel später, 1862, erschien »Theorien über den Mehrwert«, 1867 bis 1895 dann erst sein berühmtestes Werk, »Das Kapital«, in dem er seine Theorien zur Wirtschaft in systematischer Weise darlegte.

Kann man den Marxismus zusammenfassen?

Der Marxismus lässt sich grob in vier miteinander verknüpfte Theorieansätze gliedern.

1. Der dialektische Materialismus ist die Theorie einer in der Materie begründeten, sich gesetzmäßig entwickelnden Welt.

2. Der historische Materialismus bezieht diese allgemeine Theorie auf die geschichtliche Entwicklung, die eine Abfolge von Klassenkämpfen bildet und die ihren Abschluss in der klassenlosen Gesellschaft findet.

3. Die politische Ökonomie ist die Wissenschaft von den Gesetzen, die die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse und ihre Entwicklung bestimmen.

4. Der wissenschaftliche Sozialismus schließlich behandelt und unterstützt als Revolutionstheorie die politischen Kämpfe der Arbeiterbewegung, vor allem den Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus.

Was ist eigentlich das Proletariat?

Das Proletariat ist die Arbeiterklasse, die keinen Besitzanteil an den Produktionsmitteln hat. Diese befinden sich in den Händen der besitzenden Klasse, die dem Proletariat gegenübersteht. Die historische Aufgabe der sich bewusst organisierenden Arbeiterklasse bestand für Marx darin, die aus ökonomischer Notwendigkeit regelmäßig wiederkehrenden wirtschaftlichen und politischen Krisen dazu zu nutzen, im revolutionären Klassenkampf die Strukturen der bürgerlichen Gesellschaft zu überwinden. Am Ende sollte eine klassenlose, das heißt eine kommunistische Gesellschaft, stehen, in der jeder nach seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen leben kann.

Wussten Sie, dass …

Paul Lafargue, ein Schwiegersohn von Karl Marx, 1883 eine polemische Schrift mit dem Titel »Das Recht auf Faulheit« veröffentlichte? Er kritisierte darin vor allem den seiner Meinung nach übertriebenen Stellenwert, den man in der bürgerlichen Gesellschaft der Arbeit und der Erwerbstätigkeit einräumt.

Karl Marx auch aktiv für politische Veränderungen einzutreten versuchte? So wirkte er 1864 in London an der Gründung der Internationalen Arbeiterassoziation (AII) mit, die später immer als Erste Internationale bezeichnet wurde.

Friedrich Nietzsche: Ein genialer Provokateur

War Nietzsche ein Wunderkind?

Zumindest konnte er als Junggenie gelten. Noch während des Studiums der evangelischen Theologie und Klassischen Philologie erhielt der sächsische Pfarrerssohn Friedrich Nietzsche (1844–1900) einen Ruf an die Universität Basel und knüpfte Kontakte zur Prominenz des deutschen Kulturlebens, darunter Rainer Maria Rilke. Eine lange Freundschaft verband ihn mit Richard Wagner, mit dem er aber später wegen dessen Hinwendung zum Christentum brach.

Nietzsche hatte alle intellektuellen Voraussetzungen für eine glänzende akademische Karriere. Doch sein unangepasster Geist war nicht geschaffen für das Leben eines normalen Philosophieprofessors an einer deutschen Universität. Exzentrisch und oftmals ungeschickt, wie er war, verdarb er es sich auch mit den Wohlmeinenden. Dahinter steckte auch seine Ablehnung von Mitleid und christlicher Nächstenliebe. Obwohl – oder vielleicht gerade weil – er aufgrund körperlicher und seelischer Labilität immer wieder auf Hilfe angewiesen war.

Wie endete die Karriere des Philosophen?

Im Wahnsinn. Eine wohl durch Syphilis ausgelöste Hirnparalyse mündete 1889 in eine Krisis und fortschreitende geistige Umnachtung. Die letzten Lebensjahre verbrachte der Vereinsamte in Weimar bei seiner Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche. Ihre manipulativen Eingriffe in seine Schriften leisteten später fatalen Missverständnissen Vorschub.

Was machte ihn bekannt?

Bereits mit seiner Publikation »Die Geburt der Tragödie aus dem Geist der Musik« (1872), einer dem Einfluss Arthur Schopenhauers und Richard Wagners verpflichteten Polemik gegen das gängige Verständnis der griechischen Antike, machte sich Nietzsche die Fachwelt zum Gegner. Er warnte in seiner Schrift davor, dem Vorbild des »despotischen Logikers« Sokrates zu folgen und alles zu zerdenken. Vielmehr leitete er den kulturellen Fortschritt aus dem Zusammenwirken zweier Prinzipien ab: dem dionysischen, das seinen Ausdruck in kollektivem Rausch, Tanz, Ekstase findet, und dem apollinischen als »Vergöttlichung der Individuation«.

Seinen Beinamen »der Unzeitgemäße« verdankte Nietzsche seinen »Unzeitgemäßen Betrachtungen« (1873–1877), in denen er die »Bildungsphilister« beschimpfte und den zeitgenössischen Historismus als »historische Krankheit« schmähte.

In welcher Form verfasste Nietzsche seine Schriften?

Die unsystematische Darstellungsform in seinen Aphorismen- und Aufsatzsammlungen »Menschliches, Allzumenschliches« (1876), »Morgenröthe – Gedanken über die moralischen Vorurteile« (1881) und »Die fröhliche Wissenschaft« (1882) entsprach in idealer Weise Nietzsches Notizen in Skizzenbüchern und begünstigte wie nirgends sonst die Entfaltung seiner sprachlichen Meisterschaft.

Auch Nietzsches wohl bekannteste philosophische Dichtung, »Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen« (1883 bis 1885), griff auf die Aphorismenform zurück und avancierte zu einem der gewagtesten und einflussreichsten Werke der Zeit. Die berühmte Prämisse »Gott ist tot« konfrontiert den Menschen mit der Notwendigkeit, dem Weltgeschehen, das sich ohne Transzendenz und Ziel beständig wiederholt, einen Sinn zu geben – ein Affront gegen die Tradition des abendländischen Denkens, insbesondere gegen Kants Idealbild der Vernunft und gegen die christliche Heilserwartung. An die Stelle verbindlicher metaphysischer Wahrheit tritt bei Nietzsche ein heiter-amoralischer Pessimismus.

Wie kam das letzte Werk zustande?

Ein Fragment blieb Nietzsches geplantes Hauptwerk »Der Wille zur Macht«, von dem er selbst nur den ersten Teil herausgab (»Der Antichrist«, 1895). Der im Jahr 1901 postum erschienene, von den Nazis begeistert aufgenommene Rest trug die Handschrift seiner Schwester, die – munter fälschend und dazuerfindend – aus nachgelassenen Manuskripten der 1880er Jahre schöpfte: Grundgedanke ist auch dort eine Welt, die sich ohne Aussicht auf Erlösung in der ewigen Wiederkehr des Gleichen erschöpft.

Welche Wirkung hatte Nietzsche?

Es gab große Bewunderer, etwa die Autoren Stefan George, Franz Kafka, Robert Musil, Georg Trakl und nicht zuletzt Thomas Mann. Sein religiös-moralischer Nihilismus wurde von den Naturalisten, das Rauschhaft-Ekstatische von den Expressionisten gewürdigt. Doch aufgrund von Reizwörtern wie »Übermensch« oder »Wille zur Macht«, die fatal an die fehlgeleitete Rezeption Nietzsches durch den Nationalsozialismus erinnerten, wofür seine Schwester mit verantwortlich zeichnete, hat man Nietzsche nach 1945 lange abgelehnt.

Wussten Sie, dass …

die von Nietzsche vergeblich umschwärmte Schriftstellerin und Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé (1861 bis 1937) auch Rainer Maria Rilke faszinierte?

Nietzsche nach Antritt einer Professur in Basel seine deutsche Staatsbürgerschaft aufgab und seither staatenlos war?

Martin Heidegger: Der Philosoph des So-Seins

Worum geht es in Martin Heideggers Hauptwerk?

Martin Heideggers (1889–1976) Hauptwerk »Sein und Zeit« erschien 1927 und gilt als eines der einflussreichsten Werke der Philosophie des 20. Jahrhunderts.

Heidegger greift darin ein klassisches Thema der Metaphysik auf, nämlich die Frage nach dem Sinn von Sein. Dafür geht er den Grundstrukturen der menschlichen Existenz nach, die er Existenzialien nennt. Existenzialien sind etwa Angst, Schuldigsein, Sein zum Tode, In-der-Welt-Sein, Geworfenheit, Entwurf, Sorge. Heidegger will das Dasein des Menschen ergründen. So gilt er als Begründer der Existenzialontologie; Ontologie ist die Lehre vom Sein.

Karl Jaspers (1883–1969) führte Heideggers Philosophie zur eigentlichen Existenzphilosophie, indem er die realen Bedingungen menschlicher Existenz untersuchte. Er stellte nicht das Sein, sondern den Menschen selbst in den Mittelpunkt und gab sich als Philosoph, im Gegensatz zu Heidegger, betont unakademisch.

War Heidegger ein Nazi?

Heideggers herausragende Stellung in der Philosophie des 20. Jahrhunderts wird allgemein anerkannt. Umstritten ist jedoch seine Person, vor allem wegen seiner Nähe zum Nationalsozialismus. Tatsächlich war Heidegger überzeugt, dass den Deutschen als »Volk der Dichter und Denker« eine Führungsposition in der Welt zustünde. Und als Hitler 1933 an die Macht kam, hielt er ihn für den einzigen Politiker, der wieder Ordnung in das aufgewühlte Deutschland bringen könnte. Damals übernahm Heidegger als Nachfolger eines entlassenen Sozialdemokraten die Rektorenstelle an der Universität Freiburg, an der er auch studiert hatte, und wurde NSDAP-Mitglied. In seiner Antrittsrede kündigte er die Selbsterneuerung der Universität im Sinne der herrschenden Ideologie an und erklärte: »Der Führer allein ist die heutige und künftige deutsche Wirklichkeit und ihr Gesetz.« Schon ein Jahr später trat er allerdings von seinem Rektorenamt zurück.

Trotz dieser Anbiederung betrieben die Nazis die »Erneuerung« der Universität auf ihre Weise, besetzten freie Stellen mit linientreuen Parteigenossen. Das war Heidegger nie wirklich. Er verbot die Bücherverbrennung an der Universität, auch sind von ihm keine rassistischen oder kriegstreiberischen Aussagen bekannt. Dennoch erhielt er 1945 von den Alliierten Lehrverbot, zumal er sich auch nicht öffentlich von seiner eigenen Rolle distanzierte. 1951 wurde Heidegger emeritiert, also in den Ruhestand verabschiedet.

Was ist die Existenz?

Die Kernaussage von Heideggers Ontologie lautet: Das Wesen des Menschen liegt in seiner Existenz. Das Dasein ist zwar in die Welt »geworfen«, wird aber nicht auf ein bestimmtes So-Sein festgelegt. Es muss sich vielmehr selbst und immer aufs Neue zu dem machen, was es sein will. Das menschliche Dasein ist ein »Sein zum Tode«, womit Heidegger die Aufforderung zur »Entschlossenheit« verknüpft, das Nichts zu überwinden, indem man es mit seinem So-Sein, mit seiner gewählten Existenz, auffüllt. Nur dann hat der Mensch den Sinn seiner Existenz erreicht. Doch wie finde ich nun mein persönliches So-Sein? Wie verhindere ich ein Scheitern meines Lebens? Auf diese Frage gibt Martin Heidegger keine Antwort.

Was prägte die Philosophie Heideggers?

Vor allem Heideggers besondere Sprache wurde leidenschaftlich imitiert: Denn bei ihm erhalten Wörter völlig neue Bedeutungen. »Sorge« ist bei ihm nicht die Sorge, ob das Geld diesen Monat noch reicht, sondern die Aufgabe, die der Mensch als Existenz zu vollbringen hat. Auch durch Wendungen wie »seinsverstehende Seinsweise« oder »das Nichten des Nichts« und Neuschöpfungen wie »Zuhandenheit« erhebt sich Heidegger auf ein sprachliches Niveau, das dem verschlossen bleibt, der in seinem Denken nicht zu Hause ist. Dennoch oder vielleicht gerade darum avancierte er zur Kultfigur intellektueller Zirkel: Wer Heidegger verstand, gehörte dazu.

Wussten Sie, dass …

vor allem in den 1920er Jahren viele Studenten versuchten, den Philosophen auch in seiner schlichten, fast bäuerlichen Kleidung nachzuahmen? Sogar sein Räuspern und Spucken kam in Mode.

man sich vor allem in Frankreich intensiv mit seinem Denken und dessen Verhältnis zur Ideologie des Nationalsozialismus auseinandersetzt?

Wohin zog Heidegger sich zurück?

Ungeachtet seiner wachsenden Popularität, vor allem im Ausland, bekannte sich Heidegger zeitlebens zur »Provinz«, zu seiner Heimat – dem Schwarzwald, der beschaulichen Universitätsstadt Freiburg, seinem Geburtsort Meßkirch. Am liebsten hielt sich der Philosoph in seinem Schwarzwaldhaus am Todtnauberg auf, einem weiten Hochtal des südlichen Schwarzwalds. Hier lebte der Mann, der sich zu extremen geistigen Höhen aufschwang, seine Bodenständigkeit.

Sozialphilosoph Max Horkheimer (1895–1973)

Was verband die Denker?

Als Juden emigrierten Horkheimer und Adorno während der NS-Zeit in die USA. Dort entstand ihr gemeinsames Hauptwerk »Die Dialektik der Vernunft« (1947). Mit kritisch-pessimistischem Blick sahen sie eine Ursache der Selbstzerstörung der Gesellschaft in der Aufklärung.

An welcher Institution arbeiteten die beiden Philosophen zusammen?

Horkheimer, Philosoph und Soziologe, und Adorno, Philosoph, Sozial- und Musikwissenschaftler, verband eine lebenslange Freundschaft und Arbeitsgemeinschaft. Der geistige Mittelpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeit war das Frankfurter Institut für Sozialforschung, das 1923 als private Stiftung gegründet wurde und sich zunächst mit der Analyse der bürgerlichen Gesellschaft und einer Aufarbeitung der marxistischen Theorien befasste. Horkheimer, seit 1930 Professor für Sozialphilosophie an der Universität Frankfurt am Main, übernahm 1931 die Leitung des Instituts, das sich nun vor allem mit einer umfassenden kritischen Theorie der bürgerlichen Gesellschaft und einer Analyse der bürgerlichen Lebensformen beschäftigte und damit die Frankfurter Schule begründete.

Gesellschaftskritiker Theodor W. Adorno (1903–1969)

Was heißt »Kritische Theorie«?

Die kritische Theorie der Frankfurter Schule stellt eine Verbindung zwischen der marxistischen Sozialökonomie und den Erkenntnissen der Psychoanalyse her. Damit wird die Analyse der modernen Gesellschaften vorgenommen. Im Gegensatz zu positivistischen Strömungen in der Soziologie geht die kritische Theorie über die reine Analyse hinaus: Sie will gesellschaftliche Veränderungen herbeiführen, vertritt also einen pädagogischen beziehungsweise politischen Ansatz. Das Hauptwerk der kritischen Theorie ist, neben Horkheimers Aufsatz »Traditionelle und kritische Theorie« (1937), die »Dialektik der Aufklärung« (1947), Horkheimers und Adornos gemeinsames Werk, das unter dem Eindruck des Faschismus, des Stalinismus und der industriellen Massengesellschaft entstand.

Die »Dialektik der Aufklärung« ist von tiefem Pessimismus gegenüber der Aufklärung geprägt, die ihr Ziel, nämlich die Befreiung des Menschen, verfehlt und stattdessen neue Abhängigkeiten produziere. Die von der Aufklärung propagierte Vernunft, die einst Mythen zerstören wollte, sei mittlerweile selbst zum Mythos geworden. Ergebnis seien die so genannten Sachzwänge, die den Menschen im Getriebe der Moderne gefangen hielten. Seine Freiheit habe der Mensch an die Herrschaft der Vernunft verloren, die alles – auch die Natur – der bloßen Nützlichkeit unterordne.

Wie wirkte die Theorie?

Von der antiautoritären Bewegung der 1960er und 1970er Jahre wurde die Gesellschaftskritik von Horkheimer und Adorno begeistert aufgenommen. Als sich die linke Studentenbewegung und die Außerparlamentarische Opposition jedoch radikalisierten und die Theorie in konkrete Aktionen zur gesellschaftlichen Veränderung umsetzten, kam es zu Konflikten, vor allem mit Adorno, damals Professor in Frankfurt. Die Studenten warfen ihrem Mentor mangelndes politisches Engagement vor. Adorno seinerseits fühlte sich von den blanken Busen »sexuell befreiter« Studentinnen und den laut skandierten Protestgesängen abgestoßen und zog sich enttäuscht zurück. Horkheimer wiederum konnte die politische Hoffnung und die Aufbruchsstimmung, für die die antiautoritäre Bewegung stand, nicht teilen. Sein Weltbild blieb pessimistisch.

Welche Rolle spielte die Musik?

Von seiner Wirkung her wohl der bedeutendste Vertreter der Frankfurter Schule war Theodor W. Adorno, der seine berufliche Laufbahn als Musikkritiker begann und sein sozialphilosophisches Werk durch bahnbrechende musik- und literaturtheoretische Schriften sowie Studien zur Ästhetik ergänzte. Im kalifornischen Exil (1942–1944) stand er in engem Kontakt mit Thomas Mann, den er bei den musiktheoretischen Aspekten seines entstehenden Romans »Doktor Faustus« beriet.

Wussten Sie, dass …

Adorno seinen eigentlichen Nachnamen »Wiesengrund« abgekürzt in seinen Namen Theodor W. Adorno einbaute?

1933 das Institut für Sozialforschung in Frankfurt von den Nationalsozialisten geschlossen, doch ein Jahr später als International Institute of Social Research in New York neu begründet wurde? Seit 1949 ist es wieder in Frankfurt beheimatet.

Karl R. Popper: Verfechter der offenen Gesellschaft

Was faszinierte Popper in seiner Jugend?

Der Sozialismus. Am 28. Juli 1902 in Wien als Sohn gutbürgerlicher Eltern geboren, brach Karl Raimund Popper mit 16 Jahren das Realgymnasium ohne Abschluss ab und schloss sich der sozialistischen Arbeiterbewegung an. Er verdiente sich seinen Unterhalt als Straßenarbeiter und betätigte sich in sozialen Betreuungsstätten. Popper verstand sich für kurze Zeit als Kommunist, bis er im Juni 1919 miterlebte, wie mehrere junge sozialistische Arbeiter von der Polizei niedergeschossen wurden. Dafür machte er die sozialistische Theorie mitverantwortlich, die durch die Aufforderung zur Verschärfung des Klassenkampfes die Menschen in Gefahr bringe.

Im selben Jahr machte er eine weitere prägende Erfahrung: Er empfand die psychoanalytischen Theorien des Freud-Schülers Alfred Adler (1870–1937) als unwissenschaftlich und kritisierte die Abschottung, mit der dieser auf Kritik reagierte. Beide Ereignisse des Jahres 1919 sollten Popper ein Leben lang beeinflussen. Sie bildeten die zwei Grundpfeiler, auf der seine Wissenschafts- und Erkenntnistheorie ruhte.

Lassen sich Irrtümer sicher verhindern?

Nein, aber sie lassen sich wissenschaftlich falsifizieren. Popper machte zunächst sein Abitur nach, studierte Pädagogik und Philosophie und erwarb eine Lehrbefähigung als Hauptschullehrer für Physik und Mathematik. In Auseinandersetzung mit der Philosophie des »Wiener Kreises« entstand die 1935 veröffentlichte Schrift »Logik der Forschung«, eine Methodenlehre der empirischen Wissenschaften. Berühmt geworden ist Poppers Falsifikationsprinzip: Jede wissenschaftliche These muss auf ihre Richtigkeit überprüft werden können. Erweist sich, dass sie nicht stimmt, ist sie falsifiziert und damit ungültig.

Popper bestritt, dass eine Methode existiere, die Irrtümer sicher verhindert. Alles Wissen bleibe Vermutungswissen. Später hat der Philosoph diese auf den Wissenschaftsbetrieb bezogene Erkenntnis auf die Politik übertragen und die Demokratie in der »Offenen Gesellschaft« zum politisch-praktischen Falsifikationsprinzip erklärt: Stellt sich heraus, dass eine Regierung fehlerhaft arbeitet, wird eine neue Regierung gewählt, die so lange als akzeptabel gilt, wie sie keine schweren Fehler macht.

Warum ging Popper nach Neuseeland?

Da sich die Bedingungen für Juden in Wien in den 1930er Jahren verschlechterten, suchte Popper nach Möglichkeiten, zu emigrieren. In Neuseeland bekam er an der Universität von Christchurch seine erste Stelle. Obwohl er und seine Frau finanziell abgesichert waren, empfand Popper die Zeit dort nicht als glücklich.

Als deutsche Truppen im März 1938 in Österreich einmarschieren, erreichten den Wiener jüdischer Herkunft Hilferufe von Verwandten und Bekannten, die dem Nazi-Terror entkommen wollten. Popper gründete eine Hilfsorganisation für Flüchtlinge und schrieb als Reaktion auf Hitlers Einmarsch die Streitschrift »Die offene Gesellschaft und ihre Feinde«, die 1945 veröffentlicht wird.

Was ist eine »geschlossene Gesellschaft«?

Popper stellt in der »Offenen Gesellschaft« die Frage nach der Rechtfertigung politischer Herrschaft neu. Ihn interessiert nicht der Herrscher, sondern die Institutionen, die ihn kontrollieren. Neben den totalitären Regimen wie Nationalsozialismus und Stalinismus kritisiert Popper aber auch die »orakelnden Philosophen«. Vor allem Platon (427–347 v. Chr.) und die Dialektiker Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) und Karl Marx (1818–1883) sind für ihn Väter der »geschlossenen Gesellschaft« und damit Vordenker der totalitären Barbarei.

Welche Wirkung hatte Popper in London?

In seinen ersten Jahren in London, wo er 1949 Professor wurde, führte er ein reges soziales Leben, zog sich aber dann immer mehr zurück. Der Gemütszustand des Workaholic schwankte zwischen Euphorie und Depression. In die englischen philosophischen Fachzirkel integrierte er sich aufgrund seines oft taktlosen und autoritären Verhaltens kaum. Da Popper seine Gefühle im Gespräch oder in Diskussionen nur schwer verbergen konnte, nannten ihn seine Studenten einen »totalitären Liberalen«. Dennoch war Popper einer der wenigen Philosophen des 20. Jahrhunderts, die über den Kreis der Fachleute hinaus Beachtung fanden und im weiteren kulturellen Bereich Einfluss ausübten. Auch die praktische Politik schätzte Poppers Ratschläge. Der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt (geb. 1918) besuchte den Philosophen mehrfach zu Hause. 1965 schlug die englische Königin Elisabeth II. Popper, der 1949 englischer Staatsbürger geworden war, zum Ritter.

Blieb Popper dem Rationalismus immer treu?

Nein. In seiner letzten Lebensphase avancierte der kritische Rationalist zum Metaphysiker und entwickelte seine sogenannte »Drei-Welten-Theorie«. Die Welt der physikalischen Gegenstände und Zustände (1. Welt) grenzte er gegen die Welt der Bewusstseinszustände (2. Welt) und die Welt objektiver Gedankeninhalte (3. Welt) ab. Während Sir Karl, der am 17. September 1994 starb, als Erkenntnis- und Demokratietheoretiker zu den wichtigsten philosophischen Denkern überhaupt zählt, blieben seine metaphysischen Denkmodelle jedoch umstritten.

Wussten Sie, dass …

der Philosoph von 1922 bis 1924 eine Tischlerlehre absolvierte, die ihn nach eigenem Bekunden sokratische Demut (»Ich weiß, dass ich nichts weiß«) lehrte?

Poppers Frau Josefine Anna Henninger, die er 1930 geheiratet hatte, als Managerin und Chefberaterin für ihn tätig war?

der Philosoph in seinen späteren Lebensjahren auf Auto, Fernsehen und Zeitungen verzichtete, gegen das Rauchen allergisch war und nie trank?

Existenzialist Jean-Paul Sartre (1905–1980)

Was bestimmte Sartres Werk entscheidend?

Sein Gesamtwerk ist im Wesentlichen geprägt von der Auseinandersetzung mit dem existenziellen Problem der menschlichen Freiheit. Der 1905 geborene Jean-Paul Sartre arbeitete als Philosophielehrer, ehe er sich ganz als Schriftsteller betätigte. Die Erfahrung des Zweiten Weltkrieges beeinflusste sein Leben und Denken nachhaltig. Er schloss sich der französischen Résistance an und engagierte sich für den Marxismus. Er gründete zusammen mit Simone de Beauvoir und Maurice Merleau-Ponty (1908–1961) die Zeitschrift »Les Temps Modernes« (1945), um sich ein öffentliches Forum für seine Ideen zu schaffen. Noch unter deutscher Besatzung erschien sein philosophisches Hauptwerk »L'être et le néant« (Das Sein und das Nichts, 1943), das ihn nach dem Krieg als Hauptvertreter der französischen Existenzphilosophie weltberühmt machte. Auch als Romancier und Dramatiker erwarb sich Sartre einen Ruf.

Was strebte der engagierte Philosoph an?

Sartre verfolgte das Ziel, das menschliche Recht auf Freiheit in Form von politischer Freiheit zu verwirklichen. Darin sah er eine Gemeinsamkeit von Marxismus und Existenzialismus, und dafür setzte er sich beständig ein, auch wenn er oft aneckte. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges ergriff er 1952 Partei für die französischen Kommunisten, die Weltfriedensbewegung und die Sowjetunion. Er verfasste Petitionen und Manifeste und unternahm ausgedehnte Reisen in die UdSSR, nach China und Kuba. Seine Abkehr vom Sozialismus sowjetischer Prägung erfolgte nach der Intervention der Warschauer-Pakt-Staaten in der Tschechoslowakei 1968. Von da an beteiligte er sich aktiv an der linksradikalen Protestbewegung und übernahm die Herausgabe strafrechtlich verfolgter Zeitschriften, die er selbst auf der Straße verteilen half. Für Schlagzeilen sorgte Sartre auch 1974 durch seinen Besuch der RAF-Häftlinge in Stuttgart-Stammheim. 1973 gründete er die linke Zeitschrift »Libération« und wurde deren Direktor. Am 15. April 1980 starb Sartre. Bei seiner Beerdigung begleiteten 50000 Menschen seinen Sarg zum Friedhof Montparnasse, um Abschied von dieser Integrationsfigur zu nehmen.

Wussten Sie, dass …

Sartres literarische Werke 1948 auf den Index der katholischen Kirche kamen?

Sartre 1964 die Annahme des Literaturnobelpreises verweigerte?

Simone de Beauvoir für ihren Roman »Die Mandarine von Paris« 1954 den angesehehen Literaturpreis »Prix Goncourt« erhielt? Dieser Schlüsselroman über die Pariser Linksintellektuellen stellt bis heute ein wichtiges Dokument jener Zeit dar.

Feministin Simone de Beauvoir (1908–1986)

Womit wurde Simone de Beauvoir 1949 bekannt?

Mit dem Buch »Das andere Geschlecht« erlangte sie schlagartig Berühmtheit. »Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.« Dieser Satz aus dem Buch wirkte nicht nur in Frankreich, sondern in ganz Europa und in den USA – und dies 20 Jahre vor der modernen Frauenbewegung. Das Buch analysiert, wie sich der Mann im Lauf der Zivilisationsgeschichte zum Subjekt und Schöpfer, die Frau zum Objekt, zur ewig Reproduzierenden, zum »schlechthin Anderen« entwickelt hat, rüttelt die Frauen auf, endlich an ihrer Befreiung zu arbeiten, und plädiert für volle Gleichberechtigung, freie Verbindung der Geschlechter, legale Abtreibung und Geburtenkontrolle.

Lebte die Autorin ihre Ideale denn selbst?

Die 1908 geborene Simone de Beauvoir hatte sich selbst recht früh auf den Weg zur Befreiung gemacht. Nicht nur in ihrer unkonventionellen Partnerschaft mit Sartre, auch mit ihrer Tätigkeit als Philosophielehrerin, Redakteurin und Schriftstellerin prägte sie ein neues Bild von der Frau. Zeitlebens engagierte sich Simone de Beauvoir leidenschaftlich bei jeder politischen Aktion, ob bei Demonstrationen gegen den Algerienkrieg 1954, ob bei den Mai-Revolten 1968, den Polit-Prozessen 1970, und natürlich bei allen Feministinnen-Kampagnen in den 1970er Jahren. Sie sympathisierte mit dem Marxismus, bereiste mit Sartre Russland, China, Kuba; die russischen Panzer in Prag trieben ihr diese Sympathie allerdings aus. Mit einer ihrer letzten großen Arbeiten, dem Essay »Das Alter« (1970), wird sie dann nochmals zur Protagonistin, denn wieder ist es ein viel verdrängtes Tabuthema, das sie von allen Seiten beleuchtet, mit dem sie sich selbst und die Leser konfrontiert. 1980 musste Simone de Beauvoir den Tod ihres »Doppelgängers« Sartre erleben; sechs Jahre später starb sie selbst.

Wie gestalteten Sartre und Beauvoir ihre Beziehung?

Sie führten eine sehr unkonventionelle Partnerschaft. Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir lernten sich 1929 kennen: Sie schlossen den berühmt gewordenen »Zweijahrespakt«, den sie immer wieder erneuern wollten und der auf einer rationalen Ausgewogenheit zwischen Freiheit und Bindung basierte. Sie vereinbarten, niemals zu heiraten oder zusammenzuleben. So verwirklichten sie eine unbürgerliche Paarbeziehung, die auf gegenseitiges Vertrauen gründete. Eine wichtige Rolle spielte dabei auch das Versprechen absoluter Aufrichtigkeit in Bezug auf andere Liebesbeziehungen, die keiner dem anderen verwehrte und die beide auch immer wieder gesucht haben.

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