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Staat und Recht – wie Deutschland funktioniert
Das Leben in einem Staat ist durch eine Vielzahl von Normen geordnet. Daran müssen sich sowohl die Menschen halten, die in einem Land leben, als auch die staatlichen Organe. Ohne diese Regeln würde jeder machen, was er will, und der Bürger wäre der Willkür der Herrschenden ausgesetzt.
Deshalb existiert in den meisten demokratisch organisierten Staaten eine Verfassung. Dabei handelt es sich um Grundsätze, die das Ordnungsgefüge von Organen und Verbänden, juristischen Personen oder gesellschaftlichen Gruppen im Verhältnis zueinander ausmachen. Im politischen Sinne ist eine solche Verfassung die Grundordnung des Staates, im rechtlichen Sinne werden darunter die gesamten Rechtsnormen einer solchen Grundordnung verstanden. Diese Normen und Gesetze sind im Allgemeinen in einem Dokument niedergelegt. In Deutschland ist dies das Grundgesetz.
Zu den Grundprinzipien eines demokratischen Verfassungsstaats gehört die Aufteilung der staatlichen Gewalt an verschiedene voneinander unabhängige Organe. Damit soll eine Machtbalance hergestellt und Machtmissbrauch verhindert werden. Unterschieden wird zwischen drei Gewalten: Legislative (gesetzgebende Gewalt: Parlament), Exekutive (vollziehende Gewalt: Regierung/Verwaltung) und Judikative (rechtsprechende Gewalt: Gerichte).
Ein Staat hat viele Aufgaben, für deren Erfüllung er Geld braucht. Damit für den Bürger transparent ist, woher dieses Geld kommt und wofür es ausgegeben wird, sind alle Verwaltungsebenen eines Staates – also neben der Bundesregierung auch Länder und Kommunen sowie die Sozialversicherungen – zur Aufstellung eines Haushalts verpflichtet. Wenn die Ausgaben des Staates die Einnahmen übertreffen, ist er gezwungen, Schulden zu machen. Damit ein Staat nicht völlig über seine Verhältnisse und damit auf Kosten künftiger Generationen lebt, gelten hier allerdings bestimmte Einschränkungen.
Verfassung: Von Frankfurt nach Weimar
Welche Verfassung wurde in der Paulskirche beschlossen?
Die Verfassung des Deutschen Reiches von 1849. Sie wurde am 27. März 1849 in der Frankfurter Paulskirche von der verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung beschlossen und sollte die Verfassung für ein einheitliches Deutschland sein. Allerdings scheiterte sie später am Widerstand von Preußen und Österreich. Auch lehnte der preußische König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861, reg. 1840–58) die Krone als Kaiser der Deutschen kategorisch ab, weil sie mit dem »Ludergeruch« der Revolution behaftet sei.
Wie kam es zur Paulskirchenverfassung?
Die öffentlichen Proteste in Deutschland machten eine Verfassung, die dem Volk mehr Freiheiten und mehr Rechte gab, unumgänglich. Die Februarrevolution des Jahres 1848 griff schnell von Frankreich auf Deutschland über, wo aufgrund sozialer Missstände ein revolutionäres Klima herangereift war. Das Volk ging auf die Straße. In Berlin gab König Friedrich Wilhelm IV. den Forderungen der Revolutionäre nach und garantierte Pressefreiheit sowie den Erlass einer Verfassung.
Zwischen dem 31. März und dem 3. April 1848 tagte in Frankfurt am Main ein aus der Volksbewegung hervorgegangenes Vorparlament, das die Wahl einer Nationalversammlung beschloss und dieser die Entscheidung über die künftige deutsche Verfassung auftrug. Am 18. Mai trat die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche zusammen.
Welche Grundrechte wurden festgeschrieben?
In einem eigenen Abschnitt, einem umfangreichen Katalog der »Grundrechte des deutschen Volkes«, wurden in der Paulskirchenverfassung u. a. die Unverletzlichkeit des Eigentums, die Freizügigkeit, die Freiheit der Person, das Briefgeheimnis, die Freiheit von Wissenschaft und Lehre, die Versammlungsfreiheit sowie die Redefreiheit aufgenommen. Diese Grundrechte waren bereits durch das »Reichsgesetz betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes« vom 27. Dezember 1848 in Kraft gesetzt worden.
Für welche Verfassung war Bismarck der Namensgeber?
Für die Verfassung des Deutschen Kaiserreiches vom 16. April 1871. Sie wurde entscheidend von Otto von Bismarck (1815–98) geprägt und war auf seine Stellung als preußischer Ministerpräsident und künftiger deutscher Reichskanzler (1871–90) zugeschnitten. Sie verzichtete auf einen Grundrechtskatalog und billigte dem frei gewählten Parlament, dem Reichstag, nur geringe (legislative) Rechte zu. Die Macht im Staat lag bei den Ländern, die im Bundesrat vertreten waren, beim Kaiser und – allen voran – bei Bismarck selbst.
Was war das Hauptmerkmal der Weimarer Verfassung?
Das Prinzip der Volkssouveränität nach dem alle Macht vom Volke ausgeht. Damit war die Verfassung der Weimarer Republik die erste praktizierte demokratische Verfassung Deutschlands und begründete eine parlamentarisch-demokratische und föderative Republik. In der Verfassung wurde u. a. das Frauenwahlrecht eingeführt und das preußische Dreiklassenwahlrecht – ein Wahlrecht, dem das Vermögen des Wahlberechtigten zugrunde lag (Zensuswahlrecht) – abgeschafft. Außerdem wurden zahlreiche Menschen- und Grundrechte eingeführt.
Die Weimarer Reichsverfassung trat mit der Unterzeichnung durch Reichspräsident Friedrich Ebert (1871–1925) am 11. August 1919 in Kraft. Sie setzte ein positives Verhältnis zur Demokratie voraus, ohne zu berücksichtigen, dass ein Großteil von Bevölkerung, Militär, Justiz und Verwaltung Anhänger monarchistischer bzw. totalitärer Strukturen war.
Wem gab die Weimarer Verfassung weitreichende Befugnisse?
Dem Reichspräsidenten. Er war Staatsoberhaupt, ernannte den Reichskanzler und die Mitglieder des Reichsgerichts, hatte den Oberbefehl über die Reichswehr und konnte den Reichstag auflösen.
Wichtigstes politisches Instrument des Reichspräsidenten war Notstandsartikel 48: Er konnte – wie 1919–24 unter Ebert und vor allem 1930–33 unter Paul von Hindenburg (1847–1934) geschehen – per Notverordnung mit quasi diktatorischen Vollmachten unter Ausschaltung des Parlaments regieren. Damit lieferte die parlamentarische Verfassung selbst die Möglichkeit zur Beseitigung des parlamentarischen Systems.
Wo konnte man sich zuerst auf Grundrechte berufen?
In England. Die entscheidenden Schritte zur Absicherung der Grundrechte heutiger Prägung vollzogen sich während des Kampfes um die Religionsfreiheit im 17. Jahrhundert: Sowohl die Habeas-Corpus-Akte (1679) als auch die Bill of Rights (1689) erkannten individuelle Grundrechte verfassungsmäßig an. Als klassisches Dokument der Grundrechte gilt die während der Französischen Revolution verfasste »Déclaration des droits de l'homme et du citoyen« (1789).
Wie lange existierte die Weimarer Republik?
Die erste deutsche Demokratie bestand zwischen 1918 und 1933 und wurde nach dem Tagungsort der verfassunggebenden Versammlung, der thüringischen Stadt Weimar, benannt. Die Weimarer Republik entstand in Folge der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg nach der erzwungenen Abdankung von Kaiser Wilhelm II. (1859–1941, Reg. 1888–1918) in der Novemberrevolution 1918. Die Proklamation der Republik erfolgte durch Philipp Scheidemann (SPD, 1865–1939) am 9. November 1918 in Berlin.
Das Grundgesetz: Verfassung der Bundesrepublik Deutschland
Wie viele Artikel hat das Grundgesetz?
Das Grundgesetz (GG) besteht aus 15 Abschnitten, die sich aus 146 Artikeln zusammensetzen. Vorangestellt ist eine Präambel, die die Staatsorgane verpflichtet, die staatliche Einheit Deutschlands anzustreben.
Abschnitt I (Artikel 1–19) legt die Grundrechte fest. Dazu gehören vor allem das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Freiheit der Person, die Freiheit der Religion, die Gleichheit aller vor dem Gesetz, die freie Meinungsäußerung sowie die Unverletzlichkeit der Wohnung. Abschnitt II (Artikel 20–37) schreibt die Staatsform fest und regelt das Verhältnis von Bund und Ländern. Die Abschnitte III–VI (Artikel 38–69) befassen sich mit den Verfassungsorganen Bundestag, Bundesrat, Gemeinsamer Ausschuss, Bundespräsident und Bundesregierung. Abschnitt VII (Artikel 70–82) behandelt die Kompetenzen von Bund und Ländern bei der Gesetzgebung. Gegenstand der Abschnitte VIII und VIIIa (Artikel 83–91b) sind die Ausführung der Gesetze, die Bundesverwaltung und die Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern. Abschnitt IX (Artikel 92–104) befasst sich mit der Rechtsprechung. Die Abschnitte X und Xa (Artikel 104a–115l) regeln das Finanzwesen und befassen sich mit dem Verteidigungsfall. In Abschnitt XI (Artikel 116–146) finden sich Übergangs- und Schlussbestimmungen.
Gibt es zwei Arten von Grundrechten?
Ja. Das Grundgesetz unterscheidet allgemein als »natürlich« anerkannte Menschenrechte, z. B. Artikel 5 (Meinungs-, Informationsfreiheit und Pressefreiheit) und Bürgerrechte. Letztere gelten nicht für alle in Deutschland lebenden Menschen, sondern nur für die Bürger des Landes, z. B. Artikel 8 (Versammlungsfreiheit).
Die in Abschnitt I formulierten Grundrechte binden nach Artikel 1 GG (Absatz 1: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu beachten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.«) als unmittelbar geltendes Recht sowohl die Gesetzgebung als auch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Es dürfen also keine Gesetze erlassen werden, die gegen die Grundrechte verstoßen. Häufig wird Artikel 1 GG deshalb als Leitprinzip der Verfassung angesehen. Artikel 19 Absatz 2 des GG legt fest, dass die Grundrechte in ihrem Wesensgehalt nicht geändert werden dürfen.
Übrigens: Die Grundrechte sind für den Einzelnen vor allem deshalb von Bedeutung, weil sie ihm die Möglichkeit zur freien Entfaltung und den Schutz der Privatsphäre bieten. Auch gewähren sie dem einzelnen Bürger einen gewissen Schutz vor Institutionen und dem Staat selbst. Bestimmte Grundrechte, die sog. Freiheitsrechte (z. B. das Recht auf freie Meinungsäußerung), gelten jedoch nur, solange sie nicht die Rechte anderer verletzen. Der Rechtsstaat (genauer: seine Gerichte) hat die Aufgabe, im Streitfall darüber zu entscheiden.
Warum heißt das Grundgesetz nicht Verfassung?
Mit der Verwendung des Namens »Grundgesetz« sollte auf seinen provisorischen, voläufigen Charakter hingewiesen werden. Nach Absicht seiner Schöpfer sollte das Grundgesetz seine Gültigkeit verlieren, wenn später einmal eine vom gesamten deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossene Verfassung in Kraft tritt.
Das am 23. Mai 1949 verkündete Grundgesetz besaß faktisch nur für die Bundesrepublik Deutschland Geltung, denn die DDR gab sich am 30. Mai 1949 eine eigene Verfassung. Allerdings hieß es in der damaligen Fassung der Präambel des Grundgesetzes: »Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.« Seit der deutschen Vereinigung am 3. Oktober 1990 gilt das Grundgesetz für – wie es in der heute gültigen Präambel heißt – »das gesamte deutsche Volk«.
Wer arbeitete das Grundgesetz aus?
Der Parlamentarische Rat. Er wurde auf Betreiben der Ministerpräsidenten der westdeutschen Länder einberufen.
Am 1. Juli 1948 hatten die alliierten Besatzungsmächte in den »Frankfurter Dokumenten« die Ministerpräsidenten aufgefordert, eine verfassunggebende Versammlung einzuberufen. Diese sollte für die westlichen Zonen eine demokratische Verfassung ausarbeiten, die dann durch eine Volksabstimmung bestätigt werden sollte. Die Ministerpräsidenten, die die Bildung eines Weststaates ohne Einbeziehung der Sowjetischen Besatzungszone ausschlossen, traten dafür ein, einen Parlamentarischen Rat ein provisorisches Grundgesetz ausarbeiten zu lassen und auf eine Volksabstimmung zu verzichten.
Was war die wichtigste Forderung an das Grundgesetz?
Das Grundgesetz sollte die Fehler der Weimarer Verfassung, die der Machtergreifung der Nationalsozialisten Vorschub geleistet hatten, nicht wiederholen. Deshalb wurden die Grundrechte an herausragender Stelle verankert: Sie stehen gleich zu Beginn als unverbrüchliche (und einklagbare) Rechte aller Menschen. In der Weimarer Verfassung waren sie erst ab Artikel 109 zu finden gewesen.
Im Gegensatz zum mächtigen Staatspräsidenten der Weimarer Verfassung hat der deutsche Bundespräsident fast ausschließlich repräsentative Aufgaben. Er wird auch nicht vom Volk gewählt und besitzt kein Notverordnungsrecht mehr. Die Stellung des Bundeskanzlers hingegen wurde gestärkt. Er ist unabhängig vom Bundespräsidenten und kann vom Parlament nur durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt werden, das heißt, die Mehrheit darf den Kanzler nicht bloß abwählen (wie beim einfachen Misstrauensvotum), sondern muss gleich einen Nachfolger bestimmen. Außerdem kann das Parlament die Regierungsmitglieder nicht absetzen.
Wer darf das Grundgesetz ändern?
Bundestag und Bundesrat mit jeweils Zweidrittelmehrheit. Das deutsche Grundgesetz kann nur geändert, nicht aber außer Kraft gesetzt werden.
Zu den wichtigsten Verfassungsänderungen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zählen die sog. Notstandsgesetze von 1968, die bei innerem Notstand (z. B. im Fall von Naturkatastrophen) und bei äußerem Notstand (Krieg) in Kraft treten. Bei innerem Notstand sehen die Notstandsgesetze u. a. den Einsatz von Polizei, Bundespolizei (dem ehemaligen Bundesgrenzschutz) und gegebenenfalls auch der Bundeswehr vor. Der äußere Notstand (Verteidigungsfall) muss von Bundestag und Bundesrat oder vom Gemeinsamen Ausschuss beider Gremien beschlossen werden.
Im Zuge der deutschen Vereinigung wurde 1990 im Einigungsvertrag festgelegt, dass das Grundgesetz u. a. in seinem Gültigkeitsbereich an die veränderten Erfordernisse anzupassen sei. 1993 wurde Artikel 16a zum Asylrecht u. a. dadurch ergänzt, dass das Asylrecht nicht für Flüchtlinge gilt, die aus einem Mitgliedstaat der EU oder aus einem anderen (gesetzlich festgelegten, sicheren) Drittstaat stammen.
Kann man die Grundrechte verlieren?
Nein, die Grundrechte können niemandem aberkannt werden. Verschiedene Grundrechte (z. B. das Recht auf freie Meinungsäußerung) kann ein Mensch in Deutschland jedoch verwirken, das heißt, er kann sich vor Gericht nicht mehr darauf berufen. Eine Verwirkung von Grundrechten ist allerdings nur möglich, wenn das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass der Betroffene seine Grundrechte gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung eingesetzt hat.
Wussten Sie, dass …
das Grundgesetz am 23. Mai 1949 von Konrad Adenauer (1876–1967) feierlich verkündet wurde? Adenauer war Vorsitzender des Parlamentarischen Rats und wurde am 7. Mai 1949 zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
die Anwesenden nach Verkündung des Grundgesetzes ein Burschenschaftslied anstimmten? Es gab noch keine Nationalhymne.
Bayern das Grundgesetz zunächst nicht anerkannte? Bayern befürchtete, dass die Länder durch die Verfassung an Einfluss verlieren würden.
Wer entsandte Vertreter in den Parlamentarischen Rat?
Die in den Parlamentarischen Rat entsandten Vertreter wurden von den Landesparlamenten der drei westlichen Besatzungszonen gewählt. Für je 750 000 Einwohner wurde ein Mitglied in den Rat entsandt. Er bestand aus 65 Mitgliedern, darunter vier Frauen. Hinzu kamen fünf Vertreter aus West-Berlin, die jedoch nur beratende Funktion hatten.
Das Bundesverfassungsgericht: Hüter des Grundgesetzes
Welche Aufgaben hat das Bundesverfassungsgericht?
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe soll den Rechtsstaat für den Bürger durchsetzen und darauf achten, dass sich auch die Staatsorgane an rechtsstaatliche Prinzipien halten. Außerdem ist es dazu verpflichtet, die Gesetzgebung auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen und notfalls Gesetzesänderungen einzufordern, falls ein Gesetz nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Auch politische Fragen werden vom Bundesverfassungsgericht erörtert. Das Grundgesetz selbst legt in Artikel 93 die Zuständigkeiten des Bundesverfassungsgericht fest. Näheres regeln Bundesgesetze.
Wie viele Richter hat das Bundesverfassungsgericht?
16, gleichmäßig verteilt auf zwei Senate. Der erste Senat ist der sog. Grundrechtssenat und damit hauptsächlich für Grundrechtsfragen zuständig. Der zweite Senat wird wegen seiner vorrangigen Zuständigkeit für das Staatsorganisationsrecht als Staatsrechtssenat bezeichnet. Die Zuständigkeiten für Verfassungsbeschwerden und die Normenkontrolle sind auf beide Senate verteilt. In allen übrigen Fällen ist allein der zweite Senat entscheidungsbefugt.
Im ersten Senat gibt es zudem drei, im zweiten Senat vier Kammern mit je drei Mitgliedern, die darüber entscheiden, ob das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde annimmt. Den Senaten obliegen die mündlichen Verhandlungen. Für den Fall, dass die Meinungen der beiden Senate zu einer Rechtsfrage abweichen, entscheidet das Plenum über das Verfahren. Dieses besteht aus allen 16 Verfassungsrichtern.
Wer darf Verfassungsbeschwerde einreichen?
Jeder Bürger, der sich in seinen Grundrechten eingeschränkt sieht. Zuvor müssen aber die normalerweise zuständigen Gerichte eingeschaltet werden. Nur wenn diese keine endgültige Entscheidung treffen, wird das Bundesverfassungsgericht angerufen. Jährlich gehen etwa 5000 Verfassungsbeschwerden ein, nur ein Bruchteil wird zur Entscheidung angenommen. Wird eine Klage nicht zugelassen, ist kein Widerspruch zulässig.
Was wird bei der Normenkontrolle überprüft?
Die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes. Bei der konkreten Normenkontrolle ruft ein Gericht das Bundesverfassungsgericht mit der Bitte an, ein Gesetz zu überprüfen, bevor das Gericht es anwendet. Die abstrakte Normenkontrolle kann von der Bundesregierung, von einem Drittel der Mitglieder des Bundestags sowie von jeder Landesregierung beantragt werden, um die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes überprüfen zu lassen.
Was ist ein Organstreit?
Eine Streitigkeit zwischen staatlichen Organen über deren verfassungsmäßige Aufgaben und Rechte. Hierbei rufen Verfassungsorgane, Bundestagsfraktionen oder einzelne Abgeordnete das Bundesverfassungsgericht an. Genauso können sich auch die Bundesregierung, die Landesregierungen oder Organe der Länder an das Bundesverfassungsgericht wenden, wenn es zu Streitigkeiten über die im Grundgesetz geregelten Aufgaben von Bund und Ländern (Bund-Länder-Streit) oder zu Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes kommt.
Übrigens: Zu den Aufgaben des Gerichts gehört auch, Parteien auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls zu verbieten, Beschwerden in Wahlprüfungsangelegenheiten zu untersuchen, das Grundgesetz auszulegen sowie die Verwirkung von Grundrechten zu prüfen und durchzusetzen.
Wem ist das Bundesverfassungsgericht verantwortlich?
Niemandem. Als Verfassungsorgan ist das Gericht keinerlei Weisungen unterworfen. Es ist daher auch unabhängig von den anderen Verfassungsorganen wie Bundesregierung oder Bundestag. Die Entscheidungen des Gerichts können nicht angefochten werden, alle Staatsorgane sind daran gebunden.
Wussten Sie, dass …
das Bundesverfassungsgericht 1953 alle Gesetze auf dem Gebiet von Ehe und Familie, die der Gleichberechtigung von Mann und Frau entgegenstehen, außer Kraft gesetzt hat?
das Gericht 1993 die Regelung zum Schwangerschaftsabbruch, nach der die Abtreibung innerhalb einer gesetzlichen Frist von zwölf Wochen nach Beratung straffrei bleibt, für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärte? Seitdem müssen Frauen vor einer Abtreibung ein Beratungsgespräch führen.
seit 1994 bewaffnete Auslandseinsätze der Bundeswehr in einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit (z. B. NATO) mit dem Grundgesetz vereinbar sind? Allerdings muss der Bundestag, so die Forderung des Bundesverfassungsgerichts, über jeden Auslandseinsatz der Bundeswehr gesondert entscheiden.
Wie lange amtiert ein Verfassungsrichter?
Zwölf Jahre. Die Richter des Bundesverfassungsgerichts werden je zur Hälfte vom Bundestag (durch zwölf Wahlmänner, die durch die Fraktionen aus dem Bundestagsplenum bestimmt werden) und vom Bundesrat – jeweils mit Zweidrittelmehrheit – gewählt. Eine Wiederwahl ist nicht möglich, weil die Unabhängigkeit der Richter gewahrt bleiben soll.
Rechtsstaat: Garantien für den Bürger
Was versteht man unter einem Rechtsstaat?
Eine Staatsform, in der die Staatstätigkeit durch eine auf Dauer angelegte Rechtsordnung begrenzt wird und die Rechtsstellung des Einzelnen durch Grundrechte garantiert ist. Staatliches Handeln ist an Gesetze gebunden und kann von unabhängigen Gerichten überprüft werden. Die Aufteilung der staatlichen Gewalt, die sog. Gewaltenteilung, soll Machtmissbrauch verhindern bzw. eine Machtbalance herstellen.
Eine geschriebene Verfassung umgrenzt rechtlich die Macht des Staates und bildet die für Staat und Bürger verbindliche oberste Rechtsnorm. In Deutschland regelt das Grundgesetz in Artikel 20 Absatz 3, dass die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die vollziehende Gewalt sowie die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind. Die Staatsgewalt in einem Rechtstaat ist somit der Gerechtigkeit verpflichtet.
Welche Gewalten werden unterschieden?
Legislative (gesetzgebende Gewalt), Exekutive (ausführende Gewalt) und Judikative (Rechtsprechung).
Die Legislative besteht aus den vom Volk gewählten Abgeordneten in den Parlamenten; sie formuliert und beschließt Gesetze, die von der Exekutive angewendet und durchgesetzt werden. Zur Exekutive zählen neben Bundesregierung und Bundeskanzler auch die Verwaltung, Ministerien und Behörden, in denen Beamte als Staatsbedienstete tätig sind, z. B. die Polizei. Die dritte Gewalt in einem demokratischen Rechtsstaat ist die Judikative, also die Gerichte, die jedem Bürger gemäß den Gesetzen zu seinem Recht verhelfen sollen.
Übrigens: In Deutschland gibt es keine vollkommene Trennung der Gewalten. So sind z. B. die Mitglieder der Regierung in aller Regel auch Bundestagsabgeordnete und gehören damit sowohl der Exekutive als auch der Legislative an. Zudem hat die Bundesregierung das Recht, eigene Gesetzesentwürfe in den Bundesrat einzubringen. Daher spricht man auch von einer Gewaltenverschränkung. Die Gerichte hingegen sind auch in der Praxis unabhängig.
Wer hat die Gewaltenteilung »erfunden«?
Der englische Philosoph John Locke (1632–1704). In seiner Abhandlung »Two Treaties of Government« formulierte er als Erster die Gewaltenteilung als grundlegendes Ordnungs- und Strukturprinzip moderner Verfassungen. Der französische Staatstheoretiker Montesquieu (1689 bis 1755) – ein erklärter Gegner des Absolutismus – entwickelte in seinem Hauptwerk »Vom Geist der Gesetze« (1748) seine Lehre von der Gewaltenteilung.
Die Überlegungen von Locke und Montesquieu prägten die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776 und die Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte während der Französischen Revolution 1789. Die Gewaltenteilung fand Eingang in die französischen Verfassungen von 1791 und 1795 und den Verfassungsentwurf der deutschen Nationalversammlung 1848/49. In Deutschland legte jedoch erst die Weimarer Reichsverfassung von 1919 die Gewaltenteilung endgültig fest.
Wer wird häufig als vierte Gewalt bezeichnet?
Die Medien, denn sie kontrollieren durch ihre Berichterstattung die übrigen Instanzen. Im Idealfall decken sie Missstände auf, hinterfragen Entscheidungen von Regierungen und Gerichten, thematisieren gesellschaftliche Probleme, stoßen Diskussionen an und üben zudem eine elementare Bildungsfunktion aus.
Der Bürger wird durch die Medien informiert, kann sich eine eigene Meinung bilden und so an der gesellschaftlichen Meinungsbildung teilnehmen. Eine tatsächliche »vierte Gewalt im Staat« sind die Medien dennoch nicht, denn sie haben ein eigenes, unabhängiges Interesse an ihrer Tätigkeit und sind – anders als die anderen Gewalten im Staat – nicht dem Gemeinwohl verpflichtet.
Wussten Sie, dass …
sich bereits der griechische Philosoph Platon (427–348/347 v. Chr.) mit dem Verhältnis zwischen Staat und Recht befasste? Er forderte, dass nicht Menschen, sondern Gesetze den Staat beherrschen sollten.
das Rechtsstaatsdenken in Großbritannien in der Idee von der »Rule of Law« (Herrschaft des Gesetzes) seine Entsprechung fand? Im 16. und 17. Jahrhundert begrenzte es das Handeln staatlicher Organe.
bei der Schaffung der amerikanischen Demokratie im 18. Jahrhundert der Gedanke des »Limited Government« (begrenzte Regierung) Pate stand? Mit der US-amerikanischen Verfassung wurden nicht nur die Menschenrechte, sondern auch die Normenkontrolle der Gerichte fixiert.
Recht: Vom Gesetz zur Rechtsprechung
Wann tritt ein Gesetz in Kraft?
Wenn es vom Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet wird.
Am Anfang eines Gesetzes steht zunächst ein Gesetzentwurf. Dieser kann von Mitgliedern des Bundestags als Parlamentsvorlage direkt in den Bundestag eingebracht werden; Gesetzesvorlagen der Bundesregierung oder des Bundesrats müssen erst dem jeweils anderen Organ zur Stellungnahme vorgelegt werden, ehe sie den Bundestag erreichen.
Der Bundestag berät in seinen Ausschüssen und in mehreren Lesungen über den Gesetzentwurf und beschließt die Vorlage – gegebenenfalls mit Veränderungen am Gesetzestext. Nun wird das Gesetz dem Bundesrat zugeleitet. Einige Gesetze können nur zustande kommen, wenn sie vom Bundesrat gebilligt werden. Handelt es sich um ein Gesetz, das keiner Zustimmung des Bundesrats bedarf, so kann die Ländervertretung lediglich Einspruch erheben, der aber vom Bundestag mit einfacher Mehrheit zurückgewiesen werden kann.
Erst wenn Bundestag und Bundesrat ein Gesetz gebilligt haben, wird es dem Bundespräsidenten zugeleitet. Das deutsche Staatsoberhaupt verkündet das Gesetz im Bundesgesetzblatt, hat aber auch die Möglichkeit, bei schwerwiegenden Bedenken die Ausfertigung des Gesetzes zu blockieren.
Muss der Staat berechenbar sein?
Ja, immer. Nach dem Gebot der Rechtssicherheit, die das staatliche Handeln für den Einzelnen berechenbar macht, sind alle staatlichen Organe, also auch die Verwaltung (z. B. Ämter) an Recht und Gesetz gebunden. Daneben muss ein Bürger in einem Rechtsstaat darauf vertrauen können, dass neue Gesetze keine rückwirkende Geltung haben. Auch ist wichtig, dass die Staatsgewalt nicht willkürlich handeln darf, z. B. keine willkürlichen Verhaftungen vornehmen kann.
Die Gesetze müssen klar formuliert werden – Straftatbestände sollen daher möglichst exakt beschrieben werden. Zudem sind vor dem Gesetz alle gleich. Niemand darf z. B. aufgrund seiner beruflichen Position oder auch wegen eines Adelstitels vor Gericht bevorzugt werden.
Wer darf gesetzeswidriges Verhalten ahnden?
Allein der Staat. Wenn jemand gesetzeswidrig handelt, verhängt der Staat durch die dafür zuständigen Organe Sanktionen, beispielsweise Geldbußen oder Haftstrafen. Die Festlegung der Sanktionen fällt in den Aufgabenbereich der Gerichtsbarkeit. Ohne ein rechtskräftiges Gerichtsurteil dürfen sie nicht durchgesetzt werden.
Übrigens: Das Recht in Deutschland gliedert sich wie folgt: Oberste Gesetzeskraft haben die unveränderlichen Verfassungsartikel, darauf folgen diejenigen Artikel im Grundgesetz, die geändert werden können, als Drittes alle Gesetze und als Viertes Rechtsverordnungen sowie Satzungen und Ähnliches.
Was gehört zum öffentlichen Recht?
Das Verfassungsrecht, das Staatsrecht (z. B. die Wahlgesetzgebung), das Verwaltungsrecht, das Steuerrecht sowie das Sozialrecht. In Fragen des Verfassungsrechts (z. B. bei der Prüfung, ob Gesetze verfassungsgemäß sind) sind die Verfassungsgerichte bzw. -gerichtshöfe der Länder und das Bundesverfassungsgericht zuständig.
Die Verwaltungsgerichte behandeln strittige Punkte zwischen den Bürgern und der öffentlichen Verwaltung, z. B. der Polizei oder den Trägern öffentlicher Leistungen. Das Steuerrecht ist zwar Teil des Verwaltungsrechts, wird aber eigenständig behandelt. Für Streitfragen zwischen den Bürgern und der Finanzverwaltung (z. B. hinsichtlich des Steuerbescheids) sind daher auch die Finanzgerichte der Länder zuständig. Genauso gehört auch das Sozialrecht, das u. a. die soziale Sicherung der Bürger regelt, zum Verwaltungsrecht, doch gibt es dafür außerdem spezielle Sozialgerichte, die die Bürger etwa zur Schlichtung von Streitfällen mit den entsprechenden Sozialversicherungsträgern anrufen können.
Welches Recht regelt die Beziehungen der Bürger untereinander?
Das Privatrecht. Es regelt nicht nur die Beziehungen zwischen einzelnen Bürgern, sondern auch zwischen Bürgern und privaten Institutionen und gesellschaftlichen Gruppen. Die entsprechenden Regelungen sind hauptsächlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu finden. Aber auch das Arbeits-, Handels- und Wirtschaftsrecht zählt zum Privatrecht. Für privatrechtliche Streitfälle sind die sog. ordentliche Gerichtsbarkeit und als Teil dieser Gerichtsbarkeit die Zivilgerichte zuständig. Für Probleme und Konflikte zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gibt es hingegen die Arbeitsgerichte.
Was ist Aufgabe des Strafrechts?
Der Schutz der grundlegenden Elemente des Gemeinschaftslebens. Das Strafrecht schützt u. a. Privateigentum sowie Leib und Leben des Einzelnen. Gegen Personen, die diese wichtigen Rechtsgüter verletzen, kann der Staat Strafen (z. B. Haftstrafen, Geldbußen) verhängen. Das Strafrecht ist in einem Strafgesetzbuch (StGB) und strafrechtlichen Nebengesetzen (z. B. Straßenverkehrsgesetz) geregelt. Zuständig für Strafrechtssachen sind innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Strafgerichte.
Können Richter abgesetzt werden?
Richter können nicht ohne Weiteres ihres Amtes enthoben oder gegen ihren Willen versetzt werden. Gegen sie kann nur ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden, wenn z. B. der Verdacht auf Korruption oder Rechtsbeugung besteht. Zur Bewahrung ihrer Unabhängigkeit besitzen Richter einen beamtenähnlichen Status, sie sind also keine Beamten im eigentlichen Sinn.
Die Gerichte in einem Rechtsstaat wie Deutschland sind unabhängig. Ihre Richter sind nicht weisungsgebunden, das heißt, weder die Regierung noch andere staatliche Institutionen dürfen einem Richter vorschreiben, was er zu tun hat, oder ihn in seinen Entscheidungen beeinflussen. Richter sind allein dem Gesetz verpflichtet und müssen ihre Urteile nach Recht und Gesetz fällen.
Übrigens: Die Gerichte in einem Rechtsstaat haben das Rechtsprechungsmonopol. Verhaftungen z. B. dürfen nur auf richterliche Anweisung hin vorgenommen werden.
Was geschieht in einem Gerichtsverfahren?
In einem Verfahren muss das Gericht die geltenden Gesetze auf den vorliegenden Fall anwenden und – falls ein Gesetzesverstoß vorliegt – eine Rechtsfolge (im Strafgerichtsprozess z. B. eine Haftstrafe) festlegen. Im Allgemeinen muss das Gericht jedoch zunächst einmal den Sachverhalt klären, da Kläger und Beklagte dem Gericht zumeist unterschiedliche Ansichten des Sachverhalts darlegen. Zur Klärung werden – soweit vorhanden – Beweismittel sowie Zeugenaussagen herangezogen. Falls die Schuld des Beklagten nicht eindeutig festgestellt werden kann, gilt der Grundsatz »im Zweifel für den Angeklagten«.
Wie ist die Gerichtsbarkeit unterteilt?
Jeder Einzelbereich der Gerichtsbarkeit hat mehrere Stufen, Instanzen genannt. Gegen ein Urteil der unteren Instanz kann man Berufung einlegen. Dann wird der Prozess an die nächsthöhere Instanz verwiesen, die den Fall noch einmal prüft. Gegen deren Urteil ist erneut Revision zulässig.
Die ordentliche Gerichtsbarkeit ist in vier Stufen unterteilt: Die unterste Stufe bilden die Amtsgerichte, es folgen die Landgerichte, die Oberlandesgerichte und der Bundesgerichtshof. Arbeits-, Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit sind dreistufig. Bei der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit bilden die Arbeits- und Sozialgerichte die unterste Stufe, es folgen die Landesgerichte und schließlich die Bundesgerichte. Bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind es – von unten nach oben – die Verwaltungsgerichte, der Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht. Die Finanzgerichtsbarkeit ist zweistufig; sie umfasst auf Landesebene das Finanzgericht und auf Bundesebene den Bundesfinanzhof.
Welchen Gesetzen muss der Bundesrat zustimmen?
Allen Gesetze, die das Grundgesetz, Abkommen mit anderen Staaten oder die Bundesländer unmittelbar betreffen, muss der Bundesrat zustimmen. Lehnt der Bundesrat die Zustimmung ab und legt sein Veto ein, bemüht sich der Vermittlungsausschuss um einen Kompromiss. Die Änderungsvorschläge des Vermittlungsausschusses müssen von Bundestag und Bundesrat akzeptiert werden, sonst ist die Gesetzesvorlage gescheitert.
Wer darf ein Gericht anrufen?
Jeder Bürger, der sich in seinen Rechten verletzt fühlt. Artikel 19 Absatz 4 GG garantiert den Bürgern, dass sie auch dann den Rechtsweg beschreiten dürfen, wenn die öffentliche Gewalt ihre Rechte verletzt. Bei vermeintlichem Verstoß gegen ein Grundrecht kann ein Bürger das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Wussten Sie, dass …
das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bereits am 1. Januar 1900 in Kraft trat? Damit galt erstmals in allen deutschen Ländern ein einheitliches Privatrecht.
sich das BGB in fünf Teile gliedert? Nach dem Allgemeinen Teil regelt es das Recht der Schuldverhältnisse, das Sachenrecht, das Familienrecht und das Erbrecht.
ein Gericht auch rechtspflegerische Aufgaben wahrnimmt? Dies gilt vor allem für das Amtsgericht, das u. a. als Behörde das Grundbuch führt sowie als Insolvenz- und Vollstreckungsgericht tätig ist.
Wussten Sie, dass …
der Bundesgerichtshof (BGH) seinen Sitz an zwei Standorten hat, und zwar in Karlsruhe und Leipzig? Der BGH besteht aus zwölf Zivil- und Straf- sowie acht Spezialsenaten.
das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Leipzig) in manchen Fällen erste und letzte Instanz ist? Dies ist z. B. bei Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern der Fall.
der Bundesfinanzhof (BFH) der oberste Gerichtshof Deutschlands für Steuern und Zölle ist? Er hat seinen Sitz in München.
Kriminalität: Kampf dem Verbrechen
Welche Formen der Kriminalität gibt es?
Generell wird unterschieden zwischen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. So werden viele Verkehrsdelikte wie geringfügiges Überschreiten des Tempolimits als Ordnungswidrigkeit und nicht als Straftat verfolgt und mit einer Geldbuße geahndet. Es kommt also nicht zum Gerichtsverfahren.
Der Staat schützt seine Bürger nur vor sog. elementaren Rechtsgüterverletzungen, bei denen es zu einer Anklage vor Gericht kommt. Dazu zählen u. a. Mord und schwere Körperverletzung, aber auch die als »Bagatelldelikte« bezeichneten Straftaten, z. B. einfacher Ladendiebstahl geringwertiger Sachen (Waren im Wert bis zu 25 Euro) oder Schwarzfahren.
Was gilt als schwere Form der Kriminalität?
Gewalt-, Wirtschafts- und Umweltkriminalität. Zur schwerwiegenden Gewaltkriminalität gehören nach der Definition des Bundeskriminalamts (BKA) Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, Körperverletzung mit Todesfolge, gefährliche und schwere Körperverletzung, erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme sowie der Angriff auf den Luft- und Seeverkehr.
Auch die Wirtschaftskriminalität, also Straftaten, durch die das Wirtschaftssystem für kriminelle Zwecke missbraucht wird, wie Konkursstraftaten, Untreue und Betrug, Computerkriminalität oder Kreditkartenmissbrauch gelten als schwere Erscheinungsform der Kriminalität. Dasselbe gilt für die organisierte Kriminalität. Ebenso ist die Umweltkriminalität, also Straftaten, die die Umwelt belasten bzw. gefährden (z. B. Gewässerverunreinigung), zu den schweren Kriminalitätsformen zu rechnen.
Was versteht man unter organisierter Kriminalität?
Das geplante Begehen von Straftaten durch mehr als zwei Personen auf längere bzw. unbestimmte Zeit. Zu den weiteren Kennzeichen der organisierten Kriminalität gehört u. a., dass die Straftäter geschäftsähnliche Strukturen aufgebaut haben und gezielt Gewalt einsetzen. Die organisierte Kriminalität betätigt sich in allen Bereichen mit hohen Gewinnspannen. Dazu gehören u. a. Menschenhandel, Drogenhandel, Schutzgelderpressung, Geldwäsche und Autoschieberei. In Deutschland ist etwa ein Drittel aller Straftaten in diesem Bereich dem Drogenhandel zuzurechnen. Der jährliche Schaden durch organisierte Kriminalität liegt bei mehr als 500 Mio. Euro.
Wem untersteht die Polizei?
Den Bundesländern. Die Polizei hat die Aufgabe, den Schutz der öffentlichen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Sie soll also drohende Gefahren vom einzelnen Bürger, von der Allgemeinheit und vom Staat abwenden. Dazu gehört natürlich der Schutz der Allgemeinheit vor Kriminalität.
Die Polizei ist in verschiedene Abteilungen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten untergliedert. So sind auf Landesebene neben der für Straftaten zuständigen Kriminalpolizei die Schutzpolizei, die Verkehrs-, die Wasserschutz- und die Bereitschaftspolizei (eingesetzt z. B. zur Bewältigung von Gefahrenlagen wie bei Demonstrationen) tätig. Die Kriminalpolizei arbeitet mit den Landeskriminalämtern zusammen, die sich mit dem Bundeskriminalamt, der Zentralstelle für Verbrechensbekämpfung, abstimmen.
Welche Aufgaben hat das Bundeskriminalamt?
Das dem Bundesinnenministerium unterstehende Bundeskriminalamt (BKA) koordiniert die Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der länderübergreifenden Verbrechensbekämpfung. Es wurde 1951 gegründet und hat seinen Sitz in Wiesbaden.
Beim BKA sind alle wichtigen Informationen über Straftaten und -täter zentral gespeichert. Zudem unterhält die Behörde auch eine Fingerabdruck- und eine DNA-Datenbank, in der Informationen über das Erbgut von Straftätern gespeichert werden und auf die nicht nur die nationale Polizei, sondern auch Europol und Interpol (europäische und internationale Polizei) zurückgreifen können. Das BKA führt auch die polizeiliche Kriminalstatistik für Deutschland.
Als weitere Aufgabe ist das BKA für den Schutz (auch den Personenschutz) von Mitgliedern der Verfassungsorgane zuständig. Des Weiteren übernimmt es den Zeugenschutz in den Fällen, in denen es als Strafverfolgungsbehörde tätig ist.
Was ist Europol?
Die Strafverfolgungsbehörde der Europäischen Union (EU) mit Sitz in Den Haag (Niederlande). Europol (Europäisches Polizeiamt) nahm 1999 seine Arbeit in vollem Umfang auf, nachdem die Behörde ab 1994 zunächst als Europol-Drogenstelle mit der Bekämpfung des internationalen Rauschgifthandels betraut war. Europol unterstützt die EU-Mitgliedstaaten bei der Strafverfolgung u. a. in den Bereichen Drogen- und Schleuserkriminalität, Terrorismus, Kraftfahrzeugverschiebung, Menschenhandel und Kinderpornographie, Geldfälschung, Handel mit radioaktiven und nuklearen Stoffen sowie Geldwäsche und Umweltkriminalität.
Wie viele Straftaten werden pro Jahr in Deutschland verübt?
Die Zahl der polizeilich erfassten Straftaten lag in Deutschland 2005 bei knapp 6,4 Mio. Dabei entfiel etwa die Hälfte aller Straftaten auf Diebstahlsdelikte. Im europaweiten Vergleich liegt die Kriminalität in der Bundesrepublik Deutschland damit im Mittelfeld. Dennoch ist die Furcht der Deutschen vor kriminellen Handlungen in den letzten Jahren gestiegen. Gründe dafür sind neben einer zum Teil überzogenen Berichterstattung in den Medien die Zunahme der organisierten Kriminalität sowie die Angst vor Terroranschlägen.
Wussten Sie, dass …
beim großen Lauschangriff auch die Wohnung eines Verdächtigen abgehört und überwacht werden darf? Allerdings darf nur abgehört werden, wenn es sich um mutmaßliche Mitglieder einer terroristischen Vereinigung handelt bzw. der Verdacht auf Drogenhandel, Bandendiebstahl oder eine besonders schwere Straftat (z. B. Mord) vorliegt.
Terroristen oder Mafiamitglieder als Kronzeugen gegen ihre Organisation aussagen und dadurch einer Strafverfolgung entgehen können? Allerdings nur, wenn sie mit Ihrer Aussage dazu beitragen, weitere Straftaten zu vereiteln.
auch für das Führen von Gas- und Schreckschusswaffen mittlerweile eine behördliche Erlaubnis erforderlich ist? Dieser sog. kleine Waffenschein wurde 2003 eingeführt, da diese Waffen häufig bei Straftaten zum Einsatz kamen.
Hat der Bund auch eine Polizei?
Ja, die Bundespolizei (bis 2005: Bundesgrenzschutz). Sie ist dem Bundesinnenministerium unterstellt und zuständig für die polizeiliche Überwachung und die Kontrolle von Personen, die die Grenzen überschreiten. Daneben soll sie Gefahren abwehren, die die Bahnanlagen des Bundes (z. B. Sabotageakte) und die Luftsicherheit (z. B. Flugzeugentführungen) betreffen. Weitere Aufgaben sind der Schutz von Bundesorganen und Personen oder die Teilnahme an Polizeiaktionen im Ausland unter dem Mandat der UNO oder einer anderen internationalen Organisation. Der Bekämpfung des Terrorismus dient die Spezialeinheit Grenzschutzgruppe 9 (GSG 9).
Was macht Interpol?
Die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation mit Sitz in Lyon dient der gegenseitigen Unterstützung der Polizeibehörden bei der staatsübergreifenden Verbrechensbekämpfung. Delikte aus politischen, militärischen, religiösen oder rassistischen Motiven entziehen sich der Kompetenz von Interpol. Die Organisation stellt u. a. internationale Datenbanken zur Verfügung, entsendet auf Wunsch Spezialisten und sorgt für internationale Maßnahmen zur Fahndung nach gesuchten Personen.
Was ist die Polizeiliche Kriminalstatistik?
Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) ist eine jährlich vom Bundesministerium des Inneren herausgegebene Statistik. Sie führt alle der Polizei bekannt gewordenen und von ihr abschließend bearbeiteten Straftaten auf und liefert dazu weitere Informationen, z. B. über Schäden, Opfer oder Alter und Geschlecht der Tatverdächtigen.
Steuern: Wie der Staat zu Geld kommt
Wofür braucht der Staat Geld?
Damit er seine vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen kann. Bund, Länder und Gemeinden müssen über ihre Haushalte »öffentliche Güter« bereitstellen: z. B. innere und äußere Sicherheit, Infrastrukturen, Krankenhäuser, Verwaltung und Gerichtsbarkeit, Schulen und Hochschulen. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, benötigt der Staat Geld.
Die erforderlichen Mittel beschaffen sich Bund, Länder und Gemeinden durch Steuern und Abgaben, über deren Art und Höhe die Parlamente beschließen. Beim Bund entfallen ungefähr 85 % der Einnahmen auf Steuern, bei den Ländern etwa 70 %; der Rest setzt sich zusammen aus Gebühren, anderen Abgaben und Krediten.
Was sind direkte Steuern?
Die direkten Steuern werden bei demjenigen erhoben, der die Steuer tragen soll. Es gibt die Besitzsteuern (z. B. Erbschaft- und Schenkungsteuer) und die Ertragsteuern. Zu ihnen gehören die Lohn- und Einkommensteuer sowie die Körperschaftsteuer der Unternehmen.
Bei den indirekten Steuern handelt es sich im Allgemeinen um Verbrauchsteuern, die den Verbrauch von Gütern belasten sollen. Sie werden jedoch nicht direkt beim Konsumenten, sondern bei den Verkäufern erhoben. Die Händler sollen versuchen, die indirekten Steuern durch einen Aufschlag auf ihre Preise an den Konsumenten weiterzugeben.
Wozu dienen Verbrauchsteuern?
Allgemeine Verbrauchsteuern sollen den gesamten privaten Konsum erfassen und werden in Form einer Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer erhoben. Spezielle Verbrauchsteuern gelten hingegen für einzelne Güter, deren besondere Belastung der Staat mit gesellschaftspolitischen Zielen rechtfertigt. So wird die Mineralölsteuer als Ökosteuer zum Schutz der Umwelt eingesetzt, Tabaksteuer und Alkoholabgaben werden mit Gesundheitsschutzargumenten begründet.
Die in Deutschland bundesweit erhobenen Verbrauchsteuern sind Mineralölsteuer und Erdgassteuer, Tabaksteuer, Branntweinsteuer, Kaffeesteuer, Biersteuer, Schaumweinsteuer, Zwischenerzeugnissteuer, Stromsteuer, Alkopopsteuer und Einfuhrumsatzsteuer.
Die Gemeinden können örtliche Verbrauchsteuern (Gemeindesteuern) erheben. Die verbreitetsten Gemeindesteuern sind Hundesteuer und Vergnügungsteuer.
Welche Steuern sind sozial gerechter?
Die direkten Steuern, weil ihre Höhe in der Regel nach der Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen gestaffelt ist. Dagegen belastet eine Besteuerung des privaten Verbrauchs, z. B. durch die Mehrwertsteuer, die Bezieher niedriger Einkommen im Verhältnis stärker. Sie wenden einen höheren Anteil ihres Einkommens für den laufenden Verbrauch (z. B. für Kleidung) auf, zahlen dafür aber den gleichen Steuersatz wie die Besserverdienenden. Dennoch erhöht der Staat lieber die indirekten Steuern. Sie sind leichter durchzusetzen, da sie nicht im Steuerbescheid auftauchen, sondern »nur« im Rechnungsbetrag des Händlers enthalten sind.
Müssen auch Unternehmen Steuern zahlen?
Ja, Unternehmen müssen eine Vielzahl an Steuern zahlen, die zu drei Gruppen zusammengefasst werden können: Ertragsteuern, Besitzsteuern sowie Verkehr- und Verbrauchsteuern. Ertragsteuern sind im Kern die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Gewerbeertragsteuer, die auf die in einem Unternehmen erwirtschafteten Gewinne gerichtet sind.
Die Besitzsteuern (z. B. Grundsteuer) zielen auf die Vermögenssubstanz als Bemessungsgrundlage. Die Verkehr- und Verbrauchsteuern betreffen die Verwendung von Einkommen entweder für Konsumzwecke (z. B. Umsatzsteuer und spezielle Verbrauchsteuern) oder für den Erwerb von Vermögenswerten (z. B. Grunderwerbsteuer). Diese »indirekten Steuern« werden ihrem Wesen nach auf die Verbraucher bzw. Erwerber abgewälzt.
Welche Ziele verfolgt eine Steuerreform?
Mit einer Steuerreform wird meist versucht, eine als zu hoch empfundene Steuerlast der Bürger oder Unternehmen zurückzuführen oder ein kompliziertes Steuersystem zu vereinfachen. Eine zu hohe Abgabenbelastung kann zu Versuchen der Steuervermeidung (Kapitalflucht ins Ausland) und zur Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entwicklung durch verringerte Konsum- und Investitionsausgaben führen. Ein Instrument der internationalen Standortpolitik ist die Höhe der Steuerlast für Unternehmen: Niedrige Steuersätze sollen die Ansiedlung von Unternehmen fördern.
Warum brechen Steuereinnahmen ein?
Dafür kann es zahlreiche Gründe geben: In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit etwa gibt es weniger Erwerbstätige, die Einkommensteuer zahlen. Bei schwacher Konjunktur fallen die Gewinne der Unternehmen im Durchschnitt geringer aus, so dass auch hier die Steuereinnahmen sinken.
Oft sind es aber auch hausgemachte Probleme, die die staatlichen Einnahmen wegbrechen lassen. Wenn Steuergesetze den Besteuerten beispielsweise zu großen Gestaltungsspielraum einräumen, wird dieser genutzt, um sich »arm zu rechnen« und so die eigene Steuerschuld zu reduzieren – und im extremen Fall sogar noch eine Erstattung vom Finanzamt zu erhalten. So führte beispielsweise die Reform der Körperschaftsteuer im Jahr 2000 zu einem dramatischen Rückgang der Einnahmen: Statt 23,5 Mrd. Euro Einnahmen (2000) schrieb der Fiskus 2001 ein Minus von 426 Mio. Euro. Ausgiebig machten die Unternehmen von der Möglichkeit Gebrauch, Gewinne mit Verlusten aus früheren Jahren oder von verbundenen Betrieben (etwa Tochterunternehmen) auszugleichen.
Wer ist auf der Steuerflucht?
Derjenige Steuerpflichtige, der seinen Wohnsitz oder Unternehmenssitz in sog. Steueroasen (z. B. nach Monaco oder in die Schweiz) verlegt. Hintergrund für dieses Verhalten sind vergleichsweise hohe Einkommen- und/oder Vermögensteuersätze im Herkunftsland des Steuerpflichtigen. Aus Steuergründen ziehen aber nicht nur Prominente um, sondern auch immer mehr Firmen versuchen dem deutschen Fiskus durch eine Verlagerung ihres Firmensitzes ins Ausland zu entgehen. Konkrete Angaben über das Ausmaß von Steuerflucht aus Deutschland gibt es zwar nicht, Schätzungen zufolge sind die Einnahmeausfälle der öffentlichen Hand aber enorm.
Welche Grundsätze gelten für die Besteuerung?
Die Prinzipien der Leistungsfähigkeit und der Äquivalenz. Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip soll jede Person nach ihren finanziellen Möglichkeiten mit Steuern belastet werden. Das Äquivalenzprinzip sieht Abgaben als Entgelt für staatliche Leistungen an; es kommt z. B. bei Gebühren und Beiträgen zur Anwendung.
Wussten Sie, dass …
die Umsatzsteuer 1916 in Deutschland eingeführt wurde? Sie diente der Finanzierung der Kriegskosten im Ersten Weltkrieg.
es auch einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz gibt? Er beträgt 7 % und gilt u. a. für Lebensmittel sowie Bücher und Presseerzeugnisse.
die Mehrwertsteuererhöhung 2007 von 16 % auf 19 % die stärkste Erhöhung in der Geschichte Deutschlands ist? Bis dahin wurde der Steuersatz stets nur um einen Prozentpunkt angehoben.
es früher Salzsteuer, Zuckersteuer und Teesteuer gab? Sie gehörten zu den Verbrauchsteuern.
Haushalt: Die Finanzen des Staates
Was versteht man unter öffentlichen Haushalten?
Die Einnahmen und Ausgaben der Gebietskörperschaften eines Staates sowie der Sozialversicherungen. Bei den Gebietskörperschaften in Deutschland wird unterschieden zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Sie alle müssen einen Haushaltsplan für die jeweilige Finanzperiode (in der Regel ein Jahr) aufstellen. In Deutschland wie auch in anderen Demokratien müssen die Haushalte der Gebietskörperschaften von den Parlamenten beschlossen werden.
Unvorhergesehene Ausgaben oder abbröckelnde Einnahmen aus Steuern, Abgaben und Beiträgen ändern den Haushalt häufig. Der Haushaltsplan stimmt daher in der Regel nicht mit dem Ist-Haushalt überein. In Deutschland ist es aber nicht erlaubt, Ausgaben zu tätigen, ohne sie im Haushaltsplan berücksichtigt zu haben. In diesem Fall muss z. B. die Bundesregierung einen Nachtragshaushalt vom Bundestag genehmigen lassen.
Ausgaben müssen durch Einnahmen gedeckt werden, wobei die Einnahmen durchaus aus Kreditaufnahme stammen können. Die Neuverschuldung darf jedoch laut Artikel 115 GG die Höhe der Investitionen des Staates nicht überschreiten.
Ist sparen Pflicht?
Ja. Die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans muss gesetzlich festgelegten Prinzipien, den sog. Haushaltsgrundsätzen, genügen. Dazu gehören neben der Sparsamkeit die Grundsätze der stetigen Aufgabenerfüllung, die Wirtschaftlichkeit, das konjunkturgerechte Verhalten, die sachliche Vollständigkeit und die Haushaltswahrheit. Damit ist gemeint, dass Einnahmen und Ausgaben wahrheitsgetreu veranschlagt werden müssen. Sie dürfen nur in der Höhe in den Haushaltsplan aufgenommen werden, in der sie im Haushaltsjahr voraussichtlich eingehen werden bzw. geleistet werden müssen.
Wer prüft die Haushaltsführung?
Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsführung unterliegen der Prüfung des Bundesrechnungshofes; die politische Kontrolle erfolgt durch das Parlament.
Der Bundesrechnungshof mit Sitz in Bonn ist von der Bundesregierung unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Die Bundesoberbehörde überprüft auch die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Bundesbetriebe. Die Mitglieder sind wie Richter unabhängig, können aber keine Sanktionen verhängen, wenn sie Verstöße feststellen. Auf Länderebene findet der Bundesrechnungshof seine Entsprechung in den Landesrechnungshöfen.
Was geschieht beim Länderfinanzausgleich?
Öffentliche Mittel werden von den »reicheren« zu den finanzschwächeren Bundesländern mit dem Ziel umverteilt, gleiche Lebensbedingungen in ganz Deutschland zu schaffen. 2005 belief sich das Gesamtvolumen des Länderfinanzausgleichs nach Angaben des Statistischen Bundesamts auf 6,885 Mrd. Euro (vorläufige Zahlen). Die fünf Geberländer waren Bayern (2,219 Mrd.), Baden-Württemberg (2,209 Mrd.), Hessen (1,593 Mrd.), Nordrhein-Westfalen (487 Mio.) und Hamburg (377 Mio.); die übrigen elf Bundesländer empfingen Ausgleichszahlungen. Neben dem Ausgleich zwischen den Bundesländern (horizontaler Finanzausgleich) gibt es Bundesergänzungszuweisungen (vertikaler Finanzausgleich) an die Empfängerländer. Deren Volumen betrug 2005 insgesamt 14,608 Mrd. Euro.
Der Finanzausgleich ist nicht unumstritten. Seine Kritiker – insbesondere aus den Geberländern – bemängeln, dass dadurch der Wettbewerb eingeschränkt werde. Um trotz des Finanzausgleichs für die Empfängerländer einen Anreiz zu sparsamem Haushalten zu schaffen, wird inzwischen durch den Länderfinanzausgleich keine 100 %ige Angleichung der Verhältnisse mehr angestrebt. Die Reihenfolge zwischen reicheren und ärmeren Bundesländern soll erhalten bleiben, um Empfängerländer anzuspornen, selbst zu Geberländern aufzusteigen.
Welche Anforderungen muss der Haushalt eines EU-Staates erfüllen?
In einem EU-Mitgliedsland darf die Neuverschuldung nicht über 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen. Ansonsten leitet die Europäische Kommission ein »Verfahren wegen übermäßigen Defizits« ein. Daraufhin muss das betroffene Land einen Plan zum Abbau des Defizits vorlegen. Wenn es den Plan nicht einhält, können Sanktionen verhängt werden. Dazu gehören u. a. Geldstrafen (von 0,2 bis 0,5 % des BIP) sowie die Hinterlegung von Geldern bei der EU. Ausnahmen sind nur vorgesehen, wenn ein außergewöhnliches Ereignis auftritt (z. B. eine Naturkatastrophe) oder sich das betroffene Land in einer schweren Wirtschaftskrise befindet.
Die Sanktionen müssen vom Ministerrat mit Zweidrittelmehrheit gebilligt werden, wobei das betroffene Land kein Stimmrecht hat. Deutschland verfehlte 2005 zum vierten Mal in Folge die Defizitgrenze, ohne dass Sanktionen ergriffen wurden.
Darf die EU Schulden machen?
Nein, der Haushalt der EU muss ausgeglichen sein, das heißt, sie darf keine Schulden machen. Den Hauptanteil der EU-Einnahmen bilden nicht Steuern, sondern Beiträge der Mitgliedstaaten, deren Höhe sich an der jeweiligen Wirtschaftsleistung (Bruttosozialprodukt, BSP) orientiert. Diese ursprünglich als Ergänzung geplanten sog. BSP-Eigenmittel machen inzwischen rd. 60 % der EU-Einnahmen aus. Daneben sind Mehrwertsteuer-Eigenmittel (knapp ein Viertel) und Zölle (rd. 10 %) wichtige Einnahmearten.
Die Ausgaben der EU sind in insgesamt sieben Bereiche gegliedert: Landwirtschaft, Maßnahmen für strukturschwache Regionen, interne Politikbereiche (Forschung und Entwicklung, Umwelt, Energie, Verkehr), externe Politikbereiche (humanitäre Hilfe, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik), Verwaltungsausgaben, Reserven (Währungsreserven, Reserven für Soforthilfen und Garantien) sowie Heranführungshilfen für Staaten, die der EU beitreten wollen.
Während der letzten Jahrzehnte hat sich das Volumen des EU-Haushalts um ein Vielfaches vergrößert. Betrug er 1960 noch umgerechnet 0,6 Mrd. Euro, so stieg er bis 2006 auf rd. 112 Mrd. Euro.
Wer kontrolliert die Haushaltsführung der EU?
Alle Einnahmen und Ausgaben werden vom Europäischen Rechnungshof kontrolliert. Dabei forscht die unabhängige Behörde nach Unstimmigkeiten und juristischen Formfehlern. Der Rechnungshof hat das Recht, sämtliche Rechnungsunterlagen aller europäischen Institutionen, Einrichtungen und Personen einzusehen, die Gemeinschaftsmittel verwalten bzw. erhalten.
Die Verwendung der Haushaltsmittel wird untersucht auf Ordnungsmäßigkeit (sind alle organisatorischen Anforderungen bei der Rechnungsführung und Statistik beachtet worden?), Rechtmäßigkeit (stehen die Einnahmen und Ausgaben in Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften?) und Wirtschaftlichkeit (wurden die Finanzmittel tatsächlich für die Verwendungen eingesetzt, für die sie geplant waren?).
Warum hat die EU die Neuverschuldung begrenzt?
Die Neuverschuldung wurde im Stabilitäts- und Wachstumspakt begrenzt, um die Euro-Währung stabil zu halten. Auch in wirtschaftlich normalen Zeiten soll der Haushalt annähernd ausgeglichen sein, damit in wirtschaftlich schwierigen Zeiten genügend Spielraum für eine Erhöhung der Staatsausgaben besteht, mit der die Wirtschaft stabilisiert werden kann.
Wussten Sie, dass …
der Europäische Rechnungshof 1975 gegründet wurde? Ursprünglich war er für die Änderung bestimmter Finanzvorschriften zuständig.
der EU-Haushalt vom Europäischen Parlament beschlossen werden muss? Die Verantwortung für die Ausgaben liegt bei der Europäischen Kommission.
Deutschland von allen Staaten das meiste Geld in die EU zahlt? 2006 waren es über 7 Mrd. Euro.
Verschuldung: Kredit für das Gemeinwohl?
Warum verschuldet sich der Staat?
Reichen die regulären Einnahmen nicht aus, um die geplanten Ausgaben abzudecken, müssen Kredite aufgenommen werden. Allerdings fallen für die aufgenommenen Kredite Zins- und Tilgungszahlungen an. Das bedeutet, dass ein Teil der Steuereinnahmen zur »Bedienung« der Schulden abgezweigt werden muss.
Wie viele öffentliche Schulden lasten auf unseren Schultern?
Wenn man den Schuldenstand betrachtet, also den Betrag, den Bund, Länder und Gemeinden insgesamt als Zahlungsverpflichtungen angehäuft haben, lasteten Mitte 2006 auf jedem Einwohner 18 200 Euro. Insgesamt lag die Staatsverschuldung bei 1,5 Billionen Euro. An dieser öffentlichen Gesamtverschuldung haben der Bund 62 %, die Länder 30 % und die Gemeinden 8 % Anteil.
Solch riesig anmutende Beträge sind aber relativ zu sehen. Deshalb werden sie ebenfalls auf das Bruttoinlandsprodukt bezogen. Laut den Kriterien der EU sollte die Gesamtverschuldung der einzelnen Länder den Wert von höchstens 60 % des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten.
Übrigens: Die Neuverschuldung ist der Betrag, den ein Staat in einem Haushaltsjahr neu aufnehmen muss, um sein Budget auszugleichen (Haushaltsdefizit). Die jährliche Neuverschuldung eines EU-Mitgliedslands darf nicht höher ausfallen als 3 % des Bruttoinlandsprodukts.
Wie finanziert der Staat seine Schulden?
Um Haushaltsdefizite zu finanzieren, nehmen Bund und Länder Darlehen auf. Es gibt eine Vielzahl von Kreditformen – Bundes- und Länderanleihen, Obligationen, Schuldscheindarlehen, Bundesschatzbriefe –, die über den Kapitalmarkt von institutionellen und privaten, in- und ausländischen Anlegern gekauft werden.
Solche »Staatspapiere« sind für Anleger interessant, weil sie eine akzeptable Verzinsung bei geringem Risiko (Kursschwankungen oder Kapitalverlust) aufweisen. Der Bund finanziert sich vor allem über börsenfähige Anleihen und Obligationen. Daneben gibt er seit 1969 aber auch die Bundesschatzbriefe aus. Das sind an private Anleger gerichtete festverzinsliche Wertpapiere, die nicht an der Börse gehandelt werden können.
Welche Folgen hat eine hohe Staatsverschuldung?
Der Staat muss immer mehr Zinsen zahlen. Eine Tilgung findet faktisch nicht statt, weil fällige Zahlungen durch neue Kreditaufnahmen abgelöst werden. Die laufenden Zinsverpflichtungen belasten die Haushalte und engen den finanzpolitischen Spielraum immer stärker ein. Inzwischen muss der Staat jeden fünften Euro, den er einnimmt, für Zinszahlungen wieder ausgeben. In der Folge stehen immer weniger Mittel für Zukunftsinvestitionen und Reformvorhaben zur Verfügung.
Ein weiterer negativer Aspekt der öffentlichen Zinszahlungen ist die dadurch bedingte Einkommensumverteilung »von unten nach oben«. An der Finanzierung der Zinszahlungen sind alle Steuerpflichtigen beteiligt, während die Zinserträge überwiegend den Vermögenden zufließen, die es sich leisten können, ihre finanziellen Mittel in Staatsanleihen zu investieren.
Ist der Staat gezwungen, Steuern zu erhöhen?
Nein. Er kann auch seine Ausgaben senken, also sparen, oder er kann neue Kredite aufnehmen und versuchen, durch Investitionen die Konjunktur anzukurbeln, um aufgrund steigender Gewinne höhere Steuereinnahmen zu erzielen.
Gerade in finanziell schwierigen Situationen der öffentlichen Haushalte wird aber häufig darüber nachgedacht, die Steuern zu erhöhen und dadurch zu mehr Einnahmen zu gelangen. Das Problem dabei: Eine zu hohe Steuerbelastung von Verbrauchern und Unternehmen wirkt sich negativ auf die Stimmung aus und kann zu einer geringeren Konsumnachfrage führen, so dass weniger investiert wird. Dadurch wird die Wirtschaft eines Landes weiter geschwächt, auch das Steueraufkommen kann zurückgehen.
Staatliche Investitionen, die durch eine noch höhere Staatsverschuldung finanziert werden, und Subventionen können die Konjunktur wieder beleben. Allerdings erhöhen sich die Schulden durch Zinsen immer weiter. Eine hohe Neuverschuldung kann zu Zweifeln an der Zahlungsfähigkeit eines Landes führen, die Zinsen (auch für die Privatwirtschaft) können steigen. Als Folge fahren die Unternehmen möglicherweise die Investitionen weiter zurück, die wirtschaftliche Entwicklung lahmt weiterhin und die Einnahmen des Staates gehen noch stärker zurück.
Wann ist ein Staat bankrott?
Sobald ein Staat seine Zinsen auf die Kredite im In- und Ausland nicht mehr zahlen kann. Erste Staatsbankrotte erlitten bereits im 16. Jahrhundert die Großmächte Frankreich und Spanien. 2001 war Argentinien vom Staatsbankrott betroffen.
Subventionen: Zäh verteidigte Besitzstände
Wer erhält Subventionen?
Wenn in der öffentlichen Diskussion von Subventionen gesprochen wird, sind damit in der Regel Zuwendungen an Unternehmen gemeint. Es gibt jedoch auch Zuwendungen an die privaten Haushalte. Allerdings werden diese meist nicht als Subventionen bezeichnet, sondern z. B. als Sozialleistungen. Beides wird unter dem Begriff »(staatliche) Transferleistungen« zusammengefasst.
Wozu gibt es Subventionen?
Mit den meisten Subventionen verbinden Bund, Länder und Gemeinden eine Lenkungsabsicht. So werden Subventionen an Unternehmen häufig mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen gerechtfertigt. Soll die heimische Produktion vor ausländischer Konkurrenz geschützt werden, wird oft argumentiert, die Grundversorgung (z. B. mit landwirtschaftlichen Produkten und Energie) müsse sichergestellt werden. Schließlich können Subventionen damit gerechtfertigt werden, dass innerhalb eines Gebietes (etwa der EU) die Lebensverhältnisse zwischen den Regionen angeglichen werden sollen. Ein Beispiel für Subventionsaufwendungen in großem Umfang ist die Förderung der neuen Bundesländer nach der deutschen Vereinigung.
Mit Transferleistungen an private Haushalte hat der Staat z. B. eine Umverteilung des Einkommens (durch Sozialhilfe) im Sinn, oder aber er will für einen Ausgleich für Ausgaben sorgen, die durch die Arbeitsstelle entstehen (Arbeitnehmerpauschale), oder den Verdienstausfall während einer »Babypause« (ab 2007: Elterngeld) auffangen.
Was wird an Subventionen kritisiert?
Dass sie aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Bei einem Verzicht bliebe dem Einzelnen mehr Geld in der Tasche, sein finanzieller Handlungsspielraum wäre größer. Er könnte mehr kaufen, sich besser gegen Gefahren absichern oder fürs Alter vorsorgen. Unternehmen verbliebe mehr Geld für Zukunftsinvestitionen oder zur Sicherung bzw. Neuschaffung von Arbeitsplätzen.
Kritisiert wird auch, dass Subventionen einen Eingriff in den freien Markt darstellen. So wird es z. B. einem Unternehmen, das zu einem für die Kunden inakzeptablen Preis produziert, durch Subventionen ermöglicht, den Verkaufspreis zu senken. Die Produktion bleibt jedoch unrentabel. Wird die Produktion einer Region durch Subventionen vor der Konkurrenz abgeschirmt, geht dies zu Lasten der internationalen Arbeitsteilung. Eine Verlagerung der Produktion an die Stätten, wo sie die geringsten Kosten verursacht, findet nicht statt.
Die Förderung veralteter Industriezweige in einer Region kann die Ansiedlung neuer Branchen erschweren, weil wichtige Produktionsfaktoren (etwa Gewerbefläche oder qualifizierte Arbeitskräfte) durch unrentable, aber hoch subventionierte Unternehmen gebunden sind. In der Folge bleibt die Region dauerhaft von Subventionen abhängig.
Warum werden Subventionen nicht einfach abgeschafft?
Häufig, weil diejenigen, die von Subventionen profitieren, sich erfolgreich gegen die Abschaffung wehren. Erhält eine gesellschaftliche Gruppe (etwa eine Wirtschaftsbranche, eine Region oder eine Berufsgruppe) staatliche Transferzahlungen, so ist sie meist über ihre politischen Interessenvertreter in der Lage, öffentlichen oder parlamentarischen Widerstand gegen jegliche Kürzung oder gar Streichung dieser Subvention zu mobilisieren. Obwohl die Abschaffung von Subventionen eine häufig geäußerte politische Forderung ist, ist sie daher im konkreten Fall oft nicht durchzusetzen.
Außerdem gibt es durchaus sinnvolle und weitgehend unumstrittene Subventionen, etwa die Unterstützung von eigentlich intakten und zukunftsfähigen Unternehmen bzw. Branchen, die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden, oder die Förderung neuer, mit hohen Entwicklungskosten verbundener Technologien. Damit eine solche sinnvolle Förderung nicht in die Abhängigkeit führt, fordern Kritiker allerdings, Subventionen nicht auf Dauer anzulegen, sondern bei ihrer Bewilligung zugleich ein Auslaufdatum festzulegen.
Müssen für Subventionen Gegenleistungen erbracht werden?
Nein, allerdings sind an viele Subventionen Bedingungen geknüpft. Wer früher etwa eine Eigenheimzulage bekommen wollte, musste den betreffenden Wohnraum auch zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Ähnliches gilt z. B. für Stilllegungsprämien in der Landwirtschaft, die Überproduktion verhindern sollen.
Wussten Sie, dass …
der Begriff »Subvention« aus dem Lateinischen kommt? Er leitet sich ab von »subvenire« (»zu Hilfe kommen, beistehen«).
die EU-Mitgliedsländer geplante Subventionen vorab anzeigen müssen? Die Genehmigung kann an Auflagen geknüpft werden.
Subventionen nicht den Wettbewerb beeinträchtigen dürfen? Sie dürfen auch nicht einzelne Unternehmen oder Produktionszweige begünstigen. Allerdings sind Ausnahmen zulässig.
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