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Laserfusion – Energielieferant der Zukunft?

Die Verschmelzung von Atomkernen in der Kernfusion gilt als Energie der Zukunft – sie wird daher weltweit intensiv erforscht. Doch welche der vielen Fusions-Methoden hat die besten Aussichten? Und welche kommt der künftigen Stromerzeugung mittels Kernfusion am nächsten? Neben den "klassischen" Fusionskonzepten mit magnetisch eingeschlossenem, Millionen Grad heißem Plasma macht in jüngster Zeit vor allem die Laserfusion von sich reden. Doch wie funktioniert sie? Und wie vielversprechend ist diese Technologie?
NPO, 12.10.2023
Laser-Experiment an der National Ignition Facility des Lawrence Livermore National Laboratory

© Greg Stewart / SLAC National Accelerator Laboratory; inset by Jan Vorberger/Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

Die Kernfusion ist der Prozess, dem unsere Sonne und andere Sterne ihre Hitze und ihr Leuchten verdanken. In ihrem Inneren verschmelzen Wasserstoffkerne miteinander und werden zu einem neuen Element: Helium. Im Verlauf des stellaren Lebenszyklus können sogar noch weitere Verschmelzungsschritte folgen, durch die noch schwerere Elemente wie Sauerstoff und Kohlenstoff entstehen.

Das, was in Sternen jedoch quasi „von selbst“ abläuft, ist auf der Erde nur sehr schwer nachzumachen. Denn für die Fusion von Atomkernen sind ein enormer Druck und hohe Temperaturen nötig – nur dann überwinden die Atomkerne ihre gegenseitige Abstoßung und können verschmelzen. Schon seit längerem versuchen Wissenschaftler dies zu erreichen, in denen sie heißes Wasserstoff-Plasma durch starke Magnetfelder aufheizen und gleichzeitig sicher einschließen. Testreaktoren wie Wendelstein-7-X in Bayern oder der in Frankreich gebaute Großreaktor ITER nutzen dieses Plasma-Einschluss-Verfahren.

National Ignition Facility des Lawrence Livermore National Laboratory
Die Reaktorkammer der National Ignition Facility, wo 192 Neodym-Hochleistungslaser mehr als 2 Millionen Joule Heizenergie in Form von UV-Strahlung liefern.

© Damien Jemison / LLNL

Wie funktioniert ein Laserfusions-Reaktor?

Doch es gibt noch eine andere Methode, um Atome zur Fusion zu bringen: die Laserfusion. Sie arbeitet mit einer winzigen Menge Fusionsbrennstoff, die durch intensive Laserstrahlen extrem erhitzt und komprimiert werden. Die größte Anlage zur Laserfusion ist die National Ignition Facility (NBIF) in den USA. Sie verfügt über 192 leistungsstarke Infrarot-Laser, deren Strahl durch zahlreiche Verstärker und Optiken in hochfokussierte UV-Laserpulse umgewandelt werden. Diese gepulsten und gebündelten Laserstrahlen treffen mit einer Energie von bis zu 500 Billionen Watt auf die nur wenige Millimeter kleine Brennstoffkapsel im Zentrum der Reaktorkammer.

Der Brennstoff für die Laserfusion besteht aus einer Kapsel mit den Wasserstoffisotopen Deuterium und Tritium, die im Zentrum eines kleinen Hohlraums sitzt. Die konzentrierten Laserpulse treffen aber nicht direkt auf die Brennstoffkapsel, sondern werden auf die Innenwände des Hohlraums gerichtet. Dort erzeugen sie energiereiche Röntgenstrahlen, die aus allen Richtungen kommend auf die Brennstoffkapsel treffen. Das Kapselmaterial heizt sich dadurch innerhalb von Milliardstel Sekunden bis auf rund 120 Millionen Grad auf und dehnt sich explosionsartig nach innen aus. Dies führt zu einer schlagartigen Kompression des Brennstoffs und löst in ihm die Kernfusion aus.

Brennstoffkapsel der Laser-Fusionsanlage des LLNL
Der Fusionsbrennstoff steckt in einer wenige Millimeter kleinen, tiefgekühlten Kapsel – hier die Kühlvorrichtung mit der Kapsel im Zentrum.

© Damien Jemison / LLNL

Die Laserfusion zündet

Im August 2021 erreichte diese Anlage bereits eine Fusionsenergie von 1,3 Megajoule. Seither haben die Physiker unter anderem die Form des Hohlraums leicht verändert, um noch mehr Röntgenstrahlung auf die Brennstoffkapsel zu lenken – mit Erfolg: Bei einem Experiment am 5. Dezember 2022 wurde im NBIF eine Fusionsenergie von 3,15 Megajoule erzeugt – damit liefert die Verschmelzung der Atome in der Reaktorkammer erstmals mehr Energie als in Form der Laserpulse hineingesteckt wurde.

Diese Schwelle – der sogenannte Breakeven-Punkt - gilt als wichtige erste Hürde auf dem Weg zur Energiegewinnung durch Kernfusion. Physiker sprechen auch von einer "Zündung der Kernfusion", denn erst ab diesem Punkt kann sich die Fusionsreaktion selbst erhalten. Die Verschmelzung der Atome erzeugt die Hitze und Kompression, die für das Fusionieren weiterer Atome im Brennstoff nötig ist. „Die Zündung der Kernfusion ist eine der größten wissenschaftlichen Herausforderungen, die die Menschheit je angegangen ist“, kommentierte Kim Budil, Direktor des Lawrence Livermore Laboratory in den USA. „Diese Schwelle zu überschreiten war die Vision, die 60 Jahre der Forschung angetrieben hat.“

Detail des Fusionslasers
Bei der Laserfusion erzeugen gebündelte Laserstahlen in einem kleinen Hohlraum energiereiche Röntgenstrahlung, welche dann die Brennstoffkapsel komprimiert, bis diese implodiert und ein Hochtemperaturplasma freisetzt.

© Damien Jemison / LLNL

Warum das noch nicht reicht

Allerdings: Bei der Zündung der Kernfusion in der National Ignition Facility hielt die sich selbst erhaltende Fusionsreaktion nur wenige Sekundenbruchteile an, bevor das Plasma sich durch Ausdehnung wieder verdünnte und die Fusion stoppte. Für eine Stromerzeugung mittels Kernfusion, beispielsweise in einem Fusionskraftwerk, wäre dies viel zu wenig. Denn dafür müsste die Fusion viel länger selbständig laufen. Hinzu kommt: Zwar setzte die Fusion im NIF für diese kurze Zeit mehr Energie frei, als die Laser in die Reaktorkammer einstrahlten. Aber um diese Laser zu betreiben, wurden 500 Megajoule an elektrischer Energie benötigt. Damit kostet auch die Laserfusion noch mehr Energie als sie produziert.

Ähnlich wie die Testreaktoren, die die Kernfusion mithilfe von starken Magnetfeldern erreichen wollen, ist daher auch die Laserfusion noch weit von einem praktischen Einsatz als Energiequelle und Stromlieferant entfernt. Doch Physiker weltweitarbeiten daran, die verschiedenen Fusionsmethoden weiter voranzubringen. Welche Methode in Zukunft tatsächlich ein erstes Fusionskraftwerk hervorbringen wird, ist dabei noch offen - es bleibt spannend.

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