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Gamification

Mit kleinen Schmankerln Kunden bei der Stange halten oder Mitarbeiter motivieren – nichts Neues. Bunte Sammelkärtchen in Geschäften oder Boni für gute Mitarbeiter gab es schon vor fünfzig Jahren, sie sollen Einkauf und Arbeit spielerischen Charakter verleihen und so Anreize schaffen. Mit dem Internet haben sich die Möglichkeiten, den Spieltrieb zu wecken, enorm ausgeweitet, und es gibt Anwendungen für alle Lebensbereiche. Dennoch glänzen nicht wenige Plattformen durch Gedankenarmut und versuchen die Menschheit mit plumpen Mitteln zu ködern. Andere hingegen lassen sich etwas einfallen. Was macht gute Gamification aus?
von wissen.de-Autor Jens Ossa

 

Spielen heißt Lernen

Moorhuhn
Moorhuhn
Wenn es spannend wäre, einfach nur Punkte zu sammeln, wäre ein Display, das pro Knopfdruck jeweils eine Million Punkte mehr anzeigt, das spannendste Spiel der Welt. Ist es aber nicht. Dennoch, ähnlich müssen sich das die Macher von Foursquare vorgestellt haben, als sie ihre Plattform entwickelten. Dort erhalten Nutzer Auszeichnungen, so genannte Badges, wenn sie sich beim Besuch eines Cafés, Restaurants, Clubs etc. über eine spezielle App einchecken. Wer zum Beispiel 30-mal im Monat ein und dasselbe Lokal aufgesucht hat, bekommt den Titel Superuser. Und Superstar darf sich nennen, wer an fünfzig verschiedenen Veranstaltungsorten gewesen ist.

„Schön und gut, wo aber bleibt hier die Herausforderung?“, fragt Sebastian Deterding, Spielforscher an der Uni Hamburg. Aus seiner Sicht braucht es für ein gutes Spiel drei wesentliche Zutaten und Herausforderung ist die erste. Denn Unterforderung langweilt auf Dauer. Das Ergebnis: die Leute springen ab. „Spaß im Spiel entsteht erst dadurch, Situationen zu meistern, Dinge zu verstehen“, sagt der amerikanische Computerspiel-Designer Raph Koster. Spielen sei nur ein anderes Wort für Lernen. Und wer lernt schon was, wenn er dreißigmal im Monat dasselbe Lokal aufsucht? Foursquare ist Feedback ohne Herausforderung – Gewinnen, ohne gespielt zu haben.

Auch bleibt ein gewisser Nutzen bei vielen Gamification-Anbietern auf der Strecke. Sie geben Preise heraus, die ihnen nicht wehtun, den Kunden aber nur peripher tangieren. Laut Deterding läuft so etwas auf eine unproduktive Beziehung hinaus.

 

Vom Nutzen und der Freiheit zu spielen

Wie sollte also gute Gamification aussehen? Als die zweite wichtige Zutat, die ein Spiel braucht, führt Deterding eben diesen Nutzen an, seine Relevanz. Was bringt es dem Anwender ein? Ein gutes Beispiel hierfür liefert der Autobauer Nissan in seinem neuen Elektroauto Leaf mit der Applikation ECO-Baum. Je sparsamer der Fahrstil, desto mehr Bäume leuchten in einem Display auf. Das fordert nicht nur zu ökonomischer Fahrweise heraus, sondern bringt auch persönlichen Nutzen: Der Fahrer optimiert den Verbrauch.

Auch sollte ein gutes Spiel den Kern der Sache treffen, was beispielsweise beim Internet-Vokabeltrainer Word Invader nicht der Fall ist: Hier sind Englischschüler angehalten, unter Zeitdruck herunterschwebende Buchstaben der deutschen Übersetzung einer Vokabel zu koordinieren. Das Problem: Sie sind derart mit der Koordination beschäftigt, dass sie am Ende das Wort vergessen haben.

Die dritte bedeutende Zutat ist Freiheit – die Freiheit, selbst Strategien zu entwickeln, und auch die, nicht zu spielen. Denn wer spielen muss, kann nicht spielen, wie ein Sprichwort lautet. Spielen muss freiwillig sein. Ist es das nicht, heißt es Arbeit.

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