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Napoleon I.
Die kometengleiche Karriere Napoleon Bonapartes, so die später französisierte Namensform des Korsen, begann 1793. Damals gelang dem jungen Offizier die Niederschlagung des gegen die Revolution gerichteten, von englischen Flotteneinheiten unterstützten Aufstands in Toulon; dafür wurde der 24-Jährige zum Brigadegeneral befördert. Man wurde in Paris auf den klein gewachsenen, aber vor Energie berstenden Bonaparte aufmerksam und gab ihm 1796 das Oberkommando in Italien, wo er in mitreißender Manier seine Truppen gegen Österreich von Sieg zu Sieg führte. Ohne Rückfrage schloss er 1797 in Campoformio einen vorteilhaften Frieden mit Wien und drängte nun zum Kampf gegen England.
Zwar wurde die "Ägyptische Expedition" 1799 wegen des Seesiegs der Briten unter Admiral Nelson bei Abukir zum Fiasko. Dennoch konnte Napoleon nach der heimlichen Rückkehr auf seine Popularität bauen, als er am 9. November 1799 das regierende Direktorium stürzte und durch ein dreiköpfiges Kollegium von "Konsuln" ersetzte, das er – seit 1801 – als Erster Konsul quasi diktatorisch leitete.
Ein talentierter Staatsmann
Napoleon ging es nun vor allem um die innere Konsolidierung Frankreichs: Er schloss Frieden mit Österreich (1801 in Lunéville) und England (1802 in Amiens) und liquidierte 1802 mit einem Konkordat den Religionskrieg der Revolution gegen die Kirche.
Ein ganzes Reformpaket galt der Modernisierung der Verwaltung, des Schulwesens und des Rechts, festgelegt im "Code Civil". Mit einer Volksabstimmung installierte Bonaparte schließlich das erbliche Kaisertum und wurde am 2. Dezember 1804 im Beisein des nach Paris zitierten Papstes Pius VII. gekrönt.
Allerhöchste Vetternwirtschaft
Napoleon I., wie er sich nun als "Kaiser der Franzosen" nannte, hatte ein imperialistisches Programm. 1805 schlug er Österreich und Russland bei Austerlitz. 1806 demütigte er bei Jena und Auerstedt Preußen, 1807 arrangierte er sich mit dem russischen Zaren in Tilsit, 1809 blieb er in einem zweiten Waffengang gegen Österreich Sieger und beherrschte nun ganz Westeuropa. Große Gebiete von Dalmatien bis an die Ostsee wurden annektiert und an die Verwandtschaft verteilt: Bruder Louis wurde König von Holland, Schwager Murat erhielt das Königreich Neapel, Bruder Jerôme wurde "König Lustig" von Westfalen, der älteste Bruder Joseph sollte in Madrid herrschen.
Grenzen napoleonischer Macht
Diese letzte Besetzung aber war zu viel, die Spanier erhoben sich 1808 und setzten mit ihrem Befreiungskampf ein Fanal für Europa, in dem einzig Großbritannien Napoleon widerstanden hatte.
Es trotzte sogar seiner Kontinentalsperre, die die Anladung britischer Waren auf dem Kontinent untersagte. Diese Maßnahme aber schädigte das Festland weit mehr als den britischen Gegner und sorgte für eine Not, die neben dem Freiheitsdrang zum Motor der Auflehnung werden sollte.
Doch erst die Niederlage Napoleons im 1812 entfesselten Krieg gegen Russland, wo die Weite des Raums, "Väterchen Frost", Seuchen und ein winterharter Gegner seine "Grande Armée" von 600 000 Mann besiegten, ließ den Freiheitsfunken zünden. Die Preußen lösten sich aus dem aufgezwungenen Bündnis und verständigten sich mit dem Zaren. Freikorps bildeten sich: Der Sturm brach los. Schließlich schloss sich den Befreiungskriegern sogar Österreich an, dem sich Napoleon zur Absicherung seiner Dynastie durch Heirat mit der Kaisertochter Marie Louise (1810) verbunden hatte: In der Völkerschlacht bei Leipzig wurde der Korse im Oktober 1813 entscheidend geschlagen, musste 1814 abdanken und ging als Altkaiser ins Exil auf Elba.
Zwar konnte er angesichts der Uneinigkeit der Sieger 1815 noch einmal zurückkehren und den Thron zurückerobern, doch blieb es bei einer Episode der "Hundert Tage". Bei Waterloo endete am 18. Juni 1815 eine der glänzendsten Laufbahnen, aber auch eine der härtesten Militärdiktaturen der Weltgeschichte. Auf der Atlantikinsel Sankt Helena interniert, starb Napoleon I. am 5. Mai 1821.