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Carl Friedrich Gauß – Genie der Zahlen

Vor fast 170 Jahren, am 23. Februar 1855, starb Carl Friedrich Gauß in seiner Wahlheimat Göttingen. Dem 1777 in Braunschweig geborenen Mathematiker, Astronom und Geodäten haben vielen mathematische Methoden ihren Namen zu verdanken. Doch wer war Gauß? Und welche besonderen Entdeckungen hat er gemacht?
SSC, 21.02.2025
Mathematiker und Geodät Carl Friedrich Gauß vor abstraktem Hintergrund

© Hintergrund: rbulthuis, iStock

Jeder, der noch die Deutsche Mark miterlebt hat, hat ihn schon einmal gesehen: Ein leicht verschmitztes Lächeln, Koteletten, ein ausladender Kragen und eine dunkle Mütze – Carl Friedrich Gauß‘ Konterfei zierte einst den Zehn-Mark-Schein. Neben ihm abgebildet war die sogenannte Gaußsche Normalverteilung, eine seiner wohl bekanntesten Entdeckungen. Doch schon als Kind schien der „Fürst der Mathematik“ mehr zu wissen als andere Gleichaltrige.

„Vater, die Rechnung ist falsch“

Schon als Dreijähriger soll Gauß die Gehaltsrechnungen des Maurer-Handwerksbetriebs seines Vaters korrigiert haben, wie der Geologe Wolfgang Sartorius von Waltershausen in einem Buch über Gauß festhält: „Nachdem der Meister für die verschiedenen Betheiligten [sic] seine Rechnung geschlossen hatte, und im Begriff war das Geld zu verabfolgen, erhebt sich der kaum dreijährige Knabe [...] und ruft mit kindlicher Stimme: ‚Vater, die Rechnung ist falsch, es macht so viel.‘“

Auch in der Schule beeindruckte der kleine Mathematiker. Im Alter von neun Jahren löste er schon nach kurzer Zeit die Summation einer arithmetischen Reihe – eine Zahlenreihe mit immer gleichen Abständen zwischen den Zahlen – und entging so dem Peitschenhieb seines Lehrers.

„Die Aufgabe war indess [sic] kaum ausgesprochen als Gauss die Tafel mit den im niedern Braunschweiger Dialekt gesprochenen Worten auf den Tisch wirft: ‚Ligget se‘.‘ (Da liegt sie.)“, schreibt von Waltershausen. Heute wird Gauß‘ Lösungsweg „Gaußsche Summenformel“ genannt. Beeindruckt von Gauß‘ Talent besorgte sein Lehrer ihm anspruchsvollere Mathematikbücher.

Eine Lösung für ein jahrtausendealtes Problem

Doch nicht nur sein Lehrer schien von Gauß‘ Talent beeindruckt zu sein. Im Alter von 14 Jahren wurde er dem Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig vorgestellt. Der Herzog beschloss daraufhin, das junge Talent von nun an finanziell zu unterstützen, damit es studieren konnte. Nachdem Gauß drei Jahre am Collegium Carolinum in Braunschweig verbracht hatte, wechselte er 1795 an die Georg-August-Universität in Göttingen.

Mit gerade mal 18 Jahren gelang dem Mathematiker eine besondere Entdeckung. Gauß konstruierte auf Basis einer rein algebraischen Überlegung als Erster ein regelmäßiges Siebzehneck mit Zirkel und Lineal. Mehr als 2000 Jahre lang hatten Mathematiker erfolglos versucht, solch eine Form zu konstruieren.

Nach seiner Promotion im Alter von nur 21 Jahren schrieb Gauß das Lehrbuch „Disquisitiones Arithmeticae“ über die Zahlentheorie, in welchem er frühere Ergebnisse anderer führender Mathematiker wie Leonhard Euler sowie eigene Entdeckungen vorstellte.

Gaußstein auf dem Breitehorn bei Unterlüß
Der links zu sehende Gaußstein auf dem Breitehorn erinnert daran, dass Carl Friedrich Gauß den Ort im September 1822 zur Vermessung nutzte. Der kleinere Stein im Vordergrund zeigt genauen den Trigonometrischen Punkt, der um etwa 1,54 Meter von der Gaußschen Position abweicht.

Von Umlaufbahnen und Königreichen

Carl Friedrich Gauß wandte sich jedoch nicht nur der Mathematik, sondern auch der Astronomie zu. Im Jahr 1801 entdeckte Giuseppe Piazzi den Zwergplaneten Ceres zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter. Der Astronom verlor die Position des Planeten jedoch kurz darauf wieder. Gauß schaffte es mit verschiedenen Überlegungen, die Umlaufbahn von Ceres zu berechnen, woraufhin andere Astronomen den Zwergplaneten nun ebenfalls am Himmel lokalisieren konnten. Diese Berechnung führte Gauß zu noch größerer Bekanntheit in Europa als sein Lehrbuch.

Nach dem Tod des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig wurde der Mathematiker 1807 Professor an seiner Alma Mater, der Georg-August-Universität, und Direktor der Sternwarte Göttingen. Dort erwartete ihn ein paar Jahre später eine weitere intellektuelle Herausforderung.

1814 löste das Königreich Hannover das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg ab, in dem sich auch die Stadt Göttingen befand. Der neue König Georg IV. von Großbritannien und Hannover beauftragte Gauß daraufhin, sein neues Königreich zu vermessen. Gauß nutzte dazu das Prinzip der Triangulation, ein Netz aus Dreiecken. Er begann mit einer genau vermessenen Basislinie und bestimmte dann mit einem Theodolit und dem von ihm entwickelten Heliotrop die Winkel zu entfernten Punkten wie Kirchtürmen oder Bergen, um ihre Positionen zu berechnen. Dabei berücksichtigte er sogar die Erdkrümmung und entwickelte Methoden, die bis heute bei der Landvermessung genutzt werden.

Gauß-Weber-Telegraph von 1833
Der Gauß-Weber-Telegraph von 1833 bestand aus einem Sender, einem Leiter und dem hier dargestellten Empfänger. Vom Sender ausgelöste Ausschläge der Spule beim Empfänger wurden durch ein System von Spiegeln und Fernrohren vergrößert und sichtbar gemacht. Ein eigens entwickeltes Binär-Code-System, das auf dem Richtungausschlag der Spulen beruhte, ordnete jedem Buchstaben eine Kombination mehrerer Ausschläge zu.

© Historisch

Vorreiter für elektronische Kommunikation

Schließlich wandte Gauß sich auch noch der Physik zu und machte so seine letzte große Entdeckung. Ab 1831 forschte er mit dem Physiker Wilhelm Eduard Weber auf dem Gebiet des Magnetismus und erfand mit ihm zwei Jahre später den ersten elektromagnetischen Telegraphen, der die Sternwarte mit dem physikalischen Institut der Universität verband. Mithilfe elektrischer Impulse, die durch eine Spule und bewegliche Magnete erzeugt wurden, konnten sie Nachrichten ähnlich dem Morsecode übertragen.

Viele seiner Entdeckungen veröffentlichte Gauß aber erst, sobald er seine Theorie komplett vollendet hatte. Oft wies er andere Wissenschaftler deshalb darauf hin, Dinge schon vor ihnen entdeckt zu haben, und geriet sogar in einen Prioritätsstreit mit einem anderen Mathematiker. Die wahre Reichweite seines Werks erschloss sich somit erst, nachdem posthum sein Tagebuch entdeckt wurde. Aufgrund seiner vielen Entdeckungen tragen dennoch viele mathematische Theorien und Formeln den Namen Gauß, aber auch Berge und Forschungsschiffe sind ehrenhalber nach ihm benannt worden.

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