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Vier bahnbrechende Erfindungen aus China
China zählt zu den ältesten Hochkulturen der Welt. Bereits vor über 5.000 Jahren entwickelten frühe Gesellschaften wie die Hemudu-Kultur Techniken zur Seidenraupenzucht, zur Lackerzeugung und zum Reisanbau. Trotz wechselnder Dynastien, Kriege und Fremdherrschaft blieb das Reich der Mitte über Jahrtausende ein Zentrum für Wissenschaft, Philosophie und Technik. Die „Vier großen Erfindungen“ – Papier, Druck, Kompass und Schwarzpulver – sind bis heute Zeugnisse dieser außergewöhnlichen Innovationsgeschichte.
Papier: Vom Schildkrötenpanzer zum Buch
Bevor das Papier seinen Siegeszug antrat, schrieben die Menschen in China auf Bambustafeln, Seide oder sogar Schildkrötenpanzern. Doch diese Materialien waren teuer, schwer und unpraktisch. Der Durchbruch des Papiers kam laut Überlieferung im Jahr 105 nach Christus durch den kaiserlichen Eunuchen Cai Lun, der aus Hanfabfällen, Fischernetzen und Maulbeerbaumrinde ein neues, leichtes Schreibmaterial entwickelte.
Die Herstellung war ebenso genial wie simpel: Die Zutaten wurden zermahlen, gekocht und zu einem Faserbrei verarbeitet, der mit einem Sieb abgeschöpft und getrocknet wurde. Das Ergebnis war ein beschreibbarer Papierbogen – günstig, transportabel und revolutionär. Bald wurde Papier nicht nur für Verwaltung und Literatur genutzt, sondern auch für Tapeten, Kleidung und sogar Toilettenpapier. Später folgte das erste Papiergeld – ein Meilenstein in der Wirtschaftsgeschichte.
Druck: Vom Steinabklatsch zur beweglichen Letter
Mit dem Papier kam der Wunsch nach Vervielfältigung. Schon um 175 nach Christus fertigten chinesische Schreiber Abklatsche von gravierten Steinplatten – die Urform des Drucks. Im siebten Jahrhundert entwickelte sich daraus der Holztafeldruck: Zeichen wurden seitenverkehrt in Holz geschnitten, eingefärbt und auf Papier übertragen.
Im elften Jahrhundert erfand Bi Sheng dann den Druck mit beweglichen Lettern aus Keramik. Allerdings blieb diese Technik wegen der Vielzahl chinesischer Schriftzeichen ein Nischenprodukt. Erst als Johannes Gutenberg im 15. Jahrhundert ein ähnliches Verfahren mit Metalllettern erdachte, löste er damit in Europa eine regelrechte Druck-Revolution aus.
© ping lin / CC BY-SA 3.0
Kompass: Vom Wahrsagelöffel zum Navigationsinstrument
Schon früh entdeckten chinesische Gelehrte außerdem die magnetischen Eigenschaften von Magnetit. Sie fertigten aus dem eisenhaltigen Mineral unter anderem Löffel, die sich mysteriös nach Norden ausrichteten – zunächst für spirituelle Zwecke, später für die Navigation. Erste Kompasse bestanden aus magnetisierten Nadeln in Fisch- oder Schildkrötenform, die in Wasser schwammen und zuverlässig die Himmelsrichtungen anzeigten. Im Jahr 132 entwickelte Zhang Heng sogar ein auf diesen Erkenntnissen basierendes Seismoskop, das mithilfe von Drachen- und Krötenfiguren die Richtung von Erdbeben anzeigte – ein früher Vorläufer moderner Messgeräte.
Schwarzpulver: Vom Bambusböller zur Ur-Rakete
Die frühesten Hinweise auf eine schießpulverähnliche Mischung stammen aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Damals füllten die Chinesen eine explosive Mischung aus Salpeter, Schwefel und Kohlenstaub in Bambusrohre und ließen diese bei religiösen Festen explodieren. Spätestens im Jahr 1044 wurde die klassische Rezeptur schriftlich festgehalten und bereits 1232 kam das Gemisch auch militärisch zum Einsatz, als die chinesische Armee bei der Schlacht von Changping „fliegendes Feuer“ gegen mongolische Invasoren einsetzte.
Ob China tatsächlich das Schwarzpulver, wie wir es heute kennen, erfunden hat, ist allerdings umstritten. Manche Quellen deuten auf arabische oder europäische Ursprünge hin. Dennoch sind die chinesischen Beiträge zur modernen Pyrotechnik unbestritten.