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Die griechische Kolonisation: Griechenland wird größer

Was löste die griechische Kolonisation aus?

Die Einwanderung der aus dem dalmatinisch-albanischen Raum stammenden Dorier in Griechenland führte dazu, dass Flüchtlinge vor den Doriern den griechischen Kulturraum über das Festland und die ägäischen Inseln hinaus bis zur Küste Kleinasiens ausdehnten. Später wurden auch die Dorier selbst zu Trägern dieser frühen Kolonisation.

Wie sah die frühe Kolonisation aus?

Die Siedlungsgebiete der verschiedenen Stämme in Kleinasien spiegelten sich auch im Machtgefüge wider: Der von den Doriern besiedelte Süden Kleinasiens sowie die Inseln Rhodos und Kos bildeten den Dorischen Bund, der lange Zeit eng mit den dorischen Metropolen Korinth und Sparta verbunden war. Der Ionische Bund, dem das mittlere Kleinasien (Ionien) sowie die Inseln Chios und Samos angehörten, hatte wegen der attischen Herkunft der Ionier in der Regel Athen zum Bundesgenossen. Der Äolische Bund an der Nordküste Kleinasiens und auf der Insel Lesbos fühlte sich traditionell Thessalien und Böotien nahe, schloss sich aber auch zeitweise zum Schutz vor den Persern dem Attisch-Delischen Seebund an.

Gab es eine geplante griechische Kolonisation?

Ja. Im Unterschied zur frühen griechischen Besiedlung Kleinasiens, die Folge der Flucht vor den Doriern war, handelte es sich bei der späteren Kolonisation um eine bewusste Gründung von Tochterstädten. Während dieser großen Kolonisation von 750 bis 550 v. Chr. wurde die Mehrzahl der griechischen Kolonien gegründet, und zwar in einem Gebiet, das vom Schwarzen Meer bis zur nordspanischen Mittelmeerküste und nach Nordafrika reichte.

In Süditalien und auf Sizilien entstanden so viele Städte, dass die Region später »Magna Graecia« (lateinisch für Großgriechenland) genannt wurde. Organisiert von der Mutterstadt, wanderte ein Teil der Bevölkerung, dem sich manchmal auch Siedler anderer Städte anschlossen, aus, um eine neue Stadt außerhalb des Machtbereichs der Mutterstadt zu gründen. In der Regel wurden dazu küstennahe Gebiete ausgewählt.

Die Tochterstadt (apoikia) war politisch unabhängig, blieb jedoch oft über Jahrhunderte hinweg der Mutterstadt (metropolis) verbunden. Mit in die Kolonie brachten die Neuankömmlinge Maße und Gewichte, den vertrauten Dialekt und die Schrift. Auch praktizierten sie weiterhin die religiösen Kulte ihrer Heimat.

Welche Ursachen hatte die große Kolonisation?

Gründe für die Kolonisation waren das rasche Bevölkerungswachstum und die daraus resultierende Nahrungsmittelknappheit, aber auch innere Konflikte, die durch organisierte Auswanderung unzufriedener Bevölkerungsteile überwunden wurden. Doch nicht immer war die Gründung einer Tochterstadt die Reaktion auf einen Notstand: Handelsstädte setzten dieses Mittel gezielt ein, um Stützpunkte an strategisch wichtigen Plätzen zu gewinnen.

Das ionische Milet an der Westküste Kleinasiens etwa, das im 7. und 6. Jahrhundert v.Chr. eine führende Seehandelsmacht war, gründete allein 90 Kolonien, die hauptsächlich am Hellespont (Dardanellen), am Marmarameer und Schwarzen Meer, aber auch im Nildelta angesiedelt waren.

Eine weitere Form der Kolonisation war die Anlage von Militärkolonien, Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. vor allem von Athen praktiziert, das seine Bürger in eroberten Gebieten ansiedelte, um dort die politische Kontrolle auszuüben. In einer solchen Kolonie bekamen die zuvor meist besitzlosen Siedler, die ihr Bürgerrecht behielten, Grundstücke zugeteilt. Mit Militärkolonien sicherte später auch Rom seine eroberten Gebiete.

Bildeten Mutterland und Kolonien eine Einheit?

Bis zu einem gewissen Grad ja. Wahrscheinlich auch in Abgrenzung von den Nichtgriechen, mit denen man in engen Kontakt trat, entstand mit der Kolonisation ein Gemeinschaftsgefühl, das Städte und Regionen griechischer Kultur auch politisch aneinander band. Verstärkt wurde diese Bindung durch gemeinsame Kultstätten wie dem Orakel von Delphi und panhellenische (alle Griechen betreffende) Spiele, deren wichtigste die Olympischen Spiele waren.

Wussten Sie, dass …

Neapel und Marseille um 750 bzw. 600 v.Chr. im Zuge der griechischen Kolonisation gegründet wurden?

die semitischen Phönizier neben den Griechen die zweite große See- und Handelsmacht des Mittelmeerraums waren? Sie hatten in einem heute weitgehend zum Libanon gehörenden Küstenstreifen ihre Heimat und erlebten ihre Blütezeit zwischen 1200 und 900 v. Chr.

auch die Phönizier in großem Stil die Gründung von Kolonien betrieben? Diese entstanden hauptsächlich im westlichen Mittelmeer an der spanischen und nordafrikanischen Küste sowie auf den Inseln Sizilien, Sardinien, Korsika und den Balearen.

Karthago eine phönizische Kolonie war? Es wurde um 800 v. Chr. vom phönizischen Tyros aus gegründet und war die wichtigste phönizische Kolonie.

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