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Entkolonialisierung: Befreiung von der Fremdherrschaft

Was waren die bedeutendsten Kolonialmächte?

Frankreich und Großbritannien hatten zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahezu den gesamten afrikanischen Kontinent unter sich aufgeteilt. Auch in Asien und im pazifischen Raum unterhielten sie und andere Staaten wie die Niederlande und Portugal zahlreiche Kolonien. Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich diese Situation: Einerseits waren die europäischen Kolonialmächte durch den Zweiten Weltkrieg wirtschaftlich so geschwächt, dass ihnen die Mittel zum Unterhalt ihrer Kolonien fehlten, andererseits mehrten sich die Unabhängigkeitsbestrebungen in den Kolonien.

Warum wuchs der Druck auf die Mutterländer?

Unabhängigkeitsbestrebungen hatte es zwar bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gegeben, nach 1945 nahmen sie aber mit erstarktem Selbstbewusstein und nationalem Bewusstsein erheblich zu. Während der Kolonialherrschaft hatte sich der Bildungsstand verbessert, es wuchs die Zahl derjenigen, die nicht länger Menschen zweiter Klasse, fremdbeherrscht und wirtschaftlich ausgebeutet sein wollten. Vor allem die jüngere Generation ließ sich von der Idee der Unabhängigkeit begeistern.

Welche Rolle spielte der Panafrikanismus?

Im Kampf um die Unabhängigkeit bekam in Afrika der Panafrikanismus große Bedeutung. Zur Gesundung des afrikanischen Kontinents sollte die Kolonialherrschaft überwunden werden, und die entstehenden souveränen Staaten sollten dann eine Einheit bilden. In zahlreichen Kolonien wuchs daher die Bereitschaft zu Aufständen. Und in einigen Staaten kam es zu Jahre dauernden, blutigen Befreiungskämpfen – vor allem dort, wo sich verstärkt Menschen aus den »Mutterländern« angesiedelt hatten (wie in Kenia oder im französisch besetzten Algerien).

Warum war für die Befreiungsbewegungen der Zeitpunkt günstig?

Die Kolonialmächte waren nach dem Zweiten Weltkrieg wirtschaftlich geschwächt. Sie mussten teilweise – wie Großbritannien und Frankreich – die Wirtschafts- und Finanzhilfe der USA in Anspruch nehmen, um ihren Wiederaufbau vorantreiben zu können. Daher war es ihnen kaum möglich, Probleme in den Kolonien zu lösen. Zwar versuchten sie auch nach 1945, durch Rohstoffausbeutung in den Kolonien ihre Wirtschaft anzukurbeln, doch das hatte vor allem zur Folge, dass die Befreiungsbewegungen in den Kolonien immer stärkeren Zulauf bekamen.

Darüber hinaus hatte sich aber auch die politische Weltlage nach dem Zweiten Weltkrieg grundlegend geändert. Europa war nicht länger der mächtigste Kontinent, und auch Großbritannien und Frankreich waren keine Weltmächte mehr. Nach 1945 dominierten die USA zusammen mit der Sowjetunion die Weltpolitik. Die ehemaligen Großmächte Europas waren von den USA abhängig, die eine Politik des Selbstbestimmungsrechts der Völker vertraten. Auch die UdSSR setzte sich für eine Entkolonialisierung ein, in der Hoffnung, dies werde den Westen wirtschaftlich und politisch schwächen. Vor diesem Hintergrund gerieten die Kolonialmächte auch vermehrt unter den moralischen Druck, ihren Kolonien die Unabhängigkeit zuzubilligen.

Wer waren die ersten unabhängigen Staaten?

Der erste Staat, der von Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg in die Unabhängigkeit entlassen wurde, war 1947 Indien. Da die indischen Muslime einen eigenen Staat gefordert hatten, wurde ihnen von den Briten ein Teil Indiens zugesprochen: das im gleichen Jahr gegründete Pakistan. Der erste Staat unter französischer Kolonialherrschaft, der nach 1945 seine Unabhängigkeit erlangte, war im Jahr 1946 Syrien. Zu den schwersten Aufständen gegen die Kolonialmacht gehörte ab 1952 in Kenia der Mau-Mau-Aufstand, der bis 1956 zahlreiche Menschenleben forderte. 1963 wurde Kenia schließlich unabhängig.

Kleine Schritte hin zu größerer Selbstbestimmung unternahmen die Kolonialmächte jedoch schon vorher, indem den Kolonien unter anderem größere Selbstverwaltungsrechte zugestanden wurden. Dem Druck der Unabhängigkeitsbewegungen und der veränderten politischen Weltsituation konnte jedoch keine Kolonialmacht auf lange Sicht widerstehen: Der Großteil der ehemaligen Kolonien wurde bis Mitte der 1960er Jahre souverän.

Was ist das Commonwealth?

Das 1931 gegründete Commonwealth of Nations (engl.; Gemeinwesen der Nationen) war ein politischer Zusammenschluss autonomer Gemeinschaften, die alle zum British Empire zählten und ehemals britische Kolonien waren. Gründungsmitglieder waren neben Großbritannien und Nordirland Australien, Kanada, Neuseeland und Südafrika. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Kolonien ihre Unabhängigkeit erlangten, traten die neu entstandenen Staaten in der Regel ebenfalls dem Commonwealth bei. Das Commonwealth ist heute ein freiwilliger Zusammenschluss souveräner Staaten. Es hat die Aufgabe, Demokratisierung, Menschenrechte sowie wirtschaftliche und soziale Entwicklung in ihren Mitgliedstaaten zu fördern.

Was waren wichtige Stationen der Entkolonialisierung?

In Indien ebnete 1947 vor allem Mahatma Gandhi mit seinem gewaltlosen Widerstand gegen die britische Kolonialmacht den Weg in die Unabhängigkeit.

Der Sudan war 1956 der erste Staat in Afrika, der nach dem Zweiten Weltkrieg unabhängig wurde.

Im »Afrikanischen« Jahr 1960 erlangen nahezu alle französischen Kolonien in Afrika ihre Unabhängigkeit – es bildeten sich 14 neue Staaten.

Simbabwe (das ehemalige Rhodesien) wurde 1980 nach jahrelangen schweren Kämpfen der schwarzen Bevölkerung gegen die weiße Minderheit als letzter afrikanischer Staat von einer europäischen Kolonialmacht unabhängig.

Das ehemalige Südwestafrika, bis 1918 deutsche Kolonie, konstituierte sich 1990 nach jahrzehntelangem Kampf zwischen der Protektoratsmacht Südafrika und der Befreiungsbewegung SWAPO unter dem Namen Namibia als letzter souveräner afrikanischer Staat.

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