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Thomas Mann – Schriftsteller, Nazigegner, Nobelpreisträger

Vor 150 Jahren, am 6. Juni 1875, erblickte Thomas Mann das Licht der Welt. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts. Der Literaturnobelpreisträger wird sowohl geliebt als auch gehasst – aber auch viel gelesen. Was waren seine größten Erfolge? Wie lebte Mann? Und wieso wurde er sowohl gehasst als auch geliebt?
SSC, 06.06.2025
Thomas Mann neben dem Lübecker Buddenbrookhaus

Auch wer keine große Leseratte ist, hat bestimmt schon mal vom „Zauberberg“, „Tod in Venedig“ oder den „Buddenbrooks“ gehört. Alle diese Werke stammen vom deutschen Schriftsteller Thomas Mann. Buddenbrooks ist Manns berühmtester Roman und bescherte ihm 1929 sogar den Nobelpreis für Literatur. Bis heute werden seine Werke gelesen und diskutiert. Heute wäre Mann 150 Jahre alt geworden.

Ein Kind wohlhabender Eltern

Geboren wurde Thomas Mann in Lübeck: Sein Vater war wohlhabender Geschäftsmann, seine brasilianisch-deutsche Mutter stammte ebenfalls aus wohlhabenden Verhältnissen. „Frag ich mich nach der Herkunft meiner Anlagen, so muß ich feststellen, daß auch ich ‚des Lebens ernstes Führen‘ vom Vater, die ‚Frohnatur‘ aber, das ist die künstlerisch sinnliche Richtung und – im weitesten Sinne des Wortes – die Lust zu fabulieren, von der Mutter habe“, schrieb Mann 1936.

In der Schule blieb Mann, der sich selbst in dieser Hinsicht als faul bezeichnete, dreimal sitzen und seine schulische Leistung war mäßig. Doch er begann trotzdem schon früh mit dem Schreiben. Er unterzeichnete mit 14 Jahren einen Brief als „Thomas Mann. Lyrisch-dramatischer Dichter“ und schrieb mit 18 Aufsätze für eine von ihm herausgegebene Schülerzeitschrift. 1894 verließ der angehende Autor  das Gymnasium ohne Abschluss und zog nach München. Manns Mutter lebte dort bereits ein Jahr mit den drei jüngsten Geschwistern. Hier begann er ein Volontariat bei einer Feuerversicherungsgesellschaft.

Manns Vater starb bereits 1891 an Krebs. Da er weder Thomas noch seinen ältesten Sohn Heinrich für die Weiterführung seines Unternehmens geeignet hielt, beschloss er, die Firma mit seinem Tod aufzulösen und die Erlöse anzulegen. Thomas Mann konnte daher von den Zinsen dieses Geldes leben und sich so ganz dem widmen, was er am liebsten tat: dem Schreiben. Noch im Jahr seiner Ankunft in München veröffentlichte er seine erste Novelle in einem Magazin.

Thomas Mann mit seiner Famile im Nobelpreisjahr 1929: Thomas Mann,  Erika Mann, Katia Mann und Klaus Mann (v.l.n.r.).
Thomas Mann mit seiner Famile im Nobelpreisjahr 1929: Thomas Mann, Erika Mann, Katia Mann und Klaus Mann (v.l.n.r.).

© Eduard Wasow, gemeinfrei

Buddenbrooks – Verfall einer Familie

Im Jahr 1896 zog der junge Schriftsteller für anderthalb Jahre zu seinem großen Bruder Heinrich nach Italien. Dort begann Mann auch den Roman Buddenbrooks zu verfassen. Nach seinem Aufenthalt in Italien arbeitete er in der Redaktion einer satirischen Wochenzeitschrift, ehe ihn das Münchner Leibregiment für die Wehrpflicht einzog. Dem militärischen Drill unterzog sich Thomas Mann jedoch nur drei Monate: Durch Beziehungen seiner Mutter gelang es ihm, einen Arzt dazu zu bringen, bei ihm Plattfüße zu diagnostizieren.

Als der Schriftsteller 1901 „Buddenbrooks. Verfall einer Familie“ veröffentlichte, fiel die Resonanz zunächst gering aus. Erst eine zweite Auflage von 1903 machte Mann in der Öffentlichkeit bekannt. Viele Figuren in dem Roman tragen Züge von Manns Familienmitgliedern oder anderen Lübecker Bürgern, was bei manchen scharfe Kritik, aber auch Neugier auslöste.

Vom Kriegsbefürworter zum Kriegsgegner

Trotz seiner homosexuellen Neigungen, die Mann in Briefen, Tagebüchern und zwei seiner Werke („Tod in Venedig“ und „Tonio Kröger“) zum Ausdruck brachte, heiratete er 1905 Katharina Pringsheim aus einer angesehenen Münchener Familie. Mit ihr bekam Mann sechs Kinder.

Angesichts des Ersten Weltkriegs äußerte sich der Schriftsteller zunehmend auch politisch. In einem Essay zu Kriegsende namens „Betrachtungen eines Unpolitischen“ stand Mann zunächst für den Krieg und einen konservativ-autoritären Staat ein. Mit seiner Rede „Von deutscher Republik“ revidierte der Autor 1922 diese Haltung jedoch und wurde zum Befürworter der Weimarer Demokratie. Zwei Jahre später veröffentlichte er nach längerer Schaffenspause den Roman „Der Zauberberg“. In ihm beschreibt er das Leben in einem Lungenheilsanatorium in den Bergen – inspiriert von einem Sanatoriumsaufenthalt seiner Ehefrau – und zeichnet damit auch ein Sittengemälde seiner Zeit.

Garetnansicht des Thomas Mann House in Pacific Palisades
Von 1942 bis 1952 bewohnten die Manns das in Pacific Palisades gelegene Thomas Mann House, das von dem Großfeuer im Januar 2025 glücklicherweise weitgehend verschont wurde.

Mann im Exil

1929 erwartete Mann schließlich sein größter Erfolg: Er erhielt den Literaturnobelpreis für Buddenbrooks. Bereits bei der Preisverleihung riet ihm ein Journalist angesichts der politischen Entwicklungen in Deutschland, einen Teil des Preisgelds besser im Ausland zu lassen. Ab 1930 äußerte sich Thomas Mann in Vorträgen und Veröffentlichungen immer wieder gegen den Nationalsozialismus. 1933 kehrte er nach einem Auslandsaufenthalt auf Drängen seiner Kinder nicht nach Deutschland zurück. Thomas Mann und seine Familie lebten erst in Frankreich, dann in der Schweiz. Durch ihre Auswanderung verlor die Familie ihren ganzen Immobilien- und Sachbesitz, auch sämtliche Positionen in deutschen Literaturorganisationen wurden Thomas Mann aufgekündigt. 1936 entzog das Nazi-Regime den Manns ihre deutsche Staatsbürgerschaft.

Im Jahr 1938 siedelten Mann und seine Familie in die USA über. Auf die Frage eines Reporters, ob er das Exil als Last empfinde, antwortete der Schriftsteller: „Wo ich bin, ist Deutschland! Ich trage meine Kultur in mir und betrachte mich nicht als gefallenen Menschen.“ Mann wurde Gastprofessor an der Princeton University und ließ ab 1940 regelmäßig Radioansprachen über die BBC nach Deutschland senden, in denen er sich mit der politischen Lage Deutschlands befasste, das Kriegsgeschehen kommentierte und mahnende Worte an seine Landsleute richtete. Dabei konfrontierte er die Hörerschaft auch mit dem Holocaust.

Spiegelbilder eines Lebens

Vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs besuchte Thomas Mann erstmals wieder sein Heimatland Deutschland. Als er 1952 in den USA als Befürworter des Kommunismus angeklagt wurde, verließ die Familie die USA und zog zurück in die Schweiz. Ein Jahr vor seinem Tod veröffentlichte der Schriftsteller mit „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ sein letztes Werk. Ein paar Monate nachdem seine Heimatstadt Lübeck ihm die Ehrenbürgerwürde verlieh, starb Mann 1955 an einer Ruptur seiner Bauchschlagader.

In seinen Werken setzte Mann sich sowohl mit Kunst und Bürgerlichkeit als auch mit dem Geistigen und Materiellen auseinander. Dabei griff er oft zu Ironie und verschachtelten Sätzen. Seine Person und seine Erlebnisse spiegeln sich in einigen seiner Figuren wider – mal offen, mal verborgen. So sind seine Werke nicht nur Zeitzeichen des 20. Jahrhunderts, sondern geben auch Einblick in das Leben und den bedeutenden Schriftsteller selbst.

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