Island heute
Es waren raue Zeiten, als die Wikinger auf Island herrschten. Trotz ihrer oft ungestümen Vorfahren sind die Isländer heute friedliebende und freundliche Menschen, wenn auch für Fremde nicht immer leicht verständlich - zumindest dann nicht, wenn sie sich in ihrer Landessprache unterhalten. Das mit dem Altnorwegischen eng verwandte "Islenska" hat sich seit Jahrhunderten kaum verändert, neue, z. B. technische Begriffe werden aus alten isländischen Ausdrücken gebildet. Noch heute können viele Isländer ihre mittelalterlichen Handschriften - die bis heute lebendig gebliebenen, unermesslich kunstvollen Götter- und Heldenlieder der Edda sowie die Familiengeschichten aus der Zeit der Landnahme, die isländischen Sagas - im Original lesen. Literatur spielt von jeher eine wichtige Rolle, denn die Isländer haben sich nach den Worten ihres Dichters und Nobelpreisträgers Halldór Laxness (1902-1998) in die Gefangenschaft des geschriebenen Wortes begeben. Sie haben sich aber auch, trotz ihrer sehr modernen Einstellung gegenüber Wissenschaft und Technik, in ihrer Seele ein Stück Aberglaube bewahrt.
Unabhängigkeit mit Unterbrechung
Zu Beginn des 9. Jahrhunderts wohnten keltische Mönche auf der nördlichen Atlantikinsel. Die eigentliche Besiedlung erfolgte aber erst 870-874 mit der Landnahme des Norwegers Ingólfur Arnarson. Im Jahre 930 entstand auf Thingvellir das Althing, die erste demokratische Volksversammlung der Welt. Doch die Geschichte des freien Island endete 1264 für fast sieben Jahrhunderte. Es waren dunkle Jahrhunderte, gezeichnet von der politischen Unterdrückung durch Dänemark, das Island von 1380 bis 1918 beherrschte. Es war auch eine Zeit der Armut, Hungersnöte, Naturkatastrophen und Seuchen.
Die Tausendjahrfeier der Landnahme Islands auf Thingvellir im Jahre 1874 war Ausdruck des allgemein aufkeimenden Nationalbewusstseins im 19. Jahrhundert. Dem Streben nach Unabhängigkeit wurde 1918 endgültig nachgegeben, doch blieb Island weiterhin mit Dänemark in einer Personalunion verbunden. In den Wirren des Zweiten Weltkrieges kündigte die isländische Regierung die Union mit Dänemark und proklamierte am 17. Juni 1944 auf der historischen Stätte Thingvellir die selbständige Republik Island. Seither wird die Politik von Koalitionsregierungen bestimmt.