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Säugetiere – mit Milchdrüsen ausgestattet
Obwohl nur rund 5000 der derzeit bekannten etwa 1,5 Millionen Tierarten Säugetiere sind, sind sie mit Abstand die für uns Menschen bedeutendste Tiergruppe – nicht zuletzt, weil wir selbst zu ihr gehören. Seit Charles Darwin im 19. Jahrhundert die Theorie von der Entwicklung der Arten vorstellte, hat der Mensch jedoch seinen Platz an der Spitze eingebüßt: Er gilt nicht mehr als »Krone der Schöpfung«, sondern wird an die Stelle im System der Lebewesen eingereiht, die ihm aus wissenschaftlicher Sicht zukommt. Unter den Säugetieren sind außerdem die wichtigsten Haus- und Nutztiere des Menschen zu finden, die ihm nicht nur Nahrung, Kleidung und Rohstoffe liefern, sondern auch als Arbeits- und Versuchstiere unersetzlich sind – von Ziegen und Schafen über Kamele und Pferde bis zu Schweinen und Rindern.
Was unterscheidet die Säugetiere von den übrigen Wirbeltieren? Das hervorstechendste Merkmal, dem sie auch ihre Bezeichnung verdanken, sind die Milchdrüsen; die in ihnen produzierte Milch versorgt den Nachwuchs mit allen lebenswichtigen Stoffen. Abgesehen von den urtümlichen Kloakentieren, die Eier legen, gebären sie lebende Junge. Nur bei Säugetieren sind Haare und Schweißdrüsen zu finden, so dass sie ihre Körpertemperatur konstant halten können. Ihr größter Vorteil ist jedoch ihr hervorragend entwickeltes Großhirn, das ein komplexes, flexibles Verhalten ermöglicht. Und so konnten Säugetiere außer der Tiefsee alle Lebensräume der Erde erobern.
Die ersten, noch kleinen Säugetiere entstanden vor 180 bis 200 Millionen Jahren aus den Reptilien. Aber erst nach dem Aussterben der Dinosaurier und dem Aufkommen der Blütenpflanzen und Insekten, also vor etwa 65 Millionen Jahren, entfalteten sie sich stärker. Das Tertiär – vor 65 bis 2,6 Millionen Jahren – wird als das eigentliche Zeitalter der Säugetiere angesehen; seither ist gerade bei den großen Arten die Vielfalt wieder deutlich zurückgegangen.
Eier legende Säuger: Überraschung aus Australien
Weshalb sind Kloakentiere urtümliche Säugetiere?
Sie haben Merkmale, die sich bei allen anderen heutigen Säugerarten nicht mehr finden.
Auffallend ist beispielsweise, wie ihre Geschlechts- bzw. Ausscheidungsorgane gebaut sind: Harn- und Geschlechtswege teilen sich ihr Endstück mit dem Enddarm; es gibt also keinen Damm, der wie bei den anderen Säugetieren Geschlechts- und Ausscheidungsöffnung voneinander trennen würde. Die Weibchen haben außerdem keine echte Vagina; jeder der beiden Eileiter geht in einen eigenen Uterus über, der wiederum in den sog. Sinus urogenitalis mündet. Dieser vereinigt sich dann mit dem Darm zur Kloake. Nur der linke Eierstock bringt die dotterreichen, weichen Eier hervor. Die Milchdrüsen haben keine Zitzen, sondern geben ihr Sekret in das Milchfeld am Bauch ab, wo es von den Jungen aufgeleckt wird. Erwachsene Kloakentiere haben keine Zähne mehr, sondern zerreiben ihre Nahrung zwischen Hornleisten.
Die aufsehenerregendste Entdeckung wurde jedoch im 19. Jahrhundert an Ameisenigel und Schnabeltier gemacht: Am 2. September 1884 meldete der deutsche Zoologe Wilhelm Haacke der Royal Society of Australia, dass die Ameisenigel, die er gefangen hatte, Eier legten. Am selben Tag erhielt die Britische Zoologische Gesellschaft, die gerade in Montreal tagte, ein Telegramm des Australiers W. H. Caldwell, der an einem Flussufer in einer anderen Ecke Australiens ein Schnabeltierweibchen erlegt hatte: Dieses hatte ebenfalls gerade ein Ei gelegt und trug noch ein zweites legereif im Leib.
Ist das Schnabeltier mit Ente oder Biber verwandt?
Nein, die Ähnlichkeit mit Ente bzw. Biber ist nur äußerlich: Der Schnabel ist viel weicher als der eines Vogels, während der »Biberschwanz« eine Anpassung an den Lebensraum Wasser ist und das Schnabeltier (Ornithorhynchus anatinus) zu einem hervorragenden Taucher macht. Mit dem Schnabel gründelt es nach Schnecken und anderen Kleintieren. In die feine Schnabelhaut sind neben Tastsinneszellen Elektrorezeptoren eingebettet, mit denen es die elektrischen Felder wahrnimmt, die bei der Muskelaktivität bestimmter Krebse und anderer Beutetiere auftreten.
Ist der Ameisenigel mit unserem Igel verwandt?
Nein, wenngleich sie ebenfalls ein Stachelkleid tragen und sich auch zusammenrollen können.
Stattdessen gehören die Ameisen- oder Schnabeligel zu den Kloakentieren, obwohl sie auf den ersten Blick wenig mit ihnen gemein haben: Ihre Schnauze ist zu einer zahnlosen Horntülle verengt; sie ernähren sich von Würmern, Ameisen und Termiten, die sie mit der langen, wurmartigen, klebrigen Zunge aus ihren Bauten angeln. Die beiden in Australien und Tasmanien beheimateten Arten der Gattung Tachyglossus (Kurzschnabeligel) sind ca. 40 bis 50 Zentimeter lang, haben kurze Beine und auf dem Rücken lange Stacheln, die weit über das kurze Haarkleid hinausragen. Die Langschnabeligel Neuguineas (Gattung Zaglossus) hingegen werden größer und haben längere Beine. Ihre Schnauze ist lang und nach unten gebogen, die Stacheln sitzen weniger dicht und werden zum Teil vom Haarkleid verdeckt. Auf der Suche nach Insekten wälzen sie mühelos Steine fort, die doppelt so groß sind wie sie selbst. Wie die Schnabeltiere setzen sie zur Suche von Beutetieren Elektrorezeptoren sowie ihren feinen Geruchssinn ein; ihr Sehvermögen ist hingegen nur schwach entwickelt. Um sich zu verteidigen, können sie sich mit ihren Krallen selbst in harter Erde rasch eingraben; auf felsigem Untergrund rollen sie sich wie ein europäischer Igel zusammen.
Wie kommen Ameisenigel zu Nachwuchs?
Die Paarung wird – ungewöhnlich für Säugetiere, aber angesichts der Stacheln und der primitiven Geschlechtsorgane verständlich – Bauch an Bauch vollzogen. Etwa einen Monat später legt das Weibchen meist ein einziges Ei, und zwar in den nur zur Brutzeit ausgebildeten Brutbeutel an der Bauchmitte. Lange Haarbüschel um die Milchdrüsen reichen bis in den Beutel und dienen so als Zitzenersatz, sobald das Junge geschlüpft ist. Wenn der Nachwuchs nach sechs bis acht Wochen Stacheln bekommt, wird er in ein Nest im Bau gelegt, wo die Mutter ihn gelegentlich aufsucht, um ihn zu nähren.
Wozu brauchen Schnabeltiere Sporen?
Um sich zu verteidigen. Fühlen sich männliche Schnabeltiere bedroht, so richten sie die aus Horn bestehenden scharfen Fersensporen auf und treten nach hinten aus. Durch die hohlen Sporen führen Giftkanäle, die in ein Reservoir in den Unterschenkeln münden. Es wird von den Ausscheidungen der Giftdrüsen gefüllt, die in den Oberschenkeln der Hinterbeine sitzen. Das Gift ist stark genug, um Artgenossen oder etwa gleich große Säugetiere wie Hunde zu töten und Menschen starke Schmerzen sowie monatelang anhaltende Lähmungen zuzufügen. Man weiß noch nicht genau, ob die Männchen diese unter den Säugetieren einzigartigen Organe auch zur Revierverteidigung oder gar zur Stimulation der Weibchen beim Paarungsspiel einsetzen.
Wussten Sie, dass …
Schnabeltiere nicht lange unter Wasser bleiben können? Ihr Sauerstoffvorrat reicht nur für fünf bis zehn Minuten.
Ameisenigel recht lange leben? In Freiheit können sie über 20 Jahre alt werden, in Gefangenschaft sogar über 50 Jahre.
Ameisenigel einst gejagt wurden? Bei den Ureinwohnern Australiens und Neuguineas waren sie wegen ihres schmackhaften Fleisches beliebt.
Beuteltiere: Von spitzmausklein bis kängurugroß
Wieso hüpfen Kängurus?
Um Energie zu sparen. Durch Stoffwechselmessungen und nachgebaute Sprungapparate hat man nämlich festgestellt, dass diese Fortbewegungsweise sehr effizient ist und Kängurus viel weniger Sauerstoff verbrauchen als Tiere vergleichbarer Größe.
Das Rote Riesenkänguru (Macropus rufus) kann sogar Geschwindigkeiten von 70 km/h erreichen, wobei der lange Schwanz als Balancierstange eingesetzt wird. Dies gelingt ihm dank seiner enormen Sprungkraft, die es aus dem Stand drei Meter weite und in vollem »Lauf« sogar bis zu neun Meter weite Sätze machen lässt. Derartige Höchstleistungen sind nur mithilfe von besonderen Anpassungen im Bau der Hinterbeine möglich. Die Achillessehnen der roten Riesen wirken beim Springen wie Stahlfedern: Sie speichern beim Auftreffen auf den Boden Bewegungsenergie und geben sie beim Absprung wieder ab. Dadurch gibt es deutlich weniger Reibungsverluste als bei laufenden Tieren.
Mit welchem Trick sichern Kängurus das Überleben der Art?
Indem sie ständig trächtig sind. Denn bereits zu dem Zeitpunkt, an dem noch ein Jungtier im Beutel heranwächst, ist schon ein zweiter Embryo in der Gebärmutter eingenistet. Sein Wachstum stoppt jedoch bei einer Größe von etwa 100 Zellen. Dieser Embryo stellt eine Reserve dar, falls das Junge im Beutel nicht überleben sollte. Wenn das Beuteljunge stirbt, beginnt sich der Embryo in der Gebärmutter sofort zu entwickeln. Nimmt die Entwicklung des Beuteljungen aber einen normalen Verlauf, gibt es für den »Reserveembryo« zwei Möglichkeiten: Entweder stirbt er nach einigen Monaten ab und wird abgestoßen oder er entwickelt sich ganz normal, sobald das erste Junge den Beutel verlassen hat. In dieser Zeit kann die Mutter schon wieder begattet werden und es entsteht ein neuer Reserveembryo.
Den Weg in den mütterlichen Beutel muss der Embryo im Übrigen allein bewältigen. Etwa eine Stunde vorher hat die Mutter ihren Beutel sauber geleckt, dann legt sie sich für die eigentliche »Geburt« auf den Rücken. Der Embryo bewegt sich dann mit schlangenartigen Bewegungen zum Beutel. Diesen Weg legt er völlig blind zurück: Nur mithilfe seiner Vorderfüße und von seinem Geruchsinn geleitet, findet er innerhalb von drei bis fünf Minuten sein Ziel. Kranken oder zu schwachen Neugeborenen gelingt es nicht, den schützenden Beutel der Mutter zu erreichen. Dadurch wird sichergestellt, dass nur gesunde Tiere überleben.
Wie passen sich Kängurus an die Hitze an?
Sie graben u. a. Löcher in den Boden, um sich Abkühlung zu verschaffen. Diese Löcher sind so groß, dass sie den langen Hinterbeinen genügend Platz bieten. Über ihren Kontakt mit der kühleren Erde wird überschüssige Körperwärme abgegeben, so dass die normale Körpertemperatur aufrechterhalten werden kann.
Zusätzlich haben Kängurus verschiedene Anpassungen zum sparsamen Umgang mit dem kostbaren Wasser entwickelt. Sie können je nach Witterung 14 Tage bis mehrere Monate ohne frisches Trinkwasser auskommen. Das Rote Riesenkänguru beispielsweise kann 20 % seines Körperwassers verlieren und innerhalb von 24 Stunden solche Verluste ohne Schaden wieder ausgleichen. Außerdem verträgt es Gräser und Sträucher mit hohem Salzgehalt und kann salzhaltiges Wasser trinken. In Trockenzeiten konzentrieren die Tiere außerdem ihren Urin so stark, dass sie tagelang nicht mehr »müssen«, und gewinnen auch aus dem Kot das letzte Quäntchen Wasser zurück.
Stimmt es, dass Kängurus auch im Regenwald leben?
Ja. In den tropischen Regenwäldern und in den Bergregenwäldern Neuguineas beispielsweise sind die Baumkängurus heimisch.
Baumkängurus sind an ein Leben auf Bäumen auf verschiedene Weise angepasst. Im Vergleich zu am Boden lebenden Verwandten sind ihre Vorderbeine kaum verkürzt, ihre Füße sind breiter und tragen dicke, raue Sohlenpolster. Zudem sind sie mit kräftigen, stark gebogenen Krallen ausgestattet, die ihnen beim Klettern ebenfalls behilflich sind. Baumkängurus können ihre Hinterbeine außerdem einzeln bewegen, was ihnen einen weiteren Vorteil beim Klettern und Springen auf Ästen verschafft. Der gleichmäßig dicke und behaarte Schwanz dient beim Klettern als Balancierorgan oder als Stütze, kann jedoch nicht zum Greifen verwendet werden.
Die nachtaktiven Baumkängurus schlafen tagsüber und gehen in der Dämmerung und des Nachts auf Nahrungssuche. Die meisten Tiere fressen vorwiegend Blätter. Daneben stehen Früchte, weiche Baumrinde und – bei einigen Arten – Eier auf dem Speiseplan. Viele Baumkängurus halten sich während der Nahrungssuche auch am Boden auf; dort nehmen sie außerdem Pilze und Gräser zu sich. Am Boden bewegen sich die meisten Baumkängurus eher plump, der Schwanz, dem bei den Bodenkängurus Australiens eine wichtige Stützfunktion für die Fortbewegung zukommt, wird dabei über den nach vorne gebeugten Körper gehalten.
Welches Känguru baut ein Nest?
Das Moschusrattenkänguru (Hypsiprymnodon moschatus), das in den australischen Regenwäldern lebt. Es ist das kleinste und ursprünglichste der australischen Kängurus.
Beide Geschlechter bauen sich als Schlafplatz für die Nacht ein Nest – was für Kängurus ungewöhnlich ist. Das Nest dient jedoch nicht nur als Schlafplatz der erwachsenen Tiere, sondern bietet auch dem Nachwuchs Schutz. Nach einer Tragzeit von lediglich 21–25 Tagen bringt das Weibchen fast immer zwei Jungtiere zur Welt, die in der Regel auch beide aufgezogen werden. Die ersten Lebensmonate verbringen sie im Beutel der Mutter, wo sie auch gesäugt werden. Nach etwa vier Monaten verlassen sie zum ersten Mal den Beutel, nach sechs Monaten sind sie entwöhnt und nach etwa 18 Monaten geschlechtsreif. Moschusrattenkängurus sind die einzigen Kängurus, die mehr als ein Junges gleichzeitig gebären. Die für andere Kängurus übliche verzögerte Geburt praktizieren sie allerdings zusätzlich: Das Weibchen paart sich unmittelbar nach der Geburt der beiden Jungen erneut. Die Embryos beginnen allerdings erst dann heranzuwachsen, wenn die Jungtiere kurz davor stehen, den Beutel zu verlassen.
Weshalb sind Koalas nur selten in Zoos zu sehen?
Weil ihre Haltung in Gefangenschaft so schwierig ist. Koalas (Phascolarctos cinereus) leben nämlich ausschließlich von den Blättern bestimmter Eukalyptusbäume. Durch diese einseitige, aber an ätherischen Ölen reiche Kost riechen die Tiere übrigens wie Hustenbonbons. Koalas können nur Eukalyptusblätter eines bestimmten Reifegrads fressen, denn andere enthalten zu viel Blausäure. Da diese Blätter äußerst schwer verdaulich und nährstoffarm sind, die Koalas aber nicht mehr als etwa zweieinhalb Pfund am Tag fressen können, ohne sich zu vergiften, sparen die Tiere Energie, wo sie nur können: Sie schlafen 16 bis 18 Stunden und haben ein extrem kleines Gehirn, denn dieses Organ benötigt besonders viele Kalorien.
Übrigens: Koalakinder werden auf höchst befremdliche Art entwöhnt. Etwa einen Monat lang fressen sie täglich vom Blinddarmkot der Mutter, der größtenteils aus vorverdauten Eukalyptusblättern besteht; so nehmen sie die zum Aufschluss dieser Nahrung nötigen Mikroorganismen auf. Vielleicht ist dies der Grund dafür, dass sich der Beutel nach hinten – zum After hin – öffnet, wie man es sonst vor allem von grabenden Beuteltierarten kennt, bei denen andernfalls die Gefahr bestünde, dass Erde in den Beutel gerät.
Sind Koalas Einzelgänger?
Nein, sie sind sogar sehr soziale Tiere, auch wenn dies auf den ersten Blick schwer zu erkennen ist. Aufgrund ihrer energiesparenden Lebensweise verbringen sie, abgesehen von Müttern und ihren Jungen, die meiste Zeit allein.
Koalas leben jedoch in einer Kolonie, in der jedes Tier entsprechend seinem sozialhierarchischen Status, seinem Geschlecht und Alter einen eigenen kleinen Lebensraum bewohnt. In diesem befindet sich eine bestimmte Anzahl von Grenz- und Nahrungsbäumen. Hier findet das Tier Nahrung, Schutz und Raum für soziale Kontakte. In einer stabilen Kolonie ist jeder Baum für die Gruppe und das einzelne Tier von großer Bedeutung, weshalb die Beseitigung schon weniger Bäume die gesamte Sozialstruktur einer Kolonie deutlich beeinträchtigen kann.
Verständigen können sich die Tiere innerhalb der Kolonie über eine Reihe von Lautäußerungen, die noch in relativ großen Entfernungen zu hören sind. Mit einem tiefen, grunzenden Bellen machen Männchen beispielsweise auf ihre Gegenwart und ihre soziale Stellung aufmerksam. Das erspart oftmals Kampfhandlungen. Weibliche Koalas bellen weniger, aber auch sie drücken damit Aggression sowie ihre sexuelle Stimmung aus. Mütter und ihre Jungen verständigen sich durch sanfte Klick- und Quietschgeräusche, außerdem verwenden sie Grunztöne. Der Angstruf eines Koalas ist ein herzzerreißender Schrei, vergleichbar mit dem eines Babys.
Gibt es unter den Beuteltieren auch Fleischfresser?
Ja, etwa die Raubbeutler, von denen manche klein wie Mäuse, andere groß wie Hunde sind. Ein Vertreter ist wahrscheinlich ausgestorben, denn seit 1933 hat man keinen Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus) mehr beobachtet. Auf dem australischen Festland wurde er wohl durch die Dingos ausgerottet; ob sich auf Tasmanien noch eine Restpopulation verbirgt, ist fraglich. Von hundeähnlicher Gestalt, wird er wegen der Querstreifen auf dem Hinterkörper auch Tasmanischer Tiger genannt. Während man früher Prämien für erlegte Beutelwölfe zahlte, da sie bisweilen auch die eingeführten Schafe rissen, ist es heute streng verboten, sie zu töten – aber diese Maßnahme kommt wohl zu spät.
Nicht nur die Raubbeutler, die ihr mit vielen spitzen Zähnen bewehrtes Maul bei drohender Gefahr sehr weit aufreißen können, sondern auch die Nasenbeutler fressen Fleisch. Sie sehen aus wie eine Kreuzung aus Spitzmaus, Springmaus und Känguru und haben sehr lange Nasen, die an einen Rüssel erinnern. Nasenbeutler graben in der Nacht nach Insekten, Würmern und Mäusen, die sie vor allem mit ihrem sehr empfindlichen Gehör ausmachen.
Gibt es Beutler, die fliegen können?
Ja, neben den Gleitbeutlern und Riesengleitbeutlern trifft das auch auf den Australischen Zwerggleitbeutler (Acrobates pygmaeus) zu. Das haselmausähnliche Tier besucht Blüten und nimmt mit der langen Zunge Nektar, Pollen und kleine Insekten auf. Dank der Flughaut zwischen den Vorder- und Hinterbeinen kann der Zwerggleitbeutler von Baum zu Baum gleiten; vermutlich dienen die beiden steifen Haarreihen am ansonsten kahlen Schwanz der Steuerung. Seine Pfoten haben nicht nur scharfe Krallen, mit denen er sich an der Borke festklammern kann, sondern auch Haftpolster, die ihm auf glatten Blattoberflächen Halt geben.
Welche Beuteltiere bewegen sich wie Faultiere?
Die nachtaktiven Kuskuse – ratten- bis katzengroße Baumtiere mit rundem Kopf, spitzer Schnauze, großen Augen und kräftigen, im letzten Drittel kahlen Greifschwänzen, die sie nach unten einrollen. Ihr Fell kann sehr bunt sein: honiggelb mit roten Flecken, weiß mit dunklen Tupfen oder auch umgekehrt. Wie Faultiere klettern sie langsam durch die Urwaldbäume und verzehren Blätter, aber auch Kleintiere.
Was zeichnet Wombats aus?
Vorderhand, dass ihr Gebiss dem der Nagetiere ähnelt. Die beiden einzigen Arten dieser auch als Plumpbeutler bezeichneten Familie sind Pflanzen fressende Wühler. Ihre Schneidezähne sind nur an der Vorderseite mit Schmelz überzogen, wachsen ein Leben lang nach und bleiben deshalb trotz ständiger Abnutzung immer scharf. Ähnlich wie die Koalas sind Wombats plump gebaut. Die ersten europäischen Seeleute und Siedler, die den etwa ein Meter langen Tieren begegneten, verglichen sie mit Wildschweinen, Bären und Dachsen – und schätzten ihr Fleisch.
Wombats legen weiträumige Baue an, wozu sie ihre kräftigen Grabkrallen einsetzen. Weil sich das Vieh in ihren Bauen oft die Beine brach und sie auch Kulturpflanzen benagen, wurden sie früher stark verfolgt. Später fielen sie auch der Kaninchenbekämpfung zum Opfer. Da sie sich langsam vermehren (nur ein Junges pro Jahr), sind sie heute vielerorts ausgerottet.
Was ist die ursprüngliche Heimat der Beuteltiere?
Auch wenn es schwer zu glauben ist: Südamerika. Noch heute leben dort einige wenige Vertreter, nämlich die einfach gebauten, beutellosen Opossummäuse, deren Junge frei an den Zitzen der Mutter baumeln, und die mit 76 Arten sehr erfolgreichen Beutelratten, zu denen die Opossums gehören.
Bereits seit 1520 ist das Gemeine Opossum in Europa bekannt; deshalb wurden viele beuteltiertypische Eigenschaften zuerst an ihm entdeckt, was sich in seinem Artnamen Didelphis marsupialis niederschlägt, den ihm der Naturforscher Carl von Linné 1758 verlieh: Die Weibchen haben zwei Gebärmütter und zwei Vaginen (Didelphis: »das Zweischeidige«), die Männchen ein entsprechendes Glied mit einer tief gespaltenen Eichel, das an eine Gabel mit zwei Zinken erinnert. Auch den Bauchbeutel (lateinisch marsupium, »Geldbeutel«), in dem meist vier bis elf Junge etwa 70 Tage lang gesäugt werden, sah ein spanischer Forschungsreisender im neu entdeckten Brasilien erstmals an diesem Tier.
Das Virginia-Opossum (Didelphis marsupialis virginiana) hat sich als robuster Kulturfolger erwiesen: Mittlerweile liegt die Nordgrenze seines Verbreitungsgebietes in Kanada. Das etwas kleinere Südopossum (Didelphis paraguayensis) erinnert durch seinen lang gestreckten Körper und seine kurzen Beine an eine Ratte. Sein Fell war wegen seiner ausgezeichneten Wärmedämmung früher sehr beliebt. Der Schwanz ist unbehaart und gibt zusätzlichen Halt beim Klettern oder Fressen, wobei die Tiere ihre Nahrung mit den Vorderpfoten festhalten. Die dämmerungs- und nachtaktiven Opossums haben bis zu 50 kräftige Zähne – ideal zum Verzehr von Wirbellosen und kleinen Wirbeltieren. Sie fressen aber auch Früchte sowie Küchenabfälle und neigen im Hühnerstall wie die Nerze dazu, mehr Opfer zu töten, als sie vertilgen können. Da ihr Fleisch einen intensiven Knoblauchgeruch verströmt, haben sie nicht viele Fressfeinde. In den Südstaaten der USA galt Opossumfleisch allerdings als Delikatesse.
Wie funktioniert der »Opossumtrick«?
Bei Gefahr stellen die Tiere sich tot. Werden Opossums angegriffen, wehren sie sich erstaunlich heftig und blecken bei weit aufgerissenem Maul ihre Zähne; fühlen sie sich jedoch von einem überlegenen Feind bedroht, verfallen sie mit offenem Maul in eine Art Bewegungsstarre, bis die Gefahr vorüber ist. Dieses »Totstellen« hat im Amerikanischen übrigens zu der Redewendung »to play possum« geführt, wenn jemand um keinen Preis auffallen möchte. Im Straßenverkehr ist diese Taktik für die Tiere jedoch tödlich, und so kommen auch weit mehr Opossums auf der Straße als durch Raubfeinde um. Dass dies die Ausbreitung nicht aufhalten konnte, liegt neben ihrer Anpassungsfähigkeit sicherlich zu einem nicht geringen Teil an ihrer großen Fruchtbarkeit.
Welche Funktion erfüllt der Beutel der Beuteltiere?
Er ist eine Art zweite Gebärmutter. Beuteltiere gebären zwar lebende Junge, die aber nach einer nur kurzen Tragzeit sehr unreif zur Welt kommen. Sie reifen erst im Beutel der Mutter völlig aus. Haben sie diesen erreicht und eine Zitze in den Mund genommen, schwillt deren Spitze an, so dass die Winzlinge fest verankert sind. Die Milch wird aktiv in den Schlund eingespritzt; das noch unfertige Kiefergelenk bewegt sich beim Trinken nicht.
Gesäugt wird der Nachwuchs der Beuteltiere mindestens 65 Tage, also etwas mehr als zwei Monate; manche Jungen bleiben bis zu sieben Monate im Beutel.
Wussten Sie, dass …
Koalas im 19. Jahrhundert gejagt wurden? Vor allem bei Amerikanern waren ihre weichen Felle sehr geschätzt.
ein neugeborenes Koalajunges in Australien »Joey« genannt wird? Bei seiner Geburt ist es kleiner als zwei Zentimeter und wiegt weniger als ein Gramm.
Koalas nicht vor Buschbränden fliehen? Sie ziehen sich auf die Baumwipfel zurück, wo sie häufig zu Tode kommen.
Warum haben Koalas keine Schwänze?
Weil sie ihn in einem Feuer verloren – das erzählen zumindest die australischen Ureinwohner: Vor langer Zeit hatten die Koalas lange, buschige Schwänze. Während die anderen Tiere ihren Beschäftigungen nachgingen, hing der Koala Kunduk in seinem Baum. Lange Zeit hatte es schon nicht mehr geregnet. Plötzlich jedoch verdunkelte sich der Himmel, ein mächtiger Blitz setzte den Wald in Brand. Kunduk kletterte von seinem Baum, steckte seinen Schwanz in ein Wasserloch, wirbelte ihn umher und versuchte so, den Brand zu löschen. Aber es war zu wenig Wasser da und das Feuer breitete sich immer weiter aus. Viele Tiere kamen zu Tode. Schließlich fing sogar Kunduks Schwanz Feuer und brannte einfach weg. Jetzt hatte er weniger Gewicht zu tragen. Er verlor zwar seinen Baum und seinen Schwanz, aber er überlebte.
Wann gelangte das erste Beuteltier nach Europa?
Im Jahr 1500. Damals machte der Naturforscher Vicente Pinzón dem spanischen Herrscherpaar Ferdinand und Isabella ein trächtiges Zentralamerikanisches Opossumweibchen (Didelphis marsupialis) zum Geschenk. Das Königspaar war entzückt über diese »unglaubliche Mutter« mit ihren winzigen Jungen im Beutel. Es sollte jedoch noch drei Jahrhunderte dauern, bis man herausfand, dass Opossums keine seltsamen Ratten sind, sondern sich in ihrer Keimesentwicklung grundlegend von höheren Säugern unterscheiden, die ihre Jungen über eine Gebärmutter (Plazenta) ernähren und daher den Beuteltieren als Plazentatiere gegenübergestellt werden.
Wussten Sie, dass …
sich Breitfußbeutelmaus-Männchen nur einmal im Leben paaren können? Die fünfstündige Werbung ist so anstrengend, dass sie anschließend vor Erschöpfung sterben.
der Riesengleitbeutler (Schoinobates volans) die weitesten Gleitflüge vollbringt? Zwischen Start- und Landebaum können mehr als 100 Meter liegen.
Insektenfresser: Schützenswerte Nützlinge
Gibt es Insektenfresser schon lange?
Ja, schon ziemlich lange, denn die Insectivora, wie Insektenfresser wissenschaftlich bezeichnet werden, leben schon seit über 135 Millionen Jahren auf der Erde! Die ersten urtümlichen Vertreter besaßen einen ganz ähnlichen Bauplan; aus ihnen haben sich alle anderen Ordnungen der Höheren Säugetiere entwickelt. Heute gibt es etwa 365 Arten, die in sechs Familien eingeteilt werden. Dem Namen zum Trotz erbeuten die nachtaktiven, meist kleinen Tiere mit ihren bis zu 44 spitzen Zähnen nicht nur Insekten, sondern oft auch Würmer, Spinnen, Schnecken, Echsen und Ähnliches. Dabei vertilgen sie, da ihr Stoffwechsel außerordentlich schnell läuft, Nacht für Nacht Mengen, die etwa ihrem eigenen Körpergewicht entsprechen.
Warum rollt sich ein Igel bei Gefahr ein?
Weil er sich so am besten vor Angriffen schützen kann, denn er ist dann auf allen Seiten von spitzen Stacheln, dem Kennzeichen aller Echten Igel, umgeben. Das Stachelkleid des Igels ist dicht und gleichmäßig. Beim Braunbrustigel besteht es aus etwa 16 000 Stacheln, die beweglich in der Rückenhaut verankert sind. Normalerweise liegen sie flach am Körper an, richten sich jedoch auf, wenn sich die Haut strafft.
Um sich zu einer Kugel zusammenrollen zu können, hat der Igel einen ovalen Muskelring und den kuppelförmigen Schwanz-Rückenmuskel, die bei Gefahr kontrahieren. Sie sind durch eine Fettschicht vom Rest der Muskulatur isoliert, und stülpen sich wie ein Sack schützend über Kopf und Körper. Die Stacheln sind etwa einen Millimeter stark und schützen den Igel vor den meisten Fressfeinden; nur Dachse und andere Marder sollen in der Lage sein, zusammengekugelte Igel zu überwältigen. (Dass Füchse Igel ins Wasser rollen, um sie zum Entkugeln zu zwingen, dürfte hingegen Jägerlatein sein; außerdem können Igel – wenn auch ungern – durchaus schwimmen.) Was sich gegenüber natürlichen Feinden bewährt hat, wird den Tieren auf der Straße zum Verhängnis: Anstatt vor nahenden Autos zu fliehen, verharren sie in Abwehrhaltung. Viele Tausend Igel fallen deshalb jedes Jahr dem Verkehr zum Opfer.
Nicht nur bei Gefahr, auch zum Winterschlaf rollt sich der Igel zusammen und bleibt dann wochenlang in dieser Haltung. Seinen normalen Ruheschlaf hält er hingegen ausgestreckt ab.
Zur Igelfamilie gehört übrigens nicht nur die Unterfamilie der Echten Igel oder Stacheligel, aus der unser Europäischer Igel oder Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) stammt. Sie umfasst auch die südostasiatischen Haar- oder Rattenigel, die wegen des fehlenden Stachelkleids völlig anders, nämlich rattenähnlich, aussehen.
Sind Igel chronisch erkältet?
Nein, ihre ständig feuchte Nase brauchen sie, um ihre Umgebung zu erschnuppern. Der Geruchssinn ist für sie von größter Bedeutung, um ihre Geschlechtspartner und Jungen, aber auch Konkurrenten und Feinde zu erkennen. Aus der dunklen Nase an der Spitze der kegelförmigen Schnauze rinnt ständig etwas Flüssigkeit, welche die empfindlichen Riechschleimhäute feucht hält. Anders als viele andere Insektenfresser sind Igel auch in der Lage, ganz passabel zu sehen; trotz ihrer eher nachtaktiven Lebensweise können sie wohl sogar Farben unterscheiden. Die Beute – darunter viele Schadinsekten, Schnecken und junge Mäuse – wird nicht mit den unauffälligen Eckzähnen, sondern mit den verlängerten äußersten Vorderzähnen ergriffen. Da der Igel gegen viele Gifte ungewöhnlich resistent ist, vertilgt er sogar Ölkäfer wie die Spanische Fliege in größeren Mengen. Ein Zehntelgramm des in ihnen enthaltenen Giftstoffs Cantharidin reicht aus, um 25 Menschen zu töten – nicht aber den viel kleineren Igel. Auch Bienen- und Wespenstiche oder Blausäure können ihm wenig anhaben. Sogar Kreuzottern verschmäht er nicht, obwohl er gegen deren Gift nicht völlig immun ist. Er versucht, ihr Rückgrat durchzubeißen, während sie ihr Gift durch das aufgestellte Schutzkleid meist nicht applizieren kann, denn ihre Giftzähne sind kürzer als die Stacheln. Dann frisst er die Schlange vom Hinterende aus auf, selbst wenn sie noch lebt.
Warum bespucken Igel sich selbst?
Das ist ihre Art, sich zu tarnen. Igel versuchen häufig, ihren Eigengeruch zu überdecken, indem sie stark riechende Gegenstände wie Hyazinthenblüten, Regenwürmer, faules Fleisch, aber auch Zigarettenstummel oder Parfümseife ablecken oder zerkauen und ihr Stachelkleid auf dem Rücken mit dem schaumigen Speichel bespucken. Dieses Verhalten, bei dem die Tiere sich ausstrecken und den Kopf zum Spucken ruckartig nach hinten drehen, wurde bei allen Stacheligelgattungen beobachtet; es setzt oft bereits im Alter von einer Woche ein, wenn die Augen und Ohren noch verschlossen sind. Die geruchsspendenden Objekte werden nicht gefressen, sondern nach dem Zerbeißen ausgespien. Getrocknete Speichelflecken verraten noch lange die Stellen, die der Igel bespuckt hat.
Kann der Igel im Winter erfrieren?
Es kommt darauf an, wie oft der Igel in der kalten Jahreszeit geweckt wird! Als einziger Insektenfresser hält der Igel nämlich einen echten Winterschlaf, bei dem die Körpertemperatur – anders als bei der bloßen Winterruhe – drastisch reduziert wird. Im Herbst, wenn er sich ein ausreichendes Fettdepot angefressen hat, polstert er sein Nest im Unterholz oder an einer anderen geschützten Stelle gut mit Moos und Gräsern aus. Sobald die Außentemperatur einen kritischen Wert unterschreitet, der beim Europäischen Igel zwischen acht und zehn Grad Celsius liegt, werden im Zwischenhirn, in der Hypophyse und in der Bauchspeicheldrüse Hormone produziert, die die Umwandlung des Blutzuckers in Glykogen fördern. Als Folge verlangsamen sich Atmung und Puls; die Wärmeregelung wird ausgeschaltet, so dass das Tier auf eine Minimaltemperatur von sechs Grad Celsius abkühlt. Starke Kälte wirkt als Wecksignal; der Stoffwechsel kommt kurzzeitig in Gang und verhindert so, dass die Tiere erfrieren. Während des Winterschlafs zehren Igel von ihren Fettreserven. Störungen in dieser Zeit enden meist tödlich, da die Tiere in der freien Natur nicht genug Nahrung finden, um ihre verbrauchten Energievorräte wieder aufzufüllen.
Warum wirft der Maulwurf Hügel auf?
Weil er sich beim Graben seiner langen Jagdröhren periodisch des Aushubs entledigt, den er mit den Grabkrallen hinter sich wirft. Dazu schiebt er die Erde rückwärts und aufwärts an die Oberfläche, wo dann etwa eine Handbreit neben dem Tunnel die bekannten, manchen Zierrasenfreund zur Weißglut treibenden Haufen entstehen. Die Tunnel liegen im Sommer bis zu 40, im Winter bis zu 60 Zentimeter unter der Oberfläche; junge Tiere graben nicht so tief. Das Nest eines Maulwurfsbaus liegt unter einem Maulwurfshügel, der deutlich größer ist als die Haufen. Regelrechte Burgen mit bis zu 90 Zentimeter Höhe und über einem Meter Durchmesser, die gleich mehrere Kammern enthalten, findet man in Gebieten mit feuchten Böden, da die Tiere das Grundwasser meiden.
Können Maulwürfe in ihren Bauen ersticken?
Wenn sie in den Gängen nicht für die nötige Belüftung sorgen, kann das durchaus passieren. Denn der Luftaustausch in den Bauen ist nicht zu unterschätzen. Der Stoffwechsel der Maulwürfe läuft ständig auf Hochtouren; sie atmen extrem viel Kohlendioxid aus. In Freiheit legen sie daher Belüftungsgänge um die Nestkammer an und sorgen mit ihren Haufen für den nötigen Durchzug. In Gefangenschaft ersticken sie oft an ihren eigenen Abgasen, wenn man sie nicht in feinmaschigen, von unten entlüfteten Drahtkäfigen hält.
Der Europäische Maulwurf (Talpa europaea) wird 11–17 Zentimeter lang und bis zu 120 Gramm schwer. Er hat winzige Augen, mit denen er nur Helligkeitsunterschiede wahrnehmen kann, muschellose, aber gute Ohren, zu Grabhänden umgestaltete Vorderbeine und einen kurzen, ebenso wie die Nase dicht mit Sinneshaaren besetzten Schwanz, mit dem er stets spürt, was hinter ihm vorgeht. Obwohl viele diesen pelzigen Wühler schon gesehen haben und seine Erdhaufen ein vertrauter Anblick sind, wissen wir erstaunlich wenig über ihn. So ist die Tragzeit der Weibchen völlig unbekannt, da die Tiere schwer in Gefangenschaft zu halten sind. Maulwürfe sind ungesellig und teilen sich ihre Jagdreviere nur selten; konkurrierende Männchen bekämpfen einander in der Paarungszeit erbittert und lautstark. Auch die Paarungspartner kämpfen zunächst miteinander und gehen dann vermutlich gemeinsam auf Insektenjagd. Das Weibchen legt eine Brutkammer mit einem weichen Nest an und bekommt meist im Mai zwei bis sieben nackte, weißliche Junge, die sie bei Gefahr in ein anderes Nest trägt. Der Nachwuchs wird mit zwei Monaten selbstständig und ist mit einem Jahr geschlechtsreif; die Tiere leben etwa drei bis vier Jahre.
Warum muss die Spitzmaus ständig fressen?
Weil sie als echter Warmblüter ihre Körpertemperatur bei etwa 38 °C halten muss. Die Spitzmaus hat eine sehr dünne Isolationsschicht und eine im Verhältnis zu ihrem Volumen sehr große Oberfläche, weswegen ihr Stoffwechsel enorm schnell ablaufen muss, um diese Temperatur zu halten. Deshalb fressen Spitzmäuse täglich eine Menge, die 130 % ihres Körpergewichts entspricht, eine stillende Spitzmausmutter kommt sogar auf 200 %. Das Herz schlägt unglaubliche 1200 Mal pro Minute, um den Sauerstoff so schnell wie möglich im Gewebe zu verteilen, wo er für die Energiegewinnung benötigt wird. Außerdem ist dieses Organ mit einem Gewicht von 0,035 g vergleichsweise riesig: Es wiegt in Relation zum Körpergewicht dreimal so viel wie bei einem Vollblutrennpferd. Da Spitzmäuse viele Acker-, Forst- und Vorratsschädlinge vertilgen (manche aber auch Fische, Kleinvögel und Kleinsäuger, ja sogar Artgenossen), stehen sie in Deutschland größtenteils unter Naturschutz.
Warum ziehen manche Spitzmäuse in einer Polonaise durchs Gras?
Weil eine Spitzmausmutter auf diese Weise ihren Nachwuchs in Sicherheit bringt. Bei der zu den Weißzahnspitzmäusen zählenden Gattung Crocidura (Haus-, Garten- und Feldspitzmaus) kann man gelegentlich sog. Spitzmauskarawanen beobachten: Fühlt sich eine Mutter mit ihren Jungen im Nest gestört, so verbeißt sich ein Kleines im Fell über ihrer Schwanzwurzel, und alle anderen Kinder beißen sich jeweils an der Schwanzwurzel des Vorgängers fest. Gemeinsam ziehen sie wie eine Schlange durchs Gras.
Können Igel Fratzen schneiden?
Ja: Das hat ihnen die beiden Bezeichnungen Hunds- und Schweinsigel eingebracht. Wie der Volksmund noch heute, so unterschied schon Hildegard von Bingen (1098 bis 1179) zweierlei Igel. In ihrer Rezeptsammlung heißt es: »Wenn ein Mensch (…) den Swinegel essen will, soll er ihn wie einen Hasen im Wasser kochen, Zimt und Bertram und Pimpernell zu gleichen Teilen pulverisieren und diese Pulver miteinander in Wein erwärmen (…). So esse er ihn, dann schadet er ihm nicht, sondern macht ihn stark und erhält ihm seine Gesundheit.« Vom Genuss des Hundsigels riet sie hingegen ab, denn sein Fleisch sei »für den Menschen ebenso wenig geeignet wie das des Hundes«. Heute weiß man, dass »Hundsigel« (stumpfe Schnauze, steile Stirn) und »Schweinsigel« (spitze Schnauze, flache Stirn) sich nur in der Mimik unterscheiden: Das Gesicht eines verschreckten Igels mit aufgestellten Stirnstacheln und eingezogenem Kopf erinnert an einen Hund, dasjenige eines stöbernden Igels, der mit vorgestreckter Nase wittert und wühlt, an ein Schwein.
Wussten Sie, dass …
die madagassischen Tenreks oder Borstenigel mit ihren bis zu 30 Jungen die größten Würfe innerhalb der Säugetierklasse großziehen?
Maulwürfe kilogrammschwere Wintervorräte aus lebenden Würmern anlegen, die sie zuvor mit einem Biss gelähmt haben?
Wie nennt man die Auswüchse im Gesicht des Sternmulls?
Tentakel. Ein eigentümlicher Kranz aus 22 rosafarbenen Fortsätzen schmückt die Nasenspitze des amerikanischen Sternmulls (Condylura cristata). Diese unabhängig voneinander beweglichen Tentakel sind mit etwa 100 000 Nervenfasern ausgestattet, die auch noch so kleine Bewegungen der Beutetiere – Insektenlarven, Regenwürmer und kleine Krebse – wahrnehmen.
Anders als sein europäischer Verwandter bevorzugt der Sternmull feuchte oder sumpfige Gebiete als Lebensraum. Sein dichtes, schwarzbraunes bis schwarzes Fell schützt ihn hervorragend gegen Kälte und Nässe, denen er beim Schwimmen und Tauchen ausgesetzt ist, denn seine Tunnelausgänge liegen meist unter Wasser. Auffallend ist auch sein langer Schwanz, in dem er Fettreserven speichern kann.
Wussten Sie, dass …
der Name Maulwurf mit »Maul« wenig zu tun hat, da er sich vom althochdeutschen »Molte« ableitet, das so viel wie Erde heißt?
das Fell der Maulwürfe keinen eindeutigen Strich hat und die Tiere deshalb in ihren Gängen leichter rückwärts laufen können?
2,5 Millionen Etruskerspitzmäuse so viel wiegen wie ein Elefant?
Spitzmäuse nur dem Namen nach etwas mit Mäusen zu tun haben, sie tatsächlich aber mit den Maulwürfen verwandt sind?
Affen: Von Schmalnasen und Breitnasen
Wie unterscheiden sich die Affen der Neuen und der Alten Welt?
Vor allem durch die Form ihrer Nase. Für Neuweltaffen typisch sind ihre weit auseinanderliegenden und nach außen gerichteten Nasenöffnungen, die ihnen den Namen Breitnasenaffen eingetragen haben. Kennzeichen der Affen Europas, Afrikas und Asiens, also der sog. Altweltaffen, sind dagegen ihre schmale Nasenscheidewand und die nach unten gerichteten Nasenöffnungen; daher werden sie auch Schmalnasenaffen genannt.
Die Breitnasenaffen Südamerikas können überdies ihren Daumen nicht den anderen Fingern gegenüberstellen, wohl aber ihre große Zehe. Auffallend ist ferner ihr langer Schwanz, der bei einigen Arten als Greifschwanz ausgebildet ist. Mit dieser »fünften Hand« können sie beim Klettern zusätzlichen Halt finden oder auch weiter entfernte Gegenstände erreichen. Innerhalb der Altweltaffen stehen den Hundsaffen, die durch etwa gleich lange Arme und Beine bzw. längere Beine und meist einen recht langen Schwanz gekennzeichnet sind, die Gruppe der schwanzlosen Menschenaffen gegenüber.
Wie gelangen Kapuzineraffen an ihre Nahrung?
Sie setzen, wenn nötig, Werkzeuge ein. Im Nordosten Brasiliens wurden kürzlich zu den Kapuzinern gehörende Faunaffen (Cebus apella) beim Werkzeuggebrauch beobachtet. Sie benutzten Steine zum Ausgraben von Knollen, Wurzeln und Insekten oder als Hammer, um Samenschalen zu knacken, hohle Äste zu öffnen oder Knollen zu mundgerechten Stücken zu zerkleinern. Mit Ästen und Zweigen stocherten sie gelegentlich in Baumlöchern oder Felsspalten nach Insekten.
Kapuzineraffen sind Allesfresser mit einer breiten Nahrungspalette. Sie ernähren sich von verschiedenen Pflanzenteilen wie reifen und unreifen Früchten, Blüten und Samen. Ihren Proteinbedarf decken sie vorwiegend über Insekten, allerdings verzehren sie auch Vogeleier, Jungvögel, Kleinsäuger und Eidechsen. Pflanzen liefern aber nicht nur Futter. Von Weißschulterkapuzinern (Cebus albus) ist bekannt, dass sie Clematis- und Piperblätter sowie Zitrusfrüchte sammeln, zerkauen und sich den Speichelbrei im ganzen Fell verteilen. Die Insekten abstoßenden Substanzen dieser Pflanzen halten lästige Moskitos fern und schützen die Tiere wirkungsvoll vor deren Stichen.
Weshalb brüllen Brüllaffen?
Um ihr Revier abzugrenzen. Oft brüllt nur das stärkste Männchen einer Sippe, manchmal aber auch alle Männchen oder sogar die ganze Familie. Weibchen haben weniger stark ausgebildete Kehlorgane, so dass ihre Rufe höher, aber leiser sind. Das während der Dämmerung in regelrechte Konzerte ausartende Gebrüll dient vor allem der Kommunikation zwischen verschiedenen Gruppen. Es zeigt anderen Artgenossen den derzeitigen Standort an und wird von ihnen auch beantwortet.
Im Gegensatz zu vielen anderen Tierarten verteidigen Brüllaffen nicht ihr gesamtes Territorium, das sich häufig mit dem anderer Gruppen überlappt, sondern sie grenzen durch ihre Stimmen nur den aktuellen Kernbereich ab. Durch diese Warnrufe werden ein Zusammentreffen und mögliche energieaufwendige Kämpfe unter Artgenossen weitgehend vermieden. Außerdem brüllen alleinstehende Männchen, die Anschluss an eine neue Gruppe suchen. Je nach Antwortgebrüll wagen sie sich zu einer fremden Gruppe oder halten lieber Abstand.
Wer kümmert sich bei den Löwenäffchen um den Nachwuchs?
Der Vater. Zweimal im Jahr bringt das ranghöchste Weibchen nach einer Tragzeit von 130 bis 135 Tagen zumeist Zwillinge zur Welt. Diese sind bei der Geburt vollständig behaart und haben offene Augen. Sie klettern ins mütterliche Fell, werden aber schon ab dem zweiten Tag in der ganzen Familie herumgereicht. Nach vier bis zehn Tagen sind sie auf den Vater fixiert, der sie liebevoll betreut. Er bringt die Kinder nur noch zum Säugen zur Mutter, die sie ansonsten kaum noch in ihrer Nähe duldet. Ab der dritten Lebenswoche unternehmen die jungen Löwenäffchen allein kleinere Ausflüge. Bei der geringsten Gefahr flüchten sie jedoch – alarmiert durch die Warnrufe ihrer Eltern – wieder in die Geborgenheit des väterlichen Fells.
Die zu den Krallenaffen gehörenden Löwenäffchen leben in Gruppen aus zwei bis acht Tieren. Diese Familien bestehen aus Eltern und ihrem Nachwuchs, der oft aus mehreren Würfen stammt. Selten leben andere Verwandte mit im Verband. Innerhalb der Gruppe herrscht ein ausgeprägtes Sozialverhalten, wobei das Teilen von Futter und die gegenseitige Fellpflege eine wichtige Rolle spielen. Die Familienmitglieder bleiben meist in Sichtkontakt und verständigen sich durch Schreie, die aufgrund der hohen Pfeif- und Zwitschertöne eher an Vögel als an Affen erinnern. Durch diese warnen sie sich auch gegenseitig vor ihren Feinden, zu denen Ozelot, Hunde, Schlangen und Raubvögel gehören.
Was bedeutet es, wenn Affen ihre Zähne zeigen?
Das hängt von der Art ab: Berberaffen wollen einen Artgenossen begrüßen. Sie sind sehr soziale Tiere, die in Mehrmännchengruppen von sieben bis 40 Tieren zusammenleben. Kern des Trupps sind die miteinander verwandten Weibchen. Die Affen verbringen viel Zeit damit, einander zu groomen, d. h. soziale Fellpflege zu betreiben, und oft schnattern sie freundlich miteinander. Sie ziehen in Gruppen umher und warnen einander vor Gefahren in Gestalt von Füchsen, Schakalen oder großen Raubvögeln. In die Enge getrieben, können sie jedoch kräftig beißen.
Eine ganz andere Bedeutung hat das Zähnefletschen bei den Pavianen, die in den afrikanischen Savannengebieten leben. Es ist ein Ausdruck von Aggression, den die wehrhaften, mit besonders langen und starken Eckzähnen ausgestatteten Affen beispielsweise dann an den Tag legen, wenn sie von Raubfeinden wie etwa Leoparden bedroht werden.
Weshalb lieben Paviane die Geselligkeit?
Die Gemeinschaft bietet dem einzelnen Tier Schutz durch die erhöhte Wachsamkeit und durch die Wehrhaftigkeit der großen Männchen, die wiederum von der Anwesenheit vieler Weibchen zur Paarung profitieren. Andererseits bedeutet ein großer Trupp viele Nahrungskonkurrenten und das begrenzt die Größe der Herde.
Um den besten Schutz zu gewährleisten, sind die Aufgaben innerhalb der Gruppe genau verteilt. Beim morgendlichen Marsch von den Schlafbäumen zu ihren Nahrungsplätzen folgen die Paviane einer strengen Ordnung. Vor- und Nachhut werden von jungen, rangniederen Männchen gebildet, die ranghohen Männchen halten sich mitten in der Gruppe unter den Weibchen und ihren Kindern auf. Die dominanten Männchen regeln Streitigkeiten, treiben säumige Weibchen an und sorgen ganz allgemein für Ordnung. Trifft die Gruppe auf einen Raubfeind, preschen die dominanten Männchen vor und stellen sich dem Angreifer entgegen, während die Weibchen und Kinder die Zeit nutzen, um sich zurückzuziehen oder auf Bäumen in Sicherheit zu bringen.
So wichtig die Gruppe als Verteidigungsgemeinschaft ist, noch wichtiger ist sie für die jungen Affen als »Schule«, in der sie soziale Regeln und die Lage guter Wasserstellen, Futter- und Schlafplätze lernen sowie erfahren, welche Pflanzen essbar und welche Tiere gefährlich sind. All das ist jungen Pavianen nämlich nicht angeboren, sondern wird ihnen von der Gruppe beigebracht. Gefestigt wird der Zusammenhalt wie bei vielen Affen durch gegenseitige Fellpflege, mit der Paviane viel Zeit verbringen.
Wo sind Rotgesichtsmakaken zu Hause?
Rotgesichtsmakaken (Macaca fuscata) leben in der gemäßigten Klimazone zwischen 30° und 41° nördlicher Breite; damit sind sie die am weitesten nördlich lebende Primatenart – mit Ausnahme des Menschen. Sie sind nur in Japan – genauer gesagt: auf allen japanischen Inseln mit Ausnahme Hokkaidos – heimisch und werden daher auch als Japanmakaken bezeichnet.
Was ihren Lebensraum angeht, so sind diese geselligen Affen sehr anpassungsfähig: Sie sind in Küstenlandschaften ebenso zu Hause wie in Bergwäldern und an Gebirgshängen bis zu 3000 Meter über dem Meersspiegel. An ihrer nördlichen Verbreitungsgrenze liegt der Schnee im Winter oft mehrere Meter hoch und die Temperaturen können auf –15 Grad Celsius fallen. Dann kann man die Tiere an windgeschützten Hängen auf Bäumen sitzen sehen, wo sie sich eng aneinanderschmiegen und umarmen, um sich warm zu halten. Einige Rotgesichtsmakaken-Populationen haben auch bestimmte Verhaltensweisen ausgebildet, um das Leben im Winter erträglicher zu gestalten. So gönnen sich die Makaken in den japanischen Alpen im Osten von Honshu stundenlange warme Bäder in heißen Vulkanquellen, oft bis zum Hals untergetaucht. Wenn sie diese Quellen schließlich wieder verlassen, schützt sie nur ihr dichtes Fell und viel Bewegung vor Auskühlung.
Können Affen einmal Gelerntes weitergeben?
Ja, die Ausbildung von Traditionen beobachtete man zum Beispiel an Rotgesichtsmakaken (Macaca fuscata).
Japanische Forscher begannen Anfang der 1950er Jahre, auf der Insel Hoshima das Sozialverhalten dieser Affen zu studieren. Um die Tiere an ihre Anwesenheit zu gewöhnen, fütterten sie diese am Sandstrand der Insel mit Süßkartoffeln. Im September 1953 beobachteten sie, wie das junge Weibchen Imo eine Kartoffel mit zu einer nahe gelegenen Bucht nahm und dort vor dem Fressen abwusch. Das Säubern von Nahrungsmitteln ist bei Affen nicht selten, Imo hatte aber erkannt, dass es mit Wasser besser geht.
Einen Monat später zeigte das Jungtier Senushi, das häufiger mit Imo spielte, die gleiche Verhaltensweise. Wiederum drei Monate danach begann Imos Mutter mit dem Kartoffelwaschen. Im März 1958 hatten 14 von 15 Jungtieren und zwei der elf Erwachsenen das Verhalten übernommen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es sich eingebürgert, die Kartoffeln auch dann im Meer zu waschen, wenn sie sauber waren – die Affen hatten das Salzen entdeckt. Als die Jungtiere erwachsen und selbst Mütter wurden, kehrte sich die Traditionsrichtung um. Jetzt lernten die Jungen von ihren Müttern.
Tragen Nasenaffen ihren Namen zu Recht?
Ja, vor allem bei den Männchen ist das kennzeichnende Merkmal besonders ausgeprägt: Bis zu zehn Zentimeter lang kann ihre Nase werden, die der Weibchen bleibt hingegen eher zierlich. In ihrer Heimat Borneo, wo die Nasenaffen (Nasalis larvatus) ausschließlich vorkommen, werden sie von den Einheimischen Orang bland (»Weißer Mann«) genannt. Grund für diese Namensgebung ist die große Nase der Affen, die die Indonesier an das entsprechende Körperteil eines Europäers erinnerte.
Nasenaffen findet man in Tieflandwäldern, reinen Mangrovenwäldern sowie Mischwäldern aus Mangroven und Nipapalmen. Auf der Suche nach Nahrung legen sie täglich große Strecken vierfüßig kletternd oder auf dem Boden laufend zurück. Darüber hinaus sind sie gute Schwimmer – auch unter Wasser – und mit kleinen Häuten zwischen den Fingern ausgestattet. Werden sie bedroht, springen sie ins nächste Gewässer und versuchen, tauchend zu entkommen. Müssen Flüsse durchquert werden, wird eine möglichst schmale Stelle ausgesucht. Meist bilden die Männchen die Nachhut. Dieses Verhalten dürfte ebenso der Vermeidung von Feindkontakt dienen wie der Aufenthalt in Gruppen in Gewässernähe und die aufmerksame Beobachtung der Umgebung. Größte Feinde sind an Land der Nebelparder, im Wasser das Krokodil.
Welcher Lemur wird als Unglücksbote gefürchtet?
Das Fingertier oder Aye-Aye (Daubentonia madagascariensis), dessen befremdlich wirkendes Äußere wohl für seinen schlechten Ruf verantwortlich ist. Fingertiere sind bei den Einwohnern Madagaskars nicht sehr beliebt. Der Anblick eines der bizarr aussehenden Tiere verheißt nach den Überlieferungen der Ureinwohner ein Unglück, das nur verhindert werden kann, wenn man den Lemuren umgehend tötet. Nicht jedoch dieser Aberglaube, sondern die großflächige Zerstörung ihres Lebensraums auf Madagaskar zeichnet hauptsächlich für die stark sinkenden Populationen der Fingertiere verantwortlich. Weichen sie deshalb in landwirtschaftlich genutzte Gebiete aus, so werden sie zudem von den Bauern als Obstdiebe gejagt und erlegt.
Der deutsche Name des Fingertiers nimmt Bezug auf den Bau seiner Hand mit den extrem langen Fingern. Vor allem der besonders lange und dünne Mittelfinger wirkt fast skelettartig, die Haut scheint direkt auf den dünnen Knochen zu liegen. Alle Finger haben – anders als sonst bei Primaten üblich – keine Nägel, sondern stark gebogene Krallen. Der verlängerte Mittelfinger eignet sich hervorragend dazu, Insektenlarven unter der Rinde hervorzuziehen. Zudem kann der Lemur ihn als eine Art Löffel benutzen, um z. B. den Nektar einer Blüte zu erreichen oder um an das Fruchtfleisch von Früchten heranzukommen. Darüber hinaus setzt das Fingertier seinen Mittelfinger ein, um sich Augen, Nase und Ohren zu reinigen.
Welche Affen sind auch in Städten anzutreffen?
Die Hanumanlanguren oder Hulmans (Semnopithecus entellus), die sich in Indien zu echten Kulturfolgern entwickelt haben. Da sie im hinduistischen Glauben das Symbol der Freundschaft verkörpern und als heilig verehrt werden, können sie sich überall unbehelligt bewegen.
Welcher Affe wird erst in der Nacht aktiv?
Der Nachtaffe (Aotes trivirgatus) – im Übrigen als Einziger aller Affen. Den Tag verschläft er eng zusammengekuschelt mit Artgenossen in Baumhöhlen oder dichter Vegetation. Die Männchen der in Südamerika heimischen Art können fast 50 Zentimeter groß und rund ein Kilogramm schwer werden. Mit ihrer Gesichtszeichnung aus drei schwarzen Streifen, der hellen Bauch- und dunkelgrauen bis braunen Rückenfärbung sind die Tiere im Dämmerlicht des Regenwaldes gut getarnt. Die einzelnen Paare besetzen kleine Reviere. Die Weibchen bringen häufig Zwillinge zur Welt, deren Aufzucht größtenteils die Väter übernehmen.
Wussten Sie, dass …
Krallenaffen sich unter anderem von Baumsäften ernähren? Mit ihren langen Schneidezähnen im Unterkiefer nagen die Affen dabei die Rinde der Bäume so tief an, dass sich in diesen Löchern der Baumsaft ansammelt.
Neuweltaffen wasserscheu sind? Als ausgesprochene Baumbewohner vermeiden sie es, ins Wasser zu gehen; größere Flüsse markieren deshalb oft Verbreitungsgrenzen einer Art.
Brüllaffen Arzneimittel kennen? Haben sie giftige Pflanzen aufgenommen, so fressen sie etwas Tonerde, die die Giftstoffe bindet.
Wo sind die einzigen frei lebenden Affen Europas zu finden?
Auf Gibraltar, einer Halbinsel am Südzipfel der Iberischen Halbinsel. Ob die Berberaffenkolonie auf dem Felsen von Gibraltar, die gegenwärtig etwa 250 Tiere umfasst, ein Überrest der Population ist, die bis zur letzten Eiszeit ganz Europa besiedelte, ist nicht bekannt. Sie wurde jedoch aus »politischen« Gründen mehrfach mit Tieren aus Nordafrika aufgefrischt – denn eine alte Überlieferung besagt, dass die Ende des 18. Jahrhunderts von den Briten eroberte Insel an Spanien zurückfällt, sollte die Berberaffenpopulation verschwinden. Die Affen von Gibraltar stehen daher unter dem Schutz der britischen Regierung. Die Armee bewacht und betreut die Kolonie seit 1915, füttert die Tiere bei Bedarf und notiert sorgfältig Geburten wie Todesfälle. Als die Population 1942 auf sieben Tiere sank, wurde sie auf Geheiß des damaligen Premierministers Winston Churchill mit importierten Tieren aufgestockt.
Wussten Sie, dass …
Berberaffen ein besonders dichtes Fell haben? Da sie in Gebirgsregionen leben, müssen sie auch mit Kälte zurechtkommen.
bei den Blutbrustpavianen die Weibchen das Sagen haben? Sie entscheiden, welches Männchen ihren Harem führen darf.
der Rhesusfaktor nach einer Affenart benannt ist? Die Bezeichnung rührt von den in Indien heimischen Rhesusaffen (Macaca mulatta) her, die lange Zeit in der Forschung eingesetzt wurden und bei denen man diese auch beim Menschen auftretende Eigenschaft des Blutes entdeckte.
Wussten Sie, dass …
bei den Kattas die Weibchen die Führungsrolle übernehmen? Unter den Männchen gilt eine Rangordnung, die zu Beginn jeder Paarungszeit neu ausgefochten wird.
Fingertiere selbst Kokosnüsse knacken können? Ihre Schneidezähne sind so kräftig, dass sie die harten Schalen aufbohren können.
manche Lemuren Sonnenbäder lieben? Deshalb wurden sie früher von den Einheimischen für Sonnenanbeter gehalten und unter Schutz gestellt.
Was sind Lemuren?
Eine Familie der Halbaffen, die auf Madagaskar und den Komoren heimisch ist. Lemuren besitzen rötliche Augen, einen relativ starren Blick und veranstalten manchmal lautstarke Rufkonzerte. Diese weithin schallenden Gruppen-»Gesänge« wirken alten Berichten zufolge im nächtlichen Wald Furcht erregend. Diesen Eindruck dürften auch die ersten französischen Forscher gehabt haben, als sie vor mehr als 200 Jahren Madagaskar besuchten. Denn sie gaben den heimischen Halbaffen den Namen Lemuren, der an Vorstellungen der Römer anknüpft. Diese glaubten nämlich, dass die Geister der Verstorbenen – von ihnen Lemuren genannt – des Nachts klagend rufen und mit glühenden Augen umhergehen und nach den Lebenden Ausschau halten.
Menschenaffe und Mensch: Eng verwandt
Wie groß ist der Unterschied zwischen Affe und Mensch?
Genetisch betrachtet äußerst gering. Denn Untersuchungen der menschlichen Erbsubstanz DNA und derjenigen der verschiedenen Menschenaffenarten förderten Erstaunliches zutage: Es zeigte sich, dass die menschliche DNA von der Schimpansen-DNA in nur rund 1,7 Prozent abweicht. Die Unterschiede zwischen Gorilla-DNA und menschlicher bzw. Schimpansen-DNA liegen bei 2,3 Prozent. Die DNA der Gibbons unterscheidet sich von derjenigen der anderen Menschenaffen in fünf Prozent, diejenige der Orang Utans aber nur in 3,6 Prozent. Schimpanse und Bonobo trennt lediglich 0,7 Prozent ihrer DNA-Sequenzen.
Der Mensch kann also nicht mehr sozusagen als Außenseiter neben die Gruppe der Menschenaffen gestellt werden, obwohl er mit seinem aufrechten Gang, der Haarlosigkeit und der Sprachfähigkeit so ganz vom Bild der anderen Affen abweicht. Setzt man die Ergebnisse der DNA-Analyse in einem Stammbaum um, so zeigt sich, dass die Abspaltung des Menschen aus dem gemeinsamen Stammbaum erst stattgefunden haben kann, nachdem sich Orang-Utan und Gorilla schon abgespalten hatten. Während Gorilla und Schimpanse viele ursprüngliche Affenmerkmale beibehielten, hat sich der Mensch jedoch sehr schnell sehr stark verändert.
Stammt der Mensch aus Afrika?
Ja, darüber ist sich die Wissenschaft inzwischen einig. Die ersten Lebewesen, die bereits auf zwei Beinen gingen und deren Kauapparat Gemeinsamkeiten mit dem des modernen Menschen aufwies, waren die Australopithecinen (»Südaffen«). Der berühmteste, etwa drei Millionen Jahre alte Vertreter dieser Gruppe ist »Lucy«, ein – vermutlich weiblicher – Australopithecus afarensis, dessen Skelett 1974 in Äthiopien entdeckt wurde. Während die Australopithecinen noch in einer eigenen Gattung (Australopithecus) stehen, zählt man spätere Frühmenschen bereits zur Gattung Homo, so etwa den vor 2,5 bis 1,8 Millionen Jahren lebenden Homo rudolfensis.
Der erste Mensch, der sich von Afrika nach Asien und Europa ausbreitete, war Homo erectus. Er lebte vor etwa 1,8 Millionen bis vor rund 300 000 Jahren, nutzte bereits das Feuer und stellte Werkzeuge aus Feuerstein her. Aus ihm ging allmählich Homo sapiens hervor, dessen Entwicklungslinie sich teilte: Einen Seitenzweig bildet der Neandertaler (Homo sapiens neanderthalensis), der vor 300 000 Jahren ausstarb, ein anderer führt zum Homo sapiens sapiens, dem modernen Menschen, der in Europa vor etwa 40 000 Jahren erstmals nachgewiesen werden kann. Umfangreiche Fossilienfunde belegen, dass im Laufe der Entwicklung zum modernen Menschen das Schädelvolumen stetig zunahm – eine Voraussetzung für die Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit.
Was kennzeichnet die Primaten?
Primaten besitzen als Generalisten viele unspezialisierte, d. h. ursprüngliche Merkmale, wie beispielsweise fünf Finger und fünf Zehen. Besonders typisch für diese Tiergruppe ist, dass sie mit den beiden nach vorn gerichteten Augen dreidimensional und in Farbe sehen können. Dabei dominiert die Sehfähigkeit bei höheren Primaten über das Riechvermögen, das bei niederen Primaten, wie den Lemuren, noch recht gut entwickelt ist.
Große Unterschiede gibt es beim Körpergewicht, das ein Spektrum von 40 Gramm bis 150 Kilogramm umfasst. Während sich kleine Arten überwiegend von Insekten ernähren, bevorzugen mittelgroße und große Arten – wie etwa der Gorilla – pflanzliche Kost in Form von Früchten und Blättern. Diese Ernährungsvorlieben sind wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass die Verbreitung der meisten Arten auf die tropischen Wälder beschränkt ist. Die Entwicklung der Primaten verläuft im Vergleich zu anderen Tiergruppen verhältnismäßig langsam. Die lange Jugendzeit mit der intensiven Betreuung des Nachwuchses führt u. a. dazu, dass Primaten mehr lernen können (und müssen), was wiederum mit ihren verhältnismäßig großen Gehirnen korrespondiert. Ihre hohe Intelligenz ist aber wahrscheinlich eine Folge ihres Lebens in hochkomplizierten sozialen Systemen, in denen Koalitionen gebildet und Rangordnungen erkämpft werden, wo man streitet und sich wieder versöhnt.
Sind Schimpansen zur Zusammenarbeit fähig?
Ja. Die Männchen etwa machen zusammen regelmäßig Jagd auf Buschböcke, verschiedene Schweinearten, Paviane, Meerkatzen und Stummelaffen. Beim Beutemachen sind Schimpansen fast so erfolgreich wie Löwen oder andere Raubtiere, was der gemeinsamen Jagd in Gruppen zu verdanken ist.
Auch bei der Verteidigung eines Reviers arbeiten Schimpansenmännchen zusammen, wobei es häufig zu regelrechten »Expeditionen« in Nachbarreviere kommt. Dort suchen die Eindringlinge nach fremden Männchen und töten sie gezielt, wenn sie selber in der Überzahl sind. Sind sie hingegen in der Minderheit, ziehen sie sich leise zurück.
Die Kooperation innerhalb der eigenen Gruppe ist dagegen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während verwandte Tiere anscheinend selbstlos miteinander teilen und kooperieren, erwarten nicht verwandte Individuen, dass der Empfänger von »Geschenken« sich revanchiert. Der Tausch beruht auf Gegenseitigkeit, wobei die Gegenleistung z. B. in Form von »Grooming« (sozialer Fellpflege) oder im Beistand bei Streitigkeiten oder dem Zulassen von Paarung erfolgen kann.
Wie schützen sich Schimpansen vor Krankheiten?
Indem sie Pflanzen fressen, die bestimmte, medizinisch wirksame Substanzen enthalten. Diesem erstaunlichen Verhalten kamen Forscher auf die Spur, als sie sich fragten, weshalb Schimpansen manchmal Blätter unzerkaut schlucken. Gezielte Untersuchungen in den ostafrikanischen Forschungszentren Mahale, Gombe und Kibale ergaben, dass Schimpansen 13 Pflanzenarten aus zehn Gattungen und acht Familien nutzen. Als man diese analysierte, entdeckte man in ihnen u. a. Wirkstoffe gegen Rundwürmer und Bandwürmer. Interessanterweise werden einige dieser Pflanzen auch von der einheimischen Bevölkerung beispielsweise gegen Kopfschmerzen genutzt.
Untersuchungen ergaben, dass einige Blätter Wirkstoffe enthalten, die abtreibend wirken. Die Tatsache, dass solche Blätter von Weibchen häufiger vertilgt werden als von Männchen, legt den Schluss nahe, dass Weibchen sie gezielt zur Geburtenregelung einsetzen könnten.
Wer hat bei den Bonobos das Sagen?
Die Weibchen. Sie bauen innerhalb der Gruppe enge Freundschaften auf, auch wenn sie nicht miteinander verwandt sind, und gegenüber den Männchen sind sie in vielen Situationen dominant. Dies zeigt sich z. B. an Futterstellen, die die Männchen meist umgehend verlassen, wenn sich Weibchen nähern, und während bei Schimpansen besonders begehrtes Futter von den Männchen gefressen wird, bleibt es bei Bonobos (Pan paniscus) fest in weiblicher Hand. Die Weibchen schließen sich sogar zusammen, um aggressive Männchen zu vertreiben. Heranwachsende und erwachsene Männchen bleiben oft in der Nähe ihrer dominanten Mütter, denn mit ihrer Hilfe können sie sich auch gegen andere Weibchen durchsetzen.
Übrigens: Bonobos, auch Zwergschimpansen genannt, wurden erst Anfang der 1930er Jahre als letzte eigenständige Menschenaffenart beschrieben. Sie leben im Osten der Demokratischen Republik Kongo, südlich des Zaire-Flusses, der sie von Schimpansen trennt. Ihr Körperbau ist insgesamt graziler, sie wirken langbeiniger und sind von den Proportionen her dem Menschen ähnlicher. Da sie im tropischen Regenwald zu Hause sind, halten sie sich häufiger als Schimpansen in den Bäumen auf. Auf dem Boden bewegen sie sich besonders oft auf zwei Beinen fort. Ihre Nahrung besteht überwiegend aus Früchten, Blättern und anderen Pflanzenteilen. In Zoos können Bonobos mindestens 50 Jahre alt werden.
Sind Gorillas aggressiv?
Nein, dieses falsche Bild »verdanken« wir vor allem dem frankoamerikanischen Forschungsreisenden Paul du Chaillu. Er veröffentlichte zwischen 1856 und 1859 seine Reisebeschreibungen, in denen er Gorillas (Gorilla gorilla) als blutrünstige und angriffslustige Monster darstellte. In die gleiche Kerbe schlug der Gruselklassiker »King Kong und die weiße Frau«, der 1933 in die Kinos kam. Erst die wissenschaftlichen Freilandbeobachtungen des amerikanischen Forscherehepaars George und Kay Schaller in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren sowie die Studien Dian Fosseys, die von 1967 bis zu ihrer Ermordung 1985 mit Berggorillas arbeitete, wandelten das Bild des Pflanzen fressenden Gorillas vom Monster zum »friedlichen Riesen«.
Was ist ein »Silberrücken«?
Das dominierende Männchen einer Gorillagruppe, die ansonsten nur aus Weibchen besteht (Harem). Der Silberrücken hat die Führung innerhalb der Gruppe inne; ist es ihm einmal gelungen, erfolgreich einen Harem aufzubauen, so bleibt er dem Anschein nach das ganze Leben mit ihm zusammen. Zu seiner Aufgabe gehört es beispielsweise, die Weibchen und ihre Jungen vor Feinden und anderen Männchen zu schützen. Darauf sind die Weibchen auch angewiesen, da sie deutlich schwächer sind als die Männchen und nicht mit der Hilfe anderer Gruppenmitglieder, mit denen sie üblicherweise nicht verwandt sind, rechnen können.
Kämpfe um eine Weibchengruppe tragen Gorillamännchen mit aller Härte aus. Normalerweise muss der Haremshalter seine Gruppe gegen Junggesellen verteidigen. Vor einem ernsthaften Kampf versuchen die Gegner zunächst, sich durch Brusttrommeln – begleitet von Gebrüll, Drohblicken sowie Schütteln oder Abbrechen von Ästen – zu beeindrucken. Sie stellen sich seitlich zueinander auf, damit der Gegner die Größe abschätzen kann, und blicken sich mit zusammengekniffenen Lippen – einem Zeichen der Anspannung – drohend über die Schulter an. Bei annähernd gleich starken Männchen kann es zu einem echten Beschädigungskampf kommen, der immer zu schwersten Verletzungen und manchmal auch zum Tode eines der Kontrahenten führt. Silberrücken führen etwa einmal im Jahr einen solchen Kampf auf Leben und Tod.
Warum töten Gorillamännchen Jungtiere?
Um selbst mehr Nachwuchs haben zu können. Dieses Infantizid (Kindestötung) genannte Verhalten tritt bei Gorillas entweder auf, wenn ein neuer Silberrücken eine Weibchengruppe durch Sieg über den vorherigen Haremshalter übernimmt oder wenn ein Weibchen sich einem Männchen anschließt, das nicht der Vater ihres Jungen ist. Die Männchen töten nur Jungtiere, die noch gestillt werden müssen; sie erreichen so, dass deren Mütter früher paarungsbereit sind. Denn während der Stillzeit, die in der Regel drei Jahre dauert, sorgt ein Hormon dafür, dass kein weiterer Eisprung stattfindet und somit keine neue Schwangerschaft eintreten kann.
Weshalb gibt es bei den Orang-Utans große und kleine Männchen?
Die kleinen Männchen sind sozusagen die »eiserne Reserve« der Gruppe. Ein Teil der Männchen wird sehr groß, entwickelt Wangenwülste und einen Kehlsack, der als Resonanzraum für laute Rufkonzerte dient. Diese sind noch im Umkreis von einem Kilometer zu hören. Ihre Lautstärke wird wahrscheinlich auch durch die Wangenwülste verstärkt. Die restlichen Männchen bleiben in Anwesenheit ausgewachsener Exemplare zunächst ähnlich klein wie die Weibchen und entwickeln keine sekundären Geschlechtsmerkmale wie Kehlsack und Wangenwülste, aber funktionierende Hoden, die genauso groß sind wie die der großen Männchen.
Die kleineren Männchen werden von den größeren in deren Aktionsräumen geduldet und haben so die Möglichkeit, sich den Weibchen zu nähern. Untersuchungen im Freiland haben gezeigt, dass rund die Hälfte der Jungtiere von solchen wachstumsgehemmten Männchen gezeugt worden war. Verschwindet ein großes dominantes Männchen, können »zurückgebliebene« Männchen ihr Wachstum beschleunigen und nachrücken.
Sind Gibbons Tieraffen oder Menschenaffen?
Gibbons (Gattung Hylobates) gehören zu den Menschenaffen, haben aber Merkmale beider Gruppen. Der Besitz kleiner Gesäßschwielen verbindet sie, die ausschließlich in Asien vorkommen, noch mit den Tieraffen der Alten Welt. Der fehlende Schwanz, die langen Arme und der Haarstrich, der an den Unterarmen von unten nach oben verläuft, sowie die fehlenden Backentaschen rücken sie jedoch in die Nähe der großen Menschenaffen. Andererseits schlafen sie wie die Tieraffen in Sitzhaltung und bauen keine Schlafnester wie Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans, die sich zum Schlafen hinlegen.
Alle Gibbons haben das Schwinghangeln zur Perfektion gebracht. Mit dem richtigen Schwung können sie bis zu zehn Meter weite Flüge ausführen. Hangelnd können sie bis zu den dünnen Ästen und Zweigen im äußeren Kronenbereich der Bäume vordringen, wo besonders viele Früchte locken. Bei allen Arten herrscht strenge Monogamie. Kleinere Familiengruppen aus einem Paar mit zwei bis drei heranwachsenden Jungtieren besetzen feste Reviere, die sie auch verteidigen.
In ihren Gebieten lassen Gibbons mehrfach am Tag lautstarke Gesänge erschallen, die durch Kehlsäcke verstärkt werden. Männchen und Weibchen sind bei manchen Arten so unterschiedlich gefärbt, dass man sie zunächst für verschiedene Arten hielt. Die Männchen sind fürsorgliche Väter, die sich intensiv um den Nachwuchs kümmern.
Sind Orang-Utans gefährdet?
Ja, wie alle anderen Menschenaffen auch. Einst waren Orang-Utans (Pongo pygmaeus) von Java bis nach Vietnam verbreitet, heute kommen sie nur noch auf Borneo und Sumatra vor. Der größte Feind ist einmal mehr der Mensch. In Südostasien war es lange Zeit beliebt, sich ein Orang-Utan-Baby als exotisches Haustier zu halten. Die Tiere wurden direkt in freier Wildbahn gefangen. Bis zu 50 000 US-Dollar brachte ein Jungtier ein, was die Händler zu einer skrupellosen Vorgehensweise motivierte: Die Mütter der begehrten Babys wurden rücksichtslos abgeschossen. In den 1980er Jahren wurden nachweislich über 1000 Jungtiere allein nach Taiwan geliefert. Erst durch rigorose Beschlagnahmungen beim Zoll und in Privathaushalten konnte man diesen Handel in letzter Zeit einschränken, wenn es auch noch nicht gelang, ihn ganz zu unterbinden.
Außer durch die Jäger werden die »Waldmenschen« durch den Verlust ihres Lebensraumes bedroht. Immer mehr Waldgebiete werden durch Abholzung, durch die Anlage von Plantagen oder durch Abbrennen der Wälder vernichtet. Orang-Utans sind auf geschlossene Waldbestände angewiesen, in denen sie sich von Krone zu Krone fortbewegen können. Sie reagieren schon auf kleine Schneisen im Wald empfindlich, da sie ihre Wege zerstören.
Wussten Sie, dass …
als gemeinsame Vorfahren von Menschen und Menschenaffen die Dryopithecinen gelten? Dies belegen Fossilienfunde, die zwischen fünfundzwanzig und neun Millionen Jahre alt sind.
der aufrechte Gang höchstwahrscheinlich eine Anpassung an eine Klimaänderung ist? Die Regenwälder machten mancherorts einer offenen Savannenlandschaft Platz, in der das Gehen auf zwei Beinen einen besseren Überblick ermöglichte.
Schimpansen viel stärker sind als Menschen? Sie schaffen an Kraftmessgeräten rund 240 Kilogramm, die meisten Menschenmänner dagegen nur 70 bis 80 Kilogramm.
Wie viele Berggorillas gibt es noch?
Schätzungsweise 400 bis 700 Tiere leben noch in der Grenzregion zwischen Zaire, Uganda und Ruanda sowie im ugandischen Bwindi-Nationalpark. Die Berggorillas zählen heute zu den am meisten bedrohten Säugetierarten. Obgleich ihre Lebensräume als Schutzgebiete ausgewiesen sind, werden diese, um Bau- und Brennholz zu gewinnen oder um Bauland zu schaffen, nach wie vor illegal zerstört. Außerdem sind sie von Wilderern bedroht, die sie wegen des Fleisches jagen oder, um Schädel für Trophäensammler zu besorgen.
Wussten Sie, dass …
Gorillas Nester bauen? Für die Nacht, oft auch für den mehr oder weniger ausgiebigen »Mittagsschlaf« tragen sie Zweige, Stängel und Blätter zusammen und errichten meist auf dem Boden, zuweilen aber auch in ein oder zwei Meter hohem Geäst ein einfaches Schlafnest, das bis zu einen Meter Durchmesser erreichen kann.
Bonobos sich nicht nur zur Fortpflanzung paaren? Sexuelle Kontakte (auch zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern) zeigen sie u. a. auch, um eine bedrohliche Situation zu entschärfen, oder bei der Begrüßung.
Wie bewegen sich Orang-Utans durch den Dschungel?
Sie klettern mit allen vier »Händen«. Dabei hangeln sie sich in den Wipfeln nur sehr selten von einem Ast zum anderen, sie klettern vielmehr sehr vorsichtig in den Kronen herum. Diese Art der Fortbewegung, bei der die Füße dank des großen Greifzehs wie ein zweites Paar Hände eingesetzt werden können, bezeichnet man als quadrumanes (»vierhändiges«) Klettern. Sind zwei Bäume zu weit voneinander entfernt, um die Distanz einfach zu »überklettern«, müssen die Tiere entweder auf den Boden hinabsteigen und einen Teil ihres Weges zu Fuß zurücklegen oder aber sie bringen den Ast, auf dem sie sitzen, so stark zum Schwingen, dass sie einen Zweig des benachbarten Baumes erreichen können. Waghalsige Sprünge dagegen sind die absolute Ausnahme.
Wussten Sie, dass …
Orang-Utans die größten und schwersten baumbewohnenden Säugetiere sind? Die Männchen können 1,40 Meter groß und bis zu 90 Kilogramm schwer werden.
Orang-Utans die geringste Geburtenrate aller Säuger aufweisen? Der durchschnittliche Geburtenabstand liegt bei vier bis sechs Jahren.
Fledertiere: Säuger mit Flügeln
Sind Fledermäuse Vampire?
Nein, sind sie nicht, sie sind Fledertiere! Und doch: Wenn ihr Name fällt, tauchen bei vielen abschreckende Bilder von Blut leckenden Ungeheuern vor dem geistigen Auge auf – auch wenn man weiß, dass die meisten Fledertiere harmlose Insektenjäger oder Früchtefresser sind. Der weiten Verbreitung und dem hohen stammesgeschichtlichen Alter entspricht eine sehr vielseitige Ernährung: Neben Insektenfängern gibt es Arten, die sich auf Wirbeltiere wie Frösche und Fische spezialisiert haben, sowie solche, die bevorzugt kleine Vertreter ihrer eigenen Ordnung vertilgen; einige Arten lecken Blut, andere – vor allem die Flughunde – sind Vegetarier; sie besuchen Blüten, um Nektar oder Pollen zu fressen, oder laben sich an Früchten.
Mit fast 1000 Arten in 18 Familien bilden die Fledertiere (Chiroptera) nach den Nagern die größte Säugerordnung. Die Systematiker kennt zwei Unterordnungen: die Megachiroptera oder Flughunde (etwa 170 Arten) und die Microchiroptera oder Fledermäuse (rund 850 Arten). Letztere haben mit Mäusen ebenso wenig zu tun wie Erstere mit Hunden; tatsächlich sind beide am engsten mit den Insektenfressern verwandt. Auch von den Namensbestandteilen »Mega« und »Micro« sollte man sich nicht täuschen lassen: Etliche Fledermäuse sind größer als kleine Flughunde.
In der Grube Messel bei Darmstadt hat man 50 Millionen Jahre alte Fledertierfossilien gefunden, die den heutigen Gattungen schon sehr ähnlich sehen. Wahrscheinlich hat sich diese alte Gruppe bereits in der Kreidezeit, also vor mehr als 65 Millionen Jahren, aus primitiven, noch nicht perfekt warmblütigen Insektenfressern entwickelt, die auf Bäumen herumkrabbelten und zunächst den Gleitflug, später das aktive Fliegen entwickelten. Noch heute sind die meisten Fledertiere auf Wälder und Wärme angewiesen. In Gebieten mit ausgedehnten Waldflächen und mildem Klima, wie sie zum Teil in Südamerika und in Asien zu finden sind, gibt es viel mehr Arten als im baumarmen Afrika und im kühleren Europa.
Können Fledermäuse besser fliegen als Vögel?
Im Prinzip schon, denn sie sind sehr gewandte Flieger. Das markanteste Merkmal der Ordnung sind die Flügel, die aus der Oberhaut, den Farbstoffschichten und der Lederhaut beider Körperseiten bestehen und sich zwischen vier extrem verlängerten Fingern, vom Hals bis zum frei bleibenden Daumen, vom »kleinen Finger« bis zu den Hinterbeinen sowie zwischen diesen und dem Schwanz aufspannen. Die elastische Flughaut ist von Nerven, feinen Muskeln und Adern durchzogen, die rhythmisch pulsieren und so eine Blutversorgung bis in die Spitzen gewährleisten. Wie bei den Vögeln ist die Brustmuskulatur stark ausgeprägt, da hier die Flugkraft freigesetzt wird. Dank der raffinierten Kugelgelenke in den Schultern sind Fledertiere sehr geschickte Flieger, deren Flügelspitzen beim einfachen Ruderflug eine elliptische Bahn beschreiben. Viele Arten, vor allem die Blüten besuchenden, beherrschen auch den Rüttelflug ohne Vorwärtsbewegung. Die Flugweise lässt sich an der Flügelform ablesen: Je schmaler und länger die Flügel, desto schneller der Flug; kleine Arten schlagen häufiger mit den Flügeln als große.
Welches sind bei uns die kleinsten Fledermäuse?
Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 3,3 bis 4,5 Zentimetern und einer Spannweite von 18 bis 21 Zentimetern sind die Zwergfledermäuse (Pipistrellus pipistrellus) die kleinsten europäischen Fledermäuse. Sie können sich noch in schmalste Holz- oder Mauerritzen quetschen. Trotz ihrer Kleinheit sind sie erstaunlich robust: In Norddeutschland kommen sie häufiger vor als alle anderen Fledermausarten. Auch in Parkanlagen trifft man sie zuweilen an. Ihre Brutkolonien umfassen bis zu 1000 Mütter mit jeweils nur einem Jungen.
Warum prallen Fledermäuse im Dunkeln nicht gegen Hindernisse?
Weil sie sich mit Ultraschall orientieren. Um bei der nächtlichen Jagd Hindernissen auszuweichen und Beute zu finden – und auch, um in den dunklen Wohnhöhlen nicht mit Artgenossen zusammen- oder an Wände anzustoßen –, orientieren sich Fledermäuse sowie einige wenige Flughundarten mit Echolot. Diesem Geheimnis waren der italienische Naturforscher Lazzaro Spallanzani und sein französischer Kollege Jean Louis Jurine bereits vor über 200 Jahren auf der Spur, denn sie stellten fest, dass Fledermäuse selbst mit verdeckten Augen dünnen, in einem Zimmer aufgespannten Fäden ausweichen konnten, dass die Tiere aber hilflos zu Boden gingen, sobald man ihnen die Ohren verstopfte. Der Mechanismus dieses Verhaltens konnte aber erst in den 1930er Jahren aufgeklärt werden, als man das Echolotprinzip bereits technisch nutzte und Ultraschall messen konnte.
Wie funktioniert die Echoortung?
Die Echoortung tritt in zwei Varianten auf: Die Glattnasen (Familie Vespertilionidae) erzeugen im Kehlkopf ein bis zwei Millisekunden kurze, zehn- bis vierzigmal pro Sekunde wiederholte Schallstöße mit einer sinkenden Frequenz im Bereich von 120 bis 20 Kilohertz, deren Reflexionen sie mit ihren großen, als Schalltrichter dienenden Ohren auffangen. Die Zeit zwischen Aussenden und Empfang des Signals gibt den Tieren Aufschluss über die Entfernung, die Zeitdifferenz zwischen dem Eintreffen des Echos an den beiden Ohren gibt ihnen die Richtung eines Objekts an.
Die Hufeisennasen (Familie Rhinolophidae) verdanken ihren Namen den seltsam geformten Auswüchsen auf der Nase, deren Funktion lange ein Rätsel blieb – bis sich zeigte, dass die Nase ein Richtstrahler ist, bei dem Interferenzen dafür sorgen, dass die aus den Nasenlöchern austretenden (aber ebenfalls im Kehlkopf erzeugten) Ultraschalllaute einander seitlich auslöschen, in einem nach vorne gerichteten und durch Muskeln fokussierbaren Schalltrichter einander aber verstärken. Die 60 Millisekunden anhaltenden Töne haben eine konstante, artspezifische Höhe. Hufeisennasen können die Richtung eines Objekts schon mit einem Ohr erkennen, da mit diesen großen beweglichen Richtempfängern nicht Zeitdifferenzen, sondern Intensitätsunterschiede des Echos erfasst werden. Mithilfe des Echolots können Fledermäuse bereits ein Milligramm leichte und zwei Millimeter kleine Insekten orten.
Warum haben Fledermäuse so große Ohren?
Weil sich die Fledermäuse mithilfe des Ultraschalls ein detailliertes »Hörbild« von ihrer Umgebung machen können. In ihrem vertrauten Umfeld, zum Beispiel an den Eingängen der Schlafstätten, navigieren viele Fledermäuse allerdings nicht per Ultraschall, sondern nur nach ihrem offenbar ausgezeichneten Gedächtnis. Es sind schon Hunderte von Tieren gestorben, als sie bei der Heimkehr von der Jagd in einen Stollen einfliegen wollten, der in der Zwischenzeit durch eine Tür verschlossen worden war: Sie flogen ungebremst gegen das ungewohnte Hindernis.
Was tun Vampirfledermäuse nach dem Blutsaugen?
Sie können meist nicht einfach wegfliegen, denn dafür sind sie dann zu schwer.
Die für den schlechten Ruf der Fledermäuse verantwortlichen Vampirfledermäuse – der Große Blutsauger (Desmodus rotundus), der mit etwa neun Zentimetern so groß gar nicht ist und von Mexiko bis Paraguay und Nordchile anzutreffen ist, der Kleine Blutsauger (Diphylla ecaudata) in Brasilien sowie eine dritte, weniger bekannte Art – zapfen vor allem Maultiere, Pferde, Rinder, Ziegen, Schafe, Hunde, Geflügel und auch schlafende Menschen an. Dazu landen sie in der Nähe ihres Opfers, pirschen sich dann lautlos an und schneiden mit ihren skalpellartigen oberen Vorder- und Eckzähnen rasch etwa vier Millimeter tiefe, flächige Wunden, die fast schmerzlos sind, aber dank einer gerinnungshemmenden Substanz im Vampirspeichel stark und lange bluten. Die Nahrung wird eher aufgeleckt als aufgesaugt. Nach einer Mahlzeit sind sie oft so schwer (sie bunkern das Blut in einem Speichermagen), dass sie nicht davonfliegen können, sondern zur Verdauung in ein Versteck kriechen müssen. Wenn ihre Opfer sterben, dann meist nicht am Blutverlust, sondern an der Tollwut und anderen Infektionskrankheiten, deren Erreger die Vampire übertragen können.
Wie rufen Flughunde?
Mit der Zunge! Im Gegensatz zu den Fledermäusen werden bei Flughunden die Ultraschallwellen nicht durch den Kehlkopf, sondern über Zungenschläge erzeugt. Ansonsten verlassen sie sich auf ihre großen Augen.
Flughunde sind Vegetarier – aber damit für den Menschen keineswegs »harmloser« als Fledermäuse. Viele der etwa 170 vor allem in Süd- und Südostasien beheimateten Arten beschränken sich nämlich nicht auf Nektar und Pollen, sondern fressen Blüten und Früchte, natürlich auch von Nutzpflanzen. Manchmal fallen sie scharenweise in Plantagen ein. Die nördlichste Art, der Ägyptische Flughund oder Nilflughund (Rousettus aegyptiacus), dringt gelegentlich bis nach Zypern vor, wo ihn die Zitrusbauern heftig bekämpfen.
Warum stürzt ein Fledermausjunges bei seiner Geburt nicht auf den Boden?
Weil das Kleine bei der Geburt in der nach vorne geklappten Schwanzhaut der Mutter aufgefangen wird. Die anfangs nackten, blinden Jungen haben noch recht kurze Flügelknochen und können ihre Körpertemperatur nicht selbst regeln, so dass sie sich ständig an die Mutter klammern müssen. Sobald die sehr fettreiche mütterliche Milch versiegt, beginnt ein mehrere Monate dauernder Prozess, in dem die Jungen an die Blutnahrung gewöhnt werden.
Während die Männchen recht unsozial sind und außer ihrem Samen nichts zum Gedeihen des Nachwuchses beitragen, schließen sich oft bis zu 5000 Weibchen vor und nach der Geburt des meist einzelnen Jungtieres in regelrechten Wochenstuben zusammen.
Wussten Sie, dass …
Fledertiere, anders als ihr Name »Flattertiere« nahe legt, elegante Flieger sind, die kurzfristig Geschwindigkeiten von bis zu 27 Metern pro Sekunde erreichen und langfristig bis zu 50 Stundenkilometer schnell sind?
Fledermäuse in China wegen des Gleichklangs der Wörter für Fledermaus und Glück (fu) als Glückssymbole gelten, die für hohes Alter, Reichtum, Gesundheit, Liebe zur Tugend und einen natürlichen Tod stehen?
Hat Graf Dracula wirklich gelebt?
Ja, Graf Dracula gab es wirklich! Er ist der wohl berühmteste Vampir der Literatur. 1897 gelang es dem irischen Schriftsteller Bram Stoker (1847–1912) in seinem Roman »Dracula«, die Überlieferung der grausamen Taten des walachischen Fürsten Vlad III. Draculea, genannt Tepes (»der Pfähler«), mit der Vampirmythologie zu verknüpfen. Vlad Tepes lebte von etwa 1430 bis 1476 und gilt wegen seiner Erfolge gegen die osmanischen Invasoren und den einheimischen Hochadel als Volksheld, zugleich aber auch als folternder Sadist. Stoker schildert den Grafen als Untoten, der seit 400 Jahren die Tage in seinem Sarg verbringt und nachts sein Schloss verlässt, indem er eidechsen- oder fledermausgleich senkrechte Mauern hinabklettert, um Menschen durch seine Bisse mit dem Vampirismus zu infizieren.
Das Wort Vampir stammt aus dem Serbokroatischen und bezeichnet einen Wiedergänger oder Nachtzehrer – einen Toten, der wegen einer ungesühnten Schuld keine Ruhe findet und andere Menschen schädigt, vor allem, indem er ihnen Blut und damit Lebensenergie entzieht.
Wussten Sie, dass …
der größte Flughund, der Malaiische Flugfuchs oder Kalong (Pteropus vampyrus), eine Flügelspannweite von 1,50 Metern und ein Gewicht von 1,2 Kilogramm erreicht?
viele Fledermäuse deutlich über ein Jahrzehnt alt werden können und für eine Hufeisennase sogar 30 Jahre verbürgt sind?
Hasen und Kaninchen: Mümmelmann und Co.
Woran erkennt man, ob Hasen sich paaren wollen?
Bei den Weibchen der Feldhasen sieht man es am Schwanz, denn ein heißes Weibchen zeigt seine Bereitschaft durch Heben des unterseits auffällig weißen Schwanzes an, wodurch außerdem Düfte aus den Afterdrüsen verteilt werden. Meist liefern sich gleich mehrere Männchen mit der Häsin eine wilde Verfolgungsjagd, bei der sie nach und nach alle bis auf den Stärksten oder Geschicktesten abhängt. Der Eisprung erfolgt erst ein paar Stunden nach der Paarung – selbst wenn die Häsin bereits trächtig ist, dann aber nur, falls eines der beiden Gebärmutterhörner noch nicht mit Embryonen belegt ist. Nach einer Tragzeit von etwa sechs Wochen kommen in einer flachen Mulde bis zu sechs behaarte, bezahnte und sehende Junge zur Welt, die zwei bis drei Wochen gesäugt werden. Je weiter im Norden die Tiere leben, desto weniger Würfe – dafür mit meist mehr als zehn Jungen – gibt es pro Jahr.
Leben in unseren Stadtparks Hasen oder Kaninchen?
Meistens sind es Wildkaninchen, die die städtischen Grünanlagen bevölkern, oft zahlreicher, als uns lieb sein kann. Deshalb dürfte es etliche Großstadtkinder geben, die noch nie bewusst einen Europäischen Feldhasen (Lepus europaeus) in freier Wildbahn gesehen haben. Dabei sind die heftigen Boxkämpfe, die konkurrierende Rammler oder (noch) paarungsunwillige Weibchen mit ihren Verehrern austragen, ein unvergessliches Schauspiel. In der Rammelzeit von Januar bis Oktober fliegen auf Feldern und Wiesen die Fetzen, wenn die ansonsten einzelgängerischen, bis zu sieben Kilogramm schweren und 48 bis 70 Zentimeter langen Tiere sich auf die Hinterbeine stellen und einander mit den Vorderpfoten beharken, wilde Luftsprünge vollführen oder einander jagen.
Legen Feldhasen Wege an?
Ja, denn Feldhasen haben feste Reviere, in denen sie immer wieder dieselben Wechsel oder Pässe benutzen, die sie von Bewuchs freihalten; dem Volksmund sind diese als »Hexenstege« oder »Bilwisschnitte« bekannt. (Ein Bilwis ist im deutschen Volksglauben ein dürrer, bösartiger Naturgeist.) Feldhasen graben keine Baue, sondern ruhen in flachen Erdmulden, den sog. Sassen, die sie gegebenenfalls mit den Vorderpfoten vertiefen. Diese Lagerplätze sollen ihnen ringsum freie Sicht bieten und vor starker Zugluft geschützt sein. Nähern sie sich ihrer Sasse, drehen sie, bevor sie abrupt hineinspringen, mehrere »Ehrenrunden«, um ganz sicher zu sein, dass sie nicht verfolgt wurden.
Schlafen Hasen mit offenen Augen?
Nein, das ist nur ein Märchen. Das Gerücht, Hasen schliefen mit offenen Augen, rührt vom geduckten, aber keineswegs schläfrigen Stillhalten in der Sasse her, wenn sich ein potenzieller Feind nähert. Kommt man dem Versteck aber näher als etwa drei Meter, so hechtet der Feldhase mit Riesensprüngen davon. Dank seiner kräftigen Hinterläufe kann er zwei Meter hohe und sieben Meter weite Sätze machen und bis zu 70 Stundenkilometer schnell sprinten. Um Verfolger zu verwirren und abzuhängen, schlägt er die sprichwörtlich gewordenen Haken, kreuzt seine eigene Fährte und durchwatet oder durchschwimmt sogar Wasserläufe.
Gibt es Hasen, die Wintervorräte sammeln?
Ja, Pfeifhasen legen an geschützten Stellen Heumieten für den Winter an. Einige Arten trocknen die gesammelten Pflanzenteile vorher in der Sonne, sammeln sie bei Regengefahr ein und breiten sie dann anschließend wieder aus.
Diese in der Gattung Ochotona versammelten Arten teilen sich in zwei Gruppen auf, die sich in ihren Lebens- und Ausdrucksweisen stark unterscheiden: Die einen wohnen einzelgängerisch zwischen und unter Felsbrocken, graben keine Baue, verteidigen große Reviere und haben ein beschränktes Pfeiflautrepertoire. Die anderen legen im weichen Boden Gemeinschaftsbaue an, suchen die Nähe ihrer Artgenossen und kommunizieren erheblich vielseitiger.
Die tagaktiven Pfeifhasen oder Pikas lieben die Kälte: Werden z. B. Nordamerikanische Pikas (Ochotona princeps) eine halbe Stunde einer Temperatur von 25 °C ausgesetzt, gehen die Tiere ein. Pfeifhasen werden 12 bis 28 Zentimeter lang und 50 bis 400 Gramm schwer.
Was haben Kaninchen mit dem Landesnamen »Spanien« zu tun?
Die Bezeichnung »Spanien« kam dadurch zustande, dass phönizische Seefahrer das Europäische Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) zunächst mit den Klippschliefern ihrer Heimat verwechselten. Deshalb nannten sie das neu entdeckte Land »Küste der Klippschliefer« – »i-shephan-im« –, woraus später »Hispania« wurde. Vor rund 3000 Jahren lebten Kaninchen fast ausschließlich in Spanien. Mit der Rodung der Wälder und im Schlepptau des Menschen haben sich die bis zu zwei Kilogramm schwer werdenden Tiere mit den etwa acht Zentimeter langen Ohren über ganz Europa verbreitet. Portugiesische Seefahrer brachten sie nach Madeira, auf die Azoren und die Kanarischen Inseln, die Normannen führten sie im 12. Jahrhundert in England und Irland ein. Im 19. und 20. Jahrhundert siedelten Jagdfreunde sie in Australien, Neuseeland und Südamerika an, wo die Verbreitung der vermehrungsfreudigen und gefräßigen Tiere katastrophale Auswirkungen auf die heimische Tier- und Pflanzenwelt hatte.
Kaninchen fressen so ziemlich jede Pflanze in fast jedem Stadium, am liebsten junge Gräser und Knospen, aber auch Blätter, Rinde, Früchte und sogar Pilze. Die Weibchen werden mit acht bis zehn Monaten geschlechtsreif und werfen fünfmal im Jahr vier bis sechs Junge.
Lassen sich Feldhase und Wildkaninchen kreuzen?
Nein. Feldhasen und Wildkaninchen können, entgegen früheren Behauptungen, nicht zusammen Nachkommen haben: Das Wildkaninchen hat nur 24 Chromosomen, der Feldhase dagegen 48. Außerdem unterscheiden sich die Arten in ihrem Körperbau und vor allem im Verhalten sehr deutlich: Das Wildkaninchen gräbt – außer in urbaner Umgebung, wo es künstliche Hohlräume nutzt – Erdbaue, lebt gesellig und bringt Nesthocker zur Welt. Das Gruppenverhalten erweist sich als ebenso flexibel wie die Ernährung: In harten Böden bevorzugt das Wildkaninchen alte Tunnelsysteme, deren Eingänge an wenigen Stellen gehäuft liegen, so dass die Tiere sich notgedrungen große Bereiche ihrer Reviere teilen.
In weichen Sandböden sind die Baue gleichmäßiger verteilt; die Territorien überschneiden sich weniger und werden von den Weibchen gegen Konkurrentinnen verteidigt. Das Futter wird überwiegend in der Nähe der Baue gesucht, die Losung an festen Toilettenplätzen abgesetzt. Die insgesamt bis zu 45 Meter langen Bausysteme bestehen aus Röhren mit etwa 15 Zentimetern und Wohnkesseln von 30 bis 60 Zentimetern Durchmesser. Neben einem Haupteingang, der an einem wegen der ständigen Nutzung unbewachsenen Erdhügel zu erkennen ist, gibt es zahlreiche unauffällige Schlupflöcher.
Warum sind Kaninchen als Haustiere so beliebt?
Dafür gibt es mehrere Gründe: Hauskaninchen werden aus Liebhaberei, wegen des Fells oder des Fleisches sowie zu Versuchszwecken gehalten. Dabei entstanden ausgefallenste Züchtungen wie der Englische Widder mit seinen über 20 Zentimeter langen Schlappohren und das langhaarige Angorakaninchen, das dreimal im Jahr geschoren wird und dabei jeweils 700 bis 800 Gramm Wolle erbringt.
Vermehren sich Kaninchen »wie die Karnickel«?
Ja, denn die erwachsenen Weibchen sind von Januar oder Februar bis Juli praktisch ständig trächtig. Die Tragzeit ist mit 28 bis 31 Tagen deutlich kürzer als bei den Feldhasen, und schon kurz nach der Niederkunft gerät die Mutter erneut in Hitze und lässt sich decken. Die Kleinen werden in separaten Wurfbauen abgesetzt, deren Kessel mit Gras, Moos und weichen Bauchhaaren gut ausgepolstert sind.
Die Fürsorge der Mutter beschränkt sich auf ein bis zwei kurze Besuche im Schutz der Nacht, bei denen die Jungen gesäugt werden. Bei hoher Bestandsdichte lassen sich viele Weibchen mit einer niedrigen sozialen Rangstufe zwar decken, ihre Embryonen werden aber ab dem zwölften Tag der Schwangerschaft wieder vollständig resorbiert.
Können Kaninchen klettern?
Ja, zumindest das kleinste aller Kaninchen, das Zwergkaninchen (Brachylagus idahoensis). Es klettert – ungewöhnlich für Kaninchen – gerne auf Sträucher und warnt seine Artgenossen trotz seiner unsozialen Lebensweise bei Gefahr durch Schreie. Im Winter legt das Zwergkaninchen Gangsysteme unter dem Schnee an; im Sommer wirft das Weibchen bis zu dreimal je etwa sechs Junge.
Das kletternde Zwergkaninchen ist in Teilen von Idaho, Oregon, Kalifornien, Utah, Montana sowie in Washington zu Hause. Es wird nur etwa 25 Zentimeter lang und höchstens 470 Gramm schwer, hat ein kurzes Gesicht, relativ kurze Ohren, einen buschigen Schwanz und dichtes, weiches Fell, das im Sommer rotbraun und im Winter grau ist. Die nachtaktiven Tiere leben einzelgängerisch in großen, selbst gegrabenen Bauen und halten sich am liebsten in Beifußbeständen auf.
Warum fressen Hasen ihren eigenen Kot?
Weil die ausschließlich pflanzliche Kost von Hasentieren vor allem im Winter wenig Vitamine und Nährstoffe enthält.
Um diese möglichst effektiv zu verwerten, produzieren Hasen zwei Sorten Kot: zum einen harte Kügelchen, die abgesetzt werden, zum anderen den weichen Blinddarm- oder Vitaminkot, den sie direkt nach dem Ausscheiden wieder verzehren und im Magen zwischenlagern, wo er sich später mit der frischen Kost vermischt.
Wussten Sie, dass …
die Schneidezähne der Hasen ein Leben lang nachwachsen?
Hasen ihre Nahrung nicht mit den Vorderpfoten festhalten können?
weltweit insgesamt zwölf Kaninchen- und Hasenarten als gefährdet, stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht eingestuft werden?
die Gehirne der Hauskaninchen etwa 22 Prozent kleiner sind als die der Wildtiere?
Ist der Hase ein Angsthase?
Nein. Das natürliche Fluchtverhalten des Hasen wurde in früheren Zeiten als Feigheit missdeutet, weswegen es etliche Redewendungen gibt, die diese vermeintliche negative Eigenschaft des Hasen aufgreifen: »Angsthasen« oder »Hasenfüße« ergreifen gerne das »Hasenpanier«, wobei Panier eine alte, mit »Banner« zusammenhängende Bezeichnung für den Schwanz ist, den das Tier bei der Flucht in die Höhe reckt. Der Hase hat aber auch anderweitig seine Spuren im Volksmund hinterlassen: »Viele Hunde sind des Hasen Tod«, denn bei vielen Verfolgern helfen ihm auch seine wirren Zickzackmanöver (»Wer weiß, wie der Hase läuft?«) nicht mehr.
Sind Hasen Nagetiere?
Nein, weder Hasen noch Kaninchen gehören zur großen Säugerordnung der Nagetiere, sondern bilden zusammen die eigenständige Ordnung der »Hasentiere« (Lagomorpha). Die beiden Ordnungen unterscheiden sich außer im Knochenbau, besonders an Schädel und Hinterbeinen, v. a. in der Anzahl der Nagezähne: Hasentiere haben acht, Nagetiere nur halb so viele.
Nagetiere: Ein Erfolgsmodell
Warum gibt es überall auf der Welt Nager?
Weil sie eine sehr anpassungsfähige Tiergruppe sind. Denn mit etwa 1800 Arten – das entspricht fast der Hälfte aller Säugetierarten – und einer weltweiten Verbreitung bilden die Nagetiere zweifellos die erfolgreichste Säugetierordnung. Sie umfasst die Hörnchenverwandten (250 Arten), die Mäuseverwandten (1477 Arten, darunter allein 1300 Mäuse) und die Stachelschweinverwandten (238 Arten).
Dieser immense Erfolg der Nager ist darauf zurückzuführen, dass sie, wie der Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt 1958 schrieb, »geradezu aufs Unspezialisiertsein spezialisiert« sind: Sie sind hinsichtlich Wohnung und Nahrung anpassungsfähig, äußerst lernfähig und mit flexiblen Verhaltensprogrammen ausgestattet. Durch ihre frühe Geschlechtsreife (oft schon mit sechs Wochen), die kurze Tragzeit (knapp drei Wochen), Wurfgrößen von bis zu 22 Jungen und ihr friedliches Sozialverhalten bei extrem hohen Bestandsdichten können Nagetiere regelrecht zur Plage werden. Zwar erlangen nur 200 bis 300 Arten eine wirtschaftliche Bedeutung; diese können aber immense Schäden in der Landwirtschaft und Vorratshaltung anrichten und sind aufgrund ihrer Robustheit und Flexibilität nur schwer zu bekämpfen. Darüber sollten wir jedoch nicht vergessen, dass es auch etliche Verlierer des Wettlaufes mit dem Menschen gibt: Rund 380 Arten stehen vor dem Aussterben.
Sind Eichhörnchen vergesslich?
Ja, dass Eichhörnchen gelegentlich vergessen, wo sie ihre Schätze vergraben haben, ist kein bösartiges Gerücht, sondern Tatsache – und das, obwohl sie einen Zapfen noch riechen können, wenn er mit 30 Zentimeter Erde oder Schnee bedeckt ist. So tragen sie zur Vermehrung vieler Pflanzen bei. Man kann von einer regelrechten Koevolution zwischen den Baumhörnchen und ihren Futterbäumen reden. Die meisten Hörnchen sind baum- oder erdbewohnende Samenfresser, verschmähen aber auch Nüsse, Früchte, Blätter, Pilze, Gräser, Knollen und sogar Insekten, Vogeleier und Küken nicht. Ihren Flüssigkeitsbedarf decken sie oft aus der Nahrung, aber Baumhörnchen wie das heimische Eichhörnchen (Sciurus vulgaris) trinken auch Wasser aus Pfützen. In unseren Wäldern wird im Winter das Futter knapp; daher legen die hiesigen Hörnchen Vorräte aus Nüssen und Samen an.
Wieso verstecken Hörnchen ihre Nüsse?
Damit sie in der kalten Jahreszeit auch etwas zu fressen finden. Während die Eich- und Grauhörnchen ihre Wintervorräte auf viele Stellen in ihren ca. 0,5 bis 0,7 Hektar großen Revieren verteilen, legen andere Baumhörnchen Zentrallager mit bis zu 18 000 Koniferenzapfen an, die sie ständig bewachen und durch Kreischen und Kämpfe verteidigen. Sie halten keinen Winterschlaf, sondern ziehen sich in Baumhöhlen oder in ihre Kobel zurück: rundliche Nester aus Ästchen, Reisern und Gras, die mit Moos und Fell ausgepolstert sind, in denen es, wenn sie besetzt sind, etwa 20 °C wärmer ist als draußen. Spätestens alle zwei Tage müssen die Tiere aber hinaus, um zu fressen. An Baumstämmen laufen Eichhörnchen stets kopfunter hinab, wobei sie sich mit den Krallen der nach hinten gedrehten Hinterbeine an der Borke festhalten.
Können Flughörnchen wie Vögel fliegen?
Nein, Flughörnchen können nur durch die Luft gleiten. Diese nachtaktiven Kulturflüchter tragen eine behaarte, muskulöse Flughaut zwischen den Vorder- und Hinterbeinen, die am Handgelenk durch ein Knorpelstäbchen stabilisiert wird. Große Vertreter der Gleithörnchen können über 100 Meter von einem Baumstamm zum nächsten segeln. Gesteuert wird mit dem Schwanz, der zur Landung nach vorne gezogen wird, so dass alle vier Füße ungefähr gleichzeitig auf dem Stamm aufsetzen. Die Gleithörnchen sind Baumbewohner, ein Vertreter ist zum Beispiel das Flughörnchen (Pteromys volans), das auch in Nord- und Osteuropa vorkommt.
Nehmen Murmeltiere im Schlaf ab?
Im Winterschlaf schon, denn anders als die Baumhörnchen halten Erdhörnchen in den gemäßigten und nördlichen Breiten einen ausgiebigen Winterschlaf. Bei den Alpenmurmeltieren (Marmota marmota) fällt die Körpertemperatur dabei auf 4,5 bis 7,5 °C, pro Minute machen sie nur ein bis zwei Atemzüge. Wenn sie im Frühjahr erwachen, haben sie die Hälfte ihres Körpergewichts verloren. Auch die nordamerikanischen Präriehunde (Gattung Cynomys) verschlafen die kalte Jahreszeit. Die geselligen, tagaktiven Tiere wohnen übrigens in riesigen, als Dörfer bezeichneten Kolonien mit weit verzweigten unterirdischen Bauen, an deren Eingängen stets einige Tiere »Männchen machend« Wache halten.
Verschwinden langsam alle Biberarten von der Bildfläche?
Nein, erfreulicherweise haben sich viele Biberbestände mittlerweile wieder stabilisiert! Der Kanadabiber (Castor canadensis) lebt in Nordamerika von Alaska bis Mexiko und inzwischen auch in Skandinavien und anderen Gegenden, in die er eingeführt wurde. Die ehemals 60 Millionen Tiere wurden durch Überjagung nahezu ausgerottet, konnten sich aber durch gerade noch rechtzeitig ergriffene Schutzmaßnahmen erholen.
Der Europäische Biber (Castor fiber) war ursprünglich ebenfalls in ganz Europa und Asien anzutreffen und prägte unsere Landschaft, wurde bis zum frühen 20. Jahrhundert auf wenige Restbestände von insgesamt 1200 Exemplaren reduziert und dann durch Schutzbestimmungen und Wiederansiedlungen gerettet: Heute gibt es wieder 500 000 bis 600 000 dieser großartigen Baumeister.
Was ist Bibergeil?
Ein schmieriges, nach Phenol riechendes Sekret, das Duftdrüsen am Hinterteil des Bibers absondern. Früher wurde der nicht nur wegen seines Felles und Fleisches gejagt, sondern auch wegen dieser auch Castoreum genannten Substanz. Sie wurde bereits in der Antike zur Gebärmutterbehandlung eingesetzt, wie Herodot und Hippokrates berichten. Später verordnete man diese »Wundermedizin« auch bei Krämpfen, Geschwüren, Wunden, Kopf- und Ohrenschmerzen, Verstopfung, Wassersucht oder Schlangenbissen. Mittlerweile weiß man, dass die wirksame Komponente dieses komplexen Gemischs aus Hunderten von Substanzen das Salicin ist, das wir aus dem Schmerzmittel Aspirin kennen. Heute wird Castoreum nur noch von Homöopathen verschrieben.
Übrigens: Vermutlich nehmen Biber Salicin auf, wenn sie Weiden- und Espenrinde verzehren; selbst herstellen können sie diese Substanz nämlich nicht.
Was machen Biber, wenn ihrer Wohnhöhle eine Flutkatastrophe droht?
Sie stocken ihre Burg auf! Uferburgen entstehen aus Höhlen in der Uferbank, wenn der Wasserspiegel steigt und die Tiere zur fortwährenden Verlagerung ihrer etwa 1,2 Meter breiten und 40 bis 50 Zentimeter hohen Wohnhöhlen zwingt: Sie kratzen Erde von der Decke und treten sie am Boden fest. Wird das Erdreich über der Höhle zu dünn, häufen sie darüber Zweige auf.
Neben Uferhöhlen, Dämmen und Kanälen bauen viele Biber auch Wasserburgen. Inmitten ihres Stausees errichten sie aus vollgesogenen Ästen und Schlamm eine künstliche Insel, die bis zu zwei Meter aus dem Wasser ragt und einen Durchmesser von drei bis vier Metern hat. Dann höhlen sie diese aus, legen mindestens einen Wohnkessel oberhalb des Wasserspiegels und mehrere Gänge an, die unter Wasser ins Freie führen. Während die Seitenwände gut mit Lehm und Schlamm abgedichtet werden, ist das Dach in der Mitte zwar so stabil, dass man darauf stehen kann, aber doch luftdurchlässig.
Wie schützen Biber ihre Augen vor Wasser?
Biber können ihre Augen unter Wasser mit einer transparenten Membran verschließen, so dass die Augen geschützt sind, die Tiere aber dennoch etwas sehen können. Und auch sonst sind die elf bis 30 Kilogramm schweren und ohne den Schwanz etwa einen Meter langen Tiere mit dem dichten, braunen Fell hervorragend an die halbaquatische Lebensweise angepasst: Der platte, ruderblattförmige, bis auf Schuppen kahle Schwanz wird beim langsamen Schwimmen an der Oberfläche seitlich, beim raschen Tauchen aber auf und ab bewegt. Die Hinterfüße tragen Schwimmhäute, Augen, Nase und Ohren werden unter Wasser verschlossen. Die Zunge verhindert, dass beim Nagen Wasser in den Hals gerät.
Mit ihren messerscharfen Schneidezähnen fressen Biber im Herbst und Winter sowohl Rinde als auch das Holz von Sträuchern und Laubbäumen – bevorzugt Espen, Weiden und Pappeln –, das sie dank der Zellulose abbauenden Bakterien im Blinddarm und einer doppelten Verdauung (wie bei den Hasen) verwerten können. Im Frühling und Sommer bevorzugen Biber Gräser, Blätter, Wurzeln, Kräuter und Algen.
Warum stauen Biber Seen?
Um sich vor Feinden zu schützen, die bei sinkendem Wasserstand in ihre Baue eindringen könnten, und um im Winter von ihren unter Wasser versteckten Holzvorräten zehren zu können, legen Biber nach Möglichkeit Stauseen an. Dazu fällen sie Stämme von bis zu 20 Zentimetern Durchmesser, wobei sie aber die Fallrichtung nicht bewusst beeinflussen, wie immer wieder behauptet wird. Vielmehr stürzen die Bäume meist ins Wasser, weil sie auf dieser Seite, wegen der stärkeren Entwicklung der Äste, schwerer sind. Um das Wasser zu stauen, stecken sie Stämme, Äste und Zweige in den Grund eines Bachlaufs und befestigen dieses Gerüst mit Steinen, Schlamm, Schilf und Ähnlichem. Für einen zehn Meter langen Staudamm benötigt eine Biberfamilie etwa eine Woche.
Diese Gebilde, die über Generationen immer wieder repariert und ausgebaut werden, können drei Meter hoch und mehrere Hundert Meter lang werden und damit die Landschaft entscheidend prägen. Während man früher vor allem die Schäden sah, die durch die Überflutung von Straßen und Eisenbahnstrecken oder Land- und Forstwirtschaftsflächen entstanden, hat man inzwischen – nicht zuletzt durch die gehäuften Flutkatastrophen – begriffen, dass die Biberarchitektur durch Verringerung der Strömungsgeschwindigkeit und eine Vielzahl an Staubecken das Wasser reinigt, die Erosion reduziert, Hochwasser bindet und die Artenvielfalt fördert.
Wie unterscheiden sich die Mäusearten?
Durch das Gebiss, die Beine und den Schwanz, denn diese sind an die jeweilige Lebens- und Ernährungsweise angepasst. So gibt es Früchte fressende Arten mit wenigen, verkümmerten Backenzähnen, halbaquatische mit Schwimmhäuten an den Hinterfüßen und springende mit verlängerten Hinterbeinen. Der unterschiedlich lange, dünne Schwanz kann als Balancierstab, Greiforgan, Kommunikationsmittel oder – dank der Tasthaare – sogar als Sinnesorgan ausgebildet sein.
Übrigens: Die meisten Echten Mäuse leben in den Tropen, vor allem im afrikanischen und asiatischen Regenwald; in Europa kommen in kühlen Ländern wie Norwegen, Großbritannien oder Polen nur je zwei bis vier Arten vor. Die größten Vertreter wie die Gescheckte Riesenborkenratte (Phloeomys comingi) auf den Philippinen und die erst 1989 entdeckte Art Mallomys istapantap auf Neuguinea erreichen über 40 Zentimeter Körperlänge und werden zwei Kilogramm schwer.
Wie zieht die Eurasiatische Zwergmaus ihre Jungen groß?
Nicht in einem einzigen Nest; die Eurasiatische Zwergmaus (Micromys minutus) baut vielmehr für jeden ihrer Würfe – es sind bis zu sechs im Jahr – ein eigenes Nest! Die Zwergmaus ist ein geschickter Kletterer, den man in Wiesen, Getreidefeldern, im Brombeergestrüpp oder Schilf finden kann – sofern man ihn nicht übersieht: Nur 5,5 bis 7,5 Zentimeter misst das Tier mit Kopf und Rumpf. Hinzu kommt noch ein 5 bis 7 Zentimeter langer Schwanz, der beim Turnen geschickt um die Halme geschlungen wird. Im Halmwald findet die Maus die Insekten, Insektenlarven und Samen, von denen sie lebt. Dort legt sie sich auch aus zerfaserten und verflochtenen Blättern das kugelige Hochnest an, in dem sie die Jungen eines jeweiligen Wurfs aufzieht.
Sind wir irgendwo vor Mäusen sicher?
Nein, denn es gibt fast keinen Lebensraum, an den sich Mäuse nicht anpassen könnten. Einige Arten, vor allem die Haus- oder Dachratte (Rattus rattus), die Wanderratte (Rattus norvegicus) und die Hausmaus (Mus musculus), sind als robuste, zur Massenvermehrung neigende Vorratsschädlinge gefürchtet, die zudem etliche Viren-, Bakterien- und Pilzerkrankungen übertragen – bei weitem nicht nur die Pest.
Von den vielen Unterarten der Hausmaus lebt Mus musculus domesticus tatsächlich fast nur in unseren Häusern; sie ist ein echter Kommensale, also Tischgenosse oder Mitesser. Am liebsten frisst sie Getreide und Brot, aber auch Fleisch verschmäht sie nicht – »mit Speck fängt man schließlich Mäuse«.
Seine Nester baut das größtenteils nachtaktive Tier überall, wo es dunkel und ruhig ist – sogar in Kühlhäusern mit Dauertemperaturen unter minus 10 °C hat man im gefrorenen Fleisch schon quicklebendige Mäusejunge gefunden.
Warum riecht es so streng, wenn Mäuse im Haus sind?
Weil die Echten Mäuse und damit auch die Hausmäuse in ihren Großfamilien vor allem über ihre Urindüfte miteinander kommunizieren! An diesen erkennen sie sowohl enge Angehörige (der Duft signalisiert, eine Paarung nur im Notfall vorzunehmen) als auch Eindringlinge, gegen die sie ihre Reviere verteidigen. Ebenso werden die Dominanzverhältnisse innerhalb der Gruppe und die Zyklusphasen der Weibchen am Geruch abgelesen.
Was macht Wanderratten so unbeliebt?
Unter anderem ihre große Zahl sowie ihr Plündern der menschlichen Nahrungsvorräte. Die Urheimat der Wanderratte (Rattus norvegicus) liegt zwar in den Steppengebieten Asiens, aber seit sie im Mittelalter erstmals nach Europa eingedrungen ist, hat sie sich auch bei uns so stark ausgebreitet, dass sie eine viel größere Bedeutung hat als die kleinere, schlankere und aufgrund ihrer etwas hygienischeren Lebensweise weniger struppige Hausratte. Man schätzt, dass in jeder Stadt mindestens so viele Wanderratten leben wie Menschen – auch wenn man die Tiere kaum zu Gesicht bekommt.
Wanderraten werden 22 bis 26 Zentimeter lang, ihr Schwanz ist mit 18 bis 22 Zentimetern etwas kürzer. Ihre inzwischen fast weltweite Verbreitung verdanken sie der Seefahrt: Da die Tiere ausgezeichnet schwimmen, entern sie mühelos Schiffe, die sie in neue Häfen bringen. Ständig auf Nahrungssuche, fressen sie alles, was sie ergattern können: Fische und Mäuse ebenso wie Geflügel; sie nagen auch Ferkel und Jungschafe, ja sogar ausgewachsene Schweine an, die oft an Wundinfektionen sterben. Auch über hilflose Säuglinge, die von Wanderratten angefressen wurden, liegen zahlreiche Berichte vor, die sicher einen wahren Kern haben. Zur Not vertilgen sie sogar Seife.
Übrigens: Wie bei allen Nagetieren wachsen die Schneidezähne der Wanderratten ständig nach. Daher müssen sie ihre Zähne abwetzen, etwa an Stromkabeln, und verursachen so große Sachschäden.
Wie kam die Ratte ins Labor?
Eigentlich durch Zufall! 1822 wurden im englischen Bristol Albinowanderratten gefangen und an Laboratorien abgetreten, da sie für das damals beliebte »rat baiting« – also das Wetten auf die Zeit, die ein Terrier zum Töten von 100 bis 200 Ratten benötigte – ungeeignet waren. Alle Laborratten stammen von den Wanderratten ab, die seit Anfang des 19. Jahrhunderts zu Versuchszwecken gehalten und gezüchtet wurden.
Heute werden ungefähr 25 Prozent aller in Deutschland genehmigten Tierversuche an ihnen durchgeführt; man hat die Auswahl zwischen über 400 genetisch definierten Inzuchtstämmen. Im September 2003 wurde bekannt, dass es erstmals gelungen war, Laborratten zu klonen. Bis dahin hatte dieses Kunststück als unmöglich gegolten, da sich die Eizellen, deren Kerne beim Klonen durch andere ersetzt werden müssen, innerhalb einer Stunde nach der Entnahme aus dem Eileiter zu teilen beginnen.
Übrigens: Auch die zunehmend beliebten »Schmuseratten« sind Nachfahren von Labor- und damit von Wanderratten.
Schläft der Siebenschläfer wirklich sieben Monate im Jahr?
Ja, das geschützte Tier trägt seinen Namen zu Recht, denn etwa sieben Monate des Jahres verschläft es tatsächlich in Astlöchern, Spechthöhlen oder Felshöhlen, die es bei Bedarf mit Gras und Laub auspolstert. Meist gräbt der Siebenschläfer sich jedoch bis zu einem Meter tief in das Erdreich ein. Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 13 bis 19 Zentimetern ist er unser größter Bilch.
Den alten Römern galt er als Delikatesse und in Frankreich wird sein Fleisch noch heute geschätzt. Neben Nussbaumplantagen sucht das ständig pfeifende, zwitschernde und murmelnde Tier mit Vorliebe Eichenwälder auf; auch Kastanien und Bucheckern frisst es gerne. Die drei bis zehn Jungen kommen nackt und blind zur Welt. Sie werden mindestens drei Wochen lang gesäugt.
Gibt es Nagetiere, die zwar »Mäuse« heißen, aber keine sind?
Ja, da gibt es einige. Feldmaus und Haselmaus gehören nicht zu den Echten Mäusen, sondern zu den Mäuseartigen.
Die Feldmaus gehört – wie die Lemminge, die Rötelmäuse, die Schermaus und die Bisamratten – zur Unterfamilie der Wühlmäuse (Microtinae), die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung recht gut erforscht sind. Wühlmäuse sind plumper gebaut als Echte Mäuse, haben behaarte, vergleichsweise kurze Schwänze, dicke Köpfe mit kleinen Ohren und stumpfe Schnauzen. Sie leben in unterirdischen Bauen, fressen Feldfrüchte und Baumwurzeln, wodurch sie selbst ausgewachsene Obstbäume zum Absterben bringen können. Über ihren Urin übertragen sie Infektionskrankheiten, die als Feld-, Acker- oder Erntefieber bekannt sind. In Plagejahren können Wühlmäuse einen Großteil der Ernte vernichten: In Oldenburg zum Beispiel vertilgten Feldmäuse 1952 38 Prozent des Roggens, 40 Prozent des Hafers und 90 Prozent der Getreideherbstsaat.
Auch die rötlich gelbe Haselmaus (Muscardinus avellanarius) ist bei aller Ähnlichkeit keine Echte Maus, sondern ein Bilch (Familie Gliridae), genau wie der graue Siebenschläfer (Glis glis). Anders als die Echten Mäuse und die Wühlmäuse halten Bilche ausgiebig Winterschlaf – manche Arten bis zu neun Monate! Deshalb müssen sie sich im Sommer und Herbst dicke Fettpolster anfressen; sie lieben vor allem Trockenfrüchte wie etwa Nüsse. Haselmäuse sind behände Kletterer, leben gerne in Hasel- und Brombeergestrüpp, wo sie reichlich Beeren und Insekten finden. In Deutschland stehen sie ganzjährig unter Naturschutz.
Welche Nagetiere müssen wegen ihres Pelzes sterben?
Als Pelzlieferanten werden vor allem Bisamratten und Nutrias, Chinchillas, Biber, Hörnchen, Hamster, Ziesel, Murmeltiere und Siebenschläfer geschätzt, die man zum Teil deshalb eigens in neuen Gebieten angesiedelt hat. Allein in Kanada werden jährlich 200 000 bis 600 000 Biberfelle erbeutet.
Der Pelzmarkt entwickelt sich derzeit rückläufig, so dass sich das Fallenstellen sich vielerorts nicht mehr lohnt. Für manche Arten kommt diese Trendwende allerdings zu spät. Die mit den Stachelschweinen verwandten Chinchillas beispielsweise waren in Südamerika einst weit verbreitet; die Verfolgung brachte sie an den Rand des Aussterbens. Inzwischen werden sie auch züchterisch vermehrt. Für einen einzigen Mantel müssen 100–150 dieser beliebten Nager sterben.
Welches ist das kleinste Säugetier der Alpen?
Die Schneemaus (Microtus nivalis), die als wahrer Überlebenskünstler in den höheren und felsigen Bergregionen zwischen etwa 1000 Meter Höhe und der Baumgrenze lebt. Bei der Anlage der Baue verbindet sie ihr Können mit den natürlichen Gegebenheiten ihres Lebensraumes: Sie kombiniert Felsspalten mit tief in die Erde gegrabenen Gängen und erschafft ein unterirdisches Röhrensystem. In den stark verzweigten Bauen, mit einer Vielzahl von Ausgängen und Fluchtröhren, befinden sich eine Vorratskammer und eine Nesthöhle, die der Aufzucht der Jungen dient. Bei tiefen Temperaturen verkriechen sich die Schneemäuse in ihre Baue, die durch den Schnee mit einer isolierenden Schicht bedeckt sind und ein (Über-)Leben bei gemäßigten Temperaturen ermöglichen. Wenn der Winter gar zu streng wird, wagen sie sich auch einmal bis in Menschennähe vor und suchen in Heustadeln oder Berghütten Schutz vor Frost und Eis.
An ihre Umgebung sind die Tiere perfekt angepasst. Ihr weiches, dichtes Fell zeigt eine hellgraue bis silbergraue Färbung und tarnt die Schneemaus in dem felsigen Gelände mit eher karger Vegetation. Tarnung haben sie auch nötig, denn Schneemäuse stehen auf dem Speisezettel vieler Räuber, etwa des Steinadlers oder der Kreuzotter. Übrigens: Einschließlich Schwanz werden Schneemäuse nur 20 Zentimeter groß und knapp 80 Gramm schwer.
Rot oder grau, macht das bei den Hörnchen einen Unterschied?
Ja, macht es, denn es handelt sich dabei um zwei unterschiedliche Arten.
Der oben graue, am Bauch weißliche Einwanderer aus dem Osten der USA, Sciurus carolinensis, ist etwas größer und kräftiger als das rötliche Eichhörnchen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde er in England eingebürgert, wo er die Eichhörnchen rasch verdrängte – ein Prozess, der sich nun auf dem europäischen Festland fortsetzt.
Grauhörnchen richten in unseren Wäldern viel mehr Schaden an als zum Beispiel die spektakuläreren Biber: Sie schälen mit Vorliebe die Rinde von 30 bis 40 Jahre alten Bäumen ab, um damit ihre Nester auszupolstern, das darunter liegende Wachstumsgewebe zu fressen und die süßen Baumsäfte aufzuschlecken. Bäume, deren Transportsystem für Wasser und Nährstoffe auf diese Weise zerstört wird, sterben ab.
Wussten Sie, dass …
das wohl größte von einem Nager errichtete Bauwerk ein 700 Meter langer Biberdamm am Jefferson-Fluss in Montana (USA) ist?
Präriehunde (Gattung Cynomys) unterirdische Staaten bauen, deren Tunnelsysteme sich über eine Fläche von mehr als 65 000 Quadratkilometer erstrecken können?
das Murmeltierfett das entzündungshemmende Cortison enthält?
Wussten Sie, dass …
Meerschweinchen in Südamerika lange Zeit vor allem als Fleischlieferanten gehalten wurden?
eine Feldmaus (Microtus arvalis) bereits im Alter von 13 Tagen begattet wird und mit fünf Wochen zum ersten Mal gebären kann?
eine weibliche Feldmaus in Gefangenschaft in 33 Würfen insgesamt 127 Junge zur Welt brachte?
das südamerikanische »Wasserschwein« oder Capybara (Hydrochoerus hydrochaeris) mit bis zu 66 Kilogramm das größte Nagetier ist?
Warum heißt das Alpenmurmeltier auch »Tanzbär des kleinen Mannes«?
Bis ins frühe 20. Jahrhundert konnte man dressierte Murmeltiere (Marmota marmota) – auch Alpen- oder Bergmäuse genannt – auf Jahrmärkten tanzen sehen: Reisende Schausteller aus Tirol oder Savoyen zogen mit diesen niedlichen »Mini-Tanzbären« herum und ließen sie zu Flötenklängen oder Leierkastenmusik auf den Hinterbeinen tapsen. Aus dieser Jahrmarktszeit stammen auch einige Gerüchte: So sollen die kahlen Stellen auf dem Rücken mancher Murmeltiere daher rühren, dass sie sich zur Heuernte auf den Rücken legten, mit Gras bedeckten und von den Gefährten am Schwanz nach Hause schleppen ließen. Der tatsächliche Grund ist jedoch das Abscheuern am engen Eingang des Baues.
Wussten Sie, dass …
es zwei Arten von Bibern gibt, die sich sehr ähnlich sind und nur vom Fachmann durch Gebiss- und Chromosomenanalyse unterschieden werden können?
sich der Urahn der 542 Arten der Echten Mäuse oder Altweltmäuse (Unterfamilie Murinae) vor etwa 25 Millionen Jahren aus einem primitiven Hamsterstamm entwickelt hat?
es nur von der Größe abhängt, ob eine Art als Maus oder Ratte bezeichnet wird?
Wussten Sie, dass …
eine einzige Blindmaus (Familie Spalacidae) ein 169 Meter langes Gangsystem mit 114 Hügeln angelegt hat?
32 Präriehunde ebenso viel Gras fressen wie ein Schaf?
die etwa fünf Gramm leichte und fünf Zentimeter lange Afrikanische Zwergmaus (Leggada minutoides) das kleinste Nagetier ist?
Wieso vermehren Ratten sich so stark?
Weil sie sich häufig paaren, wegen der kurzen Tragzeiten und der vielen Babys pro Wurf! Die Weibchen werden während der sechsstündigen Brunst von vielen Männchen des Rudels gedeckt und bringen nach gut drei Wochen im Mittel acht, aber auch bis zu 20 nackte, blinde Junge zur Welt. Diese wachsen und reifen schnell. Nach etwa drei Wochen verlassen sie das Nest und fallen dann durch ihre Verspieltheit auf, die nur bei wenigen Angehörigen der Mäusefamilie zu beobachten ist.
Wale: Bedrohte Riesen der Meere
Wer sind die nächsten Verwandten der Wale?
Die nächsten Verwandten der Waltiere sind die Flusspferde und die Wiederkäuer. Wale und Delfine, die zusammen die Ordnung der Waltiere (Cetacea) bilden, gibt es weltweit. Von welchen landlebenden Säugern sich die Wale ableiten, war lange Zeit unklar und erst molekularbiologische Vergleiche brachten in den 1990er Jahren die tatsächlichen Verwandtschaftsverhältnisse ans Licht.
Übrigens: Vor rund 60 Millionen Jahren eroberten die Wale die Ozeane und vermutlich vor etwa 30 Millionen Jahren spalteten sie sich in die Bartenwale (Mystacoceti) und die Zahnwale (Odontoceti) auf. Heute sind die Zahnwale, die sich von Fischen, Kraken und anderen Meeressäugern ernähren, mit 72 Arten in der Überzahl; dafür brechen einige der 13 Bartenwalarten, die vor allem Kleinkrebse und Ähnliches fressen, alle Größenrekorde.
Seit wann werden Wale gejagt?
Auf jeden Fall schon sehr, sehr lange! Jungsteinzeitlichen Felsritzzeichnungen ist zu entnehmen, dass die Menschen in Norwegen bereits vor über 4000 Jahren Wale jagten. Im Mittelalter erlegten Wikinger und Basken vor allem Grönland- und Glattwale, da diese langsam schwimmen und die toten Tiere aufgrund ihres hohen Ölgehalts nicht untergehen. Später drangen Engländer und Niederländer mit ihren Fangschiffen immer weiter in Richtung Arktis vor. Bereits im frühen 18. Jahrhundert hatten sie die Grauwale im Nordatlantik ausgerottet. In Japan kam die Waljagd um 1600 auf.
Durch Überjagung kam der europäische Walfang im 19. Jahrhundert fast zum Erliegen; außerdem wurden viele früher aus Walen gewonnene Handelsgüter nach und nach ersetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen endgültig die Japaner und die Sowjets die führende Rolle; sie waren nicht nur auf den wertvollen Walrat aus, sondern auch auf den aus Blubber gewonnenen Tran und das Fleisch; was für den menschlichen Verzehr nicht geeignet war, wurde zu Tierfutter verarbeitet.
Nachdem Grauwal, Nordkaper und Grönlandwal schon fast ausgerottet waren und sich zeigte, dass auch unter Schutz gestellte Arten weiterhin erlegt wurden, wurde 1946 die Internationale Walfangkommission gegründet. Ihr Einfluss blieb aber begrenzt, da sie die vereinbarten Fangquoten bzw. -verbote kaum kontrollieren konnte. Immerhin erholten sich nach einem 1972 von den USA und der UNO verhängten Fang- und Handelsverbot die Bestände der Buckel- und Blauwale, aber um den Nordkaper steht es nach wie vor schlecht.
Warum haben Wale eine dicke Speckschicht?
Damit sie im Wasser nicht erfrieren! Denn zu den Anpassungen an den Lebensraum Wasser gehört neben dem stromlinienförmigen Körper auch eine bis zu 50 Zentimeter dicke, isolierende Speckschicht unter der Haut, der sog. Blubber. Darüber hinaus fehlen die äußeren Ohren und die Tiere haben für ihr Leben im Wasser verschiedene Flossenformen ausgebildet: die Fluke, wie die im Unterschied zur Fischschwanzflosse waagerecht orientierte, knochenlose Hinterflosse der Wale bezeichnet wird, die mit ihrem Auf und Ab für den Vortrieb sorgt; die Flipper, wie die Seitenflossen genannt werden, und die Finnen, die ebenfalls knochenlosen Rückenflossen. Die Haut der Wale ist oftmals gerillt oder durch ein Sekret besonders widerstandsarm, so dass beim Schwimmen kaum bremsende Turbulenzen entstehen. Die Zitzen der Weibchen und der Penis der Männchen werden, wenn sie nicht im Einsatz sind, eingezogen oder unter Hautfalten verborgen. Dass viele Wale in kürzester Zeit sehr tief tauchen und wieder auftauchen können, liegt an ihren verhältnismäßig kleinen Lungen: Da sie wenig Stickstoff einatmen, bilden sich beim Auftauchen im Blut nicht jene gefährlichen Dekompressionsblasen, die menschlichen Tauchern so zusetzen.
Spritzen Wale mit ihrer Fontäne Wasser in die Luft?
Nein. Denn die Fontänen, deren Form Experten oft schon zur Bestimmung der Art ausreicht, bestehen nicht etwa – wie man früher annahm – aus Wasser, sondern aus der verbrauchten Atemluft, die der Wal mit mehreren Atmosphären Druck durch ein oder zwei Blaslöcher ausstößt. Diese Nasenlöcher sind im Laufe der Evolution von der Front auf die »Stirn« gewandert und bei vielen Arten miteinander verschmolzen. Arten mit zwei nebeneinander liegenden Löchern erzeugen v-förmige Fontänen. Während bei kleineren Arten der Blas (wie die ausgestoßene Luft auch bezeichnet wird) kaum zu sehen ist, wird er bei größeren bis zu acht Meter hoch. Das Atemholen bewerkstelligen die Tiere äußerst schnell: In nur ein bis zwei Sekunden stoßen sie jeweils zwei Kubikmeter Luft aus und saugen sie wieder ein. Beim Schwimmen unter der Oberfläche holen Wale alle ein bis zwei Minuten Luft; bei längeren Tauchgängen kann das Intervall – zumindest beim Pottwal – auf über eine Stunde ausgedehnt werden.
Gibt es Wale, die in Flüssen leben?
Ja. Die Fluss- oder Süßwasserdelfine leben in den Küstengewässern und Flusssystemen Süd- und Südostasiens sowie Südamerikas. Typische Kennzeichen sind das schnabelähnliche, lange Maul und ein äußerst beweglicher Hals.
Im Oberlauf des Amazonas beispielsweise ist der Rosa Amazonasdelfin (Inia geoffrensis), auch Butu, Buffo oder Tonina genannt, zu Hause, den die Indios als heiliges Tier verehren. Seine Haut ist an der Oberseite dunkel-blaugrau, an der Unterseite rosa gefärbt (daher der Name); er wird bis zu 2,50 Meter lang und 85 bis 130 Kilogramm schwer. Obwohl er recht gut sieht, ortet er seine Beute auch mithilfe von Tasthaaren am Maul. Der in Mittel- und Südamerika heimische Weiße Flussdelfin (Sotalia fluviatilis) kann, anders als der Amazonasdelfin, sowohl in Süß- als auch in Salzwasser leben.
Übrigens: Auch in Deutschland kann man ab und zu einen Wal in freier Natur zu Gesicht bekommen. So wird sich vielleicht der ein oder andere noch an den Weißwal oder Beluga (Delphinapterus leucas) erinnern, der 1966 den damals noch sehr schmutzigen Rhein hinaufschwamm, bis zum Rolandseck südlich von Bonn – 400 Kilometer vom Meer entfernt – vordrang und dann seelenruhig kehrtmachte. Die Experten sind sich uneins, ob sich das »Moby Dick« getaufte Weibchen verirrt hatte oder ganz bewusst auf Entdeckungsreise gegangen war.
Wie funktioniert die Echoortung bei Walen und Delfinen?
Über die sog. Melone, wie die vorgewölbte Stirnpartie über der Schnauze in der Fachsprache bezeichnet wird. Dieses im Tierreich einzigartige Organ, das überwiegend aus Fett besteht, spielt eine herausragende Rolle bei der Echoortung. Dieser ausgeklügelten Technik, die mit Ultraschallwellen arbeitet, bedienen sich Wale und Delfine, um Feinde oder Beute zu lokalisieren und sich zu orientieren.
Die Melone bündelt dabei die Schallwellen und strahlt sie nach vorn ab. Die vom Zielobjekt reflektierten Schallwellen werden von einem Fettkanal im Unterkiefer aufgefangen und zum Mittelohr geleitet. Auswertung und Weiterverarbeitung der Informationen erfolgen dann im hochentwickelten Gehirn. Wie effektiv dieses Echolot arbeitet, zeigt der Umstand, dass Delfine in einem Schwarm einen einzelnen Fisch erkennen und sogar die Stärke des Schwarms ermitteln können.
Wer ist der größte Zahnwal?
Der Pottwal (Physeter catodon), dessen Männchen eine Länge von bis zu 18 Metern erreichen können. Mit seinem monströs großen, im Profil geradezu rechteckigen Kopf, dem sehr schmalen Unterkiefer und der stark geriffelten Haut ist er unverwechselbar. Der Kopf enthält einen riesigen Hohlraum, der mit Bindegewebe und Walrat gefüllt ist, einem wachsartigen Öl, das einst als Schmiermittel und als Basis für Kosmetika und Arzneien begehrt war. Früher hielt man es für den Spermavorrat des Tieres, heute gibt es zwei andere Theorien: Es könnte die Schallwellen der Echolotklicks fokussieren, mit denen der Pottwal in der finsteren Tiefsee Tintenfische ortet, oder der Steuerung des Auftriebs dienen.
Übrigens: 1851 kam ein Pottwal auch zu literarischer Ehre. Damals erschien der berühmte Roman »Moby Dick« des amerikanischen Schriftstellers Herman Melville (1819–1891). Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein weißer Pottwal, der dem Kapitän eines Walfängers ein Bein abgerissen hat und deshalb von ihm verfolgt wird.
Ist der Killerwal wirklich ein Killer?
Nein, im Gegenteil, er zeigt sogar ein ausgesprochenes Sozialverhalten! Erfreulicherweise ließ sich in den letzten Jahren bei dem als Killerwal verschrienen Orca oder Schwertwal (Orcinus orca), der diesen Namen übrigens seiner hohen, schlanken Rückenfinne verdankt, ein bemerkenswerter Imagewandel feststellen: Spätestens seit den erfolgreichen »Free Willy«-Filmen weiß jedes Kind, dass auch große Zahnwale liebens- und schützenswerte Wesen sind.
In Schulen – so werden die sozialen Verbände der Wale auch genannt – von fünf bis 100 Tieren machen die bis zu 37 Kilometer pro Stunde schnellen Orcas Jagd auf Seeelefanten und andere Robben oder treiben Fischschwärme in enge Buchten; gehen sie allein auf Beutefang, setzen sie andere raffinierte Techniken ein: Sie kippen Eisschollen um, um die darauf ruhenden Pinguine oder Robben zu erwischen, oder »surfen« gar mit einer Welle an den Strand, wo sie sich ein Robbenjunges schnappen und mit der nächsten Welle wieder im Meer verschwinden.
Übrigens: Auch Bartenwale können dem Menschen nicht gefährlich werden, denn sie könnten so große Beute gar nicht fressen! Bartenwale filtrieren Wasser, um an ihre Nahrung zu gelangen, und sind auch sonst sehr friedliche Tiere.
Sind Wale musikalisch?
Ja, sind sie. Und sie singen auch gerne und viel! Innerhalb einer Gruppe ähneln sich die Lieder der Bullen sehr, verändern sich aber im Laufe der Zeit: Nach zehn Jahren ist keine Ähnlichkeit mehr zu erkennen. Verschiedene Populationen haben klar unterscheidbare Repertoires; allerdings konnte man nachweisen, dass manche »Hits«, die von einer australischen Westküstenpopulation gesungen wurden, an der Ostküste imitiert wurden und innerhalb von zwei Jahren die alten dortigen Lieder verdrängt hatten. Offenbar war mindestens ein Männchen nach Osten abgewandert und hatte seine neuen Nachbarn mit seinen Melodien »angesteckt«. Der Gesang der Buckelwale ist also ein kulturelles Phänomen. Die Lieder sind aus melodischen Strophen aufgebaut, die in einer bestimmten Abfolge vorgetragen werden und ihrerseits aus mehrfach wiederholten Phrasen bestehen. Ein Lied kann zehn Minuten dauern, und vor allem die Männchen singen in der Paarungszeit sehr ausdauernd, manchmal 24 Stunden lang. Treffen sie auf ein Weibchen, so verstummen sie und umwerben es durch spielerische Bewegungen. Auch bei Kontakt zu einem anderen Männchen wird der Gesang eingestellt, um den Konkurrenten zu verjagen.
Sind Delfine wirklich intelligent?
Ja. Das gilt heute als gesichert. Es ist ihre Intelligenz, die neben ihrer Spielfreude eine Begegnung mit diesen Säugern zu einem unvergesslichen Erlebnis gestaltet. Deshalb werden Delfine auch gelegentlich zur Therapie vor allem von kontaktgestörten Kindern eingesetzt: Im Verlauf solcher Therapien bauen die Kinder zunächst eine angstfreie Beziehung zu den Tieren auf, spielen mit ihnen und lernen, dass man sich auf Delfine verlassen kann. Als Folge sind die Kinder eher bereit, sich auch auf den Therapeuten und andere Menschen einzulassen.
Schon in der Antike galt der Delfin als besonders intelligentes und anmutiges Tier, was sich in zahlreichen Legenden und Sagen niederschlug. So heißt es, der Musiker Arion sei bei einer Mittelmeerüberfahrt von der Besatzung seines Schiffes ausgeraubt worden und habe, als man ihm einen letzten Wunsch vor seinem Tod gewährte, mit seinem Gesang und Leierspiel Delfine herbeigerufen. Dann sei er über Bord gesprungen und habe sich von den Tieren an das Ufer tragen lassen. Lange wurden solche Geschichten als Seemannsgarn abgetan, aber es gibt verbürgte Berichte über Delfine, die bewusstlose Menschen an der Oberfläche gehalten und sie an den Strand bugsiert haben. Höchstwahrscheinlich ist dies kein bewusster artübergreifender Altruismus, sondern eine Instinkthandlung, die normalerweise bei verletzten Artgenossen einsetzt, um diese vor dem Ertrinken zu bewahren. Oft nehmen dabei zwei Tiere das verletzte in ihre Mitte und halten sein Atemloch über Wasser.
Weshalb sind die meisten Wale so groß?
Weil solche Riesenkörper im kalten Meerwasser eindeutige Vorteile haben: Da die Oberfläche des Körpers im Verhältnis zu seinem Volumen besonders klein ist, verlieren die Tiere vergleichsweise wenig Wärme, und zum anderen kann der größere Körper mehr Sauerstoff speichern, was ihnen lange und tiefe Tauchgänge ermöglicht. Ihre Nahrung nehmen Bartenwale mithilfe von langen, dichten, wie Lamellenvorhänge vom Oberkiefer herabhängenden Hornplatten auf, den sog. Barten, die als Filtrierapparat dienen.
Von den 13 Arten der Bartenwale (Unterordnung Mystacoceti) werden drei über 20 Meter lang: neben dem unangefochtenen Rekordhalter, dem maximal 30 Meter langen und 150 Tonnen schweren Blauwal (Balaenoptera musculus), noch zwei weitere Angehörige der Furchenwalfamilie (so genannt wegen des gefurchten oder gefältelten Kehlsacks, der sich bei der Aufnahme eines großen Meerwasserschlucks aufbläht und beim Durchseihen allmählich wieder zusammenlegt), nämlich der Finnwal (Balaenoptera physalus), der ebenfalls 27 Meter erreichen kann, aber leichter gebaut ist als der Blauwal, und der Seiwal (Balaenoptera borealis). Bei allen sind die Unterarten auf der Südhalbkugel größer als die in den Nordmeeren lebenden Vertreter, außerdem sind die Weibchen deutlich größer als die Männchen.
Was suchen Blauwale im kalten Packeis?
Nahrung, denn sie ernähren sich überwiegend von Krill, der sich im Sommer in Polnähe massiv vermehrt. Blauwale dringen weiter vor als alle anderen Walarten und sind dann häufig sogar im Packeis anzutreffen. Nachdem sie sich drei bis vier Monate lang vollgefressen haben, kehren sie in die gemäßigten Zonen zurück, wo dann meist Begattung und Geburt stattfinden. Blauwalkälber bringen bei der Geburt bereits stattliche zwei Tonnen auf die Waage und sind etwa 7 Meter lang. Da die mütterliche Milch einen Fettgehalt von über 40 Prozent hat, legen sie jeden Tag bis zu 90 Kilogramm an Gewicht und etwa 4,5 Zentimeter an Länge zu. Schon kurz nach der Geburt können sie dank dieser nahrhaften Kost ihre Mütter auf der über 3000 Kilometer langen Frühlingswanderung zum Polarkreis begleiten. Blauwale, die ihren Namen übrigens ihrer stahlgrauen Körperfärbung verdanken, bilden normalerweise keine großen Schulen, sondern ziehen allein oder allenfalls zu dritt durch die Weltmeere. Bei der Wanderung zu ihren »Weidegründen« bilden meist ältere Tiere und schwangere Kühe die Vorhut und die Jugendlichen die Nachhut.
Warum reißen Grönlandwale das Maul so weit auf?
Weil ihnen auf diese Weise ihre Beute direkt ins Maul schwimmt, denn den geselligen, große Schulen bildenden Grönlandwalen (Balaena mysticetus) fehlt der gefältelte Kehlsack. Deshalb pflügen sie einfach mit offenem Maul durch Planktonschwärme, bis sich genügend Krebse und Fische an ihren Barten festgesetzt haben. Dann klappen sie den Unterkiefer hoch und verschlucken die Ausbeute. Grauwale (Eschrichtius robustus) mit ihren sehr kurzen Barten bedienen sich dagegen einer anderen Technik: Sie durchwühlen den Meeresgrund und saugen Wasser, Sand und Schlamm ein. Beim Auspressen dieser Mischung wird die Beute dann ausgesiebt.
Wussten Sie, dass …
der Blauwal (Balaenoptera musculus) mit bis zu 30 Metern Länge und 150 Tonnen Gewicht das größte Säugetier auf Erden ist?
ein ausgewachsener Blauwal im Sommer schätzungsweise vier Tonnen Krill am Tag verschlingt?
der Darm des Pottwals (Physeter macrocephalus) mit 160 Metern Länge aus noch unbekannten Gründen viel länger ist als der anderer Wale?
Ist der Wal ein Fisch?
Wale sind keine Fische, sondern Säugetiere! Sie sind aber so perfekt an das Leben im Wasser angepasst, dass man sie lange für Fische hielt. Erst Carl von Linné stellte 1758 klar, dass es sich um Säugetiere handelt: Sie gebären lebende Junge, ernähren diese mit Milch und halten ihre Körpertemperatur selbst in den arktischen Gewässern konstant bei 36 bis 37 Grad Celsius.
Wussten Sie, dass …
früher die gedrillten Stoßzähne der Narwale für den Stirnschmuck der legendären Einhörner gehalten wurden?
Pottwale mehr als anderthalb Stunden und über 2000 Meter tief tauchen können?
Grauwale stärker als andere Großwale von parasitischen Krebstieren wie Seepocken und Walläusen heimgesucht werden?
Bartenwale während des Sommers etwa drei bis vier Prozent ihres Körpergewichtes an Krill und anderen marinen Kleintieren aufnehmen, also ungefähr 500–700 Millionen Tonnen?
Parfüm aus Walexkrementen – gibt es das?
Ja, und es ist sogar sehr begehrt! Pottwale produzieren bei der Verdauung eine »Ambra« genannte Substanz. Diese zunächst klebrigen und stinkenden, nach der Ausscheidung aber wohlriechenden graumelierten, faserigen Klumpen wurden früher zur Parfümherstellung genutzt und werden immer noch in der Homöopathie eingesetzt. Da der Handel mit Pottwalprodukten heute verboten ist, nutzt man nur noch natürlich abgegebene Ambraklumpen.
Wussten Sie, dass …
die Grauwale (Eschrichtius gibbosus) bis zu 20 400 Kilometer im Jahr zurücklegen und damit die längsten Wanderungen durch die Weltmeere unternehmen?
ein Wal neben 1200 bis 36 000 Litern Tran auch etwa 1000 Kilogramm Fischbein liefert?
Fischbein aus den langen fransigen Barten vor allem des Grönlandwales hergestellt wird?
Wie verläuft das Familienleben der Orcas?
Die Kinderbetreuung wird von älteren Kühen übernommen! Diese werden zuweilen 100 Jahre alt, übernehmen aber etwa ab dem 40. Lebensjahr Gouvernantenaufgaben, anstatt weiter alle drei Jahre ein Kalb zu gebären.
Schwertwale gebären nach 16 Monaten in »Steißlage«, Fluke voran, wie bei den anderen Delfinen. Der Anblick führte Seeleute zu dem Glauben, die Tiere würden auf diese Weise kurz vor der Geburt schwimmen lernen. Die Milch der Delfine ist außerordentlich fettreich und wird in den Mund des Jungtieres eingespritzt, sobald es an eine Zitze »angedockt« hat. Die bis zu neun Meter langen Bullen in einer Herde sind normalerweise die Söhne oder Brüder der Muttertiere, die den Kern der Familienverbände bilden.
Bären: Schwarz, weiß oder braun
Wandeln Bären auf leisen Sohlen?
Ja, Bären sind – zumindest, was die Hinterbeine angeht – Sohlengänger; die Zehen allein könnten das Gewicht der ein bis drei Meter langen und 27 bis etwa 800 Kilogramm schweren Tiere wohl nicht tragen. An jedem der fünf Zehen sitzt eine nicht einziehbare, gebogene Kralle, mit deren Hilfe sie Höhlen in die Erde oder den Schnee scharren, auf Bäume klettern und gefährliche Hiebe austeilen können.
Gibt die Größe und Statur des Braunbären Auskunft über seine Herkunft?
Ja, denn abgesehen davon, dass die Männchen – wie bei allen Großbären – erheblich größer und schwerer werden als die Weibchen, gibt es auch starke regionale Unterschiede: Am eindrucksvollsten ist der Kodiakbär (Ursus arctos middendorffi), der eine Schulterhöhe von 1,2 Metern und eine Länge von drei Metern erreicht. In Europa werden die Braunbären von Südwesten nach Osten immer größer. In den Alpen wiegen sie nur 70 Kilogramm, in Skandinavien und Westrussland bis ungefähr 300 Kilogramm. Noch weiter im Osten, auf der Kamtschatka-Halbinsel, erreichen sie schon fast die Rekordmaße ihrer Kollegen jenseits der Beringstraße, auf der Insel Kodiak.
Stehen Bären wirklich auf Honig?
Ja, auf Honig sind sie so versessen, dass sie dafür viele Bienenstiche in Kauf nehmen. Und auch sonst ernähren sich Bären durchaus anders, als landläufig vermutet wird. Die Ernährungsgewohnheiten sind mitunter sogar regional verschieden: Mancherorts sind Braunbären fast reine Vegetarier, die Beeren, Pilze, Eicheln, Bucheckern, Nüsse und Früchte fressen und – wenn man sie lässt – auch Mais, Kartoffeln, Rüben und Weintrauben. Als Fleischbeilagen reichen ihnen Insekten, Schnecken, Frösche und Kleinsäuger. In manchen Regionen reißen sie Wild oder Vieh oder mästen sich an flussaufwärts wandernden Lachsen.
Verschlafen Bären die Hälfte ihres Lebens?
Das kann man so nicht sagen. Bären halten keinen Winterschlaf, sondern Winterruhe, das heißt, ihre Atmung und ihr Puls verlangsamen sich, aber die Körpertemperatur sinkt nicht stark ab. So können sie, wenn sie gestört werden, sofort reagieren und in ein anderes Winterquartier wechseln. Während der Winterruhe – Ende Dezember oder Anfang Januar – kommen sogar ein bis vier Junge zur Welt, die in der Paarungszeit, Ende April bis Juni, gezeugt wurden. Wenn die Bärin im Frühjahr abgemagert die Höhle oder den Unterschlupf verlässt, sind die Kleinen aufgrund der nahrhaften Milch schon so stark, dass sie zeitweise mit ihrer Mutter umherstreifen können. Die Mutter verteidigt sie mutig gegen alle Feinde und scheucht sie nach Möglichkeit auf einen Baum, wenn sie allein auf Nahrungssuche geht. Mindestens den nächsten, manchmal auch einen zweiten Winter verbringt sie mit ihrem Nachwuchs gemeinsam.
Übernachten Bären auch auf Bäumen?
Ja, obwohl viele in Höhlen oder auf dem Boden schlafen. Zu den Bären, die es vorziehen, in luftigen Höhen zu nächtigen, zählt beispielsweise der kleinste Großbär und zugleich der einzige Vertreter der Bären in Südamerika, der Brillen- oder Andenbär (Tremarctos ornatus). Diese geschickten Kletterer, die als Bewohner der Hochgebirge von Venezuela bis Chile noch in 2000 Metern Höhe anzutreffen sind, übernachten auf Bäumen in selbst gebauten Schlafnestern.
Übrigens: Die Männchen der Brillenbären werden bei einer Schulterhöhe von etwa 80 Zentimetern rund 1,40 Meter lang und bis zu 130 Kilogramm schwer; Weibchen bleiben erheblich kleiner. Charakteristisch ist die Gesichtszeichnung: ein gelblich weißes Band, das um die Augen und über die Nase verläuft und keilförmig auf der Brust endet.
Greifen Schwarzbären häufiger an als andere Bären?
Nein, denn Schwarzbären, die normalerweise nur etwa 1,90 Meter lang werden und friedlicher als Braunbären sind, greifen nur an, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen, angeschossen oder verletzt sind. Dann können sie jedoch mühelos Wölfe, Jagdhunde und natürlich auch Menschen töten.
In den gut besuchten nordamerikanischen Nationalparks haben sich die Schwarzbären inzwischen sogar darauf eingestellt, dass die Touristen sie mit Futter versorgen. Vor allem die Bärenmütter und ihre niedlichen Kleinen haben sich aufs Betteln verlegt – was nicht ungefährlich ist, wenn man unvorsichtigerweise sein Auto verlässt, um die Bären zu füttern. Solche Tiere werden aus Sicherheitsgründen oft getötet.
Welcher Großbär kommt am häufigsten vor?
Der Baribal oder Amerikanische Schwarzbär (Ursus americanus) ist mit schätzungsweise 800 000 Exemplaren der häufigste Großbär. Zwischen dem Nördlichen Polarkreis und dem Wendekreis des Krebses bewohnt er alle möglichen Lebensräume, von dichten Feucht- oder Trockenwäldern über Buschland bis hin zur Tundra. Im Süden halten nur die trächtigen Weibchen Winterruhe; alle anderen Schwarzbären finden zu jeder Jahreszeit genug Nahrung, um aktiv zu bleiben. Von den Grislibären lassen sie sich am sichersten durch den fehlenden Schulterhöcker unterscheiden; auf die Farbe ist indes kein Verlass: Dem Namen zum Trotz kann ihr Fell ebenfalls braun sein. Nach der Färbung unterscheidet man mehrere Unterarten, so den rötlichen Zimtbären (Ursus americanus cinnamomum) und den relativ seltenen weißen Ursus americanus luteolus.
Übrigens: »Schwarzbären« gibt es auch in Asien. Der Kragenbär (Ursus thibetanus) wird nämlich auch als Asiatischer Schwarzbär bezeichnet, weil er nicht nur ungefähr so groß ist wie sein amerikanischer Vetter, sondern sich auch ähnlich ernährt und verhält; so sind beide Arten geschickte Kletterer, die bis in die Baumwipfel vordringen, um Eicheln oder Früchte zu pflücken. Man erkennt den Kragenbär an der verlängerten Behaarung am Hals und auf den Schultern, die wie ein Kragen wirkt, und an der V- oder Y-förmigen weißen Zeichnung auf der Brust. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Iran bis Südostasien, Taiwan, Nordchina, Ostsibirien und Japan.
Sind Schwarzbären Rabenmütter?
Nein, eigentlich nicht, obwohl man beobachtet hat, dass Weibchen, die nur ein einziges Jungtier haben, dieses im Stich lassen und kurz darauf wieder in Hitze geraten. Evolutionär ist dies ein effektives Verhalten, denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der nächste Wurf aus zwei oder drei Jungen besteht. Schwarzbärinnen haben sechs Zitzen und können, wenn sie sehr stark sind und die Ernährungslage es zulässt, bis zu sechs Junge großziehen. Mit drei bis vier Jahren werden Schwarzbären, die bis 35 Jahre alt werden können, geschlechtsreif.
Wie fängt ein Eisbär Robben?
Er jagt sie, wobei Eisbären (Ursus maritimus) für die Robbenjagd verschiedene Techniken entwickelt haben: Entweder pirschen sie sich auf dem Bauch an schlafende Robben an oder lauern ihnen an ihren Atemlöchern auf. Eisbären haben außerdem einen so guten Geruchssinn, dass sie auch die Wurfhöhlen der Robben unter dem Schnee wittern und von oben in diese einbrechen. Liegen die Robben zum Ausruhen auf einer Eisscholle, schwimmen sie einfach von unten an sie heran.
Die Hauptnahrungsquelle der Eisbären sind junge Ringelrobben (Phoca hispida), manchmal auch Bartrobben (Erignathus barbatus); daneben verzehren die Räuber auch kleine Wale, Fische, Lemminge, Polarvögel und Eisfüchse, im kurzen Polarsommer verschmähen sie aber auch Beeren, Gräser und Moos nicht. Stärker als alle anderen Bären hat sich der Eisbär also auf fleischliche Kost spezialisiert.
An großen Walkadavern, die manchmal angeschwemmt werden, treffen sich oft etliche Eisbären. An solch üppigen Nahrungsquellen koexistieren sie friedlich nebeneinander, sonst sind sie aber strikte Einzelgänger.
Wie wachsen junge Eisbären auf?
Ein Eisbärenleben beginnt mitten in der unwirtlichen und dunklen Jahreszeit. Schon im Herbst graben die trächtigen Weibchen auf den hügeligen arktischen Inseln Wurfhöhlen in Schneewehen, in denen im Winter die blinden und tauben Jungen zur Welt kommen – meist zwei an der Zahl.
Bis zum Frühjahr nimmt die Mutter keine Nahrung zu sich, sondern zehrt ihren Winterspeck auf. Im März oder April, wenn die Familie das Lager verlässt, sind die Kleinen schon so weit entwickelt, dass sie ihrer Mutter folgen können. In den ersten Monaten meidet die Familie sowohl das Wasser als auch das Festland, um sich keinen Gefahren auszusetzen. Sobald es im Frühjahr junge Robben gibt, lernt der Nachwuchs von der jagenden Mutter das Anschleichen, auch wenn er bis zum Alter von über einem Jahr noch gesäugt wird.
Nach dem Haarwechsel der Jungrobben im Hochsommer ziehen sich die Eisbären auf das Land zurück, weichen auf andere Beutetiere und Pflanzenkost aus oder fasten. Im Herbst, wenn das Eis sich wieder ausgedehnt hat, fressen sie sich dann den nötigen Winterspeck an.
Was eint Teddybären, Gummibären und Balu?
Sie traten im 20. Jahrhundert ihren Siegeszug in der Konsum- und Kulturindustrie an.
Teddybären sind beliebte Kuscheltiere, seit der amerikanische Präsident Theodore (»Teddy«) Roosevelt sich 1902 weigerte, bei einer Jagd auf einen hilflosen kleinen Bären zu schießen, und die Karikaturisten und Stofftierfabrikanten anschließend das Tier als Sympathieträger entdeckten. Aber Bären sind nicht nur beliebte Kuscheltiere. Viele haben sie »zum Fressen gern«, seit Hans Riegel in Bonn 1922 die ersten Gummibärchen herstellte, die damals noch etwas größer waren, echtes Gummiarabicum enthielten, per Hand gegossen wurden und »Tanzbären« hießen.
Einer der beliebtesten Bären ist Balu, die Disney-Trickfilmfigur, die seit 1967 mit dem Lied »Probier's mal mit Gemütlichkeit« durch den Dschungel groovt. In Rudyard Kiplings »Dschungelbuch« (1894) war Balu dem naiven Mowgli hingegen noch ein recht strenger Lehrer.
Wussten Sie, dass …
der Kodiakbär (Ursus arctos middendorffi) mit einer Gesamtlänge von drei Metern und einem Gewicht von 800 Kilogramm das größte Landraubtier ist?
jagende Grislibären (Ursus arctos horribilis) auf kurzen Strecken (bis 100 Meter) so schnell werden wie ein Pferd?
Grislibären so stark sind, dass sie mit einem einzigen Prankenhieb selbst einen großen Schwarzbären töten können?
Welche Bären gibt es am Himmel?
Bei klarem Wetter können wir Ursa minor, den Kleinen Bären, und Ursa maior, den Großen Bären, am Sternenhimmel sehen. Dieses drittgrößte Sternbild ist die bekannteste Formation am Nordhimmel; seine sieben hellsten Sterne bilden den Großen Wagen.
Übrigens: Die wörtliche Übersetzung der lateinischen Sternbildnamen müsste richtig »Große Bärin« bzw. »Kleine Bärin« lauten.
Wussten Sie, dass …
Sibirische Eisbären (Ursus maritimus) kurz vor Antritt der Winterruhe bis zu einer Tonne wiegen können?
trächtige und stillende Eisbärenweibchen bis zu acht Monaten fasten können?
die Galle des Kragenbären seit mehr als 3000 Jahren in der chinesischen Medizin als Heilmittel gilt?
Kleinbären: Hervorragende Kletterer
Treibt der Waschbär auch bei uns sein Unwesen?
Ja, den Waschbären findet man auch in deutschen Wäldern, obwohl der Nordamerikanische Waschbär (Procyon lotor), der bekannteste der sieben Waschbärarten, in mehreren Unterarten von Südkanada bis Panama verbreitet ist. Charakteristisch für das fast fuchsgroße Tier sind der geringelte buschige Schwanz und die schwarze Gesichtsmaske.
Um 1930 wurden in Nordhessen einige Nordamerikanische Waschbären ausgesetzt, weitere entkamen aus Pelztierfarmen. Inzwischen hat sich der Waschbär in den Waldgebieten Deutschlands weit verbreitet. Allerdings wird man ihn nur selten zu Gesicht bekommen, da er überwiegend nachtaktiv ist und den Tag in seinem Versteck verschläft.
Als Kulturfolger findet man Waschbären auch in der Nähe menschlicher Siedlungen, wo sie sich durch das Ausräumen von Mülltonnen, Obst- und Geflügeldiebstähle unbeliebt machen. Auch Jäger und Naturschützer sehen den Neubürger nicht gern, da er Vogelnester plündert und ein Nahrungskonkurrent des heimischen Raubwildes ist. Doch wird sich das intelligente und anpassungsfähige Tier – von manchen als Bereicherung geschätzt – wahrscheinlich nicht mehr aus seiner neuen Heimat vertreiben lassen.
Was wäscht der Waschbär?
Nichts, die bekannte Geste, die an das Eintauchen von Gegenständen ins Wasser erinnert und dem das Tier seinen Namen verdankt, dient keineswegs der Reinigung der Nahrung. In freier Wildbahn ist dieses Verhalten nicht zu beobachten, sondern nur in Tiergehegen, wo die Waschbären keine Gelegenheit haben, nach Wasserlebewesen zu jagen. Das »Waschen« scheint eine Art Ersatzhandlung für das natürliche Jagdverhalten der Waschbären zu sein: Sie fangen die im Wasser lebenden Beutetiere, indem sie mit ausgestreckten Armen und gespreizten Fingern Drehbewegungen vollführen, dabei den Bodengrund aufbaggern und auch unter Steinen suchen.
Welche europäische Stadt hat die meisten Waschbären?
Kassel gilt als heimliche Waschbärenhauptstadt Europas. Auch andere Städte, zumeist in waldreichen Tälern gelegen, haben die Kleinbären wegen der üppigen Ressourcen längst erobert. Hier erreichen sie Siedlungsdichten von ca. 100 Tieren pro Quadratkilometer und haben teilweise jegliche Scheu vor Menschen abgelegt. Viele Häuser müssen regelrecht zu Festungen umgebaut werden, um sich der gierigen Eindringlinge zu erwehren.
Eine wissenschaftliche Untersuchung der Stadtwaschbären im Westen von Kassel zeigte in den Jahren 2001 und 2002, dass die Aktionsräume hier zehn Mal kleiner sind als im 45 Kilometer entfernten Solling. Neben »Pendlern«, die noch gelegentlich den benachbarten Wald aufsuchen, gibt es auch schon Individuen, die »ihren« Straßenzug praktisch nie verlassen. Sie meiden allerdings völlig versiegelte Neubaugebiete und suchen gern Kanäle und Bäche auf.
Nachts streifen Waschbären übrigens umher, tags ziehen sie sich in Schlupfwinkel zurück. Diese liegen zu 43 % in Gebäuden und zu 39 % auf Bäumen, wobei tote, hohle Eichen am beliebtesten sind. Im Sommer wechseln sie den Ruheplatz fast täglich, im Winter bleiben sie länger an einem Ort, wenn dieser ihnen guten Schutz bietet.
Sind Waschbären im Rudel unterwegs?
Nein, eigentlich sind Waschbären Einzelgänger. Aber man stellte fest, dass einige Tiere in der Stadt Koalitionen mit Geschlechtsgenossen bildeten, die sich möglicherweise günstig auf die Ressourcennutzung und die Reproduktionsrate auswirken. Mitteleuropäische Waschbären gehen gelegentlich langfristige Koalitionen ein. Mütter und Töchter oder Geschwister teilen sich Nahrungs- oder Schlafplätze, während paarweise umherstreifende Rüden nicht verwandt sind, aber zur Verbesserung ihrer Paarungschancen kooperieren. Zur Kommunikation setzen Waschbären Duftmarken, die sie z. B. an Latrinenplätzen hinterlassen, und äußern eine Vielzahl von Triller-, Knurr-, Kecker- und Kreischlauten, die nachts auf ihre Anwesenheit hinweisen.
Stirbt der Große Panda bald aus?
Es ist zu befürchten, denn der Große Panda (Ailuropoda melanoleuca), auch Bambusbär oder Riesenpanda genannt, wird seines Lebensraumes beraubt. Daher steht er auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Die letzten wilden Pandas sind zahlreichen Gefährdungen ausgesetzt. Ein Hauptproblem: Ihre Lebensräume sind klein und durch Zersiedlung voneinander getrennt. Dies erschwert zum einen die Fortpflanzung und die Durchmischung des genetischen Reservoirs, zum anderen haben die Bären keine Ausweichmöglichkeiten, wenn die Bambuspflanzen in ihrem Gebiet absterben und erst nach vielen Monaten wieder austreiben. Dann sind sie vom Hungertod bedroht. Mittlerweile sind Maßnahmen zum Schutz der Tiere eingeleitet, so hat die chinesische Regierung der Abholzung der Bambuswälder 1998 ein Ende gesetzt. Es bedarf jedoch noch vieler Anstrengungen, um den Lebensraum und damit das Überleben dieser interessanten Kleinbären zu sichern.
Pflanzen sich Pandas häufig fort?
Nein, und das ist auch ein grundlegendes Problem ihrer Art. Noch höchstens 1000 Große Pandas leben in den Bambuswäldern Westchinas in 1200 bis 3400 Metern Höhe. Die Weibchen der seltenen Kleinbären sind nur alle zwei Jahre lediglich zwei bis drei Tage paarungsbereit. Ein Weibchen bringt in seinem etwa 20 Jahre dauernden Leben nur fünf bis acht Junge zur Welt. Während frei lebende Tiere regelmäßig Nachwuchs bekommen, zeigt ein Großteil der in Zoos lebenden Pandas keinerlei Interesse an der Fortpflanzung.
Ernährt sich der Kleine Panda nur von Bambus?
Nein, die Kleinen Pandas fressen auch Gräser, Wurzeln, Früchte und Beeren. Dazu erbeuten sie Insekten, Eier, Jungvögel und Kleinnager.
Mit dieser Diät wird der etwa fuchsgroße Kleine Panda oder Katzenbär (Ailurus fulgens) bis zu 65 Zentimeter lang und erreicht ein Gewicht von rund sechs Kilogramm. Charakteristisch ist sein langes, buschiges Fell, das auf dem Rücken kupferrot, auf der Bauchseite schwärzlich gefärbt ist. Die scheuen Tiere bewohnen Bergwälder und Bambusdschungel in 2000 bis 4000 Metern Höhe.
Wo leben Nasenbären?
Das Verbreitungsgebiet der vier Arten erstreckt sich vom Süden der USA bis nach Südamerika. Nasenbären sind Allesfresser, die Insekten, kleine Säugetiere, Eier und Obst verzehren.
Wie der Name schon sagt, ist das aufälligste Kennzeichen der Nasenbären oder Coatis (Gattung Nasua) ihre rüsselartig über den Mund hinaus verlängerte Nase. Darüber hinaus verstärken der lange, meist steil nach oben getragene Schwanz, ihre kleinen Ohren, der kurze Hals und der lang gestreckte Körper das marderähnliche Aussehen der bis 1,35 Meter langen Tiere noch.
Während sich die Männchen als Einzelgänger durchschlagen, leben die Weibchen mit ihren Jungtieren in Gruppen von etwa 30 Tieren. Sie reinigen sich gegenseitig das Fell, säugen die Jungen anderer Weibchen, stöbern gemeinsam Beutetiere auf, warnen einander mit lauten Grunztönen vor Gefahr und verteidigen sich kollektiv gegen Fressfeinde.
Anhand von DNA-Untersuchungen hat man festgestellt, dass nicht alle Gruppenmitglieder blutsverwandt sind, sondern dass auch fremde Weibchen zu einer Sippe dazustoßen können. Zwar müssen sie sich wegen ihres niedrigen Ranges am Revierrand aufhalten, wo sie Fressfeinden wie Raubkatzen oder Schlangen eher ausgesetzt sind, doch sind ihre Überlebenschancen immer noch größer, als wenn sie allein unterwegs wären. Sowohl die Männchen als auch die Weibchengruppen leben in mehrere Quadratkilometer großen, sich überlappenden Revieren.
Sind Nasenbärenweibchen treu?
Nicht unbedingt. Ein geschlechtsreifes Männchen wird von den Weibchen nur während der dreiwöchigen Paarungszeit innerhalb der Gruppe geduldet. Im Frühjahr kommt es unter den männlichen Bewerbern zu heftigen Kämpfen um die Weibchengruppen. Die Auseinandersetzungen werden mit Zähnen und Klauen ausgetragen und enden nicht selten mit erheblichen Verletzungen. Wenn ein Männchen eine Gruppe übernommen hat, markiert es das Territorium intensiv mit Urin und einem Afterdrüsensekret. Es begattet die geschlechtsreifen Weibchen der Gruppe, die alle gleichzeitig paarungsbereit sind. Wie »Vaterschaftstests« ergeben haben, stammen aber durchaus nicht alle Nachkommen vom selben Vater ab. Die Weibchen paaren sich demnach nicht ausschließlich mit dem Männchen, das momentan in der Gruppe lebt. Auf diese Weise wird die genetische Vielfalt und damit die Überlebenschance für den Nachwuchs erhöht.
Die Tragzeit beträgt bei Nasenbären 74–77 Tage. Kurz vor der Geburt sondern sich die Weibchen von der Gruppe ab, bauen ein einfaches Baumnest und bringen darin meist drei bis vier, in seltenen Fällen bis zu sieben Junge zur Welt. Erst fünf bis sechs Wochen nach der Geburt stoßen alle Weibchen mit ihrem Nachwuchs wieder zum Rest der Gruppe. Durch den »Babyboom« erhöht sich die Gruppenstärke kurzfristig um ein Vielfaches, doch sie schrumpft auch schnell wieder, denn die meisten Jungtiere überleben die ersten Monate nicht.
Bis nach zwei Jahren die Geschlechtsreife erreicht ist, besteht eine enge Verbindung zwischen Jungen und Muttertieren. Während die weiblichen Nachkommen anschließend von der Gruppe angenommen werden, beginnen die männlichen ihr Leben als Einzelgänger, wobei sie in der Region verbleiben, in der sie aufgewachsen sind. Zur Paarungszeit suchen sie jedoch andere Gebiete auf. Andernfalls bestünde die Gefahr der Inzucht, wodurch die genetische Vielfalt der Population bedroht wäre.
Welche Kleinbären leben im Regenwald?
Zu den Kleinbären, die in den mittel- und südamerikanischen Tropenwäldern leben, gehören der Waschbär (Gattung Procyon), der Nasenbär (Gattung Nasua), der Wickelbär (Potos flavus) und der Makibär (Gattung Bassaricyon).
Obwohl es sich bei ihnen um Raubtiere handelt, haben sich alle an das Nahrungsangebot des Regenwaldes angepasst, denn sie fressen auch Früchte. So stehen bei Waschbär und Nasenbär sowohl Wirbellose, Reptilien, Vögel und kleine Nagetiere auf dem Speiseplan als auch Obst. Da sie sich gut an verschiedene Lebensräume anpassen können, sind sie in mehreren Arten über Mittel- und Südamerika verbreitet: Der vor allem in Mittelamerika heimische Nordamerikanische Waschbär (Procyon lotor) wird in Südamerika von dem Krabbenwaschbär (Procyon cancrivorus) abgelöst. Ähnlich verhält es sich beim Nasenbär: Der Weißrüsselnasenbär (Nasua narica) bewohnt die Regenwälder Mittelamerikas, der Südamerikanische Nasenbär (Nasua nasua) besiedelt Südamerika. Wickelbär und Makibär fressen überwiegend Früchte, sind nachtaktiv und leben vorwiegend in den Baumkronen.
Welcher Bär baumelt vom Baum?
Der Wickelbär (Potos flavus). Er besitzt nämlich einen kräftigen Schwanz, der dem Tier quasi als fünfte Hand zum Klettern und Festhalten dient. Oft hängt er, mit seinem Schwanz gut verankert, kopfüber von einem Ast herab, um die lockenden Früchte zu pflücken. Neben Mangos, Avocados oder Guaven verspeist der Wickelbär auch Nüsse, Insekten oder Vogeleier. Auch Honig gehört zu seiner bevorzugten Kost. Um die Bienennester auszunehmen, setzt er seine scharfen Krallen ein.
Ohne Greifschwanz muss der Makibär (Bassaricyon) auskommen, der mit fünf Arten in Lateinamerika vorkommt und dessen Aussehen und Verhalten dem des Wickelbären ähnelt.
Wussten Sie, dass …
neben Puma und Jaguar auch der Mensch zu den Fressfeinden der Waschbären zählt? In den Südstaaten der USA und in Lateinamerika gilt Waschbärenfleisch als Delikatesse und man richtet für die Jagd eigens »Coon hounds« (von engl. racoon, Waschbär) ab.
die Waschbären den gefährlichen Waschbärspulwurm (Baylisascaris procyonis) auf Haustiere und Kinder übertragen können? Rund 80 % ihrer Kothaufen sind mit dem Parasiten verseucht.
Wie entstand der WWF?
Am 11. September 1961 wurde der WWF (World Wide Fund For Nature) in der Schweiz gegründet. Er machte es sich seit Beginn zum Ziel, Gelder zu sammeln, damit Forschungsaufgaben zum Naturschutz durchgeführt werden können, und ist mittlerweile selbst im Naturschutz aktiv.
Übrigens: Der Panda, der das Emblem des WWF ziert, geht auf den ersten Panda im Londoner Zoo zurück, der 1961 dort eintraf. Es wurde gewählt, weil Pandas in aller Welt Sympathieträger sind.
Wussten Sie, dass …
Große Pandas seit 1980 im Berliner Zoo besichtigt werden können? Sie waren ein Geschenk des damaligen chinesischen Regierungschefs Hua Guofeng an Bundeskanzler Helmut Schmidt. Seit 2003 gibt es sie auch im Wiener Tiergarten Schönbrunn.
im Jahre 2006 zum ersten Mal ein in menschlicher Obhut geborener Großer Panda ausgewildert wurde? Das Tier wurde darauf drei Jahre lang vorbereitet.
Hunde: Ausdauernde Läufer
Seit wann ist der Hund der beste Freund des Menschen?
Schon seit mindestens 14 000 Jahren. Grabbeilagen zeigen, dass es schon so lange domestizierte Hunde gibt; neuere Genanalysen deuten sogar darauf hin, dass Hunde bereits seit 100 000 Jahren den Menschen begleiten. Vermutlich wurden sie ursprünglich nicht als Jagdgefährten eingesetzt, sondern eher als Spielkameraden und auch als Nahrungsreserve gehalten.
Heute kann der Hundeliebhaber unter 800 Haushundrassen wählen, die – so unterschiedlich sie auch aussehen mögen – alle vom Wolf abstammen.
Was zeichnet Hunde aus?
Alle Mitglieder der Familie der Hunde (Canidae) sind bodenlebende Lauftiere – die größeren Arten meist Hetzräuber, die kleineren Pirschjäger. Sie haben (bis auf den Waldhund) lange Läufe, einen beweglichen Körper und einen buschigen Schwanz, gehen auf vier Zehen und können ihre Krallen nicht einziehen. Die Hunde sind – wie alle heutigen Raubtierfamilien – vor etwa 50 bis 40 Millionen Jahren aus den Altraubtieren hervorgegangen. Neben Wölfen (Canis) und Füchsen (Vulpes) gehören zu den Hunden weiterhin die Gattungen Eis- und Steppenfüchse (Alopex), Wüstenfüchse (Fennecus), Löffelhunde (Otocyon), Mähnenwölfe (Chrysocyon), die Afrikanischen Wildhunde (Lycaon), Rothunde (Cuon), Marderhunde (Nyctereutes) und Waldhunde (Speothos). Insgesamt sind in den 15 Gattungen der Hundefamilie etwa 100 Arten zusammengefasst.
Warum heulen Wölfe?
Weil sie durch gemeinsames Heulen ihre Ansprüche auf die bis zu 300 Quadratkilometer großen Reviere geltend machen. Das ist mitunter ein riskantes Unterfangen, da ein anderes Rudel eine zahlenmäßige Unterlegenheit heraushören und die Chance zur Übernahme nutzen könnte. Benachbarte Wolfsrudel vermeiden im Allgemeinen Auseinandersetzungen, indem sie zwischen ihren Revieren einen mehrere Kilometer breiten Streifen Niemandsland akzeptieren. Einzelne Wölfe heulen aus demselben Grund ungern; Jungtiere verstellen sogar ihre Stimme, um größer und stärker zu klingen. Besonders oft erklingt das Geheul übrigens in der Paarungszeit, die in Europa im Dezember beginnt.
Müssen wir uns im heimischen Wald vor wilden Wölfen fürchten?
Nein. Inzwischen gibt es zwar wieder zwei Wolfsrudel im Osten Deutschlands, aber fürchten müssen wir sie nicht.
Bis ins 19. Jahrhundert war der Wolf (Canis lupus) fast auf der ganzen Nordhalbkugel verbreitet; heute finden wir ihn in nennenswerter Zahl nur noch in den Wäldern Osteuropas, einigen Gebirgsregionen um das Mittelmeer, im Nahen Osten, einigen Gebieten Nordamerikas, in China und Russland. Die russische Population ist mit etwa 40 000 Tieren die größte.
Zum Verhängnis wurde diesem größten aller Hundevertreter seine Neigung, Nutzvieh zu reißen. Nachdem der Wolf in den USA und Europa deshalb schon fast ausgerottet worden war, setzte glücklicherweise ein Umdenken ein: Im amerikanischen Yellowstone-Nationalpark wurden Wölfe bewusst wieder angesiedelt, um die Zahl der für das Vieh noch erheblich schädlicheren Kojoten (Canis latrans) zu beschränken, und in Europa haben die Entvölkerung armer Bergregionen und Schutzbestimmungen dazu geführt, dass in Italien, Skandinavien und Frankreich die Bestände wieder wachsen. Auch in Deutschland, der Schweiz und Tschechien werden immer öfter aus dem Osten eingewanderte Exemplare gesichtet. In einigen Regionen werden sogar traditionelle Hütemethoden wieder eingeführt, da ständige Beaufsichtigung der beste Schutz für das Vieh und damit eine gute Basis für ein friedliches Nebeneinander von Mensch und Wolf ist.
Gibt es »den« typischen Wolf?
Nein, denn Wölfe können so unterschiedlich aussehen, dass man sie früher zum Teil für unterschiedliche Arten gehalten hat. Je weiter im Norden die Tiere leben, desto größer werden sie: Bei den arktischen Unterarten erreichen die Rüden ein Gewicht von 75 Kilogramm und – einschließlich Schwanz – eine Länge von zwei Metern, in den südlichen Wüsten und Trockengebieten wiegen sie höchstens die Hälfte. Auch die Farbe variiert: Tundrawölfe haben meist ein helles Fell, in Nordafrika dagegen gibt es nahezu schwarze Tiere, die als Timberwölfe bezeichnet werden. Nach wie vor ist umstritten, ob es sich bei dem nordamerikanischen Rotwolf (Canis rufus), der beileibe nicht immer ein rotes Fell hat, um eine echte Art oder lediglich um eine weitere Unterart handelt: Es gibt nachweislich sowohl Kreuzungen zwischen Rot- und Grauwolf als auch zwischen Rotwolf und Kojote. Diese Frage ist kein rein akademisches Problem: In den USA fließt momentan noch viel Geld in Schutzprojekte für den Rotwolf, was unsinnig wäre, wenn sich herausstellen würde, dass dessen »Verdrängung« durch graue Wölfe kein menschengemachtes Problem, sondern ein natürlicher Vorgang ist.
Wie kommunizieren Wölfe miteinander?
Wölfe verständigen sich auf verschiedene Weisen miteinander. Bei der gemeinsamen Jagd und allen anderen Aktivitäten kommunizieren die Tiere durch Laute wie Bellen, Heulen und Quieken sowie durch den Gesichtsausdruck bzw. die Körperhaltung. Sozialstatus und Empfängnisbereitschaft werden über den Geruch kundgetan; mit ihrem Urin markieren Wölfe auch ihre Reviergrenzen.
Stiehlt der Fuchs wirklich Gänse?
Manchmal schon, aber meistens ist der Rotfuchs (Vulpes vulpes) sehr viel anspruchsloser: Mäuse und Wühlmäuse machen den Hauptanteil seiner Kost aus, auch Würmer, Schnecken, Insekten, Vögel, Fische und Eidechsen verschmäht er nicht. Der im Schnitt sieben Kilogramm schwere Räuber reißt bei Gelegenheit auch Beute, die ebenso schwer ist wie er selbst – Truthähne und Rehe zum Beispiel. Aas fressende und neugierige Wildvögel soll er angeblich dadurch überlisten, dass er sich totstellt; im Hühnerstall hat er solche List nicht nötig. Seine Beute findet der Fuchs zum Teil mithilfe seines exzellenten Gehörs. Läuft er nachts über feuchte Wiesen, kann er sogar das Kratzen der Regenwurmborsten im Gras hören. Kleine Säuger springt er mit dem charakteristischen »Mäusesprung« von oben an. Spitzmäuse verschmäht er offenbar und lässt sie tot liegen.
Warum sind manche Füchse so zutraulich?
Möglicherweise deshalb, weil sie an Tollwut erkrankt sind. Immer wenn sich ein Wildtier auffällig verhält, insbesondere, wenn es seine natürliche Scheu vor Menschen eingebüßt hat, ist größte Vorsicht geboten. Nach einem Biss muss unbedingt ein Arzt aufgesucht werden!
Die auch als »Hundswut« bezeichnete Krankheit wird durch Lyssa- oder Rabiesviren ausgelöst und längst nicht nur von Füchsen übertragen: Auch andere Hundevertreter sowie Fledermäuse, Ratten, Katzen, Rehe und Hausgeflügel können die Erreger im Speichel haben. Beim Menschen endet die Krankheit, die sich durch Kopfschmerzen, Angstgefühle, verstärkten Speichelfluss, Muskelkrämpfe, im späteren Stadium auch durch Wahnvorstellungen und aggressives Verhalten äußert, fast immer tödlich, sofern man nicht dagegen geimpft ist.
In Deutschland starben zuletzt im Jahr 2005 drei Patienten an Tollwut – die sie sich allerdings bei einer Organtransplantation und nicht durch den Biss eines infizierten Fuchses zugezogen hatten. An von Tieren übertragenen Tollwutinfektionen ist bei uns seit Jahren kein Mensch mehr gestorben, und auch die Fuchspopulation scheint dank langjähriger intensiver Köderschluckimpfung weitgehend virusfrei zu sein.
Weshalb heißt der Fuchs auch »Reineke«?
Weil er in der Fabel oft als schlau und gerissen dargestellt wird. Denn Reineke ist die Verkleinerungsform von Reinhart oder Reginhart, was wiederum »der im Rat fest ist«, also in etwa »der durch Schläue Unbesiegbare« bedeutet.
Bereits 1180 erschien eine Satire, in der ein gerissener Reinhart Fuchs andere Tiere zu übertölpeln versucht. Am bekanntesten ist Goethes Versepos (1794), in dem der Fuchs für einen intriganten, bösartigen Adelsherrn steht, der mit seiner Rhetorik und Taktiererei seinen Kopf trotz schlimmster Verbrechen immer wieder aus der Schlinge zieht und am Hof Karriere macht. In zahlreichen Märchen und Fabeln steht der Fuchs z. B. für den hochmütigen Prahler, den keine seiner angeblichen Listen vor den Hunden rettet (»Der Fuchs und die Katze«), den listen- und hilfreichen Freund in der Not (»Der Fuchs und das Pferd«), den selbst von seinen Opfern Hereingelegten (»Der Fuchs und die Gänse«), den unterdrückten Knecht, der sich durch einen Trick von seinem Herrn befreit (»Der Wolf und der Fuchs«) und so weiter.
Welcher Fuchs ist der kleinste?
Der Fennek oder Wüstenfuchs (Fennecus zerda), denn er bringt es nur auf ein Gewicht von 1,5 Kilogramm und eine Gesamtlänge von höchstens 60 Zentimetern. Früher wurde er wegen seines andersartigen Gebisses, seiner runden Pupillen und weiterer Merkmale als eigene Gattung angesehen. Mit seinen riesigen Löffeln, die auch zur Wärmeabstrahlung dienen, lauscht er in den Wüsten und Halbwüsten Nordafrikas und Arabiens nach seiner Beute – Insekten und kleinen Wirbeltieren –, die er dann äußerst gewandt im Sprung erwischt: Er kann aus dem Stand über einen Meter weit und 70 Zentimeter hoch springen. Fenneks können sich blitzschnell im Sand eingraben. Auch einen Teil ihrer Nahrung (neben Kleintieren auch Früchte, Eier und Aas) finden sie buddelnd im Untergrund. Die geselligen, nachtaktiven Tiere sind stark spezialisiert und deshalb viel mehr auf ihren natürlichen Lebensraum angewiesen als andere Füchse.
Welcher Fuchs wird seines Fells wegen gejagt?
Der Eisfuchs (Alopex lagopus), auch Polar-, Schnee- oder Weißfuchs genannt. Er lebt im gesamten Nordpolargebiet jenseits der Baumgrenze und wird in Skandinavien und Russland auch erfolgreich in Pelztierfarmen gezüchtet. Sein langes, dichtes Fell besteht zu 70 Prozent aus feiner Unterwolle, die dichten Deckhaare werden im Winter bis zu sieben Zentimeter lang. Im Sommer ist der Pelz viel kürzer und dünner, um eine Überhitzung zu verhindern.
Die Fellfarbe der Eisfüchse ändert sich zweimal im Jahr. Die sog. Blaufüchse sind im Winter schieferblau und im Sommer schokoladenbraun. Wo lange viel Schnee liegt, wird das Fell im Winter weiß und im Sommer graubraun. Beide Farbschläge können aber – mit allen möglichen Übergängen – in ein und demselben Wurf auftauchen. Genetisch ist das Blaugrau dominant, das Weiß hingegen ist eine rezessive Mutation. Da es im Schnee eine bessere Tarnung vor Feinden und Beute ermöglicht, wird es in der Arktis aber durch die Auslese bevorzugt. Auf manchen Inseln hingegen, wo der Wind den Schnee rasch vom dunklen Grundgestein abträgt, sind die Blaufüchse in der Überzahl.
Was fressen Eisfüchse im Winter?
Alles, was sie in ihrer kargen Heimat finden. Wie der Rotfuchs sind die nur drei bis vier Kilogramm schweren Tiere ungeheuer flexibel: Kleine Nagetiere (vor allem Lemminge), angespülte Wal- und Robbenkadaver, fettreicher Eisbärenkot, Vogeleier und Beeren stehen auf ihrem umfangreichen Speisezettel. In seinem Verhalten erinnert der Eisfuchs eher an einen typischen Hund als an einen scheuen Fuchs, denn er dringt recht dreist in menschliche Siedlungen ein, schleppt alles auch nur vermeintlich Genießbare davon und soll auch schon schlafende, entkräftete Schiffbrüchige angefallen haben. Reste seiner Mahlzeiten vergräbt er im Schnee als Vorrat für Zeiten, in denen das Nahrungsangebot knapper wird.
Weshalb fressen Dingos Schafe?
Weil die australischen Farmer ihre ursprünglichen Beutetiere, die Kängurus, stark dezimiert haben, müssen Dingos auf andere Nahrungsquellen ausweichen. Deshalb hat kaum ein wild lebender Hund einen so schlechten Ruf wie der Dingo (Canis lupus familiaris dingo). Immer wieder wird von Attacken der etwa 90 Zentimeter langen und rund 15 Kilogramm schweren Hunde auf Menschen berichtet, die aber bei näherem Hinsehen meist durch das sorglose Verhalten von Letzteren ausgelöst worden sind.
Übrigens: Dingos sind keine echten Wildhunde. Genetische Untersuchungen belegen zweifelsfrei, dass Dingos von südostasiatischen Haushunden abstammen, die vor rund 4000 Jahren wahrscheinlich mit Handelsschiffen auf den fünften Kontinent gelangten.
Was jagen Schakale?
Sie vertilgen vor allem Kleinsäuger, Reptilien, Vögel und Insekten, die Schakale angeblich auch aufscheuchen, indem sie Büsche anspringen oder auf dem Boden aufstampfen. Zur Jagd auf größere Beutetiere wie etwa Hasen oder Antilopen schließen sich mehrere Tiere zusammen: Eines hetzt das Opfer, andere schirmen es von seinen Artgenossen ab oder schneiden ihm den Weg ab. Angeblich stellen sich Schakale, wie unsere Rotfüchse, manchmal auch tot. Sobald ein hungriger oder neugieriger Vogel oder ein anderes Aas fressendes Kleintier nahe genug herangekommen ist, packen sie blitzschnell zu. Aas macht dagegen nur wenige Prozent der Schakalnahrung aus.
Übrigens: Im alten Ägypten stellte man sich Anubis, den Wächter der Totenstadt und Schutzherrn der Einbalsamierer, schakalköpfig vor, weil Schakale aus der Wüste – im Westen gelegen – kamen. Der Westen aber galt als Land der Toten und die Schakale als Totenführer und -beschützer.
Leben Schakale in Rudeln?
Nein, sie leben in Gruppen, die sich aus einem Elternpaar und ihrem ein- bis zweijährigen Nachwuchs zusammensetzen. Haben sich Männchen und Weibchen einmal gefunden, bleiben sie ein Leben lang zusammen und verteidigen gemeinsam ein Revier, in dem sie nur noch ihren eigenen Nachwuchs ein bis zwei Jahre lang dulden. Alle Mitglieder einer Gruppe beteiligen sich an der Fütterung der Welpen. Durch ihr Heulen, das bei den Schabrackenschakalen hoch und bei den Streifenschakalen tief gestimmt ist und durch kurzes Bellen unterbrochen wird, informieren sie einander vor allem in der Abenddämmerung über ihren Aufenthaltsort und erklären gegenüber benachbarten Gruppen lautstark ihre Revieransprüche.
Übrigens: Alle acht bis neun Jahre brechen Tollwutepidemien unter den Schakalen aus, die sich aufgrund der Aggressionen gegen alle Eindringlinge und der entsprechend häufigen Bissverletzungen rasch verbreiten; auf Schakale geht in Afrika ein Viertel aller gemeldeten Tollwutfälle zurück.
Was macht den Marderhund einzigartig?
Der Marderhund (Nyctereutes procyonoides) hält als einziger Hundevertreter eine Winterruhe und kann überhaupt nicht bellen; seine Lautäußerungen klingen eher wie ein Miauen, ergänzt um Knurren und Winseln. Auffallend ist auch sein Äußeres: Er hat eine Schulterhöhe von lediglich 20 Zentimetern und ähnelt mit seinen kleinen Ohren, der schwarzen Brille um die Augen und dem langen, braun oder grau melierten Fell auf den ersten Blick einem Marder, noch mehr sogar einem Waschbären. Dies hat ihm auch den Namen Waschbärhund eingebracht.
Die ursprünglich in Ostsibirien, der Mandschurei, Japan und Nordchina beheimateten Tiere lieben das Wasser, schwimmen gut, um Verfolgern zu entkommen, und fangen mit Leidenschaft Fische. Ansonsten leben die nachtaktiven Allesfresser von Früchten, Beeren und Kleintieren.
Wer verbirgt sich hinter dem »bunten Hund«?
Der Afrikanische Wildhund (Lycaon pictus). Denn sein wissenschaftlicher Name bedeutet wörtlich »bemalter Wolf« oder »bunter Hund«. Und er macht seinem Namen alle Ehre: Sein kurzes Fell trägt ein gelbliches Fleckenmuster auf dunklem Grund, das bei jedem Individuum anders ausfällt. Die Schwanzspitze ist so leuchtend weiß, dass sie vermutlich eine Sichtmarke für die stark optisch orientierten, stets gemeinsam im Rudel jagenden Tiere darstellt.
Bei der gemeinsamen Jagd verlassen sich Afrikanische Wildhunde ausnahmslos auf ihre Augen. Deshalb können sie nachts nur bei Vollmond jagen; ansonsten bevorzugen sie die Morgen- und Abendstunden. Die lauffreudigen Tiere können bei einer Hetzjagd 55 bis 60 Stundenkilometer erreichen und dieses Tempo auch einige Kilometer weit durchhalten. Das Opfer wird zunächst an den Hinterbeinen gepackt, dann auch an Oberlippe oder Nase, und binnen weniger Minuten regelrecht in Stücke gerissen. Das Sozialleben der Wildhunde steht in einem starken Kontrast zum brutal wirkenden Jagdverhalten: Untereinander sind die »bunten Hunde« nämlich betont freundlich und hilfsbereit.
Wussten Sie, dass …
Wölfe (Gattung Canis) und Füchse (Gattung Vulpes) die Landsäuger sind, die neben dem Menschen das größte Verbreitungsgebiet erobert haben?
der Fuchs auch gerne Blaubeeren und Himbeeren frisst?
Warum fürchten Farmer den Kojoten noch mehr als den Wolf?
Weil er sowohl mit Rotwölfen als auch mit Haushunden Nachwuchs haben kann und diese »coydogs« genannten Hybriden gefürchtete Viehräuber sind, die gleich zweimal im Jahr Nachwuchs in die Welt setzen.
Der bis ein Meter lange und bis 22 Kilogramm schwere Prärie- oder Heulwolf (Canis latrans), den die Azteken »coyotl« tauften, ist dank seiner Flexibilität über fast den gesamten nordamerikanischen Kontinent verbreitet: Kojoten fressen alles – von der Maus bis zum Schaf oder Reh, auch Früchte, Gras, Fische, Insekten und vor allem Aas. Sie leben als Einzelgänger, schließen sich aber auch zu Rudeln zusammen. Große Beute wird im Team gejagt, kleine im Alleingang. Auch massiver Abschuss kann eine Kojotenpopulation kaum reduzieren – als viel effektiver erweist sich die Wiederansiedlung von Wölfen.
Seit wann ist der Wolf als Untier verschrien?
Etwa seit dem Mittelalter. Während die Germanen und Ägypter den Wolf noch als ehrenhaften Kämpfer respektierten und die Römer in ihm nicht nur den Todesboten, sondern auch das fürsorgliche Muttertier sahen, wurde er im Mittelalter gnadenlos verfolgt und zur Zeit der Inquisition gelegentlich sogar leibhaftig vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Diese Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Mensch und Wolf war wohl vor allem auf die Neuerungen in der Landwirtschaft, das Bevölkerungswachstum und die daraus resultierende zunehmende Überlappung der Lebensräume beider Arten zurückzuführen.
Ob Wölfe jemals gezielt Menschen angegriffen haben, um sie zu fressen, ist fraglich. Die meisten derartigen Berichte tragen fabelhafte Züge und müssen als Sagen angesehen werden. Sie sagen – ebenso wie das Rotkäppchen-Märchen – viel mehr über die Ängste, aber auch die Schauerlust der Menschen aus als über das tatsächliche Verhalten der Wölfe.
Wussten Sie, dass …
manche Hundearten sowohl im Rudel als auch alleine auf die Jagd gehen?
Hunde- oder Wolfsrudel durch ein so genanntes Alpha-Männchen oder Alpha-Weibchen angeführt werden?
in Teilen Indiens und Indonesiens, aber auch in Nordchina und Korea, Hunde als lebender Fleischvorrat gehalten werden?
Wussten Sie, dass …
weltweit jedes Jahr schätzungsweise 40 000 bis 70 000 Menschen der Tollwut zum Opfer fallen?
der Hund mit etwa 800 unterschiedlichen Hunderassen den Rekord in Rassenvielfalt unter den Heimtieren hält?
in Gefangenschaft aufgewachsene Eisfüchse sehr zahm werden?
fehlende Scheu bei Wildtieren ein Zeichen einer möglichen Tollwutinfektion sein könnte?
Kleinkatzen: Lautlose Jäger
Woran lässt sich ein Luchs erkennen?
Unter anderem an seinen Pinselohren. Insgesamt unterscheiden drei charakteristische Merkmale die Luchse von allen anderen Katzenarten: Sie sind auffallend hochbeinig, haben einen stummeligen, nur etwa 15 Zentimeter langen Schwanz und tragen pinselartige Haarbüschel an der Spitze ihrer langen Ohren, die wie Antennen wirken und die Schallortung verbessern.
Ihr breiter, rundlicher Schädel erscheint durch den Backenbart noch massiger. Farbe und Muster des Fells können auch im gleichen Lebensraum stark variieren: von gelblich grau bis rotbraun, von ungemustert bis stark gefleckt. Die breiten Pfoten sind mit dichten Haarpolstern am Rand und zwischen den Ballen besetzt. Dadurch wird die Sohlenfläche verbreitert, der Luchs sinkt im Schnee nicht so tief ein und kann sich auch im Tiefschnee wie auf Schneeschuhen fortbewegen. Der Nordluchs (Lynx lynx) wird, je nach Lebensraum, 15 bis 35 Kilogramm schwer und erreicht eine Körperlänge von 85 bis 110 Zentimetern.
Was steht auf dem Speiseplan eines Luchses?
Das hängt von seinem Lebensraum ab. In Nordeuropa beispielsweise jagt der Luchs junge Rene, in Kanada Schneehasen. In unseren mitteleuropäischen Waldgebieten frisst er Mäuse, Hörnchen, Marder, Füchse, Hasen, junge Wildschweine, Rehe, junge, kranke oder altersschwache Hirsche, Gämsen, Steinböcke, Vögel, Kriechtiere, Lurche, Fische und große Insekten. Da er auch kranke Tiere beseitigt, fungiert er auch als »Gesundheitspolizei«.
Luchse können Rehe in offenem Gelände sogar aus 500 Meter Entfernung erkennen und mithilfe ihrer »Richtantennen« nehmen sie selbst die Geräusche einer 60 Meter entfernten Maus wahr. Meist schleicht sich der Jäger an sein Opfer an und reißt es dann im Sprung, manchmal legt er sich auch auf niedrigen Ästen auf die Lauer. Kann er seine Beute nicht auf einmal verzehren, versteckt er sie vor Konkurrenten und kehrt später wieder zu ihr zurück.
Wann starb der letzte deutsche wilde Luchs?
Mitte des 20. Jahrhunderts wurden in Deutschland die letzten wilden Luchse (Lynx lynx) erlegt, nachdem die Art bereits seit der frühen Neuzeit in immer mehr Regionen ausgerottet worden war, beispielsweise 1770 im Schwarzwald. Denn wie dem Wolf sagte man auch dem Luchs Mordgier nach. Die Furcht vor der »Bestie« war tief in den Köpfen der Menschen verankert – und ist heute immer noch nicht völlig überwunden. Zwar kommt es vor, dass Luchse auch Haustiere töten, vor allem Schafe, doch eine Gefahr für den Menschen stellen die scheuen Tiere niemals dar. Erst in jüngster Zeit erholt sich der Bestand des Luchses mancherorts wieder, auch dank geglückter Wiederansiedlungsprojekte. So leben heute beispielsweise etwa 15 Luchse, die aus Böhmen einwanderten, im Bayerischen Wald. In der Schweiz gibt es ungefähr 100 Tiere.
Und dabei war der Luchs (Gattung Lynx) unter allen heute lebenden Katzen einst am weitesten verbreitet: In mehreren Arten besiedelte er fast ganz Europa, das nördliche Asien über Sibirien bis in den Fernen Osten Russlands sowie Nordamerika. Lange Zeit wurde er stark bejagt, zum einen wegen seines kostbaren Pelzes, zum anderen, weil man ihn als Jagdkonkurrenten ansah.
Warum taucht der Puma so oft in Western auf?
Weil die größte aller Kleinkatzen nur in Amerika verbreitet ist und sozusagen als natürlicher Hauptfeind der Farmer und Cowboys gilt. Der Puma (Puma concolor), der eine Körperlänge von bis zu 1,60 Metern erreicht, ist im Westen der USA, in Florida – dort allerdings in seinem Bestand bedroht – sowie in ganz Mittel- und Südamerika anzutreffen. Im Osten der USA wurde er von den Viehzüchtern unerbittlich gejagt und schließlich ausgerottet. Es gibt eine kaum übersehbare Zahl von regionalen Unterarten, die in Größe und Gewicht, besonders aber in ihrer Fellfarbe stark variieren. Die größten, bis zu 100 Kilogramm schweren und 1,60 Meter langen Exemplare kommen im äußersten Norden und Süden als den kältesten Zonen des Verbreitungsgebietes vor, die kleinsten in den Anden. Letztere bringen nur 25 Kilogramm auf die Waage.
Sind Pumas hinterhältig?
Nein, aber versierte und – wie alle Katzen – lautlose Jäger: Ein Puma schleicht sich unhörbar an seine Beute an, wartet geduldig auf den besten Zeitpunkt, um dann mit einem raschen Sprung anzugreifen und das Beutetier mit einem Nackenbiss zu töten. Seine Sprungkraft ist gewaltig, und auf kurzen Strecken kann er eine hohe Geschwindigkeit erreichen; längeren Verfolgungsjagden ist er jedoch nicht gewachsen. Hinsichtlich seines Speisezettels ist der Puma nicht wählerisch. Er erbeutet und frisst fast alle Tiere seines Lebensraumes, vom riesigen Wapitihirsch bis zur unscheinbaren Maus.
Wie unterscheiden sich Wildkatzen und Hauskatzen?
Wildkatzen (Felis silvestris) können eine Körperlänge von bis zu 80 Zentimetern erreichen und bis zu acht Kilogramm wiegen; damit sind sie um ein Drittel größer als Hauskatzen (Felis silvestris domesticus). Der Körper ist kräftiger, und die Beine sind dicker als bei der Hauskatze. Ihre Schnauze ist wuchtiger und breiter. Das besonders dichte und weiche Haarkleid ist gelblich grau, und sein Muster ist nie deutlich ausgeprägt. Ein gutes Unterscheidungsmerkmal ist auch der dichte, buschige Schwanz, dessen Ende fast immer schwarz ist und stumpf ausläuft – nicht wie bei der Hauskatze in einer Spitze.
Schaden Wildkatzen dem Menschen?
Nein, das war zwar lange Zeit die landläufige Meinung, aber durch Untersuchungen des Mageninhaltes von Wildkatzen fand man heraus, dass sie größtenteils von Wühlmäusen leben. Nur im Winter, wenn sie die Mäuse unter einer dichten Schneedecke nicht mehr erreichen können, weichen sie auf größere Beutetiere wie Kaninchen, Hasen oder Vögel aus. Auch ein schwaches Rehkitz kann ihnen zum Opfer fallen, gesunde Tiere dieser Größe können sie jedoch nicht überwältigen.
Der Wald ist der Lebensraum der Wildkatze. Sie jagt überwiegend am Tag und sonnt sich gerne auf Lichtungen. Die einzelgängerischen Tiere kommen nur zur Paarungszeit im Februar/März zusammen. Die Katze bringt dann im April/Mai zwei bis vier Junge zur Welt, die bereits nach drei Monaten selbstständig sind.
Um 1900 war die Wildkatze in Deutschland beinahe ausgerottet – möglicherweise aufgrund ihres schlechten Rufs bei Landwirten. Nur dank ihrer zurückgezogenen Lebensweise konnte sie im Harz, in der Eifel, im Hunsrück und im Pfälzer Wald überleben. 1934 wurde sie unter Naturschutz gestellt. Heute schätzt man ihren Bestand auf etwa 5000 Tiere, womit ihr Überleben immer noch nicht endgültig gesichert ist.
Seit wann gibt es Hauskatzen?
Wann die Katzen als Haustiere das Leben der Menschen zu teilen begannen, ist nicht genau bekannt. Aber bereits im 6. Jahrtausend v. Chr. finden sich Hinweise darauf, dass in Jericho Katzen gehalten wurden. Doch erst um 2000 v. Chr. scheint die Katzenhaltung in Ägypten häufiger gewesen zu sein. Die Katzenkulte späterer Zeit bezeugen die Wertschätzung, die die Ägypter dem kleinen Raubtier entgegenbrachten. Aber auch bei den Germanen und einigen afrikanischen und südamerikanischen Stämmen wurden Wildkatzen als heilige Tiere verehrt.
Die Domestizierung der Nubischen Falbkatze (Felis silvestris lybica), der Ahnin aller Hauskatzen, dauerte also mehrere Jahrtausende, länger als bei jedem anderen Haustier – und bis heute haben ja Hauskatzen erfolgreich ihren eigenständigen Charakter bewahrt, was ihrer Beliebtheit bei den menschlichen »Herrchen« jedoch keinen Abbruch tut. Anders als Hunde sind Hauskatzen nie für bestimmte Aufgaben gezüchtet worden, auch wenn sie vor allem auf dem Land als Mäusefänger sehr geschätzt waren. Im Vordergrund standen eher ästhetische Ziele, wie die vielen Rassekatzen belegen.
Die Vorfahren unserer Stubentiger sahen völlig anders aus als die heutigen Vertreter der Hauskatzen: kleine, schlanke Tiere mit einem schmalen Kopf, großen Ohren und einem langen, spitzen Schwanz. Die Farbe des Fells ist je nach Lebensraum unterschiedlich, gelblich grau bis sandfarben bei Steppenbewohnern, gelbbraun bis rötlichbraun bei Arten aus feuchten Regionen. Die Musterung reicht von gefleckt bis quer gestreift oder ungemustert.
Was verbindet Perser, Birma und Abessinier?
Sie gehören mit vielen anderen Rassen zu den Edelkatzenrassen. Wie bei vielen anderen Haustierarten auch, trat bei domestizierten Katzen im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Variationen im Körperbau, in Fellfarbe und Fellbeschaffenheit auf, die durch Zuchtauslese verstärkt wurden. Systematisch gezüchtet wurden Katzen aber erst seit den 1870er Jahren, nachdem begeisterte englische Katzenfreunde 1871 erstmals eine Katzenausstellung veranstaltet hatten. Heute gibt es neben der Hauskatze eine große Anzahl sog. Edelkatzenrassen, etwa die besonders langhaarigen Perser, Maine Coon, Birma und Chinchilla oder die auffallend kurzhaarigen Siam, Orientalisch Kurzhaar, Kartäuser und Abessinier, um nur einige der bekanntesten zu nennen.
Als vornehmste Vertreterin der langhaarigen Aristokraten gilt die Perserkatze. Die ersten Exemplare brachte der italienische Weltreisende Pietro della Valle von einer seiner Reisen aus Persien im 16. Jahrhundert nach Italien. Heute existiert eine Vielzahl von Varietäten mit cremefarbenem, rotem, blauem, gestromtem oder sogar dreifarbigem Fell. Perserkatzen haben einen kräftigen, gedrungenen Körperbau, einen breiten Kopf und einen buschigen Schwanz. Ihr dichtes Fell muss täglich gekämmt werden, da es sonst verfilzt. Die Tiere sind von eher ruhigem Temperament und haben eine relativ leise Stimme.
Gibt es Katzen, die freiwillig an der Leine laufen?
Ja, die Siamkatzen, die sehr lebhaft sind und deren durchdringende Stimme nicht zu überhören ist. Zugleich sind sie sehr anhänglich und lassen sich leichter als andere Katzen an der Leine spazieren führen. Auch bei den Siamesen gibt es viele verschiedene Farbschläge, am bekanntesten sind die Seal-Point-Siamesen mit einem hell beigebraunen Fell, das am Rücken etwas dunkler wird, Beine, Schwanz, Ohren und Gesicht sind schwarzbraun. Ab etwa drei Jahren dunkeln die Tiere nach, so dass alte Siamkatzen einheitlich dunkelbraun gefärbt sein können. Ob zu ihren Vorfahren noch andere Kleinkatzenarten gehören, ist umstritten.
Wussten Sie, dass …
Hauskatzen nur fauchen, aber nicht brüllen können? Alle Kleinkatzen, zu denen auch unsere Hauskatze gehört, haben einen verknöcherten Zungenbeinapparat, der ihnen das Brüllen nicht ermöglicht.
sich Kleinkatzen von ihren großen Verwandten an der Nasenspitze unterscheiden lassen? Im Unterschied zu Großkatzen ist ihr Nasenrücken nämlich nicht bis zur Nasenspitze behaart.
Warum machen Katzen einen Katzenbuckel?
Um zu drohen. Die bekannte Gebärde ist zunächst defensiv zu verstehen: Um größer zu erscheinen, macht die Katze einen Buckel, außerdem sträubt sie ihr Fell und zeigt dem Gegner ihre Breitseite. Zugleich reißt sie, die Ohren flach an den Kopf gelegt, fauchend den Rachen auf, so dass die Eckzähne entblößt werden. Erst wenn der Gegner trotz dieser Warnung noch näher kommt, greift sie an, indem sie sich ihm ins Gesicht wirft. Die darauf folgende Schrecksekunde nutzt sie zur Flucht.
Eines der unausrottbaren Vorurteile lautet, Katzen seien falsch. Doch an Mimik und Körpersprache der Katze lassen sich ihre Stimmungen und Absichten leicht ablesen. Eine Katze kratzt oder beißt niemals, ohne ihren Gegner vorgewarnt zu haben.
Wussten Sie, dass …
die größte Kleinkatze größer werden kann als die kleinste Großkatze? Nicht alle Kleinkatzen sind von kleiner Statur. Ihr größter Vertreter, der Puma, erreicht schon die Größe eines Leoparden.
eine Falbkatze die Ahnin unserer Hauskatzen ist?
die Jungen der Siamkatzen schneeweiß geboren werden und erst im Laufe der Zeit die typische Fellzeichnung entwickeln?
Wo finden sich Katzen in der Literatur und im Film?
In der Comic-Welt oft dort, wo wilde und exzentrische Charaktere dargestellt werden sollen: der drogen- und sexbesessene Fritz the Cat, der egoistische Garfield, der bösartige Kater Karlo, der ewige Verlierer Sylvester oder der ständig in Fehde mit der Maus Jerry liegenden Tom. Kinderbücher bevölkern dagegen eher die gewitzten Vertreter, etwa der Gestiefelte Kater, Kater Mikesch oder Nero Corleone. Und mit der Grinsekatze aus »Alice im Wunderland«, dem schriftstellernden Kater Murr von E. T. A. Hoffmann sowie Gottfried Kellers »Spiegel, das Kätzchen« gelang Katzen sogar der Einzug in die Weltliteratur.
Dass im Medienzeitalter unter den Film- und Fernsehstars auch Katzen zu finden sind, versteht sich fast von selbst. Seit 1981 strömten Millionen in das Musical »Cats«, in dessen Mittelpunkt die Figur des einstmals gefeierten Katzenstars Gizzabella steht. Filmgeschichte schrieb auch die Angorakatze Duchesse in Walt Disneys Zeichentrickfilm »Aristocats«.
Großkatzen: Der Inbegriff des Raubtiers
Woher stammen Löwen und Tiger?
Wer glaubt, Löwen seien ausschließlich in Afrika beheimatet, befindet sich im Irrtum. Bereits die gemeinsamen Vorfahren von Löwe und Tiger lebten in Europa, Afrika und Asien. Diese frühen Arten entwickelten sich auseinander: Aus den Löwen im Westen entstand wahrscheinlich der »Höhlenlöwentyp« der Späteiszeit, aus den östlichen Arten der Tiger. Vermutlich erst um 200 n. Chr. verschwanden die letzten Löwen aus Europa. Löwen und Tiger können sich noch immer paaren und auch die Mischlinge sind zum Teil noch fortpflanzungsfähig.
Asiatische Löwen (Panthera leo persica) sind stark vom Aussterben bedroht: Lediglich in einem kleinen Schutzgebiet im indischen Bundesstaat Gujarat leben heute noch etwa 200 Exemplare. Von ihren afrikanischen Verwandten unterscheiden sich die Asiatischen Löwen durch ihre geringere Größe und ihre spärliche oder ganz fehlende Mähne.
In Afrika findet man wilde Löwen heute im Gebiet südlich der Sahara. Ihr bevorzugter Lebensraum sind die offenen Weiten der Grassteppen. Obwohl nicht akut vom Aussterben bedroht, ist der Bestand der in freier Wildbahn lebenden Tiere nur in Schutzgebieten gesichert. In den übrigen Regionen Afrikas nimmt er ab, da eine ständig wachsende Bevölkerung immer stärker seine ursprünglichen Lebensräume beansprucht. Von den zahlreichen Unterarten sind bereits zwei ausgestorben: Der sehr große Berberlöwe (Panthera leo leo) Nordafrikas und der eindrucksvolle Kaplöwe (Panthera leo melanochaita) wurden vor über 80 bzw. 140 Jahren durch den Menschen ausgerottet.
Wozu dient die Mähne der Löwenmännchen?
Wie alle Katzen tragen Löwen ihre Rivalenkämpfe weniger dadurch aus, dass sie ihren Gegner beißen, sondern vielmehr dadurch, dass sie versuchen, ihm mit ihren krallenbewehrten Pranken kräftige Hiebe zu versetzen. Die auffällige Mähne des Löwenmännchens ist bestens dazu geeignet, Prankenhiebe auf Kopf und Hals abzufangen, was für die häufig in Kämpfe verwickelten Rudeltiere besonders wichtig ist. Übrigens sind auch bei den Männchen anderer Katzenarten die Wangen durch dicke Haarpolster geschützt.
Neuere Forschungen haben gezeigt, dass die Länge einer Mähne nicht nur genetisch bestimmt ist, sondern auch über den Lebensraum und den sozialen Status des Trägers Auskunft gibt. Löwen in niedrig gelegenen, extrem heißen Gebieten sind mit einer spärlicheren Mähne ausgestattet als Artgenossen aus höher gelegenen Regionen. Auch bei jüngeren, umherwandernden Löwenmännchen, die noch kein Weibchenrudel erobert haben, ist die Mähne meist recht dürftig ausgebildet.
Wie unterscheiden sich männliche und weibliche Löwen?
Das augenfälligste Unterscheidungsmerkmal ist wohl die für die Löwenmännchen charakteristische Mähne, die ihren Kopf und zum Teil auch ihren Bauch ziert. Darüber hinaus sind Löwenmännchen 30 bis 50 Prozent größer und schwerer als die Weibchen: Ausgewachsene männliche Löwen können bis 250 Kilogramm auf die Waage bringen. Mit fast zwei Metern Körperlänge und etwa einem Meter Schulterhöhe sind die meist gelbbraun gefärbten Tiere imposante Gestalten. Mit einem Schlag ihrer außergewöhnlich kräftigen Vorderbeine können sie ihren Opfern das Genick brechen.
Übrigens: Zu den bevorzugten Beutetieren von Löwen gehören Zebras, Fluss- sowie Warzenschweine, außerdem verschmähen sie bei großer Nahrungsknappheit weder Vögel noch Insekten.
Leben Löwen als Einzelgänger oder im Rudel?
Als Einzige unter den Katzen leben Löwen in der Regel gesellig in größeren Rudeln, die ein festes Revier von etwa 100 Quadratkilometern haben. Bis zu zehn Weibchen und vier Männchen bilden ein Rudel, wobei die Weibchen ein Leben lang zusammenbleiben, die Männchen aber alle paar Jahre durch neue abgelöst werden. Während die Jagd Aufgabe der Weibchen ist, verteidigen die Männchen gemeinsam das Revier, vor allem gegen umherziehende Artgenossen. Weibliche Jungtiere bleiben im Rudel, die jungen Männchen müssen es im Alter zwischen zwei und drei Jahren verlassen. Bis zum Erreichen der Geschlechtsreife im Alter von etwa fünf Jahren streifen die jungen Löwen als Einzelgänger oder in kleinen Gruppen durch die Steppe. Dann versuchen sie, älteren Löwen ein Weibchenrudel streitig zu machen.
Greifen Tiger besonders häufig Menschen an?
Nein. Nur selten spezialisieren sich einzelne alte und verletzte Tiere auf die vergleichsweise leicht zu schlagende »zweibeinige Beute«. Dennoch wird dem Tiger häufiger als anderen Raubkatzen nachgesagt, er sei ein »Menschenfresser«: So soll eine Tigerin, der sog. Menschenfresser von Champawat, während ihres 15-jährigen Lebens 430 Menschen getötet haben. Vielerorts wurde die Raubkatze wegen der ihr unterstellten Gefährlichkeit vom Menschen verfolgt. Normalerweise meidet der Tiger jedoch die Nähe des Menschen. Zu Konfrontationen kommt es oft nur deshalb, weil sich Menschen in das Revier des Tigers begeben. Meist sucht der Tiger aber auch dann das Weite.
Wie stark ist der Lebensraum der Tiger bedroht?
Sehr. Immer mehr Waldgebiete werden land- und forstwirtschaftlich genutzt: Die hierfür notwendige Rodung des Regenwaldes zerstört den Lebensraum der Tiger systematisch. Von den ehemals acht Unterarten des Tigers existieren heute nur noch fünf: Königstiger, Sumatratiger, Indochinesischer Tiger, Sibirischer Tiger und Südchinesischer Tiger, der kurz vor dem Aussterben steht.
Der Sibirische oder Amurtiger (Panthera tigris altaica) ist die nördlichste und größte Unterart und die größte Wildkatze überhaupt. Sein langes Fell schützt ihn vor den kalten Wintern, wenn die Temperatur bis auf –40 °C fallen kann. Das Verbreitungsgebiet des »Herrschers der Ussuri-Taiga« beschränkt sich heute auf ein nur noch rund 156 000 Quadratkilometer großes Gebiet entlang des Amur im fernen Osten Sibiriens. Auf russischem Gebiet leben heute etwa 450 Sibirische Tiger, in den angrenzenden Ländern China und Nordkorea werden noch zehn bis 20 Exemplare vermutet. Zahlreiche internationale Naturschutzorganisationen kämpfen um eine Zukunft für die Tiere.
Der Königs- oder Bengaltiger (Panthera tigris tigris), der fast die Größe des Sibirischen Tigers erreicht, ist vor allem in Indien heimisch. Dank diverser Schutzprogramme sind seine Bestände inzwischen wieder auf 4000 bis 5000 Tiere gewachsen. Der Sumatratiger (Panthera tigris sumatrae) ist heute noch die einzige Tigerart auf dem indonesischen Archipel, Java- und Balitiger sind bereits ausgerottet. 400 bis 500 Sumatratiger konnten bis heute in Schutzgebieten überleben.
Warum werden Tiger gejagt?
Weil die Tigerjagd in Indien und Hinterindien eine lange Tradition hat. Sie galt bei den Großfürsten, den Maharadschas, als standesgemäße Form der Jagd. Treiber in großer Zahl durchkämmten zu Fuß den dichten Dschungel, um Tiger aufzuspüren. Für die Treiber war dies sehr gefährlich, für die Schützen weniger, da sie relativ sicher hoch oben auf Reitelefanten saßen. Die britischen Kolonialherren übernahmen im 19. Jahrhundert diesen Sport der Oberschicht, was verheerende Auswirkungen hatte: Manche indische Adlige, britische Offiziere und Beamte erlegten innerhalb weniger Jahre bis zu 1000 dieser Großkatzen. So rühmte sich der Maharadscha von Sulguja, insgesamt 1157 Tiger getötet zu haben.
Nachdem Naturschützer auf den dramatischen Rückgang der Tiger in Indien aufmerksam gemacht hatten – 1972 existierten nur noch 1800 Königstiger –, stellte die indische Regierung 1973 die Tiere unter Schutz; seither ist die Tigerjagd verboten. Leider werden immer noch Tiger gewildert, weil in der traditionellen chinesischen Medizin praktisch alle seine Körperteile zu Medikamenten verarbeitet werden können und damit sehr viel Geld zu verdienen ist. Obwohl Tigerteile seit 1993 offiziell nicht mehr in der chinesischen Medizin eingesetzt werden dürfen, werden Tigerprodukte immer noch in alle Welt verkauft.
Sind alle weißen Tiger Albinos?
Nein, weiße Tiger sind keine Albinos, sondern eine Mutation, die auch »Chinchilla« genannt wird – nicht zu verwechseln mit der Familie der Nager »Chinchillas«. Sie haben ein elfenbeinfarbenes bis weißes Fell mit braunen Streifen; ihre Augen sind blau.
Alle heute in Gefangenschaft lebenden weißen Tiger – auch die weltbekannten aus den Shows von Siegfried und Roy in Las Vegas – gehen auf einen Stammvater aus Indien zurück. »Mohun« wurde 1951 vom Maharadscha von Riva (Vorderindien) gefangen und weitergezüchtet. Er wurde mit einem normal gefärbten Weibchen gepaart. Zwar waren die Nachkommen normal gefärbt, doch die Kreuzung des Männchens mit einer seiner Töchter ergab weißen Nachwuchs.
Wie leben Tiger?
Wie alle Katzen leben Tiger in Revieren, deren Größe je nach Wildreichtum stark variiert. Sie sind Einzelgänger, wobei sich das Revier eines Männchens mit dem von Weibchen überschneiden kann. In Spalten, umgestürzten Bäumen oder kleinen Felshöhlen legen sie sich Schlupfwinkel an, die sie mit trockenem Laub oder Gras auspolstern. Ein Tiger hat oft mehrere Ruheplätze, die er abwechselnd nutzt.
Anders als Löwen jagen Tiger allein. Die nachtaktiven Großkatzen schleichen sich möglichst nah an die Opfer heran, um sie dann nach einem Sprung oder kurzen Spurt durch einen Nacken- oder Kehlbiss zu überwältigen.
Die Brunftzeit der Tiger fällt meist in den Winter oder das Frühjahr. Zu dieser Zeit finden auch die meisten Kämpfe zwischen den Männchen statt, die ansonsten ihre gegenseitigen Reviere achten. Nach einer Tragzeit von etwa 100 Tagen bringt die Tigerin gewöhnlich zwei bis vier Junge zur Welt. Meist bleiben diese zwei oder drei Jahre, im Norden aber auch vier bis fünf Jahre mit der Mutter zusammen. Da die Weibchen den Kontakt zu männlichen Tigern meiden, solange sie noch Junge aufziehen, kommt es nur alle drei bis fünf Jahre zu einer Paarung. Dezimierte Bestände erholen sich also nur langsam. Tiger werden in freier Wildbahn selten älter als 15 Jahre.
Wo sind Leoparden verbreitet?
Von allen Großkatzen hat der Leopard (Panthera pardus) das größte Verbreitungsgebiet: In über 20 Unterarten kommt er in Afrika und Asien vor. Er bewohnt den ganzen afrikanischen Kontinent, mit Ausnahme der Wüstengebiete sowie Nordafrikas und des Kaplandes. In Asien ist er über Klein- und Vorderasien, das südliche Südwestsibirien, den ganzen Südteil Asiens bis nach Java sowie Korea und große Teile Chinas wie auch Südostsibiriens verbreitet. Allerdings hat sein Bestand stark abgenommen, so dass er in vielen Gegenden, wo er vor 100 Jahren noch häufig war, heute nicht mehr anzutreffen ist.
Leoparden sind sehr anpassungsfähig und haben dementsprechend die unterschiedlichsten Lebensräume erobert: Sie sind sowohl in den Trockensavannen und Regenwäldern Afrikas und den Dschungeln Indiens als auch in den kühlen Wäldern des Amurgebiets zu finden. Ihre Anpassungsfähigkeit bedingt zudem, dass manche Leopardenarten auch nicht davor zurückschrecken, in der Nähe menschlicher Siedlungen zu leben. Menschen werden von ihnen jedoch sehr selten angegriffen, Haushunde und andere Haustiere dagegen hin und wieder gerissen, was die Großkatzen bei der einheimischen Bevölkerung nicht gerade beliebt macht.
Wieso kann sich der Leopard praktisch lautlos anschleichen?
Weil die stark gepolsterten Zehen und Ballen des Leoparden seinen Schritt dämpfen und ihm damit einen lautlosen Schleichgang ermöglichen. Außerdem ist der Leopard mit einer Körperlänge von bis zu 1,50 Metern (ohne Schwanz) und einem Gewicht von bis zu 80 Kilogramm die kleinste Großkatze. Die Zierlichkeit seines Köperbaus unterstützt den gleichsam geräuschlosen Gang des Leoparden noch.
Welche Beutetiere bevorzugt der Leopard?
Prinzipiell passt der Leopard seinen Speisezettel dem örtlichen Nahrungsangebot an: Er bejagt große Antilopen, Hirsche, Zebras und Wildschweine, verzehrt aber auch Vögel und Reptilien oder Insekten, wenn keine andere Beute greifbar ist.
Leoparden mögen besonders Innereien, weswegen sie die erlegten Kadaver auch regelrecht ausweiden, indem sie zuerst Herz, Leber und Nieren fressen, außerdem die übrigen Eingeweide entfernen. Die Überreste der Mahlzeit schleppen sie entweder zu ihren Jungtieren oder auf einen Baum, um sie vor Nahrungskonkurrenten wie Hyänen oder Löwen in Sicherheit zu bringen. Dabei ist der Leopard auch in der Lage, Beute abzutransportieren, die deutlich schwerer ist als er selbst.
Übrigens: Leoparden verbringen ihr Leben als Einzelgänger, sie bewohnen Reviere, die zwischen 30 und 50 Quadratkilometer groß sind. Das Revier eines Männchens und das eines Weibchen können sich zum Teil überlappen. Die Großkatzen werden aktiv, wenn es zu dämmern beginnt, und jagen bis in die Nacht. Von einem Baum oder einer anderen erhöhten Stelle aus sucht der Jäger die Umgebung aufmerksam nach Beute ab. Wenn er eine passende Beute entdeckt hat, so schleicht er sich möglichst nah an das Tier heran, springt das Opfer an und tötet es mit einem Biss in die Kehle.
Zieht das Leopardenweibchen den Nachwuchs allein auf?
In der ersten Zeit nicht, denn im Gegensatz zu Tiger und Jaguar bleiben weibliche und männliche Leoparden auch nach der Paarung zusammen. Meist beteiligt sich das Männchen sogar an der Nahrungsbeschaffung und Aufzucht der Jungtiere. Nach einer dreimonatigen Tragzeit werden zwei bis fünf Junge geboren, von denen meistens nur ein oder zwei Tiere überleben. Nach drei Monaten begleiten sie die Mutter bei der Jagd und lernen von ihr alle wichtigen Jagdtechniken. Mit einem Jahr erlegen sie bereits erste Kleintiere. Erst im Alter von zwei Jahren verlässt der Nachwuchs die Mutter, wenn diese sich nach einem neuen Partner umsieht. Leoparden erreichen in der Wildnis ein Alter von etwa 15 Jahren.
Warum weiß man so wenig über den Schneeleoparden?
Weil diese Großkatze fast immer in unwegsamem Gelände im Hochgebirge, ihrem bevorzugten Lebensraum, unterwegs ist und es große Schwierigkeiten bereitet, dort ihren Spuren zu folgen oder sie zu beobachten. Der Schneeleopard (Uncia uncia) ist in zwölf Staaten Zentralasiens – darunter Afghanistan und die Mongolei – heimisch.
Sicher wissen wir vom Schneeleoparden, dass er bei der Jagd in seinem häufig mehr als 100 Quadratkilometer großen Revier oft weite Strecken zurücklegen muss. Zu seinen Beutetieren gehören Steinböcke, Schafe und Moschustiere, aber auch Vögel. Er tötet seine Opfer, indem er ihnen die Kehle durchbeißt. Schneeleoparden sind typische Einzelgänger. Nur zur Paarungszeit und zur Aufzucht der Jungen kommen Weibchen und Männchen zusammen.
Kann man Jaguar und Leopard verwechseln?
Ja, denn Jaguar und Leopard sehen sich auf den ersten Blick sehr ähnlich: Beide Katzen haben ein bräunlich gelbes Fell, das mit dunklen Rosetten betupft ist. Aber nur beim Jaguar umgeben die Rosetten kleine Punkte. Außerdem hat er einen plumperen und muskulöseren Körper als der Leopard und einen kürzeren Schwanz.
In freier Wildbahn wird man indes nicht in die Verlegenheit geraten, die Tiere zu verwechseln, da sie unterschiedliche Kontinente besiedeln: Der Jaguar ist die einzige Großkatze Amerikas. Einst war er in den Wäldern der Tieflandregionen ganz Mittel- und Südamerikas verbreitet und selbst in Arizona, Neumexiko und Texas anzutreffen. Im Süden der USA, in fast ganz Mexiko, weiten Teilen Ostbrasiliens und Argentiniens ist die elegante Großkatze heute ausgerottet, ihre Verbreitung konzentriert sich auf den Norden und die Mitte des südamerikanischen Kontinents.
Warum sind Jaguare so unterschiedlich groß?
Die Größe der Jaguare – sie erreichen Körperlängen von 1,10 bis etwa 1,85 Metern – ist von ihrem Lebensraum abhängig. Tiere, die im dichten Regenwald des Amazonasbeckens leben, sind häufig nur halb so groß wie Exemplare, die offeneres Gelände bewohnen. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass die Beutetiere der Jaguare in der Steppe oft größer sind. Waldbewohner sind außerdem häufig dunkler gefärbt, was ihnen im Regenwald, wo keine besonders guten Lichtverhältnisse herrschen, eine bessere Tarnung bietet.
Kann der Jaguar wirklich Schädel knacken?
Ja, der Jaguar ist – verglichen mit anderen Katzen seiner Größe – mit äußerst kräftigen Kiefern ausgestattet, die es ihm ermöglichen, seine Opfer dadurch zu töten, dass er ihren Schädel mit einem kräftigen Biss durchbohrt. Selbst den Gürteltieren, die in manchen Urwaldgebieten zu seinen hauptsächlichen Beutetieren zählen, bietet ihre Panzerung aus Hornplatten keinen ausreichenden Schutz.
Darüber hinaus ist er wie der Braunbär in der Lage, mit seiner Tatze Fische zu fangen, und erbeutet häufig sogar Kaimane und Schildkröten, deren Kadaver er vom Wasser wegschleppt und dann im dichten Unterholz verbirgt.
Übrigens: Das Beutespektrum des Jaguars ist breit. Zu den Tieren, die er jagt, gehören große Nutztiere wie Rinder und Pferde – diese »Vorliebe« hat ihm die Feindschaft der Bauern eingetragen – ebenso wie Hirsche, Wasserschweine, Tapire, Pekaris, größere Nagetiere oder Reptilien, Affen und Fische.
Wie schnell ist der Gepard?
Der Gepard (Acinonyx jubatus) verfolgt mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 110 Stundenkilometern seine Beute. Er ist somit der schnellste Sprinter der Savanne und in puncto Schnelligkeit reicht kein Landtier an ihn heran.
Die Natur hat den Geparden für diese Hetzjagd bestens ausgestattet. Seinen schlanken, stromlinienförmigen Körper durchzieht eine äußerst biegsame Wirbelsäule, so dass er im Spurt seine langen Hinterbeine weit vor den Vorderbeinen aufsetzen und bei jedem Satz eine große Strecke zurücklegen kann. Harte Laufschwielen, mit denen die schmalen Tatzen gepolstert sind, und nicht einziehbare Krallen ermöglichen ihm einen schnellen Antritt: Innerhalb von zwei Sekunden kann er eine Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometern erreichen – auch ein Ferrari beschleunigt nicht stärker! Große Nasenöffnungen und Lungen versorgen die Muskulatur des Jägers während der schnellen Sprints mit ausreichend Sauerstoff. Und der lange, weit nach hinten gestreckte Schwanz wirkt bei raschen Richtungswechseln wie eine Balancierstange.
Übrigens: Gepardenweibchen haben meist zwei bis vier Junge. Bereits im Alter von etwa zwei Monaten begleitet der Nachwuchs die Mutter bei der Jagd, zunächst aber noch als Zuschauer. Die Unterweisung beginnt ab dem siebten Monat.
Wo lebte der Kaplöwe?
Der Kaplöwe (Panthera leo melanochaita) war einst im Süden Afrikas vom Kap der Guten Hoffnung bis nach Natal verbreitet, wo er 1858 bzw. 1865 ausgerottet wurde. Damit fiel diese große Löwenart mit besonders eindrucksvoller schwarzer Mähne, die auch den Bauch bedeckte, einer Verfolgung durch den Menschen zum Opfer, welche die Masse der frei lebenden Großtiere in Südafrika betraf: Sie wurde bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts rücksichtslos abgeschossen. Vor allem der Löwe, das größte Raubtier, das dem Menschen gefährlich werden konnte und als Beute auch Haustiere riss, wurde mit allen Mitteln gejagt. Heute gibt es weltweit nur sieben Präparate des Kaplöwen: fünf von männlichen und zwei von weiblichen Tieren. In Deutschland können sie im Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart und im Städtischen Museum in Wiesbaden bewundert werden.
Übrigens: Aus Trickfilmen dürfte das stattliche Tier auch einigen bekannt sein; so ist Scar aus Disneys »König der Löwen« ein Kaplöwe.
Wussten Sie, dass …
sich die Großkatzen von den Kleinkatzen durch den vollständig behaarten Nasenspiegel (»Nasenrücken«) unterscheiden? Außerdem können Großkatzen brüllen, aber nicht ohne Atemholen schnurren, bei den Kleinkatzen ist es umgekehrt.
das Gebrüll des Löwen noch in bis zu acht Kilometern Entfernung zu hören ist?
der Bestand der Tiger seit dem letzten Jahrhundert dramatisch abgenommen hat? Streiften vor 100 Jahren noch 100 000 Tiger durch die Wälder, sind es heute gerade noch etwa 6000.
Was symbolisieren Löwen in den unterschiedlichsten Kulturen?
Löwen gelten in vielen Kulturen als Symbol der Macht, des Mutes und der Kraft. Bereits auf den ägyptischen Pharaonengräbern sind Löwen abgebildet und in China bewacht seit Jahrtausenden ein steinernes Löwenpaar Palast- und Tempeleingänge. Löwen zieren als Schutzsymbol darüber hinaus z. B. Tempelgiebel und Stadttore.
In der christlichen Ikonographie ist der Löwe zwar manchmal negativ besetzt, z. B. wenn er den Satan und Antichristen symbolisiert. Zugleich ist er aber auch dem Evangelisten Markus zugeordnet.
Besonders geschätzte oder mächtige Herrscher wurden im Mittelalter mit dem Beinamen »der Löwe« geehrt, darunter Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern (1129–1180), oder Richard I. »Löwenherz«, König von England (1157–1199). Auch in der Neuzeit ist der Löwe ein beliebtes Symbol geblieben: In Deutschland ziert er beispielsweise die Wappen der Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Thüringen und Schleswig-Holstein.
Wussten Sie, dass …
inzwischen mehr Tiger in zoologischen Gärten leben als in der freien Wildbahn?
ein ausgewachsener Tiger immerhin etwa acht Kilogramm Fleisch pro Tag benötigt und bei einer einzigen Mahlzeit bis zu 50 Kilogramm Fleisch vertilgen kann?
Wussten Sie, dass …
der Schneeleopard zu den Großkatzen gezählt wird, obgleich er nicht brüllen, sondern nur schnurren kann? Diese Zuordnung verdankt er seinem unvollständig verknöcherten Zungenbein.
der Leopard im Mittleren Osten ausgerottet wurde?
der Amurleopard (Panthera pardus orientalis) am stärksten gefährdet ist und man vermutet, dass keine 50 Tiere mehr in freier Wildbahn existieren?
Sind Panther und Leoparden unterschiedliche Arten?
Nein, beide Tiere stellen Farbvarianten derselben Art dar. Die auch als Schwarze Panther bezeichneten schwarzen Leoparden kommen in Afrika und Südostasien vor. Besonders häufig sind sie in Asien anzutreffen: In den dichten Regenwäldern bietet die schwarze Farbe eine bessere Tarnung bei der Jagd.
Das Fell Schwarzer Panther weist die charakteristische Rosettenzeichnung der braunen Leoparden auf. In freier Wildbahn pflanzen sich schwarze und gefleckte Leoparden miteinander fort, wobei die Würfe dann sowohl aus schwarzen als auch aus gefleckten Jungen bestehen. Dass Schwarze Panther besonders wild und unzähmbar sind, ist eine Legende – sie verhalten sich nicht anders als ihre »normal gefärbten« Artgenossen.
Welche Rolle spielt der Jaguar in der Kultur?
Jaguare waren und sind für die indigene Bevölkerung Mittel- und Südamerikas das, was der Löwe in Afrika und Europa ist: Das furchterregendste, aber auch beeindruckendste Raubtier des Kontinents. Entsprechend groß war seine Bedeutung in Mythologie und Volksglauben, viele Völker verehrten das Tier als Gottheit. Jaguarfelle schmückten hochgestellte Persönlichkeiten wie die Könige der Mayas und die oberste Kriegerkaste der Azteken.
Übrigens: Auch als Markenname ist der »Jaguar« beliebt, er steht für Luxusautos, aber auch für eine Spielekonsole, ein Computerbetriebssystem und für einen Jagdpanzer.
Wussten Sie, dass …
die Guarani-Indianer Amazoniens dem Jaguar (Panthera onca) den Namen »yaguara« (»Tier, das im Sprung tötet«) gaben?
es auch beim Jaguar Schwärzlinge gibt?
der Gepard das Kräfte zehrende Tempo von bis zu 110 km/h nur über eine Strecke von höchstens 500 Metern durchhalten kann? Hat er bis dahin das ausgesuchte Opfer nicht geschlagen, muss er die Verfolgung abbrechen.
Geparden weder Groß- noch Kleinkatzen sind, sondern eine eigene Unterfamilie bilden, da sie u. a. ihre Krallen nicht einziehen können?
Elefanten: Stark und intelligent
Was macht Elefanten so auffällig?
Zweifelsfrei zählen hierzu neben ihrer Körpergröße der Rüssel, die riesigen Ohren und die Stoßzähne. Der multifunktionale Rüssel der Kolosse besteht aus Oberlippe und Nase. Die Ohren dienen nicht nur zum Hören, sondern auch zur Wärmeableitung und zur Kommunikation. Die langen Stoßzähne werden von einem sehr großen Kopf getragen, der aufgrund seiner porösen Knochen selbst nicht zu viel wiegt. Trotz ihres Gewichts von bis zu sechs Tonnen hinterlassen Elefanten keine sonderlich tiefen Fußabdrücke, da das Gewicht über die säulenartigen Beine und die großen Sohlen mit den elastischen Bindegewebskissen sehr gleichmäßig auf fast einen Quadratmeter Fläche verteilt wird. Die sprichwörtlich dicke Elefantenhaut ist in Wirklichkeit jedoch ein sehr empfindliches Organ, das der ständigen Pflege durch Schlammbäder, Staubduschen und Schrubben bedarf. Behaart ist sie nur bei den Jungtieren; erwachsene Elefanten haben nur noch wenige Borsten.
Wie unterscheiden sich Afrikanischer und Indischer Elefant?
Durch mehrere Merkmale. In Zoos, die sowohl Afrikanische (Loxodonta africana) als auch Indische Elefanten (Elephas maximus) halten, lassen sich die Unterschiede zwischen ihnen besonders leicht beobachten: Afrikanische Elefanten sind beispielsweise größer, haben eine sattelförmige Rückenlinie und viel größere Ohren; bei ihnen tragen sowohl Bullen als auch Kühe Stoßzähne. Indische Elefanten hingegen tragen zwei Höcker auf der Stirn, haben einen geraderen Rücken und viel kleinere Ohren; die Weibchen haben – wenn überhaupt – nur sehr kleine Stoßzähne.
Übrigens: Wilde Indische Elefanten leben heute noch in einigen Gebieten Indiens, Sri Lankas, Indochinas, Malaysias und Thailands sowie auf einigen Inseln. Sie sind in Trocken- und Dornwäldern, Steppen und Feuchtgebieten zu finden. Ihr Lebensraum reicht von der Tiefebene bis in 3000 Meter Höhe. Die Bullen werden höchstens drei Meter hoch und gut fünf Tonnen schwer, die Kühe wiegen nur halb so viel.
Haben Elefanten tatsächlich das sprichwörtliche Elefantengedächtnis?
Ja, das haben sie. Das schwere und hoch entwickelte Gehirn der Elefanten und vor allem die stark gefurchten Schläfenlappen deuten auf eine hohe Intelligenz und ein ausgezeichnetes Gedächtnis hin. Beide Eigenschaften (sowohl Intelligenz als auch Gedächtnis) machen sich die Menschen gerne zunutze und bilden die Dickhäuter zu Arbeitstieren aus, die beispielsweise beim Holztransport in entlegenen Gebieten der tropischen Wälder helfen oder als »Transportmittel« für Touristen dienen.
Heute versucht man, den Bedarf an Arbeitselefanten durch Nachzucht bereits gezähmter Tiere zu decken. Früher war es einfacher, wilde Elefanten zu fangen und zu zähmen. Dazu schleuste man in einer großen Treibjagd ganze Herden in ein fest umzäuntes Areal. Nach einigen Tagen brachte man einzelne Tiere in ein kleineres Gehege, in denen man ihnen bereits gezähmte Tiere zugesellte. Diese wirkten beruhigend auf ihre wilden Artgenossen ein und gewöhnten sie an einen menschlichen Führer.
Zwischen diesem sog. Mahut und seinem Tier entsteht mit der Zeit eine enge Bindung, die oft ein Leben lang andauert. Auf dem Nacken seines Tieres sitzend, erteilt der Mahut ihm durch bestimmte Worte und das Antippen der Ohren mit den nackten Füßen Befehle, denen er zur Not durch Stiche mit einer spitzen Eisenstange Nachdruck verleiht. Wer dabei zu brutal vorgeht, riskiert seinen Arbeitsplatz und unter Umständen auch sein Leben, denn Elefanten stehen in dem Ruf, nie eine Niederträchtigkeit zu vergessen: Sie können jahrelang auf ihre Chance zur Rache warten.
Wodurch fallen paarungswillige Elefantenmännchen auf?
Sie befinden sich körperlich und seelisch in einem Ausnahmezustand, der als Musth bezeichnet wird. Zum ersten Mal verfallen Elefantenbullen etwa im 29. Lebensjahr, wenn sie fast ausgewachsen sind, in diesen physiologischen und psychologischen Ausnahmezustand, der zwei bis drei Monate andauert: Ihr Testosteronspiegel steigt auf das Zwanzigfache des Normalwerts, aus den Schläfendrüsen rinnt ein stark riechendes Sekret, sie geben ein tiefes Grollen von sich, werden aggressiv und kämpfen heftig mit anderen Bullen; dabei haben sie gute Chancen, auch größere Gegner zu besiegen, die gerade nicht in der Musth sind. Sogar die Körperhaltung verändert sich deutlich: Die Bullen schreiten erhobenen Hauptes einher. Sie unternehmen weite Wanderungen, um Kühe aufzuspüren, die gerade empfängnisbereit sind, was nur für wenige Tage der Fall ist. Die Musth kommt sowohl bei den Afrikanischen Elefanten als auch bei den Indischen Elefanten vor, allerdings ist sie bei den Indischen Elefanten ausgeprägter.
Übrigens: Die Paarungszeit fällt mit dem Höhepunkt der Regenzeit zusammen, so dass die Jungen knapp zwei Jahre später genau dann zur Welt kommen, wenn es – aufgrund der dann herrschenden Regenzeit – am meisten frisches Futter gibt.
Bringen Elefantenweibchen ihre Babys allein zur Welt?
Nein, denn sie werden von »Hebammen« unterstützt. Die Geburt eines Elefantenbabys ist ein soziales Ereignis: Die erwachsenen und halbwüchsigen Tiere bilden einen Schutzwall um die trächtige Kuh. Zwei »Hebammen« unterstützen die Niederkunft, indem sie das Kleine aus seinen Embryonalhäuten befreien und ihm aufhelfen. Nach fünf Minuten kann das Neugeborene stehen, nach einer Stunde bereits gehen. Bis es die komplexe Muskulatur seines Rüssels voll im Griff hat und ihn wie die Erwachsenen gebrauchen kann, vergehen hingegen Monate.
Zwar werden die Kälber ein bis zwei Jahre lang von der Mutter mit fettreicher Milch versorgt, aber schon kurz nach der Geburt beginnen sie, mit ihrem Milchgebiss auf Pflanzenteilen herumzukauen. Anfangs dürfen sie auch bereits zerkleinerte Nahrung aus den Mäulern der Erwachsenen stibitzen. Kinderlose Kühe übernehmen die Funktion von Kindergärtnerinnen, so dass die Mütter nicht ständig selbst auf ihre Kleinen aufpassen müssen. Wittert die Matriarchin Gefahr und schlägt Alarm, so bilden die Erwachsenen einen schützenden Ring um den Nachwuchs.
Waren Mammuts wirklich riesenhafte Tiere?
Nein, eigentlich nicht, aber trotzdem: Wenn wir zum Ausdruck bringen wollen, dass etwas besonders groß ist, sprechen wir von einem Mammutwerk, Mammutunternehmen, Mammutbaum usw. – dabei erreichten die Kältesteppenmammute (Mammuthus primigenius), die einst durch die Tundren Eurasiens und Nordamerikas zogen, mit maximal vier Metern Schulterhöhe gerade einmal die Maße eines besonders stattlichen Afrikanischen Elefanten. (Deutlich größer waren die weiter im Süden lebenden Steppenelefanten des Pleistozäns, die zu den »Mammuten im weiteren Sinne« zählen.) Da man im ewigen Eis gut erhaltene Mammutkadaver gefunden hat, wissen wir über diese nichtsdestoweniger mächtigen Gras- und Kräuterfresser mehr als über andere prähistorische Säugetiere. In Anpassung an das kalte Klima hatten sie relativ kleine Ohren und einen dichten Pelz aus langen, rotbraunen bis dunkelbraunen Wollhaaren. Mit den bis zu fünf Meter langen, stark nach oben und innen gekrümmten Stoßzähnen konnten sie vermutlich die Schneedecke abtragen oder durchwühlen, um an Pflanzen zu gelangen. Höhlenmalereien, Felsritzzeichnungen sowie Knochen- und Elfenbeinschnitzereien belegen, dass unsere Vorfahren diese Tiere jagten, was sicher zu deren Aussterben vor rund 10 000 Jahren beigetragen hat.
Übrigens: Mammuts waren näher mit den heutigen Indischen Elefanten verwandt als diese mit den Dickhäutern aus Afrika.
Setzte nur Hannibal Kriegselefanten ein?
Nein. Die Europäer hatten den Einsatz von Elefanten als Transportmittel und lebende Waffen wahrscheinlich im 4. Jahrhundert v. Chr. von den Indern übernommen, die bereits 1100 v. Chr. Indische Elefanten zu diesem Zweck abrichteten. Vor der Schlacht gab man den Tieren dort oft Reiswein zu trinken, um sie zu enthemmen, wodurch sie allerdings auch für die eigenen Truppen gefährlich werden konnten. Als Alexander der Große im Jahr 326 v. Chr. im Pandschab gegen König Poros kämpfte, kannte er die Eigenheiten der Kriegselefanten bereits so gut, dass er die gegnerischen Tiere gezielt durch Steinwürfe, Fanfarenstöße und Fackeln in Panik versetzen ließ. Von den 200 Elefanten in Poros' Armee führte Alexander nach dessen Niederlage ungefähr 80 Tiere als Kriegsbeute heim.
Übrigens: Der karthagische Feldherr Hannibal überquerte 218 v. Chr. im Zweiten Punischen Krieg mit 37 Kriegselefanten die Alpen. Es handelte sich um Afrikanische Elefanten aus dem Sudan oder Tunesien, die, anders als man gemeinhin glaubt, fast ebenso leicht zu zähmen sind wie ihre asiatischen Verwandten.
Weshalb wurden Elefanten erbarmungslos verfolgt?
Wegen des Elfenbeins, aus dem ihre zu Stoßzähnen umgebildeten oberen Schneidezähne bestehen. Sie sind aus Dentin, Knorpel und Calciumsalzen gebildet und lassen sich gut verarbeiten. Außer Schnitzereien stellte man z. B. Billardkugeln, Klaviertasten oder Kämme aus dem »Weißen Gold« her, dessen Qualität vor allem vom Klima im Lebensraum der Tiere abhängt. Um an das begehrte Handelsprodukt zu kommen, wurden früher pro Jahr schätzungsweise 45 000 Tiere getötet.
Hohe Gewinnspannen und die Verbreitung von Schusswaffen, welche die einst gefährliche Elefantenjagd erleichterten, führten bereits im 19. Jahrhundert zu einer Dezimierung des Afrikanischen Elefanten, der man mit Verboten entgegenzuwirken versuchte. In den 1970er und 1980er Jahren schrumpften die Bestände alarmierend – weil das Statussymbol Elfenbein wieder gerne gekauft wurde. Erst 1989 wurde der Handel mit Elfenbeinprodukten im CITES-Abkommen weltweit verboten. Seither stieg die Elefantenpopulation in einigen afrikanischen Staaten wieder so stark an, dass der Ruf nach Ausfuhrgenehmigungen für Elfenbein lauter wurde. Dennoch erneuerte die CITES-Konferenz 2000 das Handelsverbot, da es noch keinen wirksamen Schutz gegen Wilderei und Schmuggel gibt.
Was macht der Elefant mit dem Rüssel?
Eigentlich fast alles. Er dient dem Tier nicht nur zum Riechen und Atmen und sogar als Schnorchel beim Schwimmen, sondern dank der flexiblen Muskulatur und der fingerartigen Auswüchse an der Spitze auch als Greifarm. Mit diesem Präzisionsorgan heben Elefanten sogar kleine Münzen mühelos vom Boden auf. Beim Trinken saugen sie etwa einen Eimer voll mit dem Rüssel auf, verschließen die Öffnung mit den »Fingern« und spritzen sich das Wasser ins Maul. Auch als Schlagwaffe und zur Begrüßung, für Wasser- und Staubduschen und zum Trompeten wird der kräftige Muskelschlauch eingesetzt.
Wussten Sie, dass …
der Verdauungstrakt der Elefanten alle Rekorde bricht? Allein der Dünndarm eines erwachsenen Rüsseltiers ist 25 Meter lang.
im Verlaufe der Evolution der Rüsseltiere die Nase (einschließlich der Oberlippe) immer länger wurde? So entstand der Rüssel.
der schwerste jemals erlegte Afrikanische Elefant eine Schulterhöhe von gut vier Metern hatte und fast elf Tonnen wog?
Wer hat in einer Elefantenherde das Sagen?
Meist das älteste Weibchen. Sowohl Indische als auch Afrikanische Elefanten leben in sozialen Verbänden, die matriarchalisch organisiert sind: Den Kern bilden einige miteinander verwandte Kühe mit ihren Kälbern. Angeführt wird die Herde meist von der ältesten Kuh, denn sie kennt zum Beispiel die besten Stellen, um in der Trockenzeit nach Wasser zu graben; außerdem hat sie sich ein Leben lang alle Vor- und Nachteile der traditionellen Wanderwege im Streifgebiet eingeprägt. Auf eine Änderung der äußeren Umstände reagieren die Tiere flexibel: Bei Futterknappheit teilen sich die Herden in Kleingruppen auf, zu Beginn der Regenzeit schließen sich mehrere Familien zu großen Gruppen zusammen. Die Bullen leben teils allein, teils in Junggesellenherden und stoßen nur während der Paarungszeit zu den Weibchen.
Wussten Sie, dass …
das Gehirn eines Bullen bis zu 5,4 Kilogramm schwer wird?
die Stoßzähne der Elefanten über vier Meter lang werden können und das größte je erbeutete Stoßzahnpaar 225 Kilogramm wog?
Elefanten in Freiheit über 60, in Gefangenschaft sogar 80 Jahre alt werden können?
Die Pferdeverwandten: Langbeinige Steppenbewohner
Welche Gestalt hatten die Vorfahren der heutigen Pferde?
Die Ahnen unserer Pferde, die im Eozän, also vor rund 49 Millionen Jahren, lebten, waren lediglich so groß wie eine Katze oder ein Hund. Zu den bekanntesten zählen das Kleine und das Große Urpferdchen (Propalaeotherium parvulum bzw. Propalaeotherium hassaicum). Ihre Fossilien haben sich im Ölschiefer der Grube Messel in Hessen so gut erhalten, dass man nicht nur an ihren Zähnen, sondern unmittelbar am Mageninhalt erkennen konnte, wovon sie sich ernährt haben: von Laub und Früchten. Zu dieser Zeit hatten die Urpferdchen übrigens noch drei bis vier Zehen an jedem Fuß.
Bis zum Pleistozän hatten sich die frühen modernen Equiden über alle Kontinente außer Australien ausgebreitet. Die heute einzehige Gattung Equus tauchte in der Alten Welt vor 1,8 Millionen Jahren auf und verdrängte hier allmählich das dreizehige, ebenfalls schon Gras fressende Hipparion. In Nordamerika, lange das Zentrum der Equidenevolution, starben die Pferde vor etwa 10 000 Jahren aus und wurden dann erst von den Spaniern wieder eingeführt.
Schon zu Beginn des Paläozäns, vor etwa 60 Millionen Jahren, trennten sich die Entwicklungslinien der Unpaarhufer und der Paarhufer und wenige Jahrmillionen später spaltete sich der Ast der Pferdeartigen von den späteren Nashörnern und Tapiren ab.
Welche Huftiere gehören zu den Pferdeartigen?
Nicht nur die Wildpferde, wie man vielleicht aufgrund des Namens vermuten würde. In der Überfamilie Equoidea, wie die Pferdeartigen wissenschaftlich genannt werden, sind auch Berg-, Steppen- und Grevyzebra, Asiatischer und Afrikanischer Wildesel zu finden. Alle diese Arten sind in der Gattung Equus zusammengeschlossen. Sie sind die einzige Gruppe der Pferdeverwandten, die nach ihrer Blütezeit im Miozän – vor 23 bis 5 Millionen Jahren – überlebt hat. Zu stark waren damals die Konkurrenz der Paarhufer und die Einschränkung ihres Lebensraums. Da außerdem ihre Reproduktionsrate mit meist nur einem Jungen alle ein bis zwei Jahre sehr niedrig ist, konnten sie Verluste, zum z. B. durch Bejagung oder Krankheiten, nur schwer ausgleichen.
Gibt es heute noch Tarpane?
Zumindest nicht als reinrassige Tiere. Der Tarpan ist ein Wildpferd, das ursprünglich im Süden Russlands zu Hause war. Tatsächlich ist er eine Unterart des Urwildpferdes (Equus przewalskii) und heißt wissenschaftlich korrekt Steppentarpan (Equus przewalskii gmelini). Der letzte reinrassige Tarpan starb, von Menschen zu Tode gehetzt, am 25. 12. 1879. Da sich jedoch etliche Hengste in den Jahrzehnten zuvor, in Ermangelung eigener Stuten, mit Hauspferden gepaart hatten, fließt in osteuropäischen Hauspferderassen noch viel Tarpanblut und man hat aus ihnen wildpferdähnliche Tiere zurückgezüchtet. In der freien Wildbahn zogen die Tarpane offenbar in kleinen Herden umher, die aus einem erwachsenen Hengst sowie mehreren Stuten und Fohlen bestanden. Sobald sich bei dem männlichen Nachwuchs der Beginn der Geschlechtsreife abzuzeichnen begann, wurde er vom Hengst vertrieben und blieb allein, bis er stark genug war, selbst eine Herde zu gründen oder zu erobern. Der Leithengst bewachte und beschützte die anderen Tiere. Griff ein Wolfsrudel an, so richtete er sich als Erster auf und teilte mit den Vorderhufen Tritte aus; die anderen erwachsenen Tiere bildeten einen schützenden Kreis um die Fohlen.
Wann wurde das Wildpferd gezähmt?
Die Domestikation setzte vermutlich im dritten Jahrtausend v. Chr. in Südrussland, Mittelasien, Südsibirien und im Südwestiran ein. Von dort stammt auch die älteste Reiterdarstellung, eine 2800 v. Chr. entstandene Knochenritzzeichnung. Wahrscheinlich gehen alle unsere heutigen Hauspferderassen auf drei Unterarten des Urwildpferdes zurück: das Przewalskipferd (Equus przewalskii przewalskii), den Steppentarpan (Equus przewalskii gmelini) und den Waldtarpan (Equus przewalskii silvaticus). An der Entwicklung der Kaltblutpferde mag auch das bereits im Altertum ausgestorbene Westpferd (Equus przewalskii robustus) beteiligt gewesen sein.
Weshalb gibt man die Motorleistung in Pferdestärken (PS) an?
Weil Pferde vor der Erfindung des Automobils das Transportmittel schlechthin waren und man sich so einen Begriff von der Stärke der neuen Maschine machen konnte. Heute rechnet man offiziell mit Kilowatt (1 PS = 0,73549875 kW), die PS-Angabe ist als nichtgesetzliche Einheit indes nach wie vor verbreitet.
Hauspferde wurden auf ihre Nützlichkeit hin gezüchtet: Die Stärke und Schnelligkeit der Tiere standen dabei im Vordergrund. Leichte Rassen können 77 Prozent ihres Eigengewichtes ziehen, schwere etwa 68 Prozent. Rennpferde erreichen auf kurzen Strecken Spitzengeschwindigkeiten von über 60 Stundenkilometern.
Sind Pferde klug?
An dieser Frage scheiden sich die Geister. Wie bei anderen Haustieren auch, tendieren Menschen auch bei Pferden dazu, ihren Gefährten Charaktereigenschaften und geistige Fähigkeiten zuzuschreiben, die einer näheren Überprüfung meist nicht standhalten. Zwar haben Pferde ein hervorragendes Ortsgedächtnis und auch einen Sinn für soziale Rangordnungen, aber besonders klug sind sie nicht. Sie fallen zum Beispiel auf recht einfache Pferdeattrappen herein, die sie zur Begrüßung ausgiebig beschnuppern, und sie finden vor ihren Augen verstecktes Futter nicht wieder.
Um 1900 erregte der »kluge Hans« viel Aufsehen: Der angeblich rechenbegabte Rappenhengst schien Additionsaufgaben lösen zu können, indem er so oft mit dem Huf auf den Boden klopfte, wie die Lösung es erforderte. Das Tier reagierte aber »nur« auf feinste, unbewusste Signale seines Lehrers, womit es immerhin eine Form von emotionaler Intelligenz zeigte.
Warum hat das Zebra Streifen?
Das weiß man immer noch nicht ganz genau. Die Behauptung, die Zebrastreifen dienten der Tarnung im hohen Savannengras, wird durch das Verhalten der Tiere ad absurdum geführt: Sie verstecken sich nämlich nie vor ihren Feinden, sondern ziehen offen herum und suchen ihr Heil notfalls in der Flucht. Auch die Vorstellung, durch die Vielzahl sich bewegender Streifen in einer Herde lösten sich die Konturen des Einzeltieres optisch auf, so dass ein Löwe sich nicht so leicht auf ein einzelnes Opfer konzentrieren könne, ließ sich empirisch nicht erhärten. Die meisten Experten sind der Meinung, dass es um einen sehr viel kleineren Gegner geht: die Blut saugende Tsetsefliege. Dieser Krankheitsüberträger kann offenbar nur dunkle Flächen erkennen und nimmt ein Zebra daher nicht als potenziellen Blutspender wahr. Andere Biologen weisen aber darauf hin, dass diese Insekten im Lebensraum der Zebras recht selten sind, und vermuten, dass die Streifen eine soziale Funktion erfüllen: Ihr Anblick solle u. a. dazu anregen, sich gegenseitig zu beknabbern, wodurch das Fell von Parasiten gereinigt wird.
Lassen sich Zebras an ihren Streifen erkennen?
Ja, sogar in dreierlei Hinsicht. Erstens kann man sie daran auf Anhieb als Zebras identifizieren. Zweitens lassen sich die drei Arten – Steppenzebra (Equus quagga), Bergzebra (Equus zebra) und Grevyzebra (Equus grevyi) – u. a. anhand des Fellmusters auseinander halten: Grevyzebras haben sehr schmale Streifen, die sich dicht an dicht bis zu den Hufen hinunterziehen, einen weißen Bauch und einen schmalen weißen Bereich auf der Kruppe. Bei Bergzebras sind die Streifen etwas breiter, ihr Bauch ist ebenfalls weiß und auf der Kruppe tragen sie schmale Querstreifen (sog. Bratrostmuster). Bei den Steppenzebras erstrecken sich die Streifen auch auf den Bauch; sie sind recht breit und in den weißen Zwischenräumen können sich bräunliche Zwischenstreifen ausbilden. Drittens schließlich hat jedes Tier ein individuelles Design, so dass sich die Angehörigen einer Herde anhand dieses weithin sichtbaren »Fingerabdrucks« identifizieren können.
Maultier oder Maulesel – gibt es da Unterschiede?
Ja, die gibt es, und zwar in der Kombination der Elterntiere. Den Nachwuchs von Pferdehengsten und Eselstuten nennt man Maulesel, denjenigen von Pferdestuten und Eselhengsten Maultiere. Beide Mischlinge sind im Allgemeinen jedoch unfruchtbar. Es sind nur ganz wenige Fälle verbürgt, in denen Maultierstuten Fohlen zur Welt brachten.
Maulesel sind relativ klein und werden heute nur noch auf Sizilien, in Spanien und Nordafrika als Lasttiere eingesetzt. Maultiere können hingegen bei guter Fütterung sogar ihren Müttern über den Kopf wachsen. Sie lassen sich gut reiten, sind ruhiger als Pferde und scheuen auch vor Feuer nicht zurück, weshalb viele Feuerwehren früher Maultiere vor ihre Löschwagen spannten. Sie sind nicht nur hinsichtlich des Futters anspruchsloser als Pferde, sondern werden darüber hinaus selbst bei großer Hitze oder Kälte nicht so leicht krank.
Welche Eselarten sind vom Aussterben bedroht?
Zu nennen ist vor allem der Afrikanische Wildesel (Equus asinus africanus), von dem alle Hausesel abstammen. Von seinen drei Unterarten ist der Nordafrikanische Wildesel (Equus asinus atlanticus) bereits ausgerottet, Nubische Wildesel (Equus asinus africanus) gibt es nur noch in Zoos und vom Somali-Wildesel (Equus asinus somalicus) haben sich in Somalia, Eritrea, Äthiopien und dem Sudan nur kleine Restbestände gehalten. Ebenfalls bedroht sind die Bestände der Unterarten des Asiatischen Halbesels (Equus hemionus). Der Hauptgrund für das allmähliche Verschwinden von Onager (Equus hemionus onager), Kiang (Equus hemionus kiang) und Kulan (Equus hemionus kulan) ist darin zu suchen, dass Menschen und Haustiere ihnen ihre Trinkstellen streitig machen.
Übrigens: Nur an Tränken hat man gute Chancen, Halbesel zu fangen oder zu erlegen, denn die Tiere halten auf der Flucht über längere Zeit ein Tempo von 40 bis 50 Stundenkilometern durch, so dass sie auch auf einem schnellen Pferd kaum einzuholen sind.
Weshalb hielten die Menschen früher Esel und keine Pferde?
Weil Esel genügsamer sind als ihre edlen Verwandten. Man nutzte einst Esel als Reit- und Zugtiere, als Lastenschlepper und zum Dreschen. Sie begnügen sich mit Gras und Heu, brauchen also kein teures Kraftfutter, sind widerstandsfähig gegen Krankheiten und werden auch bei harter Arbeit recht alt – oft über 40 Jahre. Darüber hinaus schätzt man in manchen Gegenden ihr Fleisch, ihre gesunde Milch und das gute Pergament, das sich aus ihrer Haut gerben lässt.
Wo sind Bergzebras zu Hause?
Ausschließlich in zwei grasreichen Gebirgsregionen Südwestafrikas. Die beiden Unterarten des Bergzebras (Equus zebra) – das Kap-Bergzebra (Equus zebra zebra) und das Hartmann-Bergzebra (Equuus zebra hartmannae) – sind mit einer Länge von etwa 2,15 Metern und einer Schulterhöhe von rund 1,50 Metern die kleinsten Zebras; von den bekannteren Steppenzebras (Equus quagga) unterscheiden sie sich außerdem durch den weißen Bauch, das Muster aus schmalen Querstreifen auf der Kruppe, den zierlicheren Kopf und einen Hautlappen an der Kehle, den man sonst eher von bestimmten Rinderarten kennt.
Beide Unterarten sind stark gefährdet: Das Kap-Bergzebra war um 1913 nahezu ausgerottet. Aus den 27 Tieren, die man in einem Nationalpark ansiedelte, sind bis 1995 wieder etwa 700 geworden. Der Bestand des Hartmann-Bergzebras bewegt sich bei rund 8000 Tieren.
Welche Gangarten beherrschen Pferde im Allgemeinen?
Pferde beherrschen in der Regel mindestens die drei Grundgangarten, nämlich Schritt, Trab und Galopp.
Die schnellste Grundgangart ist der Galopp. Dabei setzen Hinterbeine und Vorderbeine im Wechsel auf und das Pferd bewegt sich in Sprüngen fort. So können Geschwindigkeiten zwischen 25 und 35 Stundenkilometern erreicht werden, gut trainierte Rennpferde bringen es kurzzeitig sogar auf Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 90 Kilometern pro Stunde. In freier Wildbahn lebende Tiere – kleine Herden, die durch Steppen und Wüsten ziehen – sind auf diese schnellste Gangart dringend angewiesen, um sofort die Flucht ergreifen zu können, wenn sie Feinde – Wölfe, Löwen und Menschen – sehen, hören oder wittern.
Beim federnden Trab setzen jeweils die diagonalen Beinpaare gleichzeitig auf dem Boden auf. Trabende Pferde sind etwa 15 Stundenkilometer schnell. Die langsamste Gangart ist der Schritt, bei dem das Pferd die Beine einer Seite nacheinander anhebt.
Übrigens: Die Islandponys beherrschen von Natur aus – neben den drei erwähnten Grundgangarten – noch den Passgang (gleichzeitiges Aufsetzen von Vorder- und Hinterbein derselben Seite, wie man es auch von Kamelen kennt) und den mittelschnellen Tölt (abwechselndes Aufsetzen aller vier Beine).
Weshalb kann man Pferde als Fluchttiere bezeichnen?
Weil ihr Körperbau und ihre Sinnesleistungen sie als solche ausweisen. So sind die Beine mit ihren starken Knochen und der kräftigen Muskulatur bestens zum schnellen und ausdauernden Laufen ausgelegt. Der Fuß ist durch die Vergrößerung von Mittelfuß- und Zehenknochen verlängert, wobei nur die Spitze der Mittelzehe den Boden berührt. Das Endglied dieser Zehe ist von einem schützenden Hornschuh umkleidet, dem Huf. Die Hornschicht nutzt sich beim Laufen zwar ab, wächst aber ständig nach.
Dank der seitlich am Kopf sitzenden Augen haben Pferde ihre Umgebung ständig im Blick. Zwar sind ihr räumliches Sehvermögen und die Wahrnehmung von unbeweglichen Gegenständen nur schwach ausgeprägt, dafür können sie auch kleinste Bewegungen selbst in großer Entfernung ausmachen. Unterstützt werden die Augen durch Nase und Ohren: Die beweglichen Ohrmuscheln können nach allen Seiten ausgerichtet werden, um möglichst viele Geräusche einzufangen, und die durch die großen Nüstern aufgenommenen Duftstoffe liefern wertvolle Informationen über die Umgebung. In der freien Wildbahn ermöglichten diese Fähigkeiten den Pferden, Raubfeinde frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig die Flucht anzutreten.
Wussten Sie, dass …
Napoleon die Alpen nicht etwa auf einem Arabischen Vollblut, sondern auf einem Maultier überquerte?
der Hausesel bereits um 4000 v. Chr. im Niltal aus dem Nubischen Wildesel gezüchtet wurde? In der Bronzezeit kam er – wahrscheinlich mit den Etruskern – nach Europa.
man Wildpferde u. a. an ihren schwarzen Beinen, ihrer aufrecht stehenden Mähne, dem schwarzen Aalstrich und dem schwarzen Schweif erkennen kann?
Gibt es heute noch Urwildpferde?
Ja. Es handelt sich um Przewalskipferde (sprich: Preschewalskipferde) oder wissenschaftlich Equus przewalskii genannt, genauer um eine ihrer Unterarten: das Östliche Steppenwildpferd oder Mongolische Wildpferd. Die gedrungenen, bis 2,80 Meter langen Tiere haben eine Schulterhöhe von nur 1,20 bis 1,45 Metern und erinnern in ihrer Gestalt an Ponys. Entdeckt hatte der russische General und Asienforscher Nikolaj Michajlowitsch Prschewalskij diese urtümlichen Steppenbewohner, als er in den 1870er Jahren mehrere Entdeckungsreisen nach Zentralasien unternahm. Der Tierhändler Carl Hagenbeck ließ dort 1901 zwei Fohlen einfangen und in seinen Tiergarten nach Halle bringen. Leider sind die meisten Nachfahren dieser fruchtbaren Stammeltern nicht reinrassig, da man immer wieder Hauspferde eingekreuzt hat. Um 1970 starb die letzte in Freiheit lebende Herde aus. Heute gibt es dank aufwendiger Rückzüchtungsprogramme wieder etwa 100 reinblütige Przewalskipferde.
Wie unterscheiden sich Kaltblut-, Vollblut- und Halbblutpferde?
Kaltblüter, Voll- und Halbblutpferde unterscheiden sich in Körperbau und Temperament.
Kaltblüter sind grobknochig und groß, haben ein dichtes, grobes Fell und ein ruhiges Wesen. Seit die schwere Landarbeit, auf die sie speziell hingezüchtet wurden, von Maschinen erledigt wird, sind viele ihrer Rassen selten geworden. Nichtsdestoweniger sind sie in manchen Großstädten gelegentlich noch anzutreffen, z. B. die sanftmütigen Belgier, die als Brauereipferde ihren Dienst tun.
Vollblutpferde sind temperamentvolle und leichte Tiere mit Araberblut, die für Pferderennen geeignet sind. Das Araberpferd ist vermutlich im Iran und in Kleinasien aus dem Tarpan hervorgegangen, gelangte später nach Arabien und im Rahmen der Kreuzzüge nach Europa. Durch Kreuzung von orientalischem Blut und ruhigeren westlichen Pferderassen hat man Allzweckpferde erzeugt, die als Halbblüter bezeichnet werden; in Deutschland sind dies zum Beispiel Trakehner, Hannoveraner und Holsteiner.
Wussten Sie, dass …
man schon im Altertum Pferde und Esel gekreuzt hat, um die Vorteile beider Arten zu kombinieren, also z. B. starke und zugleich anspruchslose Arbeitstiere zu züchten?
das Arabische Vollblut schon von alters her ein Symbol für Reichtum und Macht ist? Die Tiere wurden von Beduinen gezüchtet.
Wussten Sie, dass …
sich die Demokratische Partei in den USA den Esel zu ihrem Symbol erkor?
besonders wertvolle Exemplare des Arabischen Vollbluts für 100 000 Euro und mehr gehandelt werden?
Sind Esel störrisch?
Ja. Esel sind äußerst eigenwillig und zugleich nicht dumm, so dass man ihrer manchmal nur mithilfe von Tricks Herr werden kann. So pflegte angeblich der Packesel des griechischen Philosophen Thales, der schwere Salzsäcke tragen musste, beim Durchqueren eines Flusses »versehentlich« hinzufallen, damit sich ein Teil des Salzes auflöste. Thales gewöhnte ihm diese Unsitte ab, indem er die Säcke einmal mit Wolle füllte, die sich nach der nächsten Stolperaktion des Esels mit Wasser vollsog und die Last vergrößerte.
Schweine: Anpassungsfähige Paarhufer
Was machen Wildschweine in der »Rauschzeit«?
Sie paaren sich. In der Rauschzeit, wie die Paarungszeit der Wildschweine fachgerecht genannt wird, liefern sich die Keiler heftige und lautstarke Kämpfe, bei denen sie einander mit den Hauern die Schulter aufzureißen versuchen. Dass es dabei nicht öfter zu tödlichen Verletzungen kommt, verhindern Schilde aus einer mehrere Zentimeter dicken Bindegewebsplatte und dichte Haare, die sich vor der Brunst auf beiden Seiten des Rumpfes ausbilden.
Etwa vier Monate nach der Rauschzeit (bei uns von September bis Februar und dann wieder von April bis Juli) kommen vier bis zwölf lebhafte Junge zur Welt; stirbt der erste Wurf, weil er zu früh geboren wurde, so kann die Bache im selben Jahr noch einmal werfen. Daher sieht man in den Wildparks gelegentlich auch in der zweiten Jahreshälfte Frischlinge. Sobald die Kleinen stark genug sind, schließt sich die Mutter mit ihnen wieder der Rotte an, in der bis zu 20 Weibchen mit ihren Jungtieren zusammenleben. Die großen Keiler sind in der freien Natur außerhalb der Paarungszeit Einzelgänger.
Übrigens: Der Urahn unserer Hausschweine, das Eurasische Wildschwein (Sus scrofa), lebt in den Wäldern und Feuchtgebieten der gemäßigten und tropischen Zonen Europas, Asiens und Nordafrikas. Da viele Wildgehege an Menschen gewöhnte Wildschweine halten, die man in Ruhe bei ihrem Treiben beobachten kann, ist eine Beschreibung der in unseren Breiten bis zu 200 Kilogramm schweren Tiere und ihrer markant ockergelb und graubraun gestreiften Frischlinge kaum nötig. Wildschweine werden mit neun bis 18 Monaten geschlechtsreif und erreichen ein mittleres Alter von nur zwei Jahren, da die Sterblichkeit vor allem im ersten Jahr sehr hoch ist.
Fressen Wildschweine alles?
Ja, zumindest, wenn es natürlichen Ursprungs ist. Die Allesfresser vertilgen Eicheln, Bucheckern, Pilze, Adlerfarn und Wegerich – und leider auch Saat und Feldfrüchte. Selbst allerlei fleischliche Kost wie etwa Maulwürfe, Schnecken, Insektenlarven, Aas und Mäuse verschmähen sie nicht. Manche Wildschweine entwickeln beim Mäusefang sogar ein erstaunliches Geschick.
Wann ist ein Schwein ein »Überläufer«?
Unter einem »Überläufer« verstehen Fachleute ein etwa einjähriges Wildschwein, dessen Frischlingsstreifen kaum noch zu erkennen sind. Wenn Jäger oder Förster über das »Schwarzwild«, also Wildschweine, sprechen, verwenden sie ein ganz eigenes Vokabular, das zum Teil auch in die Alltagssprache Eingang gefunden hat. So weiß fast jeder, dass die Eber beim Wildschwein Keiler, die Säue Bachen und die Ferkel Frischlinge heißen. Das Blut, das ein angeschossenes Wildschwein vergießt und anhand dessen der Jäger oder sein Hund das Tier wieder aufspüren, nennt man »Schweiß«. Und die aus dem Maul ragenden Unterkiefereckzähne sind die »Gewehre«, die kleineren oberen Eckzähne die »Haderer«; beide werden auch als »Hauer« bezeichnet. Nicht nur Wild-, sondern auch Hausschweine wälzen sich zur Hautpflege gerne in der »Suhle«, einem Tümpel oder einer morastigen Stelle.
Wie wachsen die Zähne des Hirschebers?
Die krummdolchartigen oberen Eckzähne beim Männchen der Schweinart Babyrousa babyrussa wachsen durch die Schnauze nach oben, durchstoßen etwa auf halber Strecke zwischen Nasenspitze und Augen die Nasenhaut und krümmen sich dann nach hinten. Diese Zähne werden bis zu 30 Zentimeter lang und sind nur locker im Kieferknochen verankert. Auch die unteren Eckzähne werden sehr mächtig und wachsen schräg nach hinten aus dem Maul heraus. Diese geweihartigen Gebilde haben dem Tier den Namen Hirscheber eingetragen.
Übrigens: Das Fleisch der bis zu 100 Kilogramm schweren und etwa einen Meter langen Tiere gilt als Delikatesse. Wilderei und Lebensraumverlust haben diese bizarren Regenwaldbewohner, die in kleinen Gruppen umherziehen, gut schwimmen können und selbst Meeresarme überqueren, an den Rand des Aussterbens gebracht.
Hat das Pustelschwein Pickel im Gesicht?
Ja, deshalb heißt es auch Pustelschwein (Sus verrucosus). Das Schwein, das in elf Unterarten unter anderem auf Java, Bawean und Madura vorkommt, trägt auf jeder Kopfseite drei markante Warzen: eine vor, eine unter dem Auge und eine am Unterkiefer. Diese kann bei alten Keilern so groß werden, dass sie als schlaffe Blase am Kiefer schlackert. Das Haar der stark vom Aussterben bedrohten Tiere ist rötlich oder gelblich mit schwarzen Spitzen, der Kopf lang gestreckt. Da Pustelschweine selten in Zoos gehalten oder in freier Wildbahn untersucht wurden, weiß man über ihre Lebensgewohnheiten nur wenig.
Seit wann werden Schweine gezüchtet?
Die gezielte Schweinerassenzucht setzte in der Mitte des 18. Jahrhunderts zunächst in England ein, als man im Rahmen der Industrialisierung und Verstädterung von der Selbstversorgung allmählich zum Handel mit Schweinen und Schweinefleisch überging. Zu diesem Zweck benötigte man frühreife, fettreiche und transportfähige Tiere. 1874 wurden im Deutschen Reich Marschschweine (Jütländisches Schwein, Holsteinisches Schwein, Westfälisches Schwein), Landschweine (Bayerisches Schwein, Württembergisches Schwein, Mährisches Schwein), gekreuzte Hausschweine (Düsselthaler Schlag, Hundisburger Schwein, Glan-Schwein etc.) und englische Rassen (Large White, Middle White, Small White) gehalten.
Im 20. Jahrhundert rückte die Umzüchtung zum reinen Fleischschwein in den Vordergrund und viele alte Rassen verschwanden. 1968 waren bereits 95 Prozent aller eingetragenen Tiere sog. Veredelte Deutsche Landschweine. Zwar wurden in den 1980er Jahren etliche alte Rassen wiederentdeckt – unter anderem, weil sie gegen manche Schweinekrankheiten resistent sind und einen wichtigen Genpool zur Überwindung von Überzüchtungseffekten darstellen –, aber viele regionale, an die unterschiedlichen Klimata und Futterbedingungen angepasste Züchtungen wie das Lincolnshire Curly Coat (ein robustes Tier mit dichter, krauser Wolle) sind unwiederbringlich verloren. 1995 gehörten in Westdeutschland knapp 59 Prozent aller Tiere im Herdbuchbestand der deutschen Landrasse an; mit knapp 27 Prozent an zweiter Stelle lag das stressanfällige, oft kreislauf- und fertilitätsgestörte, aber fettarme Piétrain-Schwein, das in kürzester Zeit möglichst viel Muskelfleisch ansetzt.
Schützt die Fleischbeschau vor Krankheiten?
Ja, auf jeden Fall, denn viele Säugetiere, darunter auch der Mensch, die Ratte und das Schwein, können an Trichinose erkranken, einer von Schweinen übertragenen Krankheit. Verursacher der schwer zu behandelnden Erkrankung, die sich durch Darmbeschwerden, Fieberschübe, Ödeme und Muskelschmerzen bemerkbar macht und bei Herz- oder Lungenkomplikationen zum Tode führen kann, ist der parasitische Fadenwurm Trichinella spiralis.
Wie sichern Warzenschweine ihre Erdhöhle?
Sie verschließen sie mit ihrem Kopf! Anders als die meisten Schweine sind Warzenschweine ausschließlich tagaktiv. Die kleinen Verbände aus einem oder zwei Weibchen mit ihren Jungen, denen sich tagsüber manchmal ein Keiler anschließt, ziehen sich in der Abenddämmerung in Erdhöhlen zurück, die sie – trotz ihrer guten Grabfertigkeit – nicht selber anlegen, sondern von den ungefähr gleich großen Erdferkeln (Orycteropus afer) übernehmen. Die Kleinen kriechen mit dem Kopf voran in die Erdhöhle hinein und wenden im Inneren, die Erwachsenen schieben sich rückwärts in den Bau. Das letzte Tier versperrt schließlich mit seinem massigen Kopf den Höhleneingang.
Woher hat das Nabelschwein seinen Namen?
Von einer Rückendrüse, die, wenn die Tiere sie nicht gebrauchen, zwischen den Haaren versteckt und in die Haut eingesenkt ist; sie sieht dann einem Nabel ähnlich. Nabelschweine, die auch Pekaris genannt werden, können das Fell so abspreizen, dass die Drüse freigelegt wird und sie den weißen, milch- bis wachsartigen Inhalt auf Bäume und Grasbüschel versprühen können. Sie reiben sich aber auch an Gegenständen und verteilen das Sekret bei der gegenseitigen Körperpflege auf ihrem Fell, was offenbar die Bindung zwischen den Rottenmitgliedern stärkt.
Wie schleifen Pekaris ihre messerscharfen Hauer?
Indem sie die Hauer aneinander reiben. Dass dieser Vorgang funktioniert, liegt in der Anatomie des Gebisses begründet. Das Gebiss von Pekaris erinnert nämlich eher an dasjenige von Raubtieren, denn die oberen Eckzähne sind nicht wie Hauer nach oben gerichtet, sondern wie Reißzähne nach unten und ragen auch nicht aus dem Maul heraus. Ihre Vorderseite reibt sich beim Zubeißen an der Rückseite der ebenfalls gut entwickelten unteren Eckzähne, so dass sie einander ständig schleifen und dadurch geschärft werden.
Diese gefährlichen Waffen setzen die Allesfresser nicht zur Ernährung ein, sondern zur Verteidigung: Mutig stellen sie sich ihren Verfolgern – Kojoten, Pumas, Jaguaren, aber auch Menschen und Hunden – entgegen und drohen zunächst, indem sie die Ohren anlegen, das Maul aufreißen, laut mit den Zähnen klappern oder die Kiefer hart aufeinander schlagen lassen. Sie sollen sogar vereinzelt berittene Jäger umstellt haben und an den Pferden hochgesprungen sein, um ihre schmerzhaften Bisse an den Mann zu bringen. Nutzen alle Drohgebärden nichts, können Pekaris auch ganz schnell die Flucht ergreifen.
Wozu dienen die Ohren des Pinselohrschweins?
Sie versuchen damit, ihren Rivalen zu imponieren. Die langen, spitzen Ohren des Kamerun-Pinselohrschweines (Potamochoerus porcus pictus), das in den Sumpfwäldern am Unterlauf des Niger zu Hause ist, tragen pinselartige Haarbüschel an den Enden und werden als Ausdrucksmittel eingesetzt. So imponieren die Männchen ihren Artgenossen, indem sie sich seitlich stellen, einen Buckel machen, der den weißen Aalstrich zur Geltung bringt, und den Kopf mit waagerecht ausgestreckten Ohren zur Seite drehen.
Was bedeutet »Perlen vor die Säue werfen«?
Etwas Wertvolles für jemanden zu tun, der es nicht zu würdigen weiß. Dass solche beliebten Haustiere wie die Schweine auch in der Sprache ihre Spuren hinterlassen haben, versteht sich fast von selbst. So hatte »Schwein« im Sinne von Glück sicherlich schon jeder einmal – aber warum Schwein? Die Wendung bezieht sich wahrscheinlich auf eine mittelalterliche Sitte: Bei Wettkämpfen erhielt der Schlechteste als Trostpreis ein Schwein. Wer also das Schwein bekam, erhielt einen Preis, für den er eigentlich nichts geleistet hatte.
Wenig gebührlich benimmt sich, wer rast wie eine gesengte Sau, die wilde Sau spielt, die Sau rauslässt oder jemanden zur Sau macht. Wer eine Sau durchs Dorf treibt, also mit Nachrichten Aufmerksamkeit zu erregen versucht, darf ebenfalls nicht auf das Verständnis seiner Mitmenschen hoffen. Und nicht zuletzt ist »Schwein« ein verbreitetes Schimpfwort.
Wussten Sie, dass …
Bartschweine oft von Straußwachteln (Rollulus roulroul) begleitet werden? Die kleinen Wachteln picken die von den wühlenden Bartschweinen ausgegrabenen und aufgescheuchten Würmer auf und lesen Zecken von ihrer Haut ab. Sobald die aufmerksamen Vögel Warnrufe ausstoßen, ergreifen die Schweine die Flucht.
Zwergwildschweine (Sus salvanius) mit einer Länge von 66 Zentimetern gerade einmal die Maße eines gut genährten Feldhasen haben? Das Riesenwaldschwein (Hylochoerus meinertzhageni) dagegen erreicht eine Körperlänge von über zwei Metern und ein Gewicht von 275 Kilogramm.
Wie findet die Sau den Trüffel?
Mit ihrer hochempfindlichen Nase! Trüffel verströmen nämlich den Sexuallockstoff Androsterol, so dass die Sau glaubt, einem jungen Eber auf der Spur zu sein. Drei Wochen dauert die Ausbildung eines Ferkels zum Trüffelschwein; es lernt, bei Fuß zu gehen und nur dem Trüffelduft zu folgen. Problematisch ist der Moment, in dem man dem Tier seinen Fund abnehmen muss: Anders als ein Trüffelhund verspeist das Schwein die Knollen gerne selbst, obwohl sie schwer verdaulich sind. Vermutlich gehört dies zur Fortpflanzungsstrategie der Pilze: Wildschweine fressen die reifen Fruchtkörper und scheiden die Sporen an anderer Stelle unverdaut wieder aus, so dass dort ein neues Trüffelpilzmyzel entstehen kann. Trüffelpilze haben bis zu 15 Zentimeter große, kartoffelartige Fruchtkörper, die etwa 30 Zentimeter unter der Erde wachsen – oft in der Nähe von Eichen und Pappeln, mit denen sie in Symbiose leben. Um an die wertvollen Delikatessen zu gelangen, für die Feinschmecker teils über 1000 Euro pro Kilogramm bezahlen, werden oft auch trainierte Hunde eingesetzt. In Frankreich hingegen baut man traditionell auf weibliche Hausschweine.
Wussten Sie, dass …
in Asien bereits vor 11 000 bis 8000 Jahren, in Mitteleuropa seit etwa 6000 Jahren Schweine domestiziert wurden? Eine regelrechte Züchtung spezieller Rassen setzte aber erst ein, als man die Schweineherden nicht mehr regelmäßig über die Äcker und in den Wald trieb, sondern die Tiere in Koben hielt.
Schweine als Glücks-, Fruchtbarkeits- und Wohlstandssymbole schon im Altertum geschätzt wurden? Den Germanen war der Eber heilig, die Griechen opferten ihrer Ackerbaugöttin Demeter Schweine.
Kamele: Anspruchslose Wüstenschiffe
Warum heißt das Kamel auch Wüstenschiff?
Weil es beim Laufen von einer Seite zur andern schaukelt, denn Kamele sind Passgänger: Sie schreiten abwechselnd mit beiden linken und beiden rechten Beinen voran. Dieses gemächliche Schaukeln erlebt ein Reiter, der auf einem solchen Tier das Sandmeer durchquert, wie Seegang auf einem Schiff.
Ohne das Kamel als Transportmittel wären viele Regionen in Arabien, Indien, Nordafrika und China für Menschen unbewohnbar geblieben. Wichtige Handelsrouten wie die Seidenstraße wären nie entstanden. Noch heute liegen die Oasen der Seidenstraße höchstens 45 Kilometer auseinander: je einen Tagesmarsch für Kamelkarawanen. Zur Not kann ein voll beladenes Last- oder Reitkamel auch bis zu drei Tagesmärsche zurücklegen, ohne zu trinken. Obwohl heute auch in den Wüsten und Savannen motorisierte Verkehrsmittel die meisten Kamelkarawanen abgelöst haben, sind die genügsamen Tiere gerade für die nomadischen Völker immer noch unentbehrlich: Sie fressen selbst dürrstes Gestrüpp, geben wertvolle Milch, liefern Wolle, Leder, genießbares Fleisch und das wichtigste Brennmaterial holzarmer Lebensräume: Mist.
Weshalb sinken Kamele im Sand nicht ein?
Weil ihre Füße mit dicken Schwielen gepolstert sind und sie außerdem nur mit den weit gespreizten letzten und vorletzten Zehengliedern auftreten. Deshalb können die sog. Schwielensohler (Unterordnung Tylopoda) auch auf Sand und Geröll sicher ausschreiten, ohne einzusinken oder abzurutschen.
Übrigens: Die Familie der Kamele (Camelidae) zeichnet sich außerdem durch die Fähigkeit zum Wiederkäuen aus, die sich bei ihnen unabhängig von den Hirschen und Rindern herausgebildet hat.
Wie schnell rennen Kamele?
Bei den traditionellen Kamelrennen der Beduinen fegen die Stars mitunter mit bis zu 40 Kilometern pro Stunde über die Piste. Seit Jahrhunderten veranstalteten die Beduinen Kamelrennen. Heute sind solche farbenfrohen Veranstaltungen vor allem in den Vereinigten Emiraten einem Hightech-Leistungssport mit Forschungszentren und Zuchtstationen gewichen. Die Jockeys bringen ihre leichten, sehnigen und hochbeinigen Reittiere auf Tempo, indem sie ihnen mit einem dünnen Bambusstab auf die Schultern tippen; auch »Yalla!«-Rufe (»Lauf!«), Schnalzlaute und das Ziehen am Führstrick zeigen den Kamelen, was von ihnen erwartet wird.
Neben einem guten Stammbaum, hartem Training und aufwendiger medizinischer Betreuung erhöht auch die richtige Kost die Chancen auf Platz und Sieg: Ein Kraftfutter aus Getreide, Eiern, Datteln und Honig soll die Geschwindigkeit während der Rennsaison von Oktober bis April sichern. Mittlerweile werden sogar in Deutschland Kamelrennen veranstaltet.
Wie unterscheiden sich Dromedar und Trampeltier?
Es gibt mehrere Merkmale, an denen die beiden Großkamele spielend leicht auseinander zu halten sind: Dromedare oder Einhöckrige Kamele (Camelus dromedarius) haben einen Höcker, Trampeltiere oder Zweihöckrige Kamele (Camelus bactrianus) haben zwei. Darüber hinaus haben Dromedare ein kürzeres Fell, dessen Farbe zwischen Weiß und Braun variieren kann. Trampeltiere sind einheitlich braun gefärbt und tragen im Winter ein langes Zottelfell, das im Frühjahr in großen Fetzen ausfällt und durch ein kurzes Sommerhaarkleid ersetzt wird.
Gibt es auch in Amerika Kamele?
Ja. In den südamerikanischen Anden sind zwei Wildkamele heimisch: das Guanako (Lama guanicoë) und das Vikunja (Vicugna vicugna). Das Guanako wird 60 bis 75 Kilogramm schwer und erreicht eine Schulterhöhe von etwa 1,15 Metern. Es lebt in Peru, Chile, Argentinien und Patagonien, und zwar vom Flachland bis in 4250 Meter Höhe – Hauptsache, der Lebensraum ist trocken, denn Guanakos vertragen zwar Kälte und Hitze, aber keine Feuchtigkeit. Seit der Ankunft der Spanier im 16. Jahrhundert ist die früher sehr weit verbreitete Art immer weiter in das Andenhochland zurückgedrängt worden. Man schätzt, dass es heute noch etwa 875 000 Guanakos gibt. Guanakos sind sehr neugierig, was ihnen bei der Begegnung mit Jägern oft zum Verhängnis wird. Während sie in Chile und Peru unter Schutz stehen, werden in Argentinien immer noch alljährlich Tausende von ihnen erlegt, um die Häute zu verkaufen.
Das Vikunja ist mit einer Schulterhöhe von unter einem Meter und einem Höchstgewicht von 55 Kilogramm deutlich zarter gebaut. Am Hals und an der Vorderbrust tragen die ansonsten zimtbraunen Tiere eine 20 bis 35 Zentimeter lange weiße Mähne. Der Kopf ist kürzer, die Ohren sind länger als beim Guanako. Anders als die Altweltkamele müssen Vinkunjas jeden Tag trinken; daher findet man sie meist in der Nähe von Wasserstellen. Vikunjas leben zwischen 3800 und 5500 Metern Höhe.
Übrigens: Lama und Alpaka sind keine Wildkamele, sondern domestizierte Formen von Guanako und Vikunja. Die genauen Verwandtschaftsverhältnisse sind bislang noch unklar.
Weshalb brauchen Kamele so wenig Wasser?
Weil sie gut wärmeisoliert sind. Oft heißt es, dies liege an der chemischen Umwandlung der Fettreserven ihrer Höcker in Wasser. Tatsächlich werden bei der Verbrennung von 100 Gramm Fett 107 Gramm Wasser frei, so dass die Höcker einem Wasservorrat von über 40 Litern entsprechen. Allerdings wird für diese Stoffwechselreaktion viel Sauerstoff benötigt und durch die Atmung verlieren die Kamele mehr Feuchtigkeit, als sie durch den Fettabbau gewinnen.
Bei Kamelen steigt die Körpertemperatur an einem heißen Tag bis auf 40 °C; d. h., dass die Tiere viel weniger schwitzen als wir Menschen. Nachts kühlt sich der Körper bis auf 34 °C ab; deshalb dauert es am Vormittag trotz starker Sonneneinstrahlung mehrere Stunden, bis dem Kamel so warm wird, dass die Transpiration einsetzt. Auch der sehr dicke Haarfilz auf dem Rücken und die isolierende Wirkung des Höckerfetts reduzieren die Aufheizung in der Sonne. Diese Anpassungen zur Schweißreduktion und der sehr geringe Wassergehalt des Urins sind es wohl, die Kamele zu den genügsamsten aller Wüstenbewohner machen.
Wussten Sie, dass …
Kamele als einzige Säugetiere ovale statt kreisrunde rote Blutkörperchen haben? Und zwar pro Volumeneinheit gut viermal so viele wie wir Menschen; deshalb können sie wohl auch im Hochgebirge und in trockenen Wüsten überleben, ohne dass ihnen die Puste ausgeht oder sie durch häufiges Atemholen zu viel Feuchtigkeit verlieren.
man Dromedar und Trampeltier kreuzt? Wie bei Maultieren wachsen die kräftigen Kinder oft beiden Eltern über den Kopf, doch sind die Mischlingshengste unfruchtbar.
Hirsche: Mit beeindruckenden Waffen
Was sind Echte Hirsche und wer gehört dazu?
Eine Unterfamilie der Hirsche, zu der unter anderem der europäische Rothirsch (Cervus elaphus) zählt. Er hat rund 20 Unterarten, beispielsweise den in Kleinasien, Persien und im Kaukasus heimischen Maral- oder Altai-Wapiti (Cervus elaphus sibiricus) oder die nordamerikanischen Wapitis (Cervus elaphus canadensis). Letztere wanderten von Asien nach Nordamerika ein, als während der letzten Eiszeit zwischen den beiden Kontinenten eine Landbrücke bestand (anstelle der heutigen Beringstraße). Unter den zahlreichen Vertretern findet sich eine Zwergform (Cervus elaphus nannodes), aber auch wahre Riesen wie der Altai-Wapiti, der den europäischen Rothirsch an Größe noch übertrifft.
Übrigens: In Deutschland gibt es etwa 100 000 Rothirsche, deren männliche Exemplare eine Gesamtlänge von 2,30 m und ein Gewicht von bis zu 300 kg erreichen können. Sikahirsche (Cervus nippon) gehören zu den Neubürgern in unserem Wald: Ursprünglich aus Japan und China stammend, wurden sie eingeführt, um in Wildgattern gehalten zu werden. Die heute frei lebenden Tiere stammen von Tieren ab, die im 19. und 20. Jahrhundert als Jagdwild freigelassen wurden, aber ihrem zugedachten Schicksal entkamen. Neben ihrer weitaus geringeren Körpergröße unterscheiden sich sowohl Sikahirsche als auch die bekannteren Damhirsche durch ihre Fellzeichnung vom Rotwild: Während bei den Rothirschen nur die Kälber ein weiß getupftes Fell tragen, bleibt die weiße Zeichnung bei Sika oder Damwild auch im Erwachsenenalter erhalten.
Wie heißt beim Elch die Oberlippe?
Muffel. Der Riese unter den Hirschen benutzt seine stark überhängende, sehr bewegliche Oberlippe zum Fressen. Seine Lieblingsnahrung sind Laubgehölze, deren Zweige, Blätter und Triebe er mit der Muffel abrupft. Zum Tauchen kann er sogar seine Nasenlöcher schließen und in einigen Metern Tiefe unter Wasser Pflanzen abweiden. Er ist außerdem ein sehr guter Schwimmer und durchquert sogar größere Ströme. Bei der Elchbrunft geht es etwas ruhiger zu als bei anderen Hirscharten, denn die brünftigen Bullen begnügen sich mit einem Weibchen.
Übrigens: Der Elch (Alces alces) unterscheidet sich durch sein Äußeres stark von den übrigen Hirscharten: Auffällig sind sein schaufelartiges, bis zu 2,50 m ausladendes Geweih, seine langen Beine, sein kurzer Hals und sein schmaler, aber gleichzeitig sehr langer und massig gebauter Kopf. Am größten wird der in Alaska und Kanada verbreitete Alaska-Elch (Alces alces gigas), der es auf ein Körpergewicht von 800 kg bringen kann.
Gehört das Reh auch zu den Hirschen?
Ja, das Reh (Capreolus capreolus) ist die kleinste und häufigste Hirschart in Mitteleuropa. In Deutschland wird der Gesamtbestand auf etwa zwei Millionen Tiere geschätzt. Rehe gehören zu den Trughirschen oder Neuwelthirschen (Odocoileinae), ihre nächsten Verwandten sind die amerikanischen Weißwedel- (Odocoileus virginianus) und Maultierhirsche (Odocoileus hemionus). Der fein geschnittene Kopf mit den großen, lang bewimperten Augen und das kleine, höchstens sechsendige Geweih der Böcke sind charakteristische äußere Kennzeichen der Rehe, die eine Körperhöhe von bis zu 90 cm und ein Gewicht von bis zu 50 kg erreichen. Doppelt so groß können die asiatischen Unterarten, das Sibirische und das Chinesische Reh, werden.
Obwohl der bevorzugte Lebensraum des Rehs ursprünglich unterholzreiches Waldgelände war, hat es sich völlig unserer Kulturlandschaft angepasst; so steht es vom Beginn des Sommers bis zur Ernte gern in Getreidefeldern und hoch gewachsenen Wiesen. Man hat sogar beobachtet, dass Rehe ihren Fressrhythmus dem Menschen anpassen: Wenn die Bauern die Felder zum Mittagessen verlassen, finden sie sich dort zur Äsung ein. Rehe sind ausgesprochene Feinschmecker und bevorzugen nährstoffreiche Pflanzen wie Bucheckern, Eicheln, Knospen und Triebe, aber auch Gräser, Kräuter, Blätter, Zweige, Pilze, Beeren, Obst und Feldfrüchte.
Wussten Sie, dass …
sich das größte Hirschgeweih in der Trophäensammlung des Schlosses Moritzburg bei Dresden befindet? Das 24-endige Geweih wiegt mehr als 19 kg.
die kleinste Hirschart der in Chile und Argentinien heimische Südpudu (Pudu pudu) ist? Er erreicht 40 cm Schulterhöhe und knapp 10 kg Gewicht.
die größte Hirschart der Elch ist? Alces alces erreicht eine Schulterhöhe von 2,30 m, eine Körperlänge von 3,10 m und ein Gewicht von 800 kg.
Macht der Platzhirsch seinem Namen alle Ehre?
Ja, denn während der etwa vierwöchigen Brunftzeit tragen die männlichen Tiere erbitterte Kämpfe um die Stellung als »Platzhirsch« in einem weiblichen Rudel aus. Zu ernsthaften Auseinandersetzungen, bei denen es mitunter auch tödliche Verletzungen gibt, kommt es jedoch höchstens zwischen ebenbürtigen Rivalen. Nur der Sieger hat das Recht, sich mit den Weibchen zu paaren. Dabei muss sich der Platzhirsch nicht nur ständig der Konkurrenten erwehren, sondern er muss dazu auch die Weibchen genau beobachten, die nur zwei bis drei Tage empfängnisbereit sind.
Ziegen und Schafe: Nahe Verwandte
Wer ist die Urmutter aller Hausziegen?
Die Bezoarziege (Capra aegagrus) gilt als die Stammmutter der Hausziegen. Bereits im 8. Jahrtausend v. Chr. wurde sie als Haustier gehalten – und damit lange vor dem Rind domestiziert. Charakteristisch ist die Gehörnform: Die Böcke tragen große, krummsäbelartig geschwungene Hörner, die an der Vorderseite eine Schmalkante mit sechs bis zwölf Höckern aufweisen. Die Bezoarziege ist auf der Südseite des Kaukasus, im Taurus, in vielen Gebieten Kleinasiens und Persiens sowie auf einigen Inseln des Ägäischen Meers beheimatet.
Übrigens: Die Kretische Wildziege oder Agrimi (Capra aegagrus cretica) ist eine Unterart der Bezoarziege. Das Nationaltier Kretas lebt im Südwesten der Insel, im Gebirge Lefka Ori, den »Weißen Bergen«. Zum Schutz dieser seltenen Tierart wurde dort ein Nationalpark eingerichtet, in dem heute etwa 500 Tiere zu Hause sind.
Warum stürzen Steinböcke und Gämsen so selten ab?
Wegen ihres Hufs, ihrer wichtigsten Kletterhilfe im steilen, unwegsamen Gelände. Er besteht aus zwei Klauen, den sog. Schalen und den Afterklauen, die auf ebener Fläche den Boden nicht berühren. Die Sohlenflächen der Hufe sind weich und anschmiegsam und passen sich jeder Unebenheit des Geländes perfekt an. Der überstehende Hufrand ist dagegen härter. Rutscht ein Steinbock oder eine Gämse auf dem Felsen aus, so verhakt sich dieser Rand selbst an winzigen Vorsprüngen und hält das Tier. Zudem können sich die beiden Klauen gegeneinander verschieben, so dass sie auch im steinigsten Gelände an acht Punkten Bodenkontakt haben und sicher stehen. Bewegen sie sich steile Hänge hinab, werden die weit auseinandergespreizten Klauen der Vorderbeine und die Hinterbeine manchmal bis zur Ferse an den Boden gepresst. Dabei bohren sich neben den Hufspitzen auch die Afterklauen fest in den Hang, so dass die Tiere nicht ins Rutschen geraten können. Auch in hohem Schnee bewegen sich Gämsen und Steinböcke sicher, ohne einzusinken. Denn die beiden Klauen sind auch noch mit einem Sehnenband verbunden, das die Auflagefläche der Hufe vergrößert.
Sind Bezoarsteine tatsächlich Steine?
Nein, diese »Steine« bestehen aus Haaren, die von den Ziegen bei der Fellpflege abgeleckt werden und in den Magen wandern. Dort verdichten sich die unverdaulichen Haare zu runden, fest verfilzten Ballen. Mit der Zeit wird ihre Oberfläche glatt und hart – deshalb werden sie Bezoarsteine genant. Sie finden sich auch im Magen von Steinböcken. Da der Volksglaube ihnen Heilkräfte zuspricht, wurden die Tiere früher erbittert gejagt.
Gibt es noch echte Wildschafe?
Ja, die Wildschafe (Gattung Ovis) sind mit insgesamt 37 Unterarten in den Gebirgen Eurasiens und Nordamerikas verbreitet. Alle gehören zu den beiden Arten Ovis ammon (Eurasisches Wildschaf) beziehungsweise Ovis canadensis (Dickhornschaf).
Der Europäische Mufflon (Ovis ammon musimon) ist das einzige Wildschaf Europas und mit einer Schulterhöhe von bis zu 90 Zentimetern auch das kleinste. Seine nahen Verwandten, die asiatischen Wildschafe wie Urial (Ovis vignei) und Argali (Ovis ammon), bringen es dagegen auf bis zu 1,25 Meter. Alle heute in Europa lebenden Mufflons stammen von den letzten wild lebenden Tieren auf Korsika und Sardinien ab. Als begehrtes Jagdwild, das eine stattliche Trophäe zu bieten hat, wurden Mufflons nach 1900 auch in Deutschland ausgesetzt. Der Gesamtbestand des Wildschafes dürfte heute bei etwa 8000 Tieren liegen. Muffeltiere leben überwiegend im Wald; sie bevorzugen steinigen Boden und ein trockenes Klima.
Was haben Lämmer mit Persianerpelzen zu tun?
Die Lämmer des Karakulschafes, das in Südwestafrika und Zentralasien gehalten wird, werden für die Herstellung von Persianerpelzen innerhalb der ersten drei Tage ihres Lebens geschlacht. Sie tragen das schwarze Persianerfell, dessen Locken zu diesem frühen Zeitpunkt noch geschlossen sind. Für einen Mantel müssen 25 bis 30 Lämmer getötet werden. Ungeborene Karakullämmer liefern den Breitschwanzpelz. Um an das leicht gewellte, samtige Fell zu kommen, muss ein tragendes Mutterschaf getötet und der Fötus herausgeschnitten werden.
Was macht das besondere Aroma der Ziegenmilch aus?
Die wählerische Futteraufnahme der Ziegen und ihre Vorliebe für aromatische Kräuter sind für den charakteristischen Geschmack der Ziegenmilch verantwortlich. Ziegenmilch enthält etwa genauso viel Wasser, Fett, Eiweiß und Calcium wie Kuhmilch. Da bei uns relativ wenig Ziegenmilch hergestellt wird, ist sie wesentlich teurer als Kuhmilch. Ziegenmilch ist hauptsächlich in Naturkostläden und Reformhäusern zu kaufen, mit etwas Glück wird man auch auf Wochenmärkten fündig.
Wussten Sie, dass …
sich 93 Prozent der weltweiten Ziegenbestände (etwa 710 Millionen Tiere) in den Entwicklungsländern befinden?
in Deutschland dagegen die wirtschaftliche Bedeutung der Ziegenzucht stark zurückgegangen ist? Bei uns werden nur noch etwa 125 000 Ziegen gehalten.
früher in Europa die Ziegen vor allem von armen Leuten gehalten wurden? Für sie war Ziegenmilch ein Grundnahrungsmittel.
Ziegenhalter von der Intelligenz, aber auch der Launenhaftigkeit und dem Eigensinn der Tiere fasziniert sind? Nicht von ungefähr stammt der Begriff »kapriziös« vom lateinischen Wort für Ziege, capra, ab – und auch das Wort »Zicke« leitet sich von ihr her.
Echte Rinder: In freier Wildbahn selten geworden
Was kennzeichnet den Bison?
Den Bison (Bison bison), ein stattliches Säugetier, zeichnet vorderhand ein eindrucksvoller Kopf aus: Sein Schädel mit der gewölbten »Rammsnase« ist breit und ebenso wie Hals, Schulterpartie und Vorderbeine mit langem Zottelfell behangen. Im Vergleich zu seinem Verwandten, dem europäischen Wisent (Bison bonasus), ist der Brustkorb größer, das Becken hingegen kleiner. Dornfortsätze auf den ersten zehn Brustwirbeln heben den Widerrist stark hervor: Beim Männchen bildet sich ein regelrechter Schulterbuckel. Die hintere Körperhälfte ist spärlich behaart, manchmal sogar kahl. Die Bullen werden bis zu einer Tonne schwer und 3,50 Meter lang und sind damit die größten Säugetiere der Neuen Welt. Die Kühe bleiben bis zu einem Drittel kleiner.
Übrigens: Obgleich der Bison – irreführend – amerikanischer Büffel oder Indianerbüffel genannt wird, ist er biologisch weder mit den asiatischen noch mit den afrikanischen Büffeln verwandt.
Warum mussten die Bisons sterben?
Mit der Ausrottung der Bisons, von denen viele Indianderstämme Nordamerikas existenziell abhängig waren, sollte deren Widerstand gegen die europäische Besiedlung des Westens gebrochen werden.
Einst zogen bis zu 90 Millionen Bisons über die Great Plains. Viele Indianerstämme bejagten die Tiere, die sie mit Frischfleisch, Leder und Fellen versorgten. Diese Abhängigkeit war den europäischen Siedlern nicht entgangen. Ab etwa 1830 führten sie einen politisch motivierten Ausrottungsfeldzug gegen die Tiere. 1865 setzte mit dem Bau der Union-Pacific-Bahnstrecke die letzte Phase der Vernichtung ein: Allein zwischen 1872 und 1874 wurden drei Millionen Tiere erschossen. Die Eisenbahngesellschaften boten »Vergnügungsfahrten« an, bei denen man die – mangels natürlicher Feinde völlig arglosen – Bisons vom Zugfenster aus abschießen konnte. Bedarf an derart großen Fleischmengen hatte niemand und so schnitt man den Tieren nur die Zungen heraus, die als Delikatesse galten, und ließ die Kadaver in der Prärie verrotten. Durch die Bahnstrecke wurde der Bestand in eine Nord- und eine Südherde zerrissen, beide bis 1884 ausgerottet.
1889 lebten schätzungsweise nur noch 835 Bisons. Endlich setzten Rettungsbemühungen ein: 1905 wurde die Amerikanische Bison-Gesellschaft gegründet, die sich für die Nachzucht in Zoos und die Wiederansiedlung in Schutzgebieten einsetzte. Bis 1967 wurde die einzige freie Präriebison-Herde im Yellowstone-Park noch wie eine Viehherde gehegt und überwacht, anschließend überließ man sie den Selbstregulationskräften der Natur. Heute, 40 Jahre später, leben wieder 2000 bis 2500 Tiere in dem Park.
Wann wurde das Rind zum Haustier?
Das Wildrind wurde vermutlich im späten 8. Jahrtausend v. Chr. im Vorderen Orient domestiziert und – wie Knochenfunde und Dokumente zeigen – zunächst vorrangig als Opfertier gehalten. Man verglich die sichelförmigen Hörner mit dem Mond, dessen Zyklus wiederum mit Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht wurde. In profaner Hinsicht dürfte zunächst die Fleischproduktion im Vordergrund gestanden haben. Bereits im 5. Jahrtausend v. Chr. waren Hausrinder auch in Europa verbreitet.
Übrigens: Die formenreichste Gattung der Unterfamilie bilden die Eigentlichen Rinder (Bos). Ihr gehört – neben unseren heutigen Hausrindern, dem riesigen indischen Gaur und seiner Haustierform, dem Gayal, sowie dem herrlich gefärbten südostasiatischen Banteng und dessen domestizierter Form, dem Balirind – der ausgestorbene Auerochse oder Ur (Bos primigenius) an.
Gibt es bei Wasserbüffeln ein Leittier?
In bestimmten Situationen wohl schon. Die Herden der Wasserbüffel bestehen aus 10 bis 20, manchmal auch aus über 100 Tieren und haben offenbar keine strenge Rangordnung. Dennoch gibt es meist einen alten Bullen, der sich etwas abseits hält und von allen als Autorität geachtet wird. Auf der Flucht vor Feinden sorgt er für den Zusammenhalt, indem er ausscherende Tiere mit den Hörnern in die Gruppe zurückdirigiert. Bei Wanderungen übernehmen hingegen ältere Kühe die Führung; die Kälber laufen stets in der Mitte der Herde.
Welche Rangordnung herrscht zwischen den indischen Großsäugern?
Unter den Tieren des Subkontinents stehen die Arnis oder Wasserbüffel (Bubalus arnee arnee) ganz oben: Den launischen einzelgängerischen Bullen gehen sogar Elefanten am liebsten aus dem Weg. Mit den Panzernashörnern sind Wasserbüffel gleichauf; sie suhlen und äsen Seite an Seite. Tiger sind die gefährlichsten Feinde der Wasserbüffel, wagen sich aber nur an Büffelkälber heran und haben schon manches Mal mit dem Leben dafür bezahlt. Ständige Begleiter der Büffel sind Reiher und andere Vögel. Sie fressen die Kleintiere, welche die Herde aufscheucht, und säubern die empfindliche Haut der Büffel von Parasiten. Auch die beliebten Schlammbäder dienen dem Schutz der Haut. Außerdem verdunstet das im Schlamm gebundene Wasser so langsam, dass es viel Wärme abführt – ein Kühlungsmechanismus, der die geringere Schweißdrüsendichte – im Vergleich zu den Eigentlichen Rindern – kompensiert.
Wie orientieren sich Kaffernbüffel?
Die Herden folgen jeweils dem Tier, das sich in der Gegend am besten auskennt. Die Jungbullen neigen allerdings dazu, sich von ihrer Herde abzusondern und allein ein festes Territorium zu besetzen. Da die Herden der Weibchen und Jungtiere diese Gebiete regelmäßig durchqueren, behalten sie dennoch Kontakt zum anderen Geschlecht. Zu Beginn der Brunft suchen die Bullen wieder Anschluss. Nebenbuhler versuchen sie zunächst durch Imponiergehabe wie Umherstolzieren mit erhobenem Haupt, Hufestampfen und Schnauben auf die Plätze zu verweisen und notfalls durch Frontalangriffe in die Flucht zu schlagen.
In der Steppe entfernen sich Kaffernbüffel (Syncerus caffer) nie weiter als 15 Kilometer von der nächsten Wasserstelle, da sie regelmäßig trinken und sich suhlen müssen. Ansonsten sind sie sehr flexibel, was den Lebensraum betrifft: Sie erklimmen beispielsweise Höhen bis über 3000 Meter. Man hat sogar in 5300 Metern Höhe, auf einem Nebengipfel des Kilimandscharo, ein Büffelskelett gefunden. Die nachtaktiven Gras- und Kräuterfresser verbringen den Tag im Dickicht und kommen erst in der Dämmerung zum Vorschein, um dann die Nacht über, hinter ihrem aktuellen »Pfadfinder« weidend, durch offeneres Gelände zu ziehen.
Wie nutzen Hausyaks dem Menschen?
Die klettersicheren Hausyaks (Bos grunniens), deren Vorfahren die heute im zentralasiatischen Hochland beheimateten Yaks (Bos mutus) sind, liefern Wolle, Fleisch, Milch und Mist, der auf den baum- und strauchlosen Bergsteppen praktisch das einzige Brennmaterial darstellt. Außerdem dienen sie als Zug-, Reit- und Lasttiere. Mühelos tragen sie bis zu 150 Kilogramm über schmale und steile Gebirgspfade empor.
Übrigens: Hausyaks unterscheiden sich vor allem durch ihre kleinere Gestalt von den selten gewordenen Yaks sowie durch die häufigeren Lautäußerungen, die ihnen auch den Namen Grunzochsen eintrugen. In freier Wildbahn lebt der Yak in bis zu 1000 Exemplare zählenden Herden, die ihm im Falle von Bedrohungen – so werden den Kälbern vor allem Wölfe gefährlich – Schutz bieten können. Er kann bis zu 25 Jahre alt werden.
Ist das Rind ein Wirtschaftsfaktor?
Ja, das Rind ist sogar ein globaler Wirtschaftsfaktor – wie die statistischen Zahlen belegen: 2005 lag der Rinderbestand weltweit bei über 1,3 Milliarden Tieren, in Deutschland waren es 12,8 Millionen Exemplare. Außerdem nahm das Rind im Jahr 2000 als Fleischlieferant mit 60 Millionen Tonnen hinter Schweinen und Geflügel den dritten Platz ein. Die Milchproduktion lag bei rund 485 Millionen Tonnen.
Diese Leistungen sind erst durch Hochzuchtrassen möglich geworden, die seit dem 18. Jahrhundert planmäßig entwickelt wurden und werden. Zu den wichtigsten Milchrindrassen zählen u. a. das Holstein-Friesian-Rind, das mit durchschnittlich 7890 Kilogramm pro Jahr die meiste Milch gibt, sowie Ayrshire- und Jerseyrind. Rinderrassen wie Hereford, Charolais und Angus wurden dagegen ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Fleischgewinnung gezüchtet. Die Deutsche Schwarzbunte – die im Übrigen häufigste Rinderrasse weltweit –, die Deutsche Rotbunte oder das vor allem im Alpenraum häufige Braunvieh werden als sog. Zweinutzungsrassen sowohl für die Milch- als auch für die Fleischproduktion gehalten. Doch das Rind liefert noch viel mehr als nur Milch und Fleisch: Die Palette der Produkte umfasst u. a. Leder, Filz, Knöpfe, Öl, Seife und Hornmehl, ein stickstoffhaltiges Düngemittel.
Wussten Sie, dass...
Wasserbüffel mit einer Schulterhöhe von 1,80 Metern in etwa so groß werden wie die ausgestorbenen Auerochsen? Wildyaks werden mit bis zu zwei Metern sogar noch etwas größer.
die schwersten Hausrinder »nur« 900 Kilogramm wiegen? Ein männlicher Wasserbüffel bringt dagegen bis zu 1,2 Tonnen auf die Waage.
das rötlich-braune Saola- oder Vu-Quang-Rind das kleinste Rind ist und nur 100 Kilogramm wiegt? Es wurde 1992 in Südostasien entdeckt, hat dunkelbraune Streifen, weiße Flecken im Gesicht und trägt gerade, nach hinten gerichtete Hörner.
Bisons kurzfristig bis zu 60 Stundenkilometer schnell werden? Über längere Distanzen halten sie immerhin eine Geschwindigkeit von 55 Stundenkilometern durch.
Wasserbüffel regelmäßig Körperpflege betreiben? Sie suhlen sich gerne in Wasserlöchern und werden außerdem häufig von Madenhackern oder Reihern begleitet, die ihre Haut von Zecken und anderem Ungeziefer befreien.
Tragen Kaffernbüffel einen Helm?
Ja, die Stelle auf der gewölbten Stirn des Kaffernbüffelmännchens, an der die dicken Hornbasen zusammenstoßen, wird Helm genannt. Die Spannweite dieser im Querschnitt halbrunden bis dreieckigen, erst abwärts und dann wieder aufwärts gebogenen Hörner kann bei alten Tieren über einen Meter betragen. Der Afrikanische Büffel oder Kaffernbüffel (Syncerus caffer) ist Afrikas einziger echter Vertreter der Rinder.
Warum ist Hindus das Buckelrind heilig?
Diese Tradition geht auf die Schriften der vedischen Religion zurück. Ursprünglich dürfte es sich um einen Fruchtbarkeitskult gehandelt haben, und noch heute wird die Kuh als »Mutter Indiens« verehrt, die nicht getötet werden darf. Nur wenige Volksgruppen verspeisen das Fleisch natürlich verendeter Exemplare. Der rationale Kern dürfte in der größeren Nützlichkeit des lebenden Tieres als Milchspender und Arbeitskraft zu suchen sein; außerdem könnte sich hinter dem Schlachtungsverbot eine Disziplinierung der ursprünglich vielleicht Rindfleisch verzehrenden Priesterkaste verbergen. Erst später wurden der Verehrung hinduistische Erklärungen übergestülpt: Krishna wuchs der Sage zufolge bei einer Hirtenfamilie auf und wurde von Kühen ernährt und Shiva reitet auf dem Stier Nandi.
Wussten Sie, dass...
die mittlere Milchleistung hochgezüchteter Milchkühe in Deutschland bei 6300 Litern pro Jahr liegt? Einzelne Kühe schaffen sogar bis zu 13 000 Litern jährlich.
der Gämsbüffel oder Anoa von vielen Fachleuten als das ursprünglichste Rind angesehen wird? Er sieht aus wie eine Miniaturausgabe des Wasserbüffels, hat aber eine eher an Antilopen oder Gämsen erinnernde Behornung.
von den über 400 000 europäischen Wasserbüffeln etwa 150 000 in Italien leben? Aus ihrer sehr fettreichen und gesunden Milch wird der berühmte Mozzarella herstellt.
Schwamm drüber
Mikroorganismen waren lange Zeit nicht sehr beliebt bei uns Menschen – und das teilweise zurecht. Denn jahrtausendelang haben sie uns nichtmal gefragt, ob wir durch die von ihnen ausgelösten Infektionskrankheiten sterben möchten. Teilweise verteufeln wir sie aber zu Unrecht, weil wir ohne sie schnell auch einmal verhungert wären...
Wal-Verwandtschaften im Südpolarmeer
Im nahrungsreichen Süden leben etwa 25.000 Orcas, zugehörig zu vier Orca-Ökotypen. Aufgrund ihrer Unterschiede „durch Kultur“ sind die Grenzen zu (Unter-)Arten schwer zu ziehen. von BETTINA WURCHE Schwertwale sind intelligente und soziale Tiere, kooperative Jäger und die größten Raubtiere des Ozeans. Im Südpolarmeer lassen sich...