Lexikon
Biologie
[
griechisch
]Biologie: Geschichte
Altertum | |
610–547 v. Chr. | Anaximander von Milet stellt die Theorie der Zoogonie (Lebensentstehung) aus dem Wasser auf |
492–430 v. Chr. | Empedokles von Agrigent entwickelt die Theorie der Zoogonie aus der Erde |
500–425 v. Chr. | Anaxagoras von Klazomenai meint, Leben entstehe aus dem Zusammenwirken von Geist und Materie |
460–370 v. Chr. | Demokrit behauptet eine Zoogonie durch Zufall aus Atomen |
384–322 v. Chr. | Aristoteles vertritt die Entelechielehre: Der Antrieb jeden Fortschritts in der Natur ist Streben nach größerer Vollkommenheit und Harmonie gegenüber der toten Materie |
95– 53 v. Chr. | Lukrez hält eine Zufälligkeit der Zoogonie und das Überleben der Vollkommensten für wahrscheinlich |
Neuzeit | |
15.– Anfang 17. Jh. | K. Gesner, U. Aldrovandi, O. Brunfels, L. Fuchs, H. Bock, C. Clusius u. a. erforschen Tiere und Pflanzen der Heimat und fremder Länder; sie erstellen Sammelwerke von Floren und Faunen |
15./16. Jh. | Leonardo da Vinci und A. Vesal studieren die menschliche Anatomie |
16./17. Jh. | P. Belon, L. Rauwolf und K. Bauhin beschäftigen sich mit der Morphologie und Anatomie der Pflanzen |
2. Hälfte 17. Jh. | A. van Leeuwenhoek und M. Malpighi erfinden das Mikroskop; dies markiert den Beginn der Cyto- und Histologie |
1637–1680 | I. Swammerdam untersucht die Systematik der Insekten |
17./18. Jh. | A. von Haller, L. Spallanzani, C. Bomet und C. F. Wolff postulieren Präformation und Epigenese (Wolff) als Hypothesen der Embryologie |
17./18. Jh. | J. Ray und T. Klein versuchen, eine Systematik der Organismen aufzustellen |
1707–1778 | C. von Linné schafft die Grundlage der modernen biologischen Systematik und führt für Pflanzen- und Tierarten die binäre Nomenklatur aus lateinischem Gattungs- und Artnamen ein |
1744–1829 | J.-B. de Monet, Chevalier de Lamarck, begründet den Transformismus, die Entstehung der Arten durch Neuanpassung und Wandlung früher bestehender; er vertritt die These der Vererbung erworbener Eigenschaften |
1769–1832 | G. von Cuvier begründet die wissenschaftliche Paläontologie und die vergleichende Anatomie |
1809–1882 | C. R. Darwin begründet die moderne Abstammungslehre und Evolutionstheorie der „Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl“ und „das Überleben der Bestangepassten“ |
1822–1884 | G. J. Mendel entdeckt die Mendel'schen Gesetze der Vererbung |
um 1900 | C. E. Correns, E. Tschermak und H. de Vries entdecken unabhängig voneinander die Mendel'schen Gesetze neu; de Vries deutet Mutationen als Mittel der Evolution (Mutationstheorie) |
ab Mitte 19. Jh. | rasche Fortschritte auf allen Gebieten der modernen Biologie in aller Welt |
1856 | J. C. Fuhlrott findet den Neandertaler |
1878–1894 | W. Kühne und E. Fischer erforschen die Eiweißstoffe und Enzyme |
1901 | K. Landsteiner entdeckt die Blutgruppen des Menschen |
1903–1989 | K. Lorenz begründet zusammen mit N. Tinbergen die vergleichende Verhaltensforschung |
1953 | J. D. Watson und F. H. C. Crick klären die chemische Struktur der Nucleinsäuren auf und schaffen ein Modell der Desoxyribonucleinsäure (Doppel-Helix) |
1960 | R. B. Woodward führt eine Totalsynthese des Chlorophylls (Blattgrüns) durch |
1961–1966 | M. W. Nirenberg, S. Ochoa und H. G. Khorane entziffern den genetischen Code |
um 1970 | Die Ökologie (Lehre von den Wechselbeziehungen zwischen den Organismen und ihrer Umwelt) gewinnt zunehmend an Bedeutung und dringt ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit |
Anfang der 1970er Jahre | Beginn der Gentechnologie mit der Entdeckung der Restriktionsenzyme durch W. Arber, D. Nathans und H. O. Smith |
1972 | P. Berg gelingt die Verknüpfung von Restriktionsfragmenten von DNA verschiedener Bakterien |
1973 | H. Boyer und S. Cohen verknüpfen DNA-Fragmente und schleusen sie funktionell aktiv in ein Fremd-Genom ein |
1976 | R. Dawkins macht mit seinem Buch „Das egoistische Gen“ die Soziobiologie, einen neuen Zweig der Verhaltensforschung, der Öffentlichkeit zugänglich und gibt dieser wissenschaftlichen Richtung starke Impulse |
1980 | Insulin wird als erstes Produkt mittels gentechnischer Methoden im industriellen Maßstab hergestellt |
1990 | Gründung der Human Genome Organization (Abk. HUGO) mit dem Ziel, das gesamte menschliche Genom zu entschlüsseln |
1992 | erstmals Patentierung eines transgenen Tieres, der Krebsmaus |
1997 | J. Wilmut gelingt mit dem Schaf „Dolly“ die erste Klonierung eines Säugetiers aus reifen Körperzellen |
1999 | Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern entschlüsselt das erste der 23 menschlichen Chromosomen, das Chromosom 22 |
2000 | Im Rahmen des Humangenomprojekts gelingt die vollständige Entschlüsselung des menschlichen Chromosoms 21 (Mai) |
2000 | Die Wissenschaftler des Humangenomprojekts geben fast zeitgleich mit C. Venter von der amerikanischen Firma Celera Genomics die nahezu vollständige Entschlüsselung des menschlichen Genoms bekannt (Juni) |
2001 | Die Wissenschaftler des Humangenomprojekts sowie C. Venter von Celera Genomics veröffentlichen unabhängig voneinander eine Rohfassung des menschlichen Genoms |
2003 | Die Sequenzierung des menschlichen Genoms ist vollständig abgeschlossen; Meilenstein der Stammzellenforschung: Bindegewebszellen erwachsener Mäuse konnten in pluripotente Stammzellen umgewandelt werden |
2007 | Schweizer Forscher bilden auf einem Supercomputer ein lebendes Gehirn nach, um Einblicke in die Entstehung von Bewusstsein zu gewinnen; erneuter Meilenstein der Stammzellforschung: Umprogrammierung spezialisierter menschlicher Hautzellen, sodass sie in ihren Eigenschaften embryonalen Stammzellen ähneln |
2008 | wichtige Etappe in der Stammzellforschung: menschlicher Embryo aus der Hautzelle eines Erwachsenen geklont |
Die allgemeine Biologie untersucht die Phänomene, die den Organismengruppen gemeinsam sind. Verschiedene Disziplinen befassen sich hierbei mit unterschiedlichen Schwerpunkten: die Anatomie und Morphologie mit dem Bau und die Physiologie mit Stoffwechselabläufen von Organismen; die Cytologie mit Bau und Leistungen der Zellen; die Histologie mit Zellverbänden; die Molekularbiologie als Teilgebiet der Biochemie mit den Reaktionsmechanismen der molekularen Strukturen der Organismen; die Genetik mit Vererbungsvorgängen; die Biogeographie mit der Verbreitung der Arten; die Paläontologie mit den Lebewesen der Vorzeit; die Evolutionsbiologie mit der Entwicklung der Lebewesen im Lauf der Erdgeschichte; die Systematik klassifiziert alle Lebewesen anhand ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen und benennt sie entsprechend systematisch (Taxonomie)
. Innerhalb der Zoologie beschäftigt sich die Entwicklungsbiologie mit der Keimesentwicklung; die Ethologie mit dem Verhalten. Die spezielle Biologie befasst sich mit systematischen Gruppen von Lebewesen, die Zoologie mit den Tieren, die Botanik mit den Pflanzen, die Mykologie mit den Pilzen und die Bakteriologie mit den Bakterien, die Mikrobiologie als übergreifendes Fach mit den mikroskopisch kleinen Lebewesen und den Viren. Manche Teilgebiete haben als angewandte Biologie in den letzten Jahrzehnten zunehmende Bedeutung gewonnen: etwa die Gentechnik, die Biotechnologie, Bionik und Humangenetik. Ein heute eigenständiges Spezialgebiet der Biologie ist die Ökologie. Gebiete wie Anthropologie und Medizin bauen auf der Biologie auf.
Taxonomie: Hundsrose
Reich | (Regnum) | Pflanzen | |
Unterreich | (Subregnum) | Gefäßpflanzen | Cormophyta |
Abteilung | (Divisio) | Samenpflanzen | Spermatophyta |
Unterabteilung | (Subdivisio) | Bedecktsamer | Angiospermae |
Klasse | (Classis) | Zweikeimblättrige | Dicotyledonae |
Ordnung | (Ordo) | Rosenartige | Rosales |
Familie | (Familia) | Rosengewächse | Rosaceae |
Gattung | (Genus) | Rose | Rosa |
Art | (Species) | Hundsrose | Rosa canina |
Taxonomie: Möwe
Reich | (Regnum) | Tiere | |
Unterreich | (Subregnum) | Vielzeller | Metazoa |
Abteilung | (Divisio) | Vielzeller im engeren Sinne | Eumetazoa |
Stamm | (Phylum) | Chordatiere | Chordata |
Unterstamm | (Subphylum) | Wirbeltiere | Vertebrata |
Klasse | (Classis) | Vögel | Aves |
Ordnung | (Ordo) | Wat- und Möwenvögel | Charadriiformes |
Unterordnung | (Subordo) | Möwenartige | Lari |
Familie | (Familia) | Möwenvögel | Laridae |
Unterfamilie | (Subfamilia) | Larinae | |
Gattung | (Genus) | Möwen | Larus |
Art | (Species) | Silbermöwe | Larus argentatus |
Geschichte
Die Biologie hat ihre Ursprünge in der Entwicklung der Heilkunde sowie in der Konfrontierung des Menschen mit dem Mysterium des Todes. Daraus ergaben sich in allen frühen Hochkulturen sorgfältige Kenntnisse der Botanik u. a.
Daneben war eine große Zahl meist höherer Tiere auch in ihren Lebensgewohnheiten allgemein bekannt. Babylonische Fürsten hielten sogar seltene Tiere in Gärten. Es war somit zwar ein beträchtliches Wissen auf dem Gebiet der Biologie zusammengetragen, doch stand dieses Wissen zusammenhanglos nebeneinander. Erst die Griechen verflochten dieses Einzelwissen zu einem Gesamtbild der Natur. Dadurch wurden die mystischen Elemente durch natürliche Kräfte und dem Erkennen unterworfene Gesetzmäßigkeiten verdrängt. Den Höhepunkt der antiken biologischen Forschung erreichte Aristoteles, der seine aus umfangreichen Beobachtungen und Untersuchungen gewonnenen biologischen Kenntnisse seiner Lehre vom Weltenbau eingliederte, derzufolge alle Dinge durch Einwirkung der Form (bei Organismen: der Seele) auf Materie gewordene Wirklichkeiten seien. Plinius hatte in seiner „Historia naturalis“ (37 Bände) das Wissen seiner Zeit über die Natur zusammengetragen. Doch schon jetzt begann sich der Niedergang der antiken Wissenschaft abzuzeichnen. Dieser Niedergang ist in der Hinwendung zu einer dem Jenseits zugewandten Lebensauffassung, in dem Glauben an eine göttliche Allmacht begründet, wodurch der Mensch der damaligen Zeit jegliches Interesse an der Erforschung der Natur verlor. Im frühen Mittelalter beherrschten kirchliche Lehren das geistige Leben und ließen eigenständigen naturwissenschaftlichen Bestrebungen keinen Raum. Im 12. Jahrhundert kam das Abendland auf dem Umweg über die arabische Welt mit den Ideen des klassischen Altertums in Berührung. Die naturwissenschaftlichen Lehren des Aristoteles wurden von der Kirche als richtig und verbindlich anerkannt. Auftauchende biologische Fragen wurden durch Nachlesen in den wiedergefundenen Schriften des Aristoteles „gelöst“. Mit der Renaissance setzte ein Umdenken ein, das der Abhängigkeit der Naturerklärung von kirchlichen Dogmen ein Ende setzte und der Naturbeobachtung zu größter Bedeutung verhalf. In der Folgezeit entwickelte sich eine reiche Literatur beschreibender Art. F. Bacon forderte das Experiment, also die unter bestimmtem Aspekt an die Natur gerichtete Frage. Damit wies er den Weg zur wissenschaftlichen Methode der Erforschung der Naturgesetze. Diese theoretische Forderung setzte Galilei in die Tat um und wurde damit der Begründer der modernen Naturforschung.

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