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Johannes Kepler: Kaiserlicher Astronom und Sternendeuter

Hatte Kepler eine sorgenfreie Kindheit?

Das kann man nicht behaupten. Schon die Jugend des am 27. Dezember 1571 im württembergischen Weil geborenen Astronomen ist alles andere als einfach. Im Elternhaus herrscht oft Streit, und Geldnöte bestimmen den Alltag. Die Mutter ist eine schwierige, starrköpfige Natur, der Vater sprunghaft und unberechenbar; zweimal verlässt er seine Familie, um als Söldner zu dienen. Als Johannes Kepler vier Jahre alt ist, führt eine Pockenerkrankung fast zur Erblindung. Fortan leidet er unter einer belastenden Sehschwäche. Später geht es ihm finanziell oft nicht besser als den Eltern, und die unbeständige Politik der Epoche lässt ihn nirgendwo wirklich Wurzeln schlagen.

Mit einem Stipendium seiner Heimatstadt kann der begabte junge Kepler ab 1589 sein Studium in Tübingen finanzieren. 1594 erhält er eine Professorenstelle für Mathematik am lutherischen Provinzialgymnasium in Graz, wird im Jahr 1600 jedoch als Protestant ausgewiesen. Da zeichnet sich eine Wende ab.

Wer rief Kepler nach Prag?

Tycho Brahe (1546–1601) – gebürtiger Däne, seit 1599 Hofastronom Kaiser Rudolfs II. und führende astronomische Kapazität der Zeit – hat schon einmal einen neuen Stern entdeckt, eine Supernova in unserer Milchstraße. Auch der neue Stern am Himmel der Astronomie, Johannes Kepler, ist Brahe nicht verborgen geblieben. Er lädt ihn zur Mitarbeit am Prager Observatorium ein. Begeistert sagt Kepler zu. Und als Brahe im Jahr darauf stirbt, wird er zu dessen Nachfolger ernannt.

Hatte der Astronom später ausgesorgt?

In den folgenden Jahrzehnten dient Kepler drei Habsburger Kaisern. Keiner von ihnen nimmt es mit der Auszahlung seines Gehalts allzu genau; nicht selten muss er sich mit Schuldscheinen zufrieden geben. Zunehmend gerät er auch in die Wirren des Dreißigjährigen Kriegs. Kepler geht von Prag nach Linz, muss Linz aber wieder verlassen. 1627 werden alle Protestanten aus dem Dienst der Habsburger entlassen. Der Kaiser verweist Kepler an Wallenstein, dessen großes Interesse an den Sternen bekannt ist. Der berühmte Feldherr holt Kepler 1628 auch wirklich an seinen Hof im schlesischen Sagan, zeigt sich in finanziellen Dingen aber ebenfalls unzuverlässig. Schließlich sieht sich Kepler 1630 gezwungen, beim Kaiser die Schulden einzutreiben. Der hält sich gerade beim Reichstag in Regensburg auf. In der Hoffnung, endlich zu bekommen, was ihm zusteht, reitet Kepler bei herbstlichem Wind und Wetter los. Nach vier Wochen endlich in Regensburg angekommen, streckt ihn eine schwere Erkrankung nieder. Am 15. November 1630 stirbt Johannes Kepler an einem, wie es heißt, »hitzigen Fieber«.

Was entdeckte der Wissenschaftler?

Die gesetzmäßige Bewegung der Planeten. Heute gilt Keplers Beitrag zum Verständnis von Welt und Universum als Baustein der modernen Kosmologie. Er festigte das heliozentrische Weltbild, indem er Nikolaus Kopernikus (1473–1543) in zwei Punkten korrigierte: Die Planeten bewegen sich nicht mit gleichen, sondern unterschiedlichen Geschwindigkeiten um die Sonne, und nicht in Kreisen, sondern in Ellipsen. Diese und andere Erkenntnisse legte Kepler in drei nach ihm benannten Gesetzen dar, den ersten mathematisch formulierten Naturgesetzen, ausgeführt in seinen beiden Hauptwerken »Astronomia Nova« (Neue Astronomie) von 1609 und »Harmonices Mundi« (Weltharmonik) von 1619.

Wie kam Kepler zu seinen Erkenntnissen?

Seinen Durchbruch verdankt der geniale Astronom auch der Vorarbeit von Tycho Brahe, der jahrzehntelang die Bewegung der Planeten beobachtet und akribisch genau notiert hatte. Brahe zog aus seinen Beobachtungen zwar nicht die richtigen Schlüsse, weil er die kopernikanische Kosmologie und das heliozentrische Weltbild grundsätzlich ablehnte und deshalb in die falsche Richtung dachte. Aber seine ausgesprochen zuverlässigen Tafeln der Planetenbewegungen waren für jeden Astronomen – besonders für den sehbehinderten Kepler, für den das Beobachten mühselig war – Gold wert. Als Brahe plötzlich starb, übernahm Kepler, sein Mitarbeiter und Nachfolger an der Prager Sternwarte, seine Aufzeichnungen. Bis heute wird darüber spekuliert, ob Brahe das wirklich so wollte oder ob Kepler die Tafeln gestohlen hat.

War Keplers Mutter eine Hexe?

Anfang des 17. Jahrhunderts erreichte der Hexenwahn einen Höhepunkt. Auch Keplers Mutter geriet 1615 in das Visier der Hexenjäger. Wie üblich fing alles mit einer Verleumdung an: Eine Frau behauptete, die Kepler habe ihr einen giftigen Zaubertrank verabreicht und sei um Mitternacht auf einer Kuh geritten, die danach verendete. Außerdem dringe sie durch verschlossene Türen in Häuser ein und mache Kinder und Kälber durch Berührung krank. Der Sohn, als kaiserlicher Mathematiker und Hofastronom ein angesehener Mann, nahm die Verteidigung auf. Über mehr als sechs Jahre zog sich die »Untersuchung« der Vorwürfe hin. 1620 wurde Keplers 63-jährige Mutter auch gefoltert, ein Jahr später erfolgte jedoch der Freispruch.

Wussten Sie, dass …

noch 50 Jahre, nachdem Kopernikus mit seiner revolutionären Kosmologie die Sonne zum Mittelpunkt des Universums erklärt hatte, die meisten Astronomen diese Vorstellung für ein Hirngespinst hielten?

Kepler mit seiner 1611 publizierten Schrift »Dioptrice« (Lehre von der Lichtbrechung) die Grundlage der Optik legte?

behauptet wurde, Kepler habe Brahe, verzweifelt über dessen Ignoranz, wegen dessen wertvollen Aufzeichnungen der Planetenbewegungen ermordet?

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