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Viscnti

Luchino, italienischer Film- und Theaterregisseur, * 2. 11. 1906 Mailand,  17. 3. 1976 Rom; wurde als Neorealist berühmt durch „Ossessione Von Liebe besessen“ 1943 und „Die Erde bebt“ 1948; schuf später stilistisch artifizielle Werke auf der Basis einer ästhetischen Geschichtsphilosophie: „Sehnsucht“ 1954; „Weiße Nächte“ 1957; „Rocco und seine Brüder“ 1960; „Der Leopard“ 1963; „Der Fremde“ 1967; „Der Tod in Venedig“ 1970; „Ludwig II.“ 1972; „Gewalt und Leidenschaft“ 1974; „Die Unschuld“ 1976; auch Opern- und Ballettinszenierungen.
Visconti, Luchino
Luchino Visconti
  • Deutscher Titel: Ossessione Von Liebe besessen
  • Original-Titel: OSSESSIONE
  • Land: Italien
  • Jahr: 1943
  • Regie: Luchino Visconti
  • Drehbuch: Antonio Pietrangeli, Giuseppe De Santis, Luchino Visconti, nach einem Roman von James M. Cain
  • Kamera: Aldo Tonti, Domenico Scala
  • Schauspieler: Massimo Girotti, Clara Calamai, Juan De Landa, Elio Marcuzzo
Unmittelbar nach der Uraufführung wird Luchino Viscontis »Ossessione« von der staatlichen Zensur verboten.
Visconti setzt sich von den konventionellen italienischen Spielfilmen der Mussolini-Ära ab, weil er sich an der italienischen Alltagswirklichkeit orientiert. Der Regisseur zeigt dem Publikum das tatsächliche Italien der »kleinen Leute« und nicht den Luxus der Oberklasse.
»Ossessione« erzählt von einer unglücklichen, impulsiven Ehefrau, die sich in einen Landstreicher verliebt. Gemeinsam beseitigen sie den Ehegatten der Frau. Auf der Flucht vor der Polizei stirbt die Frau, ihr Liebhaber wird verhaftet. Kritiker bezeichnen den Film als »neorealistisch«, eine Stilrichtung, die den italienischen Film bis 1952 bestimmt. Seine Blütezeit beginnt mit Roberto Rossellini 1945.
Den Roman verfilmten später nochmals Tay Garnett (»Im Netz der Leidenschaften«, (1946) und Bob Rafelson in »Wenn der Postmann zweimal klingelt« (1980) mit Jack Nicholson.
  • Deutscher Titel: Die Erde bebt
  • Original-Titel: LA TERRA TREMA
  • Land: Italien
  • Jahr: 1948
  • Regie: Luchino Visconti
  • Drehbuch: Luchino Visconti, nach einem Roman von Giovanni Verga
  • Kamera: Aldo Graziati
  • Schauspieler: Laien
  • Auszeichnungen: Spezialpreis der Jury Filmfestspiele Venedig 1948
Die Einwohner des sizilianischen Fischerdorfes Aci Trezza stellen unter der Regie von Luchino Visconti ihr eigenes Leben und ihre sozialen Probleme dar. Im Mittelpunkt steht die Familie Valastro, deren Sohn sich gegen die Profitgier der Fischgroßhändler auflehnt. Seine Revolte scheitert schließlich an den festgefügten Traditionen, und die Familie zerbricht an den heraufbeschworenen Spannungen.
Der Film gilt als Schlüsselwerk des Neorealismus und war ursprünglich als erster Teil einer Trilogie gedacht, die Schicksale von Fischern, Bauern und Minenarbeitern thematisieren sollte. Der außergewöhnliche Misserfolg in den Kinos lässt Visconti von seinem Plan Abstand nehmen.
Ausschlaggebend für das geringe Interesse des Publikums ist u.a. der den meisten Italienern unverständliche sizilianische Dialekt der Laiendarsteller.
  • Deutscher Titel: Sehnsucht
  • Original-Titel: SENSO
  • Land: Italien
  • Jahr: 1954
  • Regie: Luchino Visconti
  • Drehbuch: Luchino Visconti, Suso Cecchi D„Amico und andere
  • Kamera: G. R. Aldo, Robert Krasker
  • Schauspieler: Alida Valli, Farley
    Gran
    ger, Heinz Moog
Vor dem Hintergrund der österreichischen Besatzung spielt sich im Venedig des Jahres 1866 ein menschliches Drama ab: Die venezianische Gräfin Livia verliebt sich in den österreichischen Leutnant Mahler und gibt dafür all ihre politischen Überzeugungen auf. Als sie jedoch feststellt, dass Mahler sie mit einer anderen Frau betrügt, denunziert sie ihn als Deserteur, Livia sieht bei seiner Hinrichtung zu.
Visconti wendet auf das historische Thema die Mittel des Neorealismus an: Einzelschicksale und gesellschaftliche Bezüge sind eng miteinander verwoben und bedingen sich gegenseitig. Der Regisseur bedient sich im Übrigen einer pompösen Bildsprache, die den Interieurs der üppigen Epoche entspricht.
  • Deutscher Titel: Weiße Nächte
  • Original-Titel: LE NOTTI BIANCHE
  • Land: Italien
  • Jahr: 1957
  • Regie: Luchino Visconti
  • Drehbuch: Suso Cecchi D„Amico, Luchino Visconti
  • Kamera: Giuseppe Rotunno
  • Schauspieler: Maria Schell, Marcello Mastroianni, Jean Marais
Mario (Marcello Mastroianni) lernt die junge Natalia (Maria Schell) kennen, die ihn dadurch fasziniert, dass sie abwechselnd niedergeschlagen und im nächsten Moment schon wieder kindlich-fröhlich ist. Natalia erzählt ihm, dass sie sich in ihren Untermieter verliebt hat. Dieser musste abreisen, versprach ihr aber, in einem Jahr zurückzukehren und sich mit ihr auf einer bestimmten Brücke zu treffen. Bis jetzt hat sie ihn am vereinbarten Ort jedoch nicht getroffen. Mario, der sich in Natalia verliebt hat, versucht sie für sich zu gewinnen Schließlich entscheidet sie sich für Mario, obwohl sie weiterhin hin- und hergerissen ist. Doch just an diesem Tag trifft das Paar auf der Straße Natalias Geliebten (Jean Marais). Ohne zu zögern, geht sie zu ihm und lässt Mario stehen.
Grundlage des Films ist eine Novelle von Fjodor M. Dostojewski (1821-1881), deren Handlung Regisseur Luchino Visconti nach Italien verlegt. Viele Kritiker lehnen das Werk heftig ab, weil sie von Visconti Kino in der Nachfolge des Neorealismus erwarten, nicht aber den vorliegenden, romantisch bis leicht irreal anmutenden Film.
  • Deutscher Titel: Rocco und seine Brüder
  • Original-Titel: ROCCO E I SUOI FRATELLI
  • Land: Italien
  • Jahr: 1960
  • Regie: Luchino Visconti
  • Drehbuch: Luchino Visconti, Suso Cecchi d„Amico, Pasquale Festa Campanile, Massimo Franciosa, Enrico Medioli
  • Kamera: Giuseppe Rotunno
  • Schauspieler: Alain Delon, Annie Girardot, Renato Salvatori, Katina Paxinou
  • Auszeichnungen: Spezialpreis der Jury Filmfestival Venedig 1960
Alain Delon gelingt der internationale Durchbruch mit dem Melodram »Rocco und seine Brüder«. Luchino Visconti drehte den Film nach Motiven aus Fjodor M. Dostojewskis Roman »Der Idiot«.
Eine sizilianische Familie zieht nach Mailand, doch alle Aufstiegschancen gefährdet der triebhafte Simone. Sein Bruder Rocco nimmt alle Probleme auf sich: Er wird Preisboxer, um Simones Schulden zu tilgen und tröstet dessen misshandelte Freundin Nadja, die er liebt. Als Simone Nadja umbringt, wandelt sich Roccos Idealismus in Verzweiflung.
Der Film öffnet Einblicke in die Gefühle süditalienischer Arbeiter, die in den reichen Norden kommen. Delon zeigt hier seine Fähigkeit zur nuancierten Darstellung schwieriger Charaktere.
  • Deutscher Titel: Der Leopard
  • Original-Titel: IL GATTOPARDO
  • Land: Italien
  • Jahr: 1963
  • Regie: Luchino Visconti
  • Drehbuch: Suso Cecchi d„Amico, Pasquale Festa Campanile, Massimo Franciosa, Enrico Medioli, Luchino Visconti
  • Kamera: Giuseppe Rotunno
  • Schauspieler: Burt Lancaster, Claudia Cardinale, Alain Delon, Rina Morelli, Paolo Stoppa, Serge Reggiani, Romolo Valli
  • Auszeichnungen: Goldene Palme Filmfestspiele Cannes 1963
Luchino Visconti präsentiert sein großes historisches Filmgemälde »Der Leopard«. Es wird ein Klassiker des italienischen Kinos, eine monumentale Literaturverfilmung, in der jedes Bild zur Atmosphäre einer untergehenden Gesellschaft beiträgt.
Ähnlich wie das oft mit ihm verglichene Gegenstück »Vom Winde verweht« (1939) behandelt »Der Leopard« mit epischen und romantischen Motiven einen Wendepunkt in der italienischen Geschichte. Um 1860 beginnt die von dem Nationalisten Garibaldi betriebene Einigung der vielen italienischen Staaten zu einem einzigen Reich. Damit verbunden ist der Niedergang des herrschenden Landadels und der Aufstieg des reichen Bürgertums zur Macht.
Der sizilianische Fürst Fabrizio Salina (Burt Lancaster) weiß, dass er die Neuerungen akzeptieren muss, damit Gutes aus der alten Zeit erhalten bleibt. Er gestattet seinem Neffen Tancredi (Alain Delon), die junge Angelica (Claudia Cardinale) zu heiraten, die »nur« die Tochter eines wohlhabenden Bürgerlichen ist. Doch als sizilianischer Patriot bleibt er skeptisch gegenüber der neuen Entwicklung. Die Nacht der rauschenden Hochzeit scheint die Alte und neue Führungsschicht zu versöhnen. Doch politische Umwälzungen bahnen sich an.
Die Kritiker sind beeindruckt vom Film und von Burt Lancasters Fähigkeit, eine ungewöhnliche Figur zu porträtieren: Einen von der Zeit überholten Herrentyp, der das Volk besser versteht als die Elite des scheinbaren Fortschritts.
  • Deutscher Titel: Tod in Venedig
  • Original-Titel: MORTE A VENEZIA
  • Land: Italien
  • Jahr: 1970
  • Regie: Luchino Visconti
  • Drehbuch: Luchino Visconti, Nicola Badalucco, nach der Novelle von Thomas Mann
  • Kamera: Pasqualino De Santis
  • Schauspieler: Dirk Bogarde, Björn Andresen, Silvana Mangano, Romolo Valli
  • Auszeichnungen: Sonderpreis Filmfestspiele Cannes 1971 für Regie und Gesamtwerk Regisseur
Als »Geschichte von der Wollust des Untergangs« charakterisierte Thomas Mann seine 1912 erschienene Novelle »Tod in Venedig«, die von Visconti für die Leinwand adaptiert wird. Der Regisseur dreht damit den zweiten Teil seiner von deutscher Kultur beeinflussten »deutschen Trilogie« (»Die Verdammten«, 1968, die Geschichte einer Industriellenfamilie zur Zeit des Dritten Reiches, und »Ludwig II.«, 1972, über das Leben des Bayernkönigs).
In einer beruflichen wie privaten Krise begegnet der Komponist Gustav von Aschenbach (Dirk Bogarde) auf einer Erholungsreise in Venedig dem polnischen Jüngling Tadzio (dargestellt vom gerade 15-jährigen Schweden Björn Andresen). Seine Unschuld und Reinheit beeindrucken von Aschenbach, der vollkommenen Schönheit verfällt er bis zur Selbstaufgabe, verfolgt den Jungen auf Schritt und Tritt, um seine Nähe keine Minute zu missen. Das wird ihm zum Verhängnis, denn in Venedig breitet sich die Cholera aus. Der Komponist verstirbt am Strand, den letzten Blick auf den in das Meer hinauswatenden Jungen gerichtet.
Die Atmosphäre des Romans setzt Visconti kongenial in Szene. Das langsame Sterben Gustav von Aschenbachs wird in der Umgebung eines mondänen Seehotels inszeniert; der Regisseur taucht diese Szenen in gedämpfte, herbstliche Farben. Im Kontrast dazu steht die in der Cholera versinkende Lagunenstadt: Überall machen sich Anzeichen von Verfall bemerkbar. Sehnsucht nach Schönheit und Liebe vereint sich mit der Sehnsucht nach dem Tod.
Die Erzählung von Thomas Mann gibt Visconti Gelegenheit, sein Lieblingsthema zu verarbeiten: Die Darstellung des Zerfalls einer degenerierten Gesellschaft, die alle Teile der Trilogie durchzieht, aber in keinem anderen Film so zelebriert wird wie im »Tod in Venedig«. Obwohl Visconti, der »Ästhet des italienischen Kinos«, großen Wert auf die atmosphärische Dichte legt, wird der Film in besonderem Maß von der darstellerischen Leistung Dirk Bogardes in der Rolle Gustav von Aschenbachs bestimmt. Publikum und Kritiker zeigen sich von ihm gleichermaßen beeindruckt. Trotzdem bleiben Preise aus, lediglich in Cannes wird Visconti mit einem Sonderpreis geehrt.
  • Deutscher Titel: Ludwig II.
  • Original-Titel: LUDWIG II.
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 1972
  • Regie: Luchino Visconti
  • Drehbuch: Luchino Visconti, Enrico Medioli
  • Kamera: Armando Nannuzzi
  • Schauspieler: Helmut Berger, Romy Schneider, Trevor Howard, Silvana Mangano, Helmut Griem
Viscontis »Ludwig II.« bildet nach »Die Verdammten« (1968) und »Tod in Venedig« (1970) den letzten Teil seiner »deutschen Trilogie«. Wie alle Hauptfiguren dieser Filme ist auch der Bayernkönig Ludwig II. auf der Suche nach absoluter Schönheit. Er hofft, sie in der Errichtung eines universellen Kunstreiches zu erlangen, scheitert aber am Ende.
Der Film findet nicht nur Zustimmung, zu viele Mythen bilden sich um den legendären König. Die Schauspieler ernten allerdings Lob. Neben Helmut Berger als Ludwig brilliert Romy Schneider als Kaiserin »Sissi« allerdings völlig anders angelegt als knapp 20 Jahre zuvor in dem gleichnamigen Marischka-Film (1955). 1973 erscheint eine weitere deutsche Ludwig-Version in den Kinos: »Ludwig Requiem für einen jungfräulichen König« von Hans-Jürgen Syberberg.
  • Deutscher Titel: Gewalt und Leidenschaft
  • Original-Titel: GRUPPO DI FAMIGLIA IN UN INTERNO
  • Land: Italien
  • Jahr: 1974
  • Regie: Luchino Visconti
  • Drehbuch: Suso Cecchi D„Amico, Enrico Medioli, Luchino Visconti
  • Kamera: Pasqualino De Santis
  • Schauspieler: Burt Lancaster, Silvana Mangano, Helmut Berger
Luchino Visconti greift im vorletzten Werk vor seinem Tod (1976) mit gewohnt ästhetischer Raffinesse das Aufeinandertreffen verschiedener Generationen und Lebenswelten auf.
In einem alten römischen Palazzo lebt zurückgezogen ein alternder Professor und Kunstliebhaber (Burt Lancaster). Gegen seinen Willen nistet sich eines Tages in seinem Haus eine Marchesa (Silvana Mangano) mit ihren Freunden ein. Rücksichtslos dringen die jungen Leute in die Räume und das Leben des Professors ein das zwingt ihn zur Auseinandersetzung mit der (von faschistischen Elementen beeinflussten) Gegenwart, der er sich durch seine Abgeschiedenheit bisher entzogen hatte.

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