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Von Antike bis Mittelalter: Die Geburt der Demokratie

Haben die Griechen die Demokratie erfunden?

Sicher keine Demokratie im heutigen Sinne – aber doch eine Form der Staatsführung, in der nicht mehr ein Adelsmann in eine Machtposition hineingeboren wurde, sondern eine größere Zahl Bürger ihre Herrscher wählen und auch wieder entmachten konnte.

Jedoch war die Demokratie in der griechischen Staatenwelt neben Aristokratie (Herrschaft weniger Adliger) und Monarchie (Königsherrschaft) nur eine weitere Regierungsform. Phasen der Demokratie wechselten mit Phasen z. B. der Königsherrschaft.

Übrigens: Auch das Wort »Demokratie« (wörtlich Volksherrschaft) stammt aus dem Griechischen.

Wer herrschte in Athen vor Entstehen der Demokratie?

Die herrschende Schicht war nach Abschaffung der Monarchie zunächst die Aristokratie. Die politischen Akteure stammten aus vielen Familien, die miteinander um die Sicherung bzw. Erhöhung ihres Ranges wetteiferten.

Nach der Eingemeindung des Umlands und des Hafens von Piräus im 9. Jahrhundert v. Chr. stieg die Stadt Athen, gelegen auf der Ägäishalbinsel Attika, mit ihren reichen Bodenschätzen zu einer der Führungsmächte in Griechenland auf.

An der Spitze des Stadtstaates, der Polis, standen die Archonten. Dieses Amt wurde ursprünglich auf Lebenszeit vergeben, später auf zehn Jahre. Im 7. Jahrhundert v. Chr. ging man zur jährlichen Wahl über. Nach dem höchsten Archon wurde das jeweilige Jahr benannt, der zweite Archon führte das Heer, der dritte war für religiöse Belange zuständig. Sechs weitere übten höchstrichterliche Gewalt aus. Nach Ablauf ihrer Amtszeit konnten die Archonten in den Areopag aufrücken, der die neuen Archonten wählte und zugleich Gerichtshof war.

Warum kam es in Athen zur Krise?

Auslöser waren im 7. Jahrhundert v. Chr. Veränderungen in der Kriegsführung: Das adelige Reiterheer wurde durch schwer bewaffnete Fußsoldaten ersetzt. Viele Kleinbauern konnten die militärischen Verpflichtungen nur tragen, indem sie sich bei den aristokratischen Großgrundbesitzern verschuldeten.

Viele verloren ihren Grund und Boden oder wurden in die Sklaverei verkauft. Unterdessen steigerten die Großgrundbesitzer durch Exporte ihren Reichtum. In der Stadt entstand eine wohlhabende Schicht aus Handwerkern und Kaufleuten, die mangels Grundbesitz keine politischen Rechte hatten. Sie forderten Mitbestimmung.

Wie wurden die Missstände beseitigt?

Einen ersten Versuch, die Missstände zu beseitigen, unternahm Drakon (etwa 624 v. Chr.), indem er Gewohnheitsrecht in Gesetze fasste. Diese schufen zwar Rechtssicherheit, konnten die Unzufriedenheit mit der bestehenden Ordnung jedoch nicht beheben. Die Interessengruppen standen sich unversöhnlich gegenüber, so dass der Archon Solon 594 v. Chr. mit umfassenden Vollmachten ausgestattet wurde, um den athenischen Staat zu reformieren.

War Solon der erste Demokrat?

Nein, er führte vielmehr die »Timokratie« ein, die Herrschaft der Besitzenden. Er stufte die Bürger in vier Klassen ein – von den Großgrundbesitzern und Großkaufleuten bis zu den Kleinbauern und Lohnarbeitern –, befreite die Bauern aus der Leibeigenschaft und hob ihre Grundschulden auf.

Anders als in der Aristokratie waren die politischen Rechte nun von der veränderlichen Größe des Vermögens abhängig. Auch ärmere Bürger hatten eine Stimme in der von Solon eingesetzten Volksversammlung. Diese entschied über außenpolitische Fragen wie Kriege oder Bündnisse und wählte (aus den ersten drei Klassen) den Rat der 400, der die Regierungsgeschäfte führte und gerichtliche Berufungsinstanz war.

Wer führte die Demokratie ein?

Die Athener wollten nach dem Zwischenspiel der Tyrannenherrschaft nicht wieder von Aristokraten regiert werden und bevollmächtigten den Archon Kleisthenes (um 570–um 507 v. Chr.) mit Verfassungsreformen. Diese begründeten die Demokratie, die Herrschaft des Volkes.

Kleisthenes sorgte dafür, dass in der Volksversammlung Stadt-, Land- und Küstenbewohner, also alle Gesellschaftsgruppen, repräsentiert waren. Die Volksversammlung wählte das Geschworenengericht, die Heeresführer und die Archonten. Neu war auch das Scherbengericht: Einmal im Jahr wurde gefragt, welche Bürger dem Staat gefährlich werden könnten. Jeder der 10 000 Stimmberechtigten ritzte einen Namen in eine Tonscherbe. Wer mindestens 6 000-mal genannt wurde, musste ins Exil gehen. Die Politiker waren also gezwungen, sich die Unterstützung des Volkes zu sichern.

Warum wählten die Römer zwei Konsuln?

Um einen Rückfall in die Herrschaft eines Einzelnen zu verhindern. Die Zeit der römischen Republik (lat. res publica ...) begann 500 v. Chr. durch Vertreibung des letzten Königs. Fortan wurde jedes Amt mindestens doppelt besetzt (Prinzip der Kollegialität). Nur in Phasen äußerster Bedrohung konnte für sechs Monate ein Diktator gewählt werden.

Außerdem erfolgte die Wahl in fast alle Ämter nur für ein Jahr. Die Wahl der Regierungsbeamten, an deren Spitze zwei Konsuln standen, erfolgte durch die römische Volksversammlung. In die Regierungsämter (Magistrate) und den Ältestenrat (Senat) wurden nur Patrizier gewählt, also die männlichen Nachkommen reicher, alter Familien.

Warum begehrten die Plebejer auf?

Weil das Volk zwar frei, aber rechtlos war. Die einfachen Menschen, Plebejer genannt, durften keine Rechtsgeschäfte tätigen und sich vor Gericht nicht selbst verteidigen. Sie mussten sich unter den Oberhäuptern der Patrizierfamilien einen »Patron« suchen, der sie vor Gericht vertrat und dem sie dafür Gefolgschaft schuldeten.

Da sie aber wie die Patrizier Heeresdienst leisteten, warfen sie ihr politisches Gewicht in die Waagschale, und ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. wurde in der Volksversammlung nicht mehr nach den alten Geschlechterverbänden, sondern nach Heeresformationen (Zenturien) abgestimmt. Ein weiterer Erfolg war die Einführung der Volkstribunen, die Plebejer vor Übergriffen der Patrizier und Magistrate schützen konnten. Außerdem konnten sie mit ihrem Veto (veto: »ich verbiete«) Entscheidungen des Senats und Amtshandlungen der Magistrate verhindern.

War das Volk in Rom so mächtig wie in Athen?

Nein. In Rom entwickelte sich die Teilhabe aller an der politischen Macht langsamer. Dafür war die Demokratie aber stabiler und hatte über Jahrhunderte Bestand.

Nach und nach durften auch Plebejer höhere Ämter bis hin zum Konsulat bekleiden. Die endgültige Gleichberechtigung brachte die lex Hortensia (287 v. Chr.), ein Gesetz, das den Beschlüssen der plebejischen Volksversammlung den Status von Gesetzen zubilligte. Da aber alle Ämter Ehrenämter waren, blieben sie der wohlhabenden Oberschicht vorbehalten, zu der neben Patriziern nun gleichberechtigt auch reiche Plebejer zählten.

Wie bereitete das städtische Leben die Demokratie vor?

In den Städten des Mittelalters förderte das Zusammentreffen von Menschen unterschiedlicher Regionen und Berufe die Entwicklung und den Austausch von Ideen. Als Europa im 11. Jahrhundert durch die Zunahme der Bevölkerung und des Handels eine Blütezeit erlebte, gewann auch nördlich der Alpen die städtische Lebensform an Gewicht. Städte entstanden etwa durch Zusammenwachsen einer Burg mit einer Siedlung, aus Marktsiedlungen sowie um Klöster und Kirchen.

Worauf basierte die zunehmende Macht des Bürgertums?

Das aufsteigende städtische Bürgertum schöpfte sein Selbstbewusstsein weder aus Ämtern noch aus hoher Geburt, sondern aus erworbenem Reichtum. In vielen Städten gelang es den Bürgern, ein Stadtrecht durchzusetzen, das die Macht der Stadtherrn begrenzte.

Das Stadtrecht begünstigte ab dem 12. Jahrhundert die Herausbildung der Zünfte. Diese Zusammenschlüsse von Personen, die dasselbe Handwerk oder Gewerbe ausübten, hatten eine eigene Gerichtsbarkeit.

In vielen Städten traf ein kleiner Kreis von Kaufmannsfamilien die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen. Sie nannten sich in Anlehnung an die Adligen in Rom Patrizier. Gegen ihre Herrschaft begehrten im 14. und 15. Jahrhundert in zahlreichen Städten die Zünfte auf, die am Stadtregiment beteiligt werden wollten.

Führten Bürger auch Krieg gegen den Adel?

Ja, vor allem in Oberitalien (Lombardei). Hier gewannen die Städte schon früh politische Eigenständigkeit. Ab und zu zog jedoch ein römisch-deutscher Herrscher über die Alpen und versuchte seine Hoheitsrechte in Oberitalien durchzusetzen. Ihre Unabhängigkeit erkämpften die Städte an der Seite des Papstes gegen Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Nach zwei Niederlagen musste dieser im Frieden von Konstanz (1183) die Autonomie der im Lombardischen Bund zusammengeschlossenen Städte anerkennen.

Gab es »gute« Tyrannen?

Nicht jeder Tyrann war ein Schreckensherrscher. Ein Beispiel ist der Athener Peisistratos (um 600–527 v. Chr.).

Als die neue Ordnung um 560 v. Chr. durch Machtkämpfe zwischen den wichtigsten Familien in Gefahr geriet, konnte er die Landbevölkerung hinter sich bringen und die alleinige Macht erringen. Er war zwar ein sog. Tyrann, aber seine Macht war nicht absolut, denn er musste die Gunst des Volkes erhalten. Unter seiner Herrschaft erlebte Athen einen Aufschwung, die sozialen Verhältnisse stabilisierten sich. Peisistratos gewährte den Kleinbauern Kredite, ließ Prachtbauten errichten und förderte die Künste – darunter die ersten Tragödien.

Was ist ein Demagoge?

Wörtlich ein »Volksführer«. Meist wird der Begriff jedoch abwertend gebraucht und bezeichnet einen Aufwiegler und Volksverführer.

Die Anfälligkeit der jungen Athener Demokratie wurde ihr im Peloponnesischen Krieg (431–404 v. Chr.) zum Verhängnis: Die aufgepeitschte Volksversammlung war zu keiner umsichtigen Politik fähig und ließ sich von Demagogen zu immer neuen militärischen Abenteuern hinreißen. So wurde 410 v. Chr. in schon kritischer Lage ein Friedensangebot des Kriegsgegners Sparta ausgeschlagen. Der Krieg endete schließlich mit der totalen Niederlage Athens.

Was tat der römische Senat?

Der Senat wurde mit der Zeit zur zentralen politischen Einrichtung der römischen Republik. Er konnte sich zwar nicht selbst einberufen und hatte lediglich beratende Funktion, genoss aber hohes Ansehen. Ohne seine Zustimmung erhielt keine Amtshandlung der Magistrate und kein Beschluss der Volksversammlung Gültigkeit. Später, im römischen Kaiserreich, verlor der Senat seinen politischen Einfluss.

Hatten alle Bürger einer Stadt gleich viel zu sagen?

Mitnichten! Der Machtzuwachs der Städte führte sogar zu einer Einschränkung des Personenkreises, der politisch Einfluss nahm.

Venedig begrenzte 1297 seinen Großen Rat auf einige wenige Familien. In Mailand und Pisa trat die Herrschaft eines Einzelnen (Signorie) an die Stelle eines autonomen Gemeinwesens (Kommune). Wichtige Familien mit der Macht von Fürsten wie die Visconti in Mailand (1278) und die Medici in Florenz (seit 1434) dominierten nun die Politik der Stadt.

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