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Giftpflanzen: Eine unterschätzte Gefahr für Kinder
Einmal nicht hingeguckt und schwupps! Schon hat das Kleinkind die kleine rote Beere von der Pflanze am Wegesrand verschluckt. Kinder zwischen etwa vier und 18 Monaten erkunden ihre Welt vor allem mit dem Mund. Wie fühlt sich der Gegenstand an? Ist er weich oder hart? Welche Form hat er? Doch das birgt auch Risiken: Sie können sich dabei an kleinen Gegenständen verschlucken oder giftige Chemikalien sowie Pflanzen zu sich nehmen. Auch ältere Kinder tendieren noch dazu, sich wohlschmeckend aussehende Pflanzen und Pflanzenteile in den Mund zu stecken.
Giftpflanzen mit Apps erkennen
Besonders in der Frühlings- und Sommerzeit lauern in Gärten und Parks potenziell giftige Pflanzen. Um sie als solche zu erkennen, können spezielle Apps wie PlantNet, Flora Incognita oder iNaturalist helfen. Meist reicht ein Foto von Blatt, Blüte oder Frucht der Pflanze aus, damit die Apps sie einer Art zuordnen können. Oft geben sie auch Auskunft über die Giftigkeit der Pflanze.
Allerdings macht bekanntlich die Dosis das Gift, wie der Arzt und Naturphilosoph Paracelsus bereits 1538 festhielt. Nicht alle Pflanzenteile müssen giftig sein, und meist verschlucken Kinder sie nur in geringen Mengen. Aber welche giftigen Pflanzen werden von Kindern besonders häufig verschluckt und wie gefährlich sind sie?
Welche Pflanzen auf Kinder besonders verlockend wirken
Laut der Stiftung Kindergesundheit zählen Eibe, Holunder, Maiglöckchen, ungekochte Gartenbohnen, Goldregen, Aronstab, Narzisse, Lebensbaum, Wolfsmilchgewächse, Wilder Wein und Oleander zu den am häufigsten angefragten Pflanzen, die Menschen potenziell schaden können.
Besonders der kleine leuchtend rote Samenmantel der Eibe kann auf Kinder verlockend wirken. Tatsächlich ist das Fruchtfleisch der einzige Teil des Nadelbaums, der genießbar ist. Doch der Samen, der unter dem roten Samenmantel versteckt ist, enthält giftiges Taxin. Dieser Stoff kann schon in geringen Mengen zu schweren Vergiftungen oder sogar zum Tod führen.
„Schon wenige hundert Gramm Eibennadeln oder -zweige sind für ein erwachsenes Pferd oder Rind absolut tödlich“, erklärt das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Bei Kleinkindern reichen dementsprechend schon deutlich geringere Mengen. „Bereits kurz nach der Aufnahme kommt es zu Bewusstseins- und Kreislaufstörungen. Der Tod tritt meist innerhalb weniger Stunden durch Atemlähmung ein.“ Eiben sind beliebte Heckenpflanzen und können daher an vielen Orten lauern.
Pflanzen in greifbarer Nähe
Auch Holundersträucher sind in Garten und Natur häufig anzutreffen. Doch obwohl wir Limonaden oder Tee mit Holunderbeeren genießen, ist die Pflanze selbst nicht ungefährlich: Die rohen Beeren und Blätter des Holunders enthalten das Pflanzengift Sambunigrin. Erst durch Hitze – zum Beispiel durch Dampfentsaften – wird der Stoff abgebaut. Sambunigrin kann zu Magen-Darm-Beschwerden führen und ist ein eher schwaches Gift, kann für Kinder aber trotzdem gefährlich sein.
Auch andere in Gärten und Anlagen weit verbreitete Pflanzen wie Eisenhut, Herbstzeitlose, Tollkirsche, Schierling, Stechapfel, Rizinus und Engelstrompete enthalten giftige Stoffe. Der Schierling wächst zu allem Überfluss auch noch an Feld- und Wegesrändern und Brachland und ist so für Kinder oft in greifbarer Nähe. Tückisch, denn die Pflanze gehört zu den giftigsten einheimischen Gewächsen.
Alle ihre Pflanzenteile enthalten das Nervengift Coniin und schon bei Berührung kann es durch die Haut aufgenommen werden und sie reizen. Eine Vergiftung mit Schierling kann bereits nach 15 Minuten erste Symptome hervorrufen. Der griechische Philosoph Sokrates soll sogar mit den Früchten des Schierlings hingerichtet worden sein, indem er sie zerdrückt mit Wasser trank.
Was tun, wenn mein Kind eine giftige Pflanze zu sich genommen hat?
Befürchten Eltern, dass ihr Kind eine giftige Pflanze in den Mund gesteckt oder gar verschluckt hat, sollten sie sofort den Giftnotruf wählen und nicht erst auf eventuelle Anzeichen einer Vergiftung warten, wie die Stiftung Kindergesundheit rät. Betroffene Kinder sollten außerdem viel Wasser, Tee oder Saft zu sich nehmen. Auf keinen Fall sollte ihnen jedoch Milch zu trinken gegeben werden, da diese die Aufnahme des Gifts sogar begünstigt. Auch sollten Kinder nicht absichtlich – zum Beispiel durch das Trinken von Salzwasser – zum Erbrechen gebracht werden.
In Deutschland sind folgende Giftnotruf- oder Giftinformationszentren rund um die Uhr unter folgenden Telefonnummern zu erreichen:
- Berlin: 030/19240
- Bonn: 0228/19240
- Erfurt: 0361/730730
- Freiburg: 0761/19240
- Göttingen: 0551/19240
- Mainz: 06131/19240
- München: 089/19240
Dass eine Vergiftung vorliegt, zeigt sich spätestens an den entsprechenden Symptomen, darunter Bauchschmerzen, Schleimhautreizungen, vermehrter Speichelfluss, Mundtrockenheit, Erbrechen und Durchfall. Es kann jedoch auch zu Verwirrtheit, Krampfanfällen und Herzrasen kommen. Die Symptome unterschieden sich je nach Pflanzenart und Dosis. Bei Vergiftungssymptomen sollte das Kind direkt in die Notaufnahme gebracht oder ein Krankenwagen gerufen werden.