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Wer waren die Azteken?
Die Azteken – auch Nahua oder Mexica, wie sie sich selbst nannten – lebten vom 14. bis zum 16. Jahrhundert in Mittelamerika in einem Gebiet, das heute zu Mexiko gehört. Der namensgebenden Legende zufolge kam dieses indigene Volk aus dem nordischen Ort „Aztlán“, von dem jedoch nicht bekannt ist, ob es ihn wirklich gab. Obwohl die Azteken heute berühmtberüchtigt sind, existierte das eigentliche „Azteken-Reich“ nur 91 Jahre – von 1430 bis 1521.

Wo liegen die Ursprünge des Azteken-Reiches?
Bevor sie sich mühsam zu einer mächtigen Hochkultur entwickelten, waren die Azteken jahrhundertelang eher unbedeutende Nomaden, die heimatlos umhergezogen. Um 1325 gründeten diese bäuerlichen Nomaden eine Siedlung auf sumpfigen Inseln, Pfählen und Dämmen im Texcoco-See. Der Salzsee war nicht sonderlich attraktiv, möglicherweise aber der einzige noch freie Platz in dem bereits dicht von anderen Völkern besiedelten Gebiet in Zentralmexiko.
Diese Tenochtitlán genannte Siedlung wuchs dennoch und wurde zur Hauptstadt der Azteken. Sie entwickelte sich in den rund 200 Jahren ihrer Herrschaft vom einfachen Bauerndorf zu einer klug angelegten, befestigten Metropole mit Palästen, pyramidenförmigen Tempeln, Aquädukten und Dampfbädern, deren Überreste Archäologen in den vergangenen Jahren entdeckt haben. Möglich machte dies unter anderem die Ernährung über am Seeufer raffiniert angelegte, schwimmende Gemüsegärten. Für diese „Chinampas“ schichteten die Azteken nährstoffreichen Schlamm, Wasserpflanzen und Schilfgeflecht zu Floß-Inseln auf. Darauf gediehen bis zu sieben Ernten pro Jahr – darunter Mais, Kürbis, Tomaten und Bohnen.
Mit etwa 150.000 bis 200.000 Einwohnern gehörte Tenochtitlán vor seiner Zerstörung im Jahr 1521 zu den größten und modernsten Städten der Welt, schätzen Historiker. Heute befindet sich in dem inzwischen trockengelegten Areal die mexikanische Hauptstadt Mexiko-Stadt.
Dreierallianz verhalf zum Aufstieg
Ihren Aufstieg hatten die Azteken einem 1428 geschlossenen Dreierbündnis mit zwei anderen Großstädten im selben Hochtal rund um den See zu verdanken: Texcoco und Tlacopán. Diese wurden von den Acolhua und Tepaneken errichtet und beherrscht. Die zugewanderten Azteken waren zunächst nur die geduldeten Vasallen dieser mächtigeren Volksgruppen, wurden jedoch mit der Zeit von ihnen akzeptiert. Mit dem Dreierbund wuchs der Einfluss der Azteken.
Schrittweise formierte sich von da an das Tenochca-Reich, das heute als Azteken-Reich bezeichnet wird. Dabei setzten sich die Azteken zunächst gegen die beiden Bündnispartner und viele andere im Tal von Mexiko lebende Völker durch. Ab 1430 bauten sie ihre Vorherrschaft dann in alle Himmelsrichtungen weiter aus – durch Handelsbeziehungen mit anderen Völkern, durch gezielte Heiraten sowie durch Eroberungskriege. So brachten die Azteken die Gebiete vom Texcoco-See bis zum Golf von Mexiko, zum Pazifik und bis zum heutigen Guatemala unter ihre Kontrolle. Zu seiner Blüte sollen schätzungsweise bis zu sechs Millionen Menschen im Azteken-Reich gelebt haben.

Wie sah das Leben im Azteken-Reich aus?
Regiert wurden die Städte von adeligen Familien. Diese elitäre Oberschicht forderte von den unterworfenen Bewohnern der umliegenden Siedlungen hohe Tribut- und Steuerzahlungen als Pacht für das eroberte Land. Dazu gehörten sowohl Lebensmittel als auch Rohstoffe für Kleidung, Waffen und Schmuck. Azteken-Schwerter bestanden beispielsweise aus Holz und scharfen Klingen aus dem Vulkangestein Obsidian. Schmuck fertigte das Volk unter anderem aus Jade, Gold, Türkis und Vogelfedern, Kleidung aus Baumwolle und Tierfellen.
Einige wertvolle Waren opferten die Azteken auch ihren unzähligen Göttern, allen voran dem Kriegs- und Sonnengott „Huitzilopochtli“ sowie dem Regen- und Fruchtbarkeitsgott „Tlaloc“. Überwiegend brachten sie diesen jedoch Menschenopfer und töteten dafür jedes Jahr Tausende. Denn die Azteken fürchteten sich vor der Apokalypse, dem vermeintlich letzten „Sonnenuntergang“. Das Blut der Menschenopfer sollte den kontinuierlichen Lauf der Sonne, den Kreislauf des Lebens und den Fortbestand des Universums sichern, so der Glaube.
Die Opfer waren oft männliche Kriegsgefangene und Sklaven, aber auch Frauen und Kinder, denen die aztekischen Priester bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust schnitten. Die Schädel dienten den Azteken als Trophäen, die sie unter anderem auf Holzgestellen zur Schau stellten, wie archäologische Funde belegen.

Wie sah die Azteken-Kultur aus?
Trotz dieser blutrünstigen religiösen Rituale waren die Azteken aber keine Barbaren, sondern durchaus kultiviert. Davon zeugen noch erhaltene originale sowie nachträglich angefertigte „Bücher“ der Azteken, die Codices. Diese farbigen Handschriftensammlungen dokumentieren in den Piktogrammen der Bildsprache „Nahuatl“, wie das Leben der Azteken damals aussah, welchen Regeln die Gesellschaft folgte und welche Werte ihrer Weltsicht zugrunde lagen.
Demnach pflegten die Azteken beispielsweise Poesie und Lyrik sowie Gesang, Philosophie und Ballsport. Zudem legten sie großen Wert auf Körper- und Straßenhygiene, betrieben staatliche Schulen für alle Kinder sowie Rathäuser und Gerichte, in denen für alle dieselben Gesetze galten. In diesen Aspekten waren sie sogar fortschrittlicher als zur selben Zeit die Europäer.

Warum ging das Azteken-Reich unter?
Das Azteken-Reich und seine Kultur nahmen jedoch ein rasches Ende, als die Spanier in Mexiko eintrafen. Von 1519 bis 1521 eroberten Kämpfer um den Conquistador Hernán Cortés das Reich. Vorgebliches Ziel der Soldaten und Missionare war es, die Indigenen zum christlichen Glauben zu bekehren. Im Namen der katholischen Kirche zerstörten sie das Erbe der Azteken-Kultur, verbrannten die Codices, sprengten Tempel und andere rituelle Bauwerke.
Dabei halfen den Spaniern ihre fortschrittlichen Kampfwerkzeuge – Gewehre, Kanonen, Eisenpanzer und Pferde. Entscheidend für den Untergang des Aztekenreichs waren aber über 20.000 Einheimische, die sich mit den wenigen hundert weißen Eroberern verbündeten. Dies waren unzufriedene Menschen aus dem Herrschaftsgebiet der Azteken sowie rivalisierende Völker, die genug von der aztekischen Übermacht und der imperialen Ausbeutung hatten.
Als Letztes fiel bei den Kämpfen nach langer Belagerung im August 1521 die Hauptstadt Tenochtitlán. Von den überlebenden Azteken wurden anschließend viele als Sklaven nach Europa oder in andere spanische Kolonien gebracht. Von jenen, die in ihrer Heimat blieben, starben Millionen an eingeschleppten Infektionskrankheiten wie Salmonellen, Grippe, Masern, Typhus, Pocken und Cholera – weit mehr als bei den Eroberungskämpfen.