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Heute vor 775 Jahren: Bau des Kölner Doms beginnt

15. August 1248: Erzbischof Konrad von Hochstaden legt den Grundstein des Kölner Doms. Damals hätte allerdings keiner ahnen können, dass es noch über 600 Jahre dauern sollte, bis das prestigeträchtige Gebäude endlich vollendet sein würde. Denn die Geschichte des Kölner Doms – „Gottes ewiger Baustelle“ – ist turbulenter als man es der monumentalen Kathedrale heute ansehen mag. Doch warum hat der Bau so lange gedauert? Und weshalb sollte in Köln überhaupt ein derart riesiger Dom entstehen?
AMA, 15.08.2023
Westfassade des Kölner Doms, Aufsicht

© saiko3p, GettyImages

Die Stelle, an der heute der Kölner Dom steht, war schon vor über 1.500 Jahren ein Ort für kirchliche Bauten. Spätestens im sechsten Jahrhundert nach Christus, womöglich auch schon früher, befand sich dort bereits eine große Kirchenanlage mit mehreren Sakralbauten und merowingischen Fürstengräbern.

Dreikönigenschrein hinter dem Hochaltar des Kölner Doms
Der vor dem Bau des gotischen Doms fertiggestellte Dreikönigenschrein gilt als das größte und künstlerisch anspruchsvollste erhaltene Reliquiar des Mittelalters.

Heilige Drei Könige bringen Weltruhm

Bis zum Jahr 873 hatte sich aus dieser frühen Kirchenanlage schließlich eine gewaltige karolingische Kirche entwickelt, der sogenannte Alte Dom. Doch ab dem Jahr 1164 war selbst dieser Dom auf einmal nicht mehr gut genug für die Stadt am Rhein. Der Grund: Köln hatte sich auf einen Schlag zu einem der bedeutendsten Pilgerorte Europas gemausert.

Erzbischof Rainald von Dassel war es nämlich gelungen, eine prestigeträchtige Sehenswürdigkeit nach Köln zu holen: die Gebeine der Heiligen Drei Könige, die auch heute noch im Kölner Dom liegen. Von Dassel hatte sie von Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) als Dank für geleistete Dienste auf dessen Italienfeldzug erhalten. Um dem neuen Image als bedeutsamer Wallfahrtsort gerecht zu werden, sollte der Alte Dom nun einem neuen Kirchengebäude weichen. Und zwar einem so großen und herrlichen, wie es die Welt zuvor noch nie gesehen hatte. Die Idee für den Kölner Dom war geboren.

Baukran auf dem Südturm des Kölner Domes vor dem Abriss, 1865
Der Baukran auf dem Südturm, der über Jahrhunderte auf jeder Kölner Stadtansicht dargestellt wurde, fällt erst 1865, als man beginnt die Westfassade hochzuziehen.

© Gemeinfrei

Mühsame Arbeit über Generationen hinweg

Vom Stil her sollte der Kölner Dom sich an der französischen Gotik orientieren, doch seine Größe sollte alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen. Diese Vision ließ die originalen Baupläne nah an die Grenzen des damals technisch Möglichen heranreichen. Der offizielle Startschuss für das Megaprojekt fiel auf den Tag genau vor 775 Jahren, am 15. August 1248. Damals legte Erzbischof Konrad von Hochstaden den Grundstein für den Bau der monumentalen Kathedrale.

Die Arbeiten begannen und waren in einer Zeit ohne moderne Kräne, Bagger und Gabelstapler so mühsam und langwierig, dass Generationen von Arbeitern nichts anderes taten, als bei der Errichtung des Kölner Doms zu helfen. Doch nicht nur der Bau an sich, sondern auch die Beschaffung der Steinquader war ein Knochenjob. Diese stammten vom rheinabwärts gelegenen Drachenfels, wo die Arbeiter sie zunächst mit Spitzhacken, Keilen, Meißeln, Steinsägen und Brechstangen mühsam aus dem Berg lösen mussten. Über eine große Steinrutsche gelangten sie schließlich hinunter zum Rhein, wo sie mit Lastkähnen und Flößen zum Dom geschafft wurden.

Zustand des Kölner Domes im Jahre 1824
Zustand im Jahre 1824: Südturm und Chor ragen über den Torso des Dombaus, der von den angrenzenden Gebäuden teilweise verdeckt wird.

© Max Hasak / Gemeinfrei

Eine ereignisreiche Pause

272 Jahre dauerte diese Plackerei an, bevor die Bauherren sie schließlich stoppten. Doch nicht etwa, weil der Dom zu diesem Zeitpunkt fertig war, sondern weil das Geld ausgegangen war. Die gerade gestartete Reformationsbewegung und der Dreißigjährige Krieg verlängerten die Zwangspause des Kölner Doms zusätzlich, sodass er zwischen 1520 und 1842 praktisch als Ruine dalag. Manche Außenmauern waren zu diesem Zeitpunkt gerade einmal fünf Meter hoch. Und auch der unvollendete Südturm hatte es bis dahin nur auf 56 Meter geschafft, ein Drittel der eigentlich geplanten Höhe. Über dem Turmstumpf hatte man außerdem einen mittelalterlichen Baukran stehen lassen, der bis zum Jahr 1868 als ungewöhnliches Wahrzeichen der Stadt Köln galt.

In seiner 300-jährigen Baupause erlebte der ruinenhafte Dom so einiges. Eines seiner dunkelsten Kapitel brach 1794 an, als die Truppen der Französischen Revolution das Rheinland besetzten. Nur zwei Jahre später war der Dom für Gottesdienste geschlossen und stattdessen zu einem Magazin und Kriegsgefangenenlager umfunktioniert worden. Auch äußerlich hatte die Kathedrale gelitten. Teile ihrer Bleideckung und Bronzebildwerke waren eingeschmolzen worden, um daraus Metall für den Krieg zu gewinnen. Die hölzerne Ausstattung des Langhauses war den Kriegsgefangenen im kalten Winter von 1797/98 als Brennholz zum Opfer gefallen.

Plan F der Kölner Domfassade (l.) und Westansicht des Kölner Dom von Sulpiz Boisserée, 1821
Links der 1814 und 1816 in zwei Teilen wiederentdeckte "Plan F" von 1370, die größte und bedeutendste Architekturzeichnung des Mittelalters. Rechts die darauf basierende Ansicht der Westfassade von Sulpiz Boisserée, 1821.

© Gemeinfrei

Versuch Nummer zwei

Die Jahre vergingen und als irgendwann alle Kriegswirren überwunden schienen, setzte sich der junge Kaufmannssohn Sulpiz Boisserée im 19. Jahrhundert dafür ein, den Kölner Dom endgültig fertigzustellen. Auch bekannte Größen wie Johann Wolfgang von Goethe oder Joseph von Eichendorff machten sich an seiner Seite stark für die Wiederaufnahme der Baumaßnahmen. 1842 war es schließlich so weit und König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen legte den Grundstein für den Weiterbau.

Keine 40 Jahre später – im Jahr 1880 – war die Kathedrale auf Basis der kurz wiederentdeckten alten Baupläne, aber mit Hilfe moderner Technik schließlich vollendet. Seine über 157 Meter hoch aufragenden Westtürme machten den Kölner Dom seinerzeit für kurze Zeit sogar zum höchsten Bauwerk der Welt.

Kölner Dom nach der Fertigstellung.
Kölner Dom nach der Fertigstellung.

© Gemeinfrei

Zweiter Weltkrieg wütet im Dom

Doch der Triumph hielt nicht lange an, denn die Zerstörungswut des nahenden Zweiten Weltkriegs machte auch vor dem Kölner Wahrzeichen nicht Halt. Insgesamt 14 schwere Spreng- und über 70 Brandbomben trafen den Kölner Dom. Die meisten Gewölbe der Mittelschiffe von Lang- und Querhaus waren dabei eingestürzt, die Orgel und ein Großteil der Fenster des 19. Jahrhunderts zerstört.

Neben unzähligen Absprengungen am ganzen Gebäude wurde insbesondere ein Bombentreffer am Turmpfeiler dem Dom gefährlich. Doch noch während des Krieges gelang es, diesen Schaden provisorisch mit Ziegelsteinen zu reparieren und so ein Einstürzen des Turms zu verhindern. Auch größere Schäden an den erhaltenen mittelalterlichen Kunstwerken konnten verhindert werden, denn entweder hatte man sie frühzeitig abmontiert und fortgebracht oder mit Sandsäcken und Verschalungen geschützt.

 Dom im ausgebombten Köln (1945)
Mitgenommen, aber erhalten: Der Kölner Dom im ausgebombten Köln, 1945.

© Clark (Mr), Royal Air Force official photographer

Gottes ewige Baustelle

Bis 1956 stand der Dom schließlich wieder und der heftige Beschuss war ihm kaum noch anzusehen. Geblieben waren nur einige kleinere Kriegsschäden. Doch das bedeutete noch lange nicht, dass die Bauarbeiten am Kölner Dom nun endgültig abgeschlossen waren. Denn nicht nur Bomben können das jahrhundertealte Bauwerk schädigen, sondern ebenso die Zeit.

Auch heute restaurieren Handwerker daher noch Schäden, die fortlaufend durch Verwitterung und Umwelteinflüsse hinzukommen. Oder wie es die Kölner Tourismusorganisation formuliert: „Sind notwendige Arbeiten an einer Stelle erledigt, geht es an der nächsten direkt weiter, um Kölns Wahrzeichen zu erhalten. Ohne Baugerüst zu sehen, gibt es den Dom meist nur auf Spekulatius, Andenken und Co.“

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