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Boston Tea Party: Wie Tee vor 250 Jahren eine Revolution auslöste

Vor 250 Jahren, am 16. Dezember 1773, enterten Bostoner Bürger britische Teeschiffe und versenkten deren gesamte Ladung im Hafen. Das Ereignis wurde bekannt als Boston Tea Party und hatte weitreichende Folgen. Doch was hatten die Bostoner gegen den Tee? Warum waren sie bei der Aktion als Indianer verkleidet? Und wie hat die Boston Tea Party letztendlich zur amerikanischen Unabhängigkeit geführt?
Lithographie The Destruction of Tea at Boston Harbor. 1773. von Sarony & Major, 1846

© Nathayel Corrier / Public domain

16. Dezember 1773: Eine Gruppe Bostoner Bürger stürmt drei britische Schiffe, die in der Stadt gerade vor Anker liegen. Sie nehmen die Fracht – 342 mit importiertem Tee beladene Kisten – und werfen sie ins Wasser. Insgesamt landen bei dieser „Boston Tea Party“ 45 Tonnen Tee im Hafen. Heute wäre eine solche Menge über 900.000 Euro wert. Aber was hatten die Bostoner gegen den Tee?

Amerika versus Großbritannien

Kurz gesagt wollen die Bostoner Bürger an diesem Tag der britischen Krone zeigen, wie wenig sie von ihr halten. Denn 1773 sind die östlichen Teile der heutigen USA noch Kolonien Großbritanniens – und so werden die dortigen Untertanen auch behandelt. Für König George III. sind die amerikanischen Kolonien nicht mehr als ein „Anhängsel“ des Mutterlandes und dürfen daher zum Beispiel auch keine eigenständigen Regierungen wählen. Ab den 1760er Jahren beginnt Großbritannien außerdem damit, seine Kolonien finanziell ausbeuten, um so die enormen Staatsschulden zu decken, die sich wegen der Kriegsführung in Europa angehäuft haben.

Zu diesem Zweck erhebt die Kolonialmacht auch immer mehr Zölle und Steuern auf Produkte, die nach Amerika verschifft werden. Was mit Zucker, Spielkarten und Zeitungen begann, weitet sich schnell auf viele weitere Güter aus, darunter Farbe, Glas, Blei und Tee. Für die amerikanischen Kolonisten ist dadurch einiges erheblich teurer geworden. Der ohnehin große Unmut in der Bevölkerung wächst und es kommt zu Protesten. Im Jahr 1770 gibt die britische Regierung diesen schließlich nach und hebt alle neuen Steuern wieder auf. Bis auf eine: die Teesteuer.

Beim Tee geht‘s ums Prinzip

Doch das reicht den Amerikanern nicht. Sie sind es ohnehin schon länger satt, unter der Fuchtel Großbritanniens zu stehen, und die verbliebene Teesteuer ist nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Die Kolonisten weigern sich fortan, den Tee zu kaufen, den Großbritannien per Schiff aus seinen indischen Besitzungen nach Amerika bringt. Stattdessen schmuggeln sie Tee von niederländischen Anbietern ins Land, wodurch die Britische Ostindien-Kompanie mit Millionen Kilogramm überschüssigem Tee dasteht und auf den Bankrott zusteuert.

Das britische Parlament reagiert prompt. Es hebt zwar die Steuer nicht auf, sorgt stattdessen aber dafür, dass der Tee zu deutlich günstigeren Preisen in Amerika angeboten werden kann. Parlament und König hoffen so, den Absatz wieder anzukurbeln. Doch den Kolonisten geht es jetzt ums Prinzip. Auch wenn der britische Tee nun deutlich günstiger ist als die Alternative aus den Niederlanden, führen sie ihren Boykott fort. Eine treibende Kraft hinter diesem unermüdlichen Widerstand gegen die britische Kolonialpolitik sind die sogenannten Sons of Liberty („Söhne der Freiheit“), eine Widerstandsgruppe aus Boston, die sich für die Unabhängigkeit Amerikas einsetzt. Zu ihren Führungsfiguren gehören unter anderem John Hancock und Samuel Adams.

Karikatur The able Doctor, or America Swallowing the Bitter Draught, von 1774
Vergewaltigung der Personifizierung Bostons durch die Briten. Die vom britischen Premierminster Lord North als Reaktion auf die Bostoner Ereignisse veranlassten Repressionen wurden nicht nur in den Kolonien als harsch empfunden.

© Public domain

Eine unvergessliche Teeparty

Die Sons of Liberty gehen in ihrem Teestreik sogar so weit, dass sie die Kapitäne der Bostoner Lotsenschiffe auf ihre Seite ziehen und mit ihrer Hilfe die mit Tee beladenen britischen Schiffe davon abhalten, überhaupt in den Hafen einzulaufen. Doch im November 1773 versagt dieses System und ein Schiff der Ostindien-Kompanie kommt durch. Hancock und Adams wollen es umgehend zurück nach Hause schicken, doch der ansässige Gouverneur pocht darauf, dass die „Dartmouth“ zunächst ihre Fracht entlädt und den dafür fälligen Zoll entrichtet. Die Kolonisten können das zwar zunächst verhindern, doch kurze Zeit später – am 16. Dezember – laufen mit der „Eleanor“ und der „Beaver“ noch zwei weitere Teefrachter in den Hafen ein.  

Was genug ist, ist genug, denken sich die Kolonisten und organisieren noch für denselben Abend eine nie dagewesene Protestaktion. 50 von ihnen – darunter auch einige Sons of Liberty – ziehen hinunter zum Hafen, klettern an Bord der drei Schiffe und werfen alle 342 Teekisten ins Wasser. Einige Protestteilnehmer verkleiden sich dabei als Mohawk-Indianer. Anders als häufig angenommen tun sie dies jedoch wahrscheinlich nicht, um später die Schuld auf die Ureinwohner schieben zu können, sondern weil Indianer damals ein Symbol für Freiheit sind.

Boston Tea Party löst Revolution aus

Die Aktion im Bostoner Hafen wird scherzhaft unter dem Namen „Boston Tea Party“ bekannt – und hat weitreichende Folgen. Erzürnt von den Neuigkeiten aus Boston erlässt das britische Parlament eine Reihe neuer, strenger Verordnungen für die ganze Stadt. Unter anderem wird der Hafen geschlossen und gebürtige Briten sind nun die alleinigen Machthaber. Die Protestierenden stehen also noch deutlich schlechter da als zuvor. Doch diese neuen Einschränkungen weisen sie keineswegs in ihre Schranken, sondern bewirken das genaue Gegenteil.

Noch im März 1774 findet eine zweite Boston Tea Party statt und auch andernorts veranstalten Unabhängigkeitskämpfer ähnliche Aktionen. Sie errichten Scheiterhaufen, auf denen Privatpersonen ihre britischen Teevorräte demonstrativ verbrennen, und demolieren Läden, die britischen Tee im Angebot haben. Im September 1774 gipfeln diese Aktionen dann schließlich im ersten Kontinentalkongress in Philadelphia. Auf ihm wird beschlossen, eine eigene Armee aufzustellen und Krieg gegen die Kolonialmacht zu führen, um von ihr unabhängig zu werden. Mit Erfolg, wie man heute weiß: Jedes Jahr am 4. Juli 1776 wird in den USA der amerikanische Unabhängigkeitstag gefeiert.

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