Die Premiere
Die ersten Winterspiele bekamen die olympischen Weihen erst 1926 verliehen. Die zwei Jahre zuvor in Chamonix ausgetragenen Wettbewerbe hatten ursprünglich als “Internationale Wintersportwoche” stattgefunden.
Nachdem Eiskunstlauf als Wettbewerb schon 1908 bei den Olympischen Spielen in London auf dem Programm gestanden hatte, regte der Italiener Eugène Brunetta d’Usseaux 1911 die Durchführung eigener Winterspiele an. Seine Idee stieß jedoch auf den Widerstand der skandinavischen Länder, die den Fortbestand ihrer seit 1901 regelmäßig in Schweden ausgetragenen Nordischen Spiele gefährdet sahen. Dennoch wurden bei den Spielen 1920 Medaillen im Eiskunstlauf und Eishockey vergeben.
Zur Internationalen Wintersportwoche in Chamonix schickten 17 Nationen fast 300 Aktive, darunter 13 Frauen. Die Organisatoren hatten u.a. ein Eisstadion errichten lassen, das auf 27 000 m2 Fläche zwei nebeneinander liegende Eishockeyfelder und eine 400-m-Rundbahn bot.
Die gut organisierten Wettkämpfe litten unter den widrigen Witterungsverhältnissen, die den Sportlern abwechselnd Temperaturstürze und Tauwetter bescherten.
In den fünf Sportarten Bobsport, Eishockey, Eiskunstlauf, Eisschnelllauf und Nordischer Skisport bewiesen die Skandinavier ihre Vormachtstellung: Die Nationenwertung gewann Norwegen mit vier Gold-, sieben Silber- und sechs Bronzemedaillen vor Finnland (viermal Gold, je dreimal Silber und Bronze).
Herausragender Teilnehmer war jedoch nicht ein Norweger, sondern der Eisschnelläufer Clas Thunberg. Der in Anspielung auf seinen Landsmann, den Leichtathleten Paavo Nurmi, als “Nurmi auf dem Eis” bezeichnete Finne holte drei Goldmedaillen (1500 m, 5000 m, Vierkampf), Silber über 10 000 m und Bronze im 500-m-Sprint. Als “Ski-König” ließ sich der Norweger Thorleif Haug feiern, der den 18-km- und 50-km-Langlauf sowie die Nordische Kombination vor Thoralf Strømstad und Johan Grøttumsbråten (beide NOR) gewann.
Zum Abschluss der Wintersportwoche vergab IOC-Präsident Pierre de Coubertin erstmals einen “Preis für Alpinismus” an Charles G. Bruce. Der britische General war 1922 Leiter einer Expedition gewesen, die jedoch vergeblich versucht hatte, den Mount Everest zu bezwingen (Erstbesteigung 1953).
Nach dem großen Erfolg der Wettbewerbe in dem ostfranzösischen Ort entschied das IOC im darauffolgenden Jahr, Winterspiele künftig im Vierjahresrhythmus zu veranstalten – unabhängig von den bisherigen Spielen der Olympiade, die weiterhin als Olympische Spiele ausgetragen werden sollten.