Wissensbibliothek
Entdecker und Erfinder – Vorstoß in neue Welten
Die Geschichte der Technik beginnt in grauer Vorzeit: Als die Menschen ihre ersten Werkzeuge herstellten, wurden sie zu Erfindern. Auch Entdecker hat es immer gegeben – Menschen, die in unbekannte Zonen vorstießen, auf der Suche nach Nahrung oder neuen Lebensräumen. Das Erfinden und Entdecken, das Nachdenken und Erkennenwollen ist dem Menschen von jeher zueigen. An einzelnen Personen festmachen können wir Erkenntnisse und technische Entwicklungen erst ab der griechischen Antike, und da begegnet uns im 6. Jahrhundert v.Chr. Pythagoras. Der nach ihm benannte geometrische Lehrsatz ist bis heute gültig. Mit ihm beginnt dieses Kapitel.
Es folgen Persönlichkeiten, deren Namen uns heute noch geläufig sind: Hippokrates (460–377 v.Chr.), auf den der nach ihm benannte Eid der Mediziner zurückgeht, oder Hildegard von Bingen (1098–1179), deren Klostermedizin inzwischen wieder populär ist. Als aufregende Epoche präsentiert sich die beginnende Neuzeit: Kolumbus (1451–1506) entdeckt die Neue Welt, und Kopernikus (1473–1543) beweist, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Nicht zuletzt prägt Johannes Gutenberg (um 1400–1468) die neue Zeit. Sein Buchdruck mit beweglichen Lettern ist als »Medienrevolution« vergleichbar mit der Digitalisierung von Daten, die das Computerzeitalter bestimmt. Dafür steht Bill Gates, der dieses Kapitel beschließt.
Das 20. Jahrhundert war auch ein Jahrhundert der Physik, eingeleitet von Marie Curie, die 1903 für ihre Erforschung der Radioaktivität den Nobelpreis erhielt. Auswirkungen auf unseren modernen Alltag zeigen noch immer die großen technischen Neuerungen des 19. Jahrhunderts mit seiner industriellen Revolution. Wir verbinden sie mit den Namen weltberühmter deutscher Pioniere wie Siemens, Daimler, Benz, Röntgen.
Pythagoras: Mathematiker mit großer Anhängerschaft
Was weiß man über Pythagoras?
Über Leben und Person ist wenig bekannt. Der Philosoph, Astronom und Mathematiker Pythagoras wurde auf der griechischen Insel Samos geboren. Gesichert scheint, dass Pythagoras um das Jahr 530 v.Chr. in den griechischen Kolonien in Unteritalien (Kroton) wirkte, wo er eine Philosophenschule gründete. Auf Sizilien, angeblich in Mentapontum, ist er gestorben.
Warum ging der Philosoph nach Italien?
Der Überlieferung nach verließ Pythagoras seine Heimat Samos, weil er die Tyrannei des Polykrates missbilligte, der durch Schillers Ballade »Der Ring des Polykrates« weltberühmt wurde. Die Berichte, wonach Pythagoras Wunder vollbracht und geweissagt habe, gehören ins Reich der Legende. Gleiches gilt wohl für die Berichte über Reisen nach Ägypten, Kleinasien und Babylon. Sicher ist, dass er in Italien eine philosophische Gesellschaft ins Leben rief, für die er einen Kanon von Lebensregeln aufstellte, der das Zölibat, ein verlängertes Schweigegebot sowie verschiedene Arten von Enthaltsamkeit umfasste. Die Philosophenschule kümmerte sich gemäß den Richtlinien ihres Gründers um die Pflege von Philosophie, Mathematik und Musik in Verbindung mit gymnastischen Aktivitäten. Im Zuge der Legendenbildung wurde mit dem Namen Pythagoras allerdings manch ein Lehrsatz verbunden, der erst von späteren Pythagoreern wie Philolaos und Archytas von Tarent stammte.
Was lehrte der Grieche?
Pythagoras lehrte eine Variante der Seelenwanderung, die vermutlich auf bacchische und orphische Mysterien zurückging. Die Essenz dieser Lehre war religiös wie ethisch begründet und sollte ein System aufzeigen, wie durch eine Abfolge von Inkarnationen der Seele in verschiedenen Lebewesen bestimmte Sünden und Tugenden bestraft oder belohnt werden. Aus diesem Grund war es verboten, Tiere zu töten oder zu opfern und Fleisch zu essen.
Wie konstruiert man rechte Winkel?
Mit Hilfe des berühmten Lehrsatzes, der nach Pythagoras benannt ist und der besagt, dass die Fläche eines Quadrats über der längsten Seite eines rechtwinkligen Dreiecks gleich groß ist wie die Summe der Quadrate über den beiden anderen Seiten. Auch die Erkenntnis, dass die Summe der Winkel eines Dreiecks gleich zwei rechten Winkeln ist, wird auf ihn zurückgeführt. Doch betrieb Pythagoras die Mathematik nicht als Selbstzweck oder als begrenzte Fachwissenschaft. Er stellte sie, vor allem die Lehre von den Zahlen, in den Mittelpunkt seiner philosophischen Betrachtungen. Übrigens war Pythagoras nach alter Überlieferung der Erste, der das Wort »Philosophie« in dem uns heute geläufigen Sinn verwendete. Es erschien ihm nämlich anmaßend, sich, wie bis dato üblich, sophos, Weiser, zu nennen, und deshalb bezeichnet er sich als philosophos, Freund der Weisheit.
Welche Bedeutung haben die Zahlen für Pythagoras?
In den Zahlen sieht die pythagoreische Lehre das eigentliche Geheimnis und die Bausteine der Welt. Jede der Grundzahlen von eins bis zehn hat ihre besondere Kraft und Bedeutung, allen voran die vollkommene und umfassende Zehn. Die Harmonie der Welt – Pythagoras war der Erste, der die Welt als »Kosmos« bezeichnete – beruht darauf, dass alles in ihr nach Zahlenverhältnissen geordnet ist. Das zeigt sich für Pythagoras vor allem in der Musik.
So war er wohl der Erste, der den harmonischen Zusammenklang der Töne und die Stufen der Tonleiter auf zahlenmäßige Verhältnisse zurückgeführt hat.
Wer waren die Pythagoreer?
Die Anhänger des Pythagoras. In der Psychologie und in der Ethik der Pythagoreer taucht die Vorstellung von der Harmonie sowie der Begriff der Zahl auf, um einerseits den menschlichen Geist und seine unterschiedlichen Zustände, andererseits den Begriff der Tugend in seinen möglichen Varianten zu erklären. Allerdings waren es weniger diese speziellen Doktrinen der philosophischen Schule, die philosophische Strömungen in Griechenland beeinflussten, als vielmehr die generelle Vorstellung von Umfang und Zielen der Philosophie. Anders als die Ionier, die als Naturwissenschaftler die Philosophie ausschließlich mit Wissen verbanden, waren die Pythagoreer ethisch wie religiös interessiert und strebten danach, die Philosophie auch in einen Zusammenhang mit dem Leben an sich zu bringen. Geschichtlich bleibt ihr Bund bedeutsam als ein bemerkenswerter Versuch, religiöse und philosophische Gedanken in einer abgeschlossenen und disziplinierten Gemeinschaft in die Praxis umzusetzen.
Wussten Sie, dass …
die Behauptung, Pythagoras habe seinen Schülern das Essen von Bohnen untersagt, ein Missverständnis ist? In der griechischen Kolonie Kroton, wo sich Pythagoras niedergelassen hatte, wurde mithilfe schwarzer und weißer Bohnen abgestimmt. Er untersagte also, sich politisch zu betätigen.
seine Anhänger den Philosophen für den Sohn Apolls beziehungsweise den Gott selbst hielten?
Hippokrates: Urvater der Medizin
Was weiß man über das Leben des Hippokrates?
Allzu viel ist nicht bekannt vom Leben des Hippokrates. Die Quellen sind eher dürftig, erwiesen aber ist sein Berühmtheitsgrad, wahrscheinlich schon zu seinen Lebzeiten. Sogar der Philosoph Platon hat den antiken Arzt in seinen Schriften verewigt. Hippokrates kam etwa 460 v. Chr. auf der griechischen Insel Kos zur Welt und ging später bei seinem Vater, dem Arzt Herakleides, der zur Familie der Asklepiaden gehörte, in die Lehre.
Bevor sich Hippokrates auf seiner Heimatinsel niederließ, war er viel unterwegs, auf dem griechischen Festland etwa und in Kleinasien. Die Reisen waren beschwerlich, nicht immer ungefährlich und erforderten eine Menge Zeit. Doch seine medizinischen Erkenntnisse und seine Vorträge darüber fielen bei seinen Zeitgenossen wohl auf fruchtbaren Boden. Hippokrates soll ein Mann von Weitblick, hoher Intelligenz und analytischem Denkvermögen gewesen sein.
Was war das Neue an Hippokrates' Behandlung?
Hippokrates hat als Arzt den Menschen und seine Krankheit stets als Einheit gesehen. Und somit kann er als erster Ganzheitsmediziner gelten. Er fragte beispielsweise immer auch nach dem Umfeld seiner Patienten und nach deren Lebensweise!
Hippokrates glaubte auch an die Selbstheilungskräfte des Körpers, ging mit allzu radikalen Behandlungsmethoden eher vorsichtig um. »Unsere Körper sind die Ärzte unserer Krankheiten«, diese Worte des Hippokrates finden auch heute noch manche Zustimmung.
Was führte der Arzt in die Medizin ein?
Er führte wissenschaftliche Methoden in die Medizin ein. Hippokrates hat beobachtet, verglichen, beschrieben und festgehalten, was er im Lauf langer Jahre bei seinen Patienten wahrnehmen konnte. Dabei ist er auf reelle Ursachen von Krankheiten gestoßen. Heute würde man sagen, er hat nach naturwissenschaftlichen Erklärungen gesucht. Damit war Hippokrates derjenige, der den Krankheiten ihre Verwurzelung in Mystik und Aberglaube nahm und der immer bestrebt war, auslösende Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten zu finden. Als »heilige Krankheit« galt beispielsweise in der Antike die Epilepsie. Für diese Anfälle, so meinten die Menschen damals, seien die Götter verantwortlich. Hippokrates klärte sie darüber auf, dass es sich um eine mangelnde Durchblutung des Gehirns handle.
Was ist der Eid des Hippokrates?
Diesen Eid auf den griechischen Arzt der Antike legen alle Mediziner ab. Der »Eid des Hippokrates« beinhaltet keine starren Regeln, sondern eher Richtlinien und Maßstäbe für medizinethische sowie philosophische Denk- und Handelsweisen. Wer diesen Eid leistet, verpflichtet sich zu hohem Verantwortungsbewusstsein, zu Respekt vor dem Menschen und zu einem bestmöglichen Einsatz für den Patienten.
Was ist das Corpus Hippocraticum?
Es handelt sich dabei um eine der ersten umfassenden medizinischen Fachliteratursammlungen der Welt. Sie befand sich in der umfangreichen Bibliothek der berühmten Medizinschule von Kos, an der Hippokrates gelehrt hatte. Wie viele der 60 bis 70 Abhandlungen des »Corpus Hippocraticum« tatsächlich aus der Feder des gelehrten griechischen Arztes Hippokrates stammen, liegt im Dunkeln. Es wird unter anderem spekuliert, dass es sich um ein Gemeinschaftswerk von Vertretern der Medizinschule handeln könnte, in das auch ältere Abhandlungen eingeflossen sind.
Diese Schriften waren für die Zeitgenossen eine Sensation: Nie zuvor war das Bild des kranken Menschen, dessen Bezug zu Umwelt, Lebensweise oder Ernährung so komplex dargestellt worden. Die Arbeiten widmen sich der Prognose, der Vorbeugung von Krankheiten, den Heilkuren, aber auch der Anatomie oder etwa dem Einrenken von ausgekugelten Gelenken. Einige Bände des »Corpus Hippocraticum« galten bis ins 19. Jahrhundert hinein als Standardlektüre für Mediziner, hatten also in über 2000 Jahren nichts an Aktualität eingebüßt. Und das philosophische und ethische Erbe des Hippokrates hat bis heute Gültigkeit.
Wer war Asklepios?
Asklepios (lat. Äskulap), dargestellt mit einem von einer heiligen Schlange umwundenen Stab, ist der Ahnherr der Medizin. Der berühmte Äskulapstab ist noch heute das Zeichen für den ärztlichen Stand. Asklepios, dem griechischem Gott der Heilkunst und Sohn des Apoll, waren auch auf der Insel Kos, wo Hippokrates geboren wurde, Heiligtümer geweiht, zu denen Kranke und Sieche pilgerten. Seine Jünger und Anhänger sind die Asklepiaden.
Wussten Sie, dass …
Hippokrates als Begründer von Diäten gelten kann? Mit seinen Regeln für eine so genannte Diätetik schrieb er eine zweckmäßige Ernährung vor, die speziell für den Körper von erkrankten Personen galt. Ebenso sollte sie auch der Gesundung der Seele dienen.
Archimedes: Theoretiker mit Blick fürs Praktische
Wo setzte Archimedes sein Wissen vor allem ein?
Im Krieg. Der in Syrakus auf Sizilien als Sohn eines Astronomen geborene Archimedes kehrte nach einigen Jahren Aufenthalt im ägyptischen Alexandria in seine Heimatstadt zurück, wo er für König Hieron II. und dessen Sohn Gelon arbeitete. Während der beiden Jahre im Zweiten Punischen Krieg, als der römische Befehlshaber Marcellus die Inselhauptstadt belagerte, bewies der geniale Mathematiker und Erfinder einmal mehr, wie gut er sich auch auf ungemein nützliche Konstruktionen verstand: Die von ihm erfundenen Steinschleudern beziehungsweise Langstrecken-Katapulte wurden mit großem Erfolg bei der Verteidigung von Syrakus eingesetzt. Darüber hinaus soll es ihm gelungen sein, Brenngläser so aufzustellen, dass damit Schiffe der römischen Flotte aus großer Distanz in Brand gesetzt werden konnten.
Wozu ist ein Hebel gut?
»Gebt mir einen Punkt [außerhalb der Erde], auf dem ich stehen kann, und ich werde die Erde bewegen«, soll Archimedes gesagt haben, nachdem ihm die Gesetze der Hebelwirkung klar geworden waren. Auch verdankt ihm die Nachwelt weitere wesentliche Erkenntnisse und Erfindungen auf den Gebieten der Mechanik, Physik und Mathematik.
Was erfand Archimedes?
In der Mechanik entdeckte er neben den Hebelgesetzen das Gesetz des Schwerpunkts, konstruierte einen Flaschenzug und die Wasserschnecke, eine Vorrichtung, um Wasser von einem niedrigeren auf ein höheres Level zu transportieren. Wirklich berühmt wurde der brillante Denker mit der Entdeckung des »archimedischen Prinzips«, einer der Grundlagen der Hydrostatik. Die Vorstellung, dass Archimedes in der Badewanne lag, mit einer Goldkrone spielte und plötzlich mit dem Schrei »Heureka!« (Ich hab's gefunden!) aufsprang, gehört natürlich in den Bereich der Legende.
Wahr ist hingegen, dass er sich mit einer Krone Hierons beschäftigte, um herauszufinden, ob sie aus purem Gold oder einer Legierung bestand. Da er wusste, dass reines Gold und ein Metallgemisch von unterschiedlicher Dichte sind, versuchte er Masse und Volumen separat zu ermitteln. Dabei entdeckte er, dass ein Körper in einer Flüssigkeit so viel an Gewicht verliert, wie die verdrängte Flüssigkeitsmenge wiegt – das heißt, das von einem Gegenstand verdrängte Wasser entspricht dem Gewicht des Gegenstands und nicht seinem Volumen. Danach konnte er die Anteile der verschiedenen Metalle der Goldlegierung bestimmen. Dieses Prinzip des Auftriebs geht über die Gleichgewichtsbestimmungen hinaus, die Archimedes in seinem Traktat »Über schwimmende Körper« beschrieben hatte.
Auf welchen Gebieten war der Gelehrte tätig?
In der antiken Welt war Archimedes zudem als exzellenter Astronom bekannt, er hatte ein Planetarium und einen Himmelsglobus geschaffen. Seine Berechnungen, beispielsweise der Sonnenwenden, wurden auch von bedeutenden Kollegen wie dem bekannten Astronomen Hipparchos verwendet, wie Archimedes überhaupt einen regen Austausch mit den herausragenden Köpfen seiner Zeit pflegte.
Neun Schriften des Archimedes sind erhalten (etliches freilich über arabische Gelehrte), darunter »Über Kugel und Zylinder«, »Über Spiralen«, »Kreismessung« und »Über schwimmende Körper«. Archimedes' Werke behandelten jedoch kaum seine technischen Errungenschaften, sondern fast ausschließlich Theorien und Axiome, die er aufgestellt hatte. Die Schwerpunktbestimmungen führten ihn zu mathematischen Problemen wie den Inhaltsberechnungen geometrischer Flächen und Körper, woraus er die Infinitesimalrechnung entwickelte. Heute noch berühmt ist die archimedische Spirale; auch kam er auf das 4:1-Verhältnis der Oberfläche einer Kugel zur Fläche ihres größten Kreises sowie darauf, dass das Volumen einer Kugel zwei Drittel des Volumens des Zylinders beträgt, in den sie eingeschrieben ist, und auch ihre Oberfläche zwei Drittel der des Zylinders ausmacht. Nach Plutarch wünschte sich Archimedes die Formel für letzteres Theorem als Inschrift auf seinem Grabstein, und laut Cicero, der in seiner Zeit als Quästor auf Sizilien das Grab besuchte, ist ihm dieser Wunsch erfüllt worden.
Wie kam Archimedes ums Leben?
Auch der letzte Ausspruch des Genies ist überliefert und damit unsterblich geworden: Archimedes soll im Jahr 212 v.Chr. – während die Stadt schließlich doch von den Römern gestürmt wurde – am Strand von Syrakus gesessen und, ganz in sein Tun vertieft, Zeichen in den Sand gemalt haben, als ein römischer Soldat mitten in seine Berechnungen trampelte. »Störe meine Kreise nicht!« (Noli turbare circulos meos!), rief Archimedes entnervt – und da dem römischen Haudegen nicht klar war, wen er vor sich hatte, handelte er gegen den ausdrücklichen Befehl seines Feldherrn Marcellus und tötete den großen Denker kurzerhand mit seinem Schwert.
Wussten Sie, dass …
Archimedes mit seinem »Sandrechner« die Zahl der Sandkörner auf der Welt ermitteln wollte?
der Gelehrte eine Winde erfand, mit der ein Mann allein ein Schiff vom Stapel laufen lassen konnte?
das Massachusetts Institute of Technology (MIT) die Waffenfähigkeit von Brennspiegeln testete? Archimedes' Erfindung scheint zumindest theoretisch zu funktionieren.
Ptolemäus: Sternenforscher des Altertums
Welche Auswirkungen hatten die Forschungen des Ptolemäus?
Das Mittelalter und die frühe Neuzeit orientierten sich lang an seinen Lehren. Ptolemäus war eine unantastbare Autorität, die zwar nicht dem christlichen Glauben anhing, aber dennoch göttliche Wahrheit verkündete.
Als Wissenschaftler zeichneten ihn die strenge Systematisierung seiner Erkenntnisse und die umfangreiche Zusammenstellung der Kenntnisse und Beobachtungen seiner Vorgänger aus. So charakterisiert die Werke des großen alexandrinischen Forschers das Nebeneinander von tabellarischer Datensammlung, theoretischer Erörterung und konkreter Anweisungen für Berechnungen und Konstruktionen.
Wer war dieser geheimnisvolle Gigant der Wissenschaft?
Viel ist über das Leben des Klaudios Ptolemäus tatsächlich nicht bekannt. Er lebte im 2. Jahrhundert n.Chr in Alexandria (Ägypten) und verkörperte einen der letzten Höhepunkte in der langen Tradition dieses klassischen antiken Wissenschaftszentrums. Auf seinen Arbeiten basierten die Vorstellungen der christlichen und islamischen Welt in Geografie und Astronomie bis zur kopernikanischen Wende.
War der Ägypter Astronom, Mathematiker, Geograf oder Astrologe?
Von allem etwas. Er verfasste Schriften zur Bahn der Planeten, ebenso aber auch ein Handbuch der Astrologie, Werke zur Mathematik und Erkenntnistheorie sowie Abhandlungen über Harmonik und Optik. Herausragend sind seine Arbeiten zur Geografie. Von seinem umfangreichen Werk ist allerdings nur wenig in direkter Form erhalten. Seine Gedanken und Forschungsergebnisse sind uns jedoch über Umwege – griechische Abschriften, arabische Übersetzungen oder gar lateinische Übersetzungen arabischer Übertragungen – überliefert.
Welche Bedeutung hatte für Ptolemäus die Erde?
Für Ptolemäus war sie das Zentrum des Universums. Der Astronom hatte die so genannte Epizykeltheorie entwickelt, um die Abweichungen zwischen seinen Beobachtungen und seinen Bahnberechnungen für die Planeten zu erklären. Nach dieser Theorie umkreisten die Planeten die Erde auf kleinen Kreisbahnen (Epizykeln), deren Mittelpunkte ihrerseits die Erde umkreisten – das geozentrische Weltbild.
Was löste das geozentrische Weltbild ab?
Die beiden Forscher Kopernikus und Galilei brachten im 16. und 17. Jahrhundert in die Astronomie den Gedanken ein, dass die Erde nicht der Mittelpunkt der Welt sei. Für die Rolle der Kirche und ihr Verständnis von der Beziehung zwischen Mensch und Gott war die Vorstellung von der Erde und dem Menschen als Zentrum der Schöpfung fundamental. Das Ende des geozentrischen Weltbilds stellte daher einen gewaltiger Einschnitt dar.
Womit beschäftigte sich der Wissenschaftler noch?
Mit Topografie. Für das 2. Jahrhundert n. Chr. wusste er erstaunlich viel über Form und Ausdehnung der Kontinente. In seiner »Anleitung zur Erdbeschreibung« gab er Anweisungen zum Zeichnen von Karten, befasste sich mit den Kontinenten Asien, Afrika und Europa und entwarf Kartenspiegel für 26 Teilkarten der bewohnten Welt. In einem Netz von waagrechten und senkrechten Linien gab er Positionen an, aus denen die heutigen Längen- und Breitengrade hervorgegangen sind. Er sammelte Entfernungsangaben, Städtebeschreibungen und ethnologische Schilderungen.
Was hat ein niederländischer Astronom des 18. Jahrhunderts mit Ptolemäus zu tun?
Der Astronom Christiaan Huygens, der im 18. Jahrhundert in den Niederlanden der Sternenbeobachtung nachging, benutzte die astronomischen Schriften des Ptolemäus als Grundlage seiner Forschungen zur Fixsternbewegung. Im »Almagest« hatte Ptolemäus einen Katalog der sichtbaren Sterne mit erstaunlich präzisen Positions- und Helligkeitsangaben zusammengestellt. Huygens fiel auf, dass die tatsächlichen Sternenpositionen von den Angaben des Ptolemäus abwichen. Aus dieser Abweichung ließ sich berechnen, in welche Richtung sich ein Fixstern bewegt.
Wussten Sie, dass …
der Titel »Almagest« von Ptolemäus' astronomischem Hauptwerk die arabische Übersetzung des griechischen »megiste syntaxis« ist, was »große Zusammenstellung« bedeutet?
Ptolemäus neben dem »Almagest« auch sehr anschauliche Darstellungen der Bewegung der Planeten, Tabellen für die Auf- und Untergänge von Fixsternen sowie zur Berechnung von Planetenpositionen und Anleitungen zur Projektion von Kugelflächen auf Ebenen verfasst hat?
Hildegard von Bingen: Die deutsche Prophetin
Wofür ist Hildegard von Bingen bekannt?
Die Äbtissin Hildegard von Bingen wurde zu Lebzeiten als bedeutende Mystikerin und eindrucksvolle Predigerin verehrt. Heute erfährt diese große Frauengestalt des Mittelalters erneut Popularität durch die Wiederentdeckung ihrer naturkundlichen und medizinischen Schriften.
Woher kam die Prophetin?
Geboren wurde Hildegard 1098 in Bermersheim bei Alzey als zehntes Kind des fränkischen Edelfreien Hildebert von Bermersheim und seiner Frau Mechthild. Im Alter von acht Jahren wurde sie ihrer Tante Jutta von Spanheim übergeben, die in einer Nonnengemeinschaft beim Benediktinerkloster Disidodenberg am Zusammenfluss von Nahe und Glan lebte. Hier erhielt Hildegard Unterricht in Latein und Griechisch, in Psalmensang, Liturgie und der Ordensregel des heiligen Benedikt.
Im Kloster fand Hildegard ihre Bestimmung. Sie legte die Ordensgelübde ab und wurde Nonne. Nach Juttas Tod übernahm sie 1136 deren Amt. Um 1147/1148 gründete sie ein eigenes Benediktinerinnenkloster auf dem Rupertsberg in Bingen, das nicht erhalten ist. 1165 folgte die Gründung des noch bestehenden Tochterklosters Eibingen bei Rüdesheim.
Was begründete den Ruhm der Klosterfrau?
Die hochgebildete Ordensfrau war weit mehr als eine tatkräftige Klostergründerin und Äbtissin. Ihre charismatische Persönlichkeit zog die Menschen in ihren Bann. Ihr Kloster entwickelte sich zur Anlaufstelle für Kranke und Ratsuchende aus allen gesellschaftlichen Schichten. Und Hildegard ging auch hinaus unter die Menschen. Als erste Frau predigte sie öffentlich, unter anderem auf dem Marktplatz von Trier. Sie komponierte und dichtete, rund 70 geistliche Gesänge aus ihrer Feder sind überliefert.
Die höchste Achtung der Zeitgenossen erfuhr Hildegard, die als Heilige verehrt wird, ohne jemals offiziell heilig gesprochen worden zu sein, als Mystikerin. In lateinischen Schriften der Zeit erscheint sie als prophetissa teutonica, deutsche Prophetin, in deutschsprachigen als Hiltgart Sibylla – eine Reminiszenz an die antiken Sybillen, die im Zustand der Ekstase weissagten. Unter dem Druck ihrer Visionen begann Hildegard zu schreiben, darin bestärkt von Bernhard von Clairvaux (1090–1153). Er war es auch, der die päpstliche Erlaubnis zur Veröffentlichung ihrer Schriften bekam.
Wie sah sich die Mystikerin selbst?
In ihrer bildhaften Sprache bezeichnete sich Hildegard selbst als »Posaune Gottes«. Deutlich fühlte sie den göttlichen Auftrag in sich, die Menschen ihrer Zeit aufzurütteln und zur Umkehr zu bewegen. Dieses Gefühl verlieh ihr das Selbstbewusstein, in aller Öffentlichkeit und mit klaren Worten Kritik zu üben, etwa an der Verweltlichung des Klerus: »Ihr seid eine Nacht, die Finsternis ausatmet, und wie ein Volk, das nicht arbeitet. Ihr liegt am Boden und seid kein Halt für die Kirche, sondern ihr flieht in die Höhle eurer Lust.«
Bewegt vom festen Glauben an die göttliche Gnade, kämpfte sie in ihren Predigten für ein konsequent gelebtes Christentum. Wenn sie von sich selbst als »Feder im Windhauch Gottes« sprach, dann nicht im Sinne eines ziellos hin- und hergeworfenen Objekts, sondern eines Menschen, der sich sicher getragen von Gottes Händen weiß.
Welche Werke hinterließ die Äbtissin?
Als ihr Hauptwerk gilt das in der hohen Sprache mystischer Prophetie verfasste »Liber Scivias Domini« (Wisse die Wege des Herrn), ein Werk, in dem sie historische und moraltheologische Themen bearbeitete und ihre mystischen Erfahrungen darlegte.
Unter dem Schlagwort »Hildegard-Medizin« werden in der Gegenwart die naturkundlichen und medizinischen Werke der vielseitigen Schriftstellerin wieder aufgelegt. Obwohl sie Hunderte von Heilpflanzen katalogisierte, war Hildegard aber keine Wissenschaftlerin im modernen Sinn. Vielmehr sind ihre Abhandlungen, etwa die nach 1150 entstandenen »Ursachen und Heilungen«, von der Überzeugung getragen, dass Gesundheit oder Heilung vom Glauben an Gott und von einem maßvollen Leben abhängig sind.
Hildegard starb 81-jährig am 17. September 1179 und wurde in der Pfarrkirche von Eibingen bestattet.
Bewegt vom festen Glauben an die göttliche Gnade, kämpfte sie in ihren Predigten für ein konsequent gelebtes Christentum. Wenn sie von sich selbst als »Feder im Windhauch Gottes« sprach, dann nicht im Sinne eines ziellos hin- und hergeworfenen Objekts, sondern eines Menschen, der sich sicher getragen von Gottes Händen weiß.
Weltreligionen, S. 228f.
Warum war Hildegard eine Pionierin?
Hildegard war eine Pionierin des ganzheitlichen Denkens: Tiere, Pflanzen und die unbelebte Natur entspringen der Schöpfung Gottes und sind Teil des großen Heilsplans. Der Mensch als höchste Schöpfung Gottes trägt den gesamten Kosmos in sich: »Gott hat den Menschen mit allen Weltstoffen durchströmt und ihn mit dem Geist der Vernunft begabt, auf dass die Welt dem Menschen zur Verfügung stehe und er mit ihr schöpferisch wirken kann.« Seiner Bestimmung gemäß soll der Mensch die Schöpfung erhalten und pflegen, wobei Hildegard Selbstverantwortung betont: »Oh, Mensch, du hast das Wissen um das Gute und Rechte in dir selbst. Deshalb kannst du dich durch nichts entschuldigen.«
Wussten Sie, dass …
Hildegard eine große Briefschreiberin war, die auch mit den Päpsten Eugen III. und Alexander III. sowie dem Kaiser Friedrich Barbarossa korrespondierte? Über 300 ihrer Briefe sind erhalten geblieben.
die Benediktinerinnenabtei Sankt Hildegard bei Rüdesheim das geistige Andenken an die große Ordensfrau bewahrt? Die Abtei wurde 1904 oberhalb ihres einstigen Klosters Rupertsberg errichtet.
Marco Polo: Handelsreisender, Fabulierer und Schriftsteller
In welchem Alter wurde Marco Polo Weltenbummler?
Der 1254 in Venedig geborene Marco Polo war 16 Jahre alt, als er sich mit Vater und Onkel auf Weltreise begab. Man schrieb das Jahr 1271, und da war Reisen mit unzähligen Widrigkeiten verbunden, vorhersehbar und abschätzbar war so gut wie gar nichts. Die Welt stellte sich zur damaligen Zeit noch ganz anders dar als heute. Konstantinopel zum Beispiel, das heutige Istanbul, bildete das Herz des Lateinischen Kaiserreichs, und auch die Mongolen sonnten sich noch in ihrem Riesenreich.
Gab es schon früher Chinareisende?
Marcos Vater Niccolò und sein Onkel Matteo hatten als Kaufleute bereits eine ausgedehnte Reise in unbekanntes Terrain unternommen. Sie waren bis nach Kambaluk, dem heutigen Peking, gekommen, wo sie dem damaligen Großkhan der Mongolen, Kublai Khan, vorgestellt wurden, zu dessen Reich damals Zentralasien, China und Regionen Osteuropas gehörten. Die beiden Kaufleute wurden wie Fürsten empfangen, der Khan zeigte sich hocherfreut über diesen Besuch, der eine Verbindung zu einem ihm unbekannten Teil Europas darstellte. Mit einer Art Passierschein, der gleichzeitig Unterkunft und Transport sicherte, machten sich die beiden Venezianer auf den Heimweg. Im Gepäck die Bitte Kublai Khans um heiliges Öl und christliche Gelehrte.
Zwei Jahre nachdem die Kaufleute nach Venedig zurückgekehrt waren, machten sie sich, gemeinsam mit dem Jüngling Marco, erneut auf. Sie erreichten zunächst Akko im heutigen Israel. Der neue Papst Tedaldo gab den drei Venezianern seinen Segen und statt zahlreicher christlicher Gelehrter zwei Klosterbrüder mit auf den Weg. Diese allerdings überlebten die beschwerliche Reise nicht. Doch mit leeren Händen mussten die Venezianer nicht vor den großen Mongolenfürsten treten: Zumindest heiliges Öl hatten sie dabei.
Wie lang waren die Reisenden unterwegs?
Die Hinreise dauerte rund vier Jahre. Sie sahen Landschaften und trafen Menschen, sie hatten Begegnungen und Abenteuer, wie sie nie zuvor ein Europäer erleben konnte. Am Hof des Khans, im Sommerpalast Shangdu, wurden sie überglücklich empfangen und mit »Frohsinn, Zeitvertreib und Lustbarkeit« beherbergt, wie Marco Polo später schreiben wird. Bald trat der junge Venezianer in den diplomatischen Dienst des Großkhans und unternahm in seinem Auftrag lange Reisen durch das ganze Reich. Im Süden zum Beispiel kam er bis nach Hangtschou, für ihn die »schönste und prächtigste Stadt der Welt«. Sein Vater und sein Onkel wurden Militärberater. Bis 1292 blieben sie in Ostasien, doch dann packte sie die Sehnsucht nach ihrer europäischen Heimat und sie kehrten nach Hause zurück.
Wo schrieb der Abenteurer seinen Reisebericht?
In Kriegsgefangenschaft. Er führte während der Seeschlacht von Curzola gegen Genua eine venezianische Galeere an und geriet 1298 in genuesische Gefangenschaft. Im Gefängnis diktierte er seine Lebensreise einem Schriftsteller aus Pisa. Mit »Il Milione» hat er den Europäern Asien näher gebracht und neue geografische Maßstäbe gesetzt. Er lässt den Glanz des Fernen Ostens an den Augen europäischer Leser vorbeiziehen. Marco Polos Erinnerungen sind bunt und vielfältig, er beschreibt spektakuläre Landschaften und die für seine Zeitgenossen höchst wunderliche Lebensweise fremder Menschen und Völker.
Mit seinem Bericht wurde Marco Polo bereits zu Lebzeiten berühmt, allerdings schenkten ihm viele Zeitgenossen keinen Glauben, wie auch manch moderner Forscher den Wahrheitsgehalt des Buches in Frage stellt. So wird zum Beispiel nirgends die Chinesische Mauer erwähnt, an der Marco Polo seinen Beschreibungen zufolge vorbeigekommen sein muss. Gestorben ist der umstrittene Weltreisende und Reiseschriftsteller schließlich im Jahre 1324 in seiner Heimatstadt Venedig.
Auf welcher Route reist Marco Polo im Jahr 1271?
Die Reise beginnt in seiner Heimatstadt Venedig. Erstes Ziel ist Akko im heutigen Israel, weiter geht es auf dem Landweg gen Osten über Täbris (Iran) zur Straße von Hormus am Golf von Oman. Ihr Weg führt sie nördlich durch das Land von Tausendundeiner Nacht. Auf ihrer Strecke liegt Balkh (heute: Nordafghanistan), das 1220 von den Mongolen eingenommen und geplündert worden war. Die Karawane zieht weiter nordöstlich bis Kashgar (heute: Kashi in der chinesischen Republik Sinkiang). Die Weiterreise wird mühevoll, sie überqueren das Pamirgebirge und durchqueren die Wüste Gobi. 1275 erreichen sie Shangdu und damit den Hof des Khans.
Wussten Sie, dass …
sich die Reisenden in der Wüste Gobi eng zusammenscharten, um den lockenden Geisterstimmen der Wüste widerstehen zu können und damit dem sicheren Tod zu entkommen?
Polos berühmter Reisebericht »Il Milione« in viele Sprachen übersetzt und zu einem der ersten Bestseller der Reiseliteratur wurde?
das Buch sogar den großen Entdecker Christoph Kolumbus zu seinem Aufbruch in die Ferne angeregt hat?
Johannes Gutenberg: Meister des Buchdrucks
Was war das Revolutionäre an Gutenbergs Erfindung?
Mit der Erfindung der beweglichen Druckletter wurde sozusagen das Zeitalter der Massenkommunikation eingeleitet. Durch die nun mögliche weite Verbreitung des gedruckten Worts gelangten Wissen und Kenntnisse zu vielen Menschen – eine neue Ära begann.
Warum kam die neue Drucktechnik gerade zur rechten Zeit?
Die neue Technik des Druckens auf Papier mit beweglichen Lettern traf mit der zunehmenden Verbreitung des Gedankenguts des Humanismus zusammen, der von Italien ausging. Ab etwa 1400 wurden einige neue Schriftarten erfunden, die humanistische Drucktype Antiqua verdrängte die gotischen Buchstaben. Es war das Ziel vieler Drucker jener Zeit, mit den handgeschriebenen, reich verzierten Werken der Klosterschreiber konkurrieren zu können. Aber erst durch Johannes Gutenbergs Erfindung konnte dieser Wunsch in die Tat umgesetzt werden. Sein genialer Kunstgriff bestand in der Zusammenführung damaliger technischer Möglichkeiten zu einer vollkommen neuen Technologie, die die Verbreitung von Druckwerken aller Art, vor allem in deutscher Sprache, wesentlich beschleunigen sollte.
Worin bestand die große Innovation?
Vor Gutenbergs beweglichen Lettern wurden Druckplatten aus Holz hergestellt, die nur einmal verwendet werden konnten. Die neuen Lettern dagegen waren flexibel und ließen sich wiederverwenden.
Im Einzelnen funktionierte es so: Zur Herstellung der Typen wurde in die Spitze eines Stahlstabs, erhaben und seitenverkehrt, ein Buchstabe graviert. Diese Spitze wurde in weicheres Kupfer getrieben, so dass ein vertiefter Abdruck des Buchstabens in der Matrize entstand. Diese immer wieder verwendbare Kupfer-Matrize musste im Gießinstrument justiert werden, dann konnte das Gussmaterial eingefüllt werden. Auf diese Weise erhielt man bewegliche Bleilettern, die zu immer wieder neuen Texten verknüpft werden konnten. Die einzelnen Zeilen wurden in einem Setzschiff zu einer Spalte oder einer ganzen Seite zusammengefügt. Der justierte Satzspiegel wurde dann mit einem Lederballen eingefärbt und in die Presse gelegt. Um eine bessere Druckqualität zu erzielen, musste das Papier angefeuchtet und ebenfalls fixiert werden. Die Schwarzdrucke aus der Presse verzierte man von Hand mit Initialen und farbigen Illustrationen.
Welche Werke druckte der Mainzer?
In Gutenbergs Werkstatt entstanden Drucke von Ablassbriefen, Kalender, aber auch eine lateinische Schulgrammatik. Das berühmteste Produkt und unbestrittene Meisterwerk der Druckkunst ist die berühmte lateinische Bibel von 1452. Sie gilt gleichermaßen als künstlerisches Meisterwerk und technischer Meilenstein. Die Bände umfassen 1282 Seiten mit je 42 Zeilen. Von etwa 180 gedruckten Exemplaren der Gutenbergbibel sind heute noch 49 erhalten.
Worin bestand das große Verdienst Gutenbergs?
Wie viele bahnbrechende Erfindungen ist auch Gutenbergs Errungenschaft das Resultat lange währender Entwicklungen. In China hatte man schon Jahrhunderte vor Gutenberg mit beweglichen Drucklettern gearbeitet. Seine ureigene Erfindung ist jedoch das bewegliche Handgießinstrument, mit dem sich die Lettern schnell und sauber gießen lassen. Das große Verdienst des Mainzer Erfinders liegt in der intelligenten Zusammenführung diverser existierender Ideen zu einem funktionierenden System.
Wie machte Gutenberg seine Erfindung zu Geld?
Eine Neigung zum Geschäftlichen hatte der etwa um 1400 in Mainz als Sohn eines Patriziers geborene Johannes Gutenberg (eigentlich Gensfleisch) bestimmt. Nach seinem Studium an der Universität Erfurt absolvierte er eine Ausbildung zum Goldschmied. 1434 ließ sich Gutenberg in Straßburg nieder, wo er im Edelstein- und Goldschmiedehandwerk tätig war.
Für sein Druckunternehmen in Mainz musste er Kredite aufnehmen, die sein Geschäftspartner Johannes Fust 1455 zurückforderte. Als Gutenberg nicht zahlen konnte, musste er sich aus seinem Unternehmen zurückziehen, das dann von Fust und Gutenbergs Gesellen Peter Schöffer weitergeführt wurde. Mit einer kleineren Presse druckte der unermüdliche Gutenberg jedoch in Mainz weiter. 1465 wurde er vom Mainzer Erzbischof und Kurfürsten zum Hofmann ernannt, womit Privilegien und Einnahmen einhergingen, so dass er seine letzten Lebensjahre in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen verbringen konnte.
Wussten Sie, dass …
Gutenberg für seine Drucke eine selbst entwickelte Blei-Zinn-Legierung verwendete?
das erste jenseits der Alpen gedruckte Werk von den beiden deutschen Druckern Konrad Sweynheym und Arnold Pannartz im italienischen Subiaco hergestellt wurde?
von über 40 Druckereien, die es vor 1500 in Rom gab, 25 von Deutschen betrieben wurden?
Christoph Kolumbus: Ein folgenschwerer Irrtum
Was weiß man über das Leben von Kolumbus?
Nur wenig. Der Entdecker soll 1451 in Genua als Sohn eines Webers geboren sein. Das Kolumbus-Archiv im Kartäuserkloster Las Cuevas bei Sevilla ist verloren gegangen. Sein Sohn Ferdinand verfasste eine Lebensbeschreibung, ebenso der spanische Geistliche Las Casas, der auf Seiten der Indios stand und gegen ihre Versklavung eintrat.
Diesen Quellen zufolge könnte Kolumbus mit 14 Jahren als Frachtbegleiter in Diensten einer Genueser Kaufmannsfamilie nach Chios gesegelt sein. 1476 soll er als Schiffbrüchiger im portugiesischen Lagos gelandet sein. Von Lissabon aus zog er nach Flandern, England und Irland, wo er viele Geschichten über die Geheimnisse des Atlantiks hörte.
Was weckte Kolumbus' Interesse am Reisen?
In Lissabon führte Kolumbus' älterer Bruder Bartholomäus einen Laden mit Karten, die er selbst zeichnete. Dort beschäftigte sich Kolumbus mit der Darstellung der Welt und vertiefte sich in Bücher wie Marco Polos Reiseberichte, Pierre d'Aillys »Bild der Welt«, Plinius' Naturgeschichte, Abraham Zacutos Almanach, Ptolemäus' Kosmographie und die Bibel.
Neue Nahrung für seine Pläne, Indien auf dem Westweg über den Atlantik zu erreichen, erhielt Kolumbus durch alte Karten, Geschichten von Seeleuten, eigene Beobachtungen auf den Atlantik-Inseln und auf einer Fahrt mit einem portugiesischen Schiff zur Guineaküste. Kolumbus verlängerte bei seiner Berechnung versehentlich die Erdmasse Asiens, sodass der westliche Seeweg nach Asien kürzer aussah. Als Kolumbus seine Pläne dem portugiesischen König vorstellte, wurde diese falsche Berechnung von Experten abgelehnt.
Was tat der Entdecker nach dem Misserfolg?
Er flüchtete 1484 nach Spanien. Mithilfe des Beichtvaters von Königin Isabella kam er an den königlichen Hof, wo seine Fehlberechnungen abermals abgelehnt wurden. Im Januar 1492 erhielt er die Chance, Isabella verbesserte Pläne vorzulegen. Inzwischen benötigte die spanische Krone wegen der Kriegslasten im Kampf gegen das islamische Granada, mit dem die Rückeroberung des islamischen Spanien durch die Christen ihren Abschluss finden sollte, dringend Geld. Luis de Santángel, Schatzmeister des Hauses Aragón, sah nun in dem Unternehmen des Kolumbus eine Chance, neue Einnahmequellen zu erschließen. Doch Kolumbus stellte sehr hohe Forderungen: Er wollte den Adelstitel sowie die Titel eines Admirals, Vizekönigs und Generalstatthalters aller neu zu entdeckenden Länder und zehn Prozent Anteil an den Handelserlösen. Als Kolumbus sich aufmachte, Spanien enttäuscht zu verlassen, wurde er zurückgeholt, nachdem Ratgeber die Königin überzeugt hatten.
Wie verlief die erste Reise des Seefahrers?
Am 3. August 1492 stachen die drei Schiffe Santa María, Pinta und Niña mit 90 Männern an Bord von Palos in See. Durch Zufall wählte Kolumbus den richtigen Weg über die Kanaren. Erst am 12. Oktober fand eine Begegnung zwischen den Einwohnern Amerikas und den Europäern statt. Es waren Tainos der Insel Guanahani (wohl das zu den Bahamas gehörige Watling Island), die Kolumbus San Salvador nannte. Dann landeten sie auf Kuba, das er für Japan hielt. Anschließend trafen sie auf Haiti ein, das sie Hispaniola nannten. Zurück in Spanien, erlebte Kolumbus im März 1493 triumphale Empfänge in Sevilla und Barcelona.
Welche weiteren Reisen unternahm der Italiener?
Bei der zweiten Fahrt ließ er Forts bauen, um die spanische Herrschaft zu sichern, und zwang die Indios, Gold heranzuschaffen. Bei seiner dritten Reise stieß er auf die Nordspitze des südamerikanischen Kontinents, wurde dann aber mit seinen Brüdern unter der Anschuldigung der Misswirtschaft in Ketten nach Spanien geschafft. Nach der Begnadigung suchte er auf seiner vierten Reise ohne Erfolg den Seeweg zum Pazifik, erkundete dafür aber die mittelamerikanische Küste. Nachdem er auf der Rückreise Schiffbruch erlitten hatte, erreichte er 1504 Spanien, wo er am 20. Mai 1506 als reicher Mann starb.
War Kolumbus wirklich der erste Europäer in Amerika?
Nein, schon fünf Jahrhunderte zuvor waren die in der Seefahrt versierten Wikinger bis nach Neufundland vorgestoßen und hatten dort eine nur kurzlebige Siedlung gegründet. Ihre Entdeckung war aber wieder in Vergessenheit geraten. Kolumbus, der eigentlich einen kürzeren Weg in das rohstoffreiche Indien finden wollte, wusste bis zuletzt nicht, dass er einen neuen Kontinent entdeckt hatte. Dies erkannte erst der florentinische Kaufmann und Seefahrer Amérigo Vespucci, der um 1500 von einem Kartographen zum Namenspatron des neuen Kontinents gemacht wurde.
Wussten Sie, dass …
der Seefahrer 1479 in Lissabon die Tochter des Statthalters von Porto Santo (Madeira-Gruppe) Felipa Moniz Perestrello heiratete und bald darauf Sohn Diego geboren wurde? 1485 starb seine Ehefrau.
Kolumbus in Spanien die wohlhabende Beatriz de Harana kennen lernte, die ihm 1488 den Sohn Fernando gebar? Geheiratet hat er sie allerdings nicht.
Vasco da Gama: Entdecker des Seewegs nach Indien
Wie wurde Vasco da Gama zum Indienfahrer?
König Emanuel I. von Portugal benötigte 1497 für seine Indien-Mission einen bewährten Mann. Und Vasco da Gama soll im Jahr 1492 bereits in geheimem Auftrag für die Krone unterwegs gewesen sein.
Vasco da Gama war um 1469 als Sohn eines Adeligen in Sines, einer Hafenstadt in Südportugal, auf die Welt gekommen. Seine Mutter stammte aus England. Sein Vater hatte hohe Ämter bekleidet und dürfte sich Zugang zu höheren Kreisen verschafft haben. So war Vasco an den königlichen Hof gekommen.
An wem orientierte sich Vasco da Gama?
Besonders wichtig war für ihn der portugiesische Prinz Heinrich der Seefahrer (1394 bis 1460), der große Förderer von Entdeckungsfahrten, der den islamischen Zwischenhandel unterlaufen und die Gewürze direkt in Indien holen wollte. Bei jedem großen Stromdelta hatten die portugiesischen Seefahrer gehofft, Afrika umschifft zu haben. Aber erst 1488 gelang es Bartolomeu Diaz, die Südspitze Afrikas zu umrunden. Mit der Suche nach einem geeigneten Seeweg nach Ostindien wurde dann aber nicht Bartolomeu Diaz, sondern Vasco da Gama beauftragt.
Wie verlief seine spektakuläre Reise?
Am 8. Juli 1497 war er mit drei Schiffen und 170 Mann aufgebrochen. Bartolomeu Diaz riet ihm, Richtung Süden ins offene Meer zu fahren. So kam die Flotte schnell um die Südspitze herum und warf im Januar 1498 an der Sambesi-Mündung Anker. In der ostafrikanischen Hafenstadt Moçambique wurden sie freundlich empfangen, da man sie anfangs für Glaubensgenossen hielt. Die Bewohner der Hafenstadt Malindi erhofften sich von den Besuchern Hilfe gegen das verhasste Mombasa. In Malindi heuerte da Gama den arabischen Lotsen Ahmed Ibn Majid ab. Dieser führte die Portugiesen am 28. Mai 1498 zu den indischen Hafenstädten an der gegenüberliegenden Küste.
Hier besaßen islamische Händler mit schlecht bewaffneten Schiffen das Handelsmonopol. Ohne die Hilfe der radjas (Fürsten) konnten sie die Portugiesen nicht vertreiben. Der Kontakt der Portugiesen mit den Einheimischen verlief anfangs friedlich, dann verschärfte sich die Lage unter dem Einfluss der islamischen Händler. Der Radja von Calicut ließ Waren beschlagnahmen und Seeleute festnehmen. Mit viel Diplomatie gelang es Vasco da Gama zu entkommen.
Kam die Mannschaft heil zurück?
Von den 170 Mann, die zu Beginn der Reise dabei waren, überlebten nur 55 die Fahrt. Mitte September 1499 traf das Schiff des Seefahrers nach über zwei Jahren wieder in Lissabon ein. Aufgrund eines Monsuns hatten sie viel länger als geplant für den Rückweg von Indien nach Malindi an der afrikanischen Küste gebraucht. Wegen einer Erkrankung seines Bruders machte da Gama dann noch einen Zwischenhalt auf den Azoren.
Für seine Verdienste erhielt Vasco da Gama 1499 den Titel »Admiral des Indischen Ozeans«, seine Geburtsstadt Sines als Lehen und eine gute Pension.
Fuhr der Entdecker noch mal nach Indien?
Ja, sogar noch zweimal. 1502 überredete König Emanuel Vasco da Gama zu einer zweiten Fahrt mit 20 schwer bewaffneten Schiffen. An der afrikanischen Küste konnte der Seefahrer verschiedene Fürsten zu Tributzahlungen zwingen. Im Oktober 1502 erreichte die portugiesische Mannschaft das indische Cananor. Mit Calicut gab es wieder Kämpfe, aber in Cochin errichtete Vasco da Gama die erste portugiesische Handelsniederlassung. Auf dem Rückweg gründete er Niederlassungen in Sofala und Moçambique.
Im Jahr 1524 schickte König Johann III. den erfahrenen Admiral Vasco da Gama, der inzwischen Vizekönig geworden war, mit 3000 Mann nach Indien. Er bekämpfte dort die Korruption und sorgte für Ordnung.
Wo starb der portugiesische Nationalheld?
Von seiner dritten Indienfahrt kam er nicht mehr nach Hause. Er erlag den Strapazen der Reise und starb am 25. Dezember 1524 in Cochin. Seine sterblichen Überreste wurden 1534 in Vidigueira beigesetzt und von dort 1888 ins Hieronymus-Kloster nach Belém gebracht. Der berühmte Seefahrer hatte mit seiner Entdeckung des Seewegs nach Indien die Blütezeit Portugals als Kolonialstaat eingeleitet und dem kleinen Land zu einem goldenen Zeitalter verholfen.
Wie nutzte Portugal den Seeweg?
Es stärkte seinen Einfluss in Indien. Zu diesem Zweck fuhr im März 1500 eine Flotte unter der Führung von Pedro Álvares Cabral los, die nach Brasilien verschlagen wurde, das man offiziell in Besitz nahm. Unter dem Verlust von vier Schiffen gelangte man im August nach Melinde und Mitte September nach Calicut. Dort ließ Cabral arabische Schiffe zerstören und die Stadt mit Kanonen beschießen. Unterstützt wurde er von indischen Konkurrenzstädten wie Cochin und Cananor. Voll beladen mit Gewürzen, vor allem Pfeffer, kehrte Cabral im Juni 1501 zurück. Das portugiesische Handelsmonopol war geschaffen.
Wussten Sie, dass …
zu Vasco da Gamas Mannschaft auch Schwerverbrecher gehörten? Sie waren als »Himmelfahrtskommando« für die gefährliche Reise freigelassen worden.
ein Versorgungsschiff aus da Gamas Flotte den Proviant für drei Jahre laden musste? Dazu gehörten haltbare Produkte wie Zwieback, Öl und Wein.
Nikolaus Kopernikus: Die Revolutionierung des Weltbilds
Womit revolutionierte Kopernikus das Weltbild?
Er hatte erkannt, dass sich nicht die Sonne um die Erde, sondern die Erde um die Sonne dreht. In der Gelehrtenwelt hatte es sich schnell herumgesprochen, was der Domherr zu Frauenburg in Ostpreußen, ein gewisser Kopernikus, deutsch Koppernigk, polnisch Kopernik, da tatsächlich behauptete: »Die Erde bewegt sich um ihre Achse (…) Nicht die Sonne zieht ihre schiefe Jahresbahn um die Erde, sondern die Erde schwingt mit schiefgestellter Achse um die Sonne. Die Erde ist nur einer der um die Sonne kreisenden Planeten.« Das waren die revolutionären Kernsätze in Kopernikus' Hauptwerk »De revolutionibus orbium coelestium libri VI« (Sechs Bücher über die Umläufe der Himmelskörper). Damit zerstörte er das alte Weltbild des Ptolemäus, rückte die Erde und damit den Menschen aus dem Zentrum des Universums und verletzte, so sahen es christliche Eiferer, seine Würde als Ebenbild Gottes. Der Verkünder dieser radikal neuen Weltsicht war am 19. Februar 1473 in Thorn zur Welt gekommen und hatte eine humanistisch-astronomisch-mathematische Ausbildung genossen, ehe er 1497 in das ermländische Domkapitel zu Frauenburg eintrat.
Wie verbreitete sich die neue Erkenntnis?
Der Mathematikprofessor Georg Joachim von Lauchen, genannt Rheticus (1514–1576), veröffentlichte 1540 unter dem Titel »Narratio prima« einen »ersten Bericht« über die neue Lehre. Er hatte in Wittenberg von der sensationellen Erkenntnis gehört. Er reiste 1539 zu Kopernikus nach Frauenburg und ließ sich von ihm in die neue Lehre einweisen. Er übernahm so etwas wie die Rolle eines »Pressesprechers« des kränkelnden Gelehrten, den es nach naturwissenschaftlichen, kirchenrechtlichen wie medizinischen Studien in Krakau (1491–1494) und Italien (1496–1503) wieder in seine Heimat, den fernen deutschen Osten, verschlagen hatte.
Was geschah mit dem Werk des Astronomen?
Es wurde Rheticus zur Veröffentlichung überlassen. Als dieser gegen Ende des Jahres 1542 wieder heimreiste, vertraute ihm der kranke Kopernikus sein umfangreiches Manuskript an: »Viermal neun Jahre habe ich daran gearbeitet. Es ist alles durchdacht und niedergeschrieben, es wird vor der Welt bestehen können.« Rheticus brachte das Manuskript nach Nürnberg, wo es unter seiner Aufsicht und der des protestantischen Theologen Andreas Osiander gedruckt wurde.
Osiander beging dabei einen Vertrauensbruch. Er änderte die Original-Einleitung von Kopernikus, der sein Werk Papst Paul III. gewidmet hatte, und fügte ein eigenes Vorwort hinzu, in dem er die neuen Erkenntnisse als bloße Hypothese bezeichnete. Kopernikus konnte sich nicht mehr wehren. Als er das erste Exemplar seines Werks erhielt, war er bereits schwer krank. Er starb am 24. Mai 1543 in Frauenburg.
Übrigens: Auch wenn Kopernikus noch von einigen irrigen Annahmen ausging – wie beispielsweise, dass sich Planeten auf exzentrischen Kreisbahnen bewegen –, so schuf er doch die Voraussetzung für die Präzisierung durch Kepler und Galilei. Dass die Kirche seine Schriften 1616 auf den Index setzte, konnte ihrer Wirkung nichts mehr anhaben.
Seit wann gibt es den Index?
Die erste dieser kirchlichen Verbotslisten, genannt Index, erschien 1559, die letzte 1948. Im Zuge der Gegenreformation hatte die katholische Kirche mit dem »Index librorum prohibitorum« (Verzeichnis verbotener Bücher) ein Instrument geschaffen, mit dem sie das Vordringen ketzerischer Lehren einzudämmen hoffte. In Erkenntnis ihrer Wirkungslosigkeit, ja Schädlichkeit für die Aneignung wichtiger Kenntnisse und für das eigene Image wurde der Index 1966 abgeschafft. Bis dahin galt: Wer ein auf dem Index stehendes Buch ohne bischöfliche Genehmigung (Dispens) las, musste mit einer Kirchenstrafe rechnen. Die Verdammung gerade der Lehren des Kopernikus oder wissenschaftlicher Nachfolger wie Galilei wurde besonders lang aufrechterhalten.
Wussten Sie, dass …
Goethe voller Bewunderung für Kopernikus' Leistung war? Er äußerte sich so: »Die größte, erhabenste, folgenreichste Entdeckung, die je der Mensch gemacht hat, in meinen Augen wichtiger als die ganze Bibel.«
Kopernikus in seiner Funktion als Arzt in Ermland Bedürftige kostenlos behandelte?
Mexikoeroberer Hernando Cortés (1485–1547)
Wie eroberte Hernando Cortés Mexiko?
In der neuen Welt Ruhm und Geld auf Kosten alter Kulturen zu suchen, war das Ziel des Spaniers Hernando Cortés, der 1485 in Medellín in der Estremadura geboren wurde. Von Kuba aus unternahm er 1519 einen Eroberungszug gegen Mexiko. Sein Vorhaben galt als wahnwitzig, weil ihm lediglich elf Schiffe, 600 Soldaten, 14 Geschütze und 16 Pferde zur Verfügung standen, um das Millionenreich der Azteken zu unterwerfen. Dass es dem Eroberer dennoch gelang, am 8. November 1519 Tenochtitlán, die Hauptstadt des Azteken-Reiches, zu erreichen und den Herrscher Motecuzoma gefangen zu nehmen, hatte verschiedene Gründe: die tiefe Erbitterung der von den Azteken grausam unterworfenen Urvölker Mexikos und der Glaube an die Wiederkehr des weißen Gottes Quetzalcoatl, der sein Reich wieder in Besitz nehme. Von erschütternder Wirkung auf die Azteken waren auch die Reiter – Pferde waren in Mexiko unbekannt – und die Feuerwaffen der Eroberer. Dazu kamen von den Spaniern eingeschleppte Krankheiten, vor allem die Pocken, die viele Ureinwohner dahinrafften.
Wie endeten die Azteken?
Sie wurden zum großen Teil ermordet. Allerdings waren die Verluste auch unter den spanischen Konquistadoren hoch. Ein Aufstand, bei dem Motecuzoma getötet wurde, zwang Cortés, sich in der Nacht des 1. Juli 1520 aus der Hauptstadt zurückzuziehen. In dieser so genannten »Noche Triste« (traurige Nacht) verlor er über die Hälfte seiner Leute. Mit weiteren Kräften brach er jedoch bereits nach wenigen Monaten zu einem neuen Feldzug auf, an dessen Ende am 13. August 1521 nicht nur die Vollendung der Eroberung Mexikos, sondern auch das Ende des Reiches der Azteken stand. Cortés starb 1547 in Spanien.
Was suchten die Konquistadoren in Amerika?
Nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus fühlten sich immer wieder mittellose Abenteurer aus Spanien – viele von ihnen wie Cortés oder Pizarro in der verarmten spanischen Region Extremadura geboren – dazu berufen, auf eigene Faust und oft schlecht gerüstet in die neue Welt vorzustoßen und die dort vorhandenen oder auch nur vermuteten Reichtümer für sich und den spanischen Herrscher zu gewinnen. Lediglich ausgestattet mit einer behördlichen Lizenz und dem rein formalen Auftrag, Kolonien zu gründen und die heidnische Bevölkerung zu christianieren, hatten diese Glücksritter in der Wahl ihrer Methoden weitgehend freie Hand.
Konquistador Francisco Pizarro (1478–1541)
Wie nahm Pizarro das Inkareich Peru ein?
Ebenso wie Hernando Cortés, der nach der Eroberung als Generalkapitän des in Neuspanien umbenannten Landes das Aztekenreich ausraubte, prägte auch Francisco Pizarro das Bild vom blutigen und geldgierigen Konquistador. Pizarro, um 1478 im spanischen Trujillo in der Estremadura geboren und ohne jede Schulbildung aufgewachsen, brach im Januar 1531 mit nur drei Schiffen, 180 Mann und 37 Pferden auf, um das Inkareich Peru zu erobern. Auf seinem Feldzug nahm er den Inkaherrscher Atahualpa gefangen, dem er die Freiheit versprach, wenn er ein ganzes Zimmer mit purem Gold füllte. Der Inka brachte das Gold auf – trotzdem ließ Pizarro ihn hinrichten und zog im November 1533 in die Hauptstadt Cuzco ein.
Woran scheiterte Pizarro?
Letztlich an den internen Machtkämpfen der spanischen Eroberer. Unter dem Protektorat des Königs von Spanien hob Pizarro den Inka Manco Capác II. auf den Thron, der daraufhin aber einen Aufstand der Inka gegen die Spanier anzettelte und 1536 Cuzco belagerte. Pizarros Spießgeselle Diego de Almagro (1475–1538) vermochte zwar die Stadt zu befreien, ernannte sich aber kurz danach selbst zum Statthalter Perus. Pizarro ließ ihn im Jahr 1538 hinrichten. Doch schon drei Jahre später wurde Francisco Pizarro selbst Opfer der Intrigen: Almagros Sohn ließ ihn am 26. Juni 1541 ermorden.
Wie ist die Leistung der Entdecker zu bewerten?
Sicher haben die Beutezüge der spanischen Truppen dazu beigetragen, die geografischen Kenntnisse über Mittel- und Südamerika zu verfeinern, aber mit den Konquistadoren war eine neue Entdeckergeneration ins Land gekommen. Von nun an ging es um Gold, um den Erwerb von Kolonien zur Sicherung neuer Rohstoffquellen – und das mit gnadenloser Härte. Gerade die Feldzüge von Pizarro und Cortés werden immer wieder als beispielhaft für den destruktiven Charakter der gesamten kolonialen Epoche angeführt.
Wussten Sie, dass …
Cortés eine ihm zu Anfang seiner Eroberung von den Indianern geschenkte Sklavin zu seiner Geliebten und Dolmetscherin machte?
Cortés vor der Belagerung Tenochtitláns die eigenen Schiffe verbrennen ließ, um den Kampfeswilllen seiner Leute anzustacheln?
Pizarro wie viele seiner Zeitgenossen nicht schreiben konnte?
der mumifizierte Leichnam Pizarros, des Eroberers des Inkareichs, in Lima zu besichtigen ist?
Fernão de Magalhães: Westwärts in den Fernen Osten
Wie entdeckte Magellan das Reisen?
Fernão de Magalhães (spanisch Fernando de Magallanes, auch Magellan) entstammte einer vornehmen Familie aus Sabrosa bei Vila Real im nördlichen Portugal. In seiner Jugend diente er als Page am portugiesischen Hof und begleitete 1505 Francisco de Almeida nach Indien. Sieben Jahre lang nahm er an Kämpfen teil, anschließend kehrte er in seine Heimat zurück und kämpfte drei Jahre lang in Nordafrika gegen die Mauren. Obwohl er dabei so schwer verletzt wurde, dass er für den Rest seines Lebens behindert blieb, entließ ihn der portugiesische König aus seinen Diensten.
Warum ging der Portugiese nach Spanien?
Der weit gereiste Magalhães, der sich sicher war, dass es einen Weg um Amerika herum nach Indien geben müsse, bot dem spanischen König Karl I. – als Kaiser des Römisch-Deutschen Reiches Karl V. – seine Dienste an. Mit Hilfe Ruy Faleiros, eines portugiesischen Astrologen und Kosmographen, überzeugte er den König davon, dass die begehrten Gewürzinseln (Indonesien) innerhalb der vom Vertrag von Tordesillas 1494 festgelegten spanischen Einflusszone lagen.
Sein Plan sah vor, einen Weg südlich um Amerika herum in den Pazifik zu finden. Er hoffte, den Indischen Ozean und die Gewürzinseln in kurzer Zeit erreichen und für Spanien in Besitz nehmen zu können. König Karl erklärte sich schließlich bereit, fünf Schiffe bereitzustellen, die am 20. September 1519 Sanlúcar de Barrameda verließen. Die Flotte überquerte den Atlantik und erreichte die Küste Brasiliens. Mehrere Monate lang suchten Magalhães und seine Männer eine Durchfahrt zum Pazifik – damals noch Südsee genannt –, bis das Wetter sie zum Überwintern in Patagonien zwang. Währenddessen kam es zu einer Meuterei, die jedoch niedergeschlagen wurde.
Welche Route nahmen die Schiffe?
Im Frühjahr 1520 setzte Magalhães sein Unternehmen fort. Bei 49,5 Grad südlicher Breite wurde endlich ein Weg in den Pazifik gefunden. Erneut kam es zu einer Meuterei auf einem der Schiffe. Die Flotte segelte durch die heute als Magellanstraße bekannte Durchfahrt in den dahinter liegenden Ozean, den der Entdecker wegen der ausnahmsweise ruhigen See den »Stillen« (= Pazifik) nannte. Während der Fahrt durch die endlosen Wasserwüsten gingen die Vorräte aus, viele der Männer starben. Am 6. März 1521 erreichten die Schiffe die Marianen, damals Ladronen, zehn Tage später die Lazarusinseln, die heutigen Philippinen.
Wie starb der Entdecker?
Magalhães hatte sein Vorhaben verwirklicht. Während einer Stammesfehde auf der Insel Mactan (bei Cebu) fiel er am 27. April 1521 im Kampf mit den Eingeborenen. Juan Sebastián Elcano übernahm die Führung, musste aber ein weiteres Schiff aufgeben. Er setzte Segel Richtung Gewürzinseln, wo die »Trinidad« und die »Victoria« mit Gewürzen beladen wurden. Die »Trinidad« schlug dabei leck und musste zurückgelassen werden. Der »Victoria« gelang es, das Kap der Guten Hoffnung zu umsegeln und am 6. September 1522 heimzukehren.
Wer stritt um die Kolonien?
Nach der Entdeckung des Kolumbus verschärfte sich der Konflikt zwischen Portugal und Spanien wegen der überseeischen Gebiete. Daher wurde der Papst als Schiedsrichter angerufen. Im Frühjahr 1494 saß der Spanier Rodrigo Borgia als Alexander VI. auf dem Stuhl Petri, ein mit allen Wassern gewaschener Macht- und Genussmensch. Im Vertrag von Tordesillas wurde längs einer Nord-Süd-Linie 370 Meilen westlich der Kapverdischen Inseln die portugiesische von der spanische Interessensphäre geschieden. Deswegen spricht man heute in Brasilien Portugiesisch und im restlichen Lateinamerika Spanisch.
Wussten Sie, dass …
Magellan, der schon in seinen Jahren in Indien zum Kapitän ernannt worden war, seinen Rang wieder verlor, weil er sich auf eigene Faust von der Flotte entfernt hatte und nach Osten segelte?
die Eingeborenen von Rio de Janeiro die portugiesischen Seefahrer für Götter hielten, weil sie anscheinend den lang entbehrten Regen mitgebracht hatten?
nur vier Besatzungsmitglieder des Flaggschiffes »Trinidad« wieder nach Spanien zurückkehrten?
Galileo Galilei: Vorreiter der modernen Wissenschaft
Wie zog sich Galileo Galilei den Zorn der Kirche zu?
Er hatte behauptet, die Erde bewege sich um die Sonne, und nicht umgekehrt. Damit hatte er es gewagt, die kirchliche Lehre in Frage zu stellen und anzuzweifeln, dass die Erde der ruhende Pol im Kosmos sei, um den sich alles dreht. Doch Galileo Galilei arbeitete fast sein ganzes Leben lang daran, die Beweise zu erbringen, dass das gängige, von der Kirche abgesegnete ptolemäische Weltbild von der Geozentrie, der zufolge die Erde der Mittelpunkt des Universums ist, nicht das richtige sein könne.
Er war von dem heliozentrischen Weltbild nach Nikolaus Kopernikus überzeugt, dem zufolge sich die Erde um die Sonne dreht. Galileo Galilei beobachtete in diesem Zusammenhang die Gezeiten und baute ein Fernrohr nach niederländischem Vorbild, das er weiter verbesserte.
Übrigens: Der Doge, das Oberhaupt Venedigs, war so begeistert von den damit verbundenen neuen Möglichkeiten für Marine und Seefahrt, dass er die Entlohnung Galileis verdoppelte. Den finanziellen Problemen des Forschers war damit die Spitze genommen.
Wozu nutzte der Forscher das Fernrohr noch?
Als Astronom machte Galilei mit dem Fernrohr auch Himmelsbeobachtungen. Er entdeckte unter anderem, dass die Milchstraße aus vielen Sternen besteht, beschrieb die Sonnenflecken, die Oberflächenstruktur und vor allem die Krater des Mondes, die Venusphasen, und er fand die vier größten Jupitermonde wie etwa Europa oder Ganymed, die nach ihm »Galileische Monde« heißen.
Galileo Galilei erntete neben Missfallen auch enormen Ruhm. Sein Werk »Sidereus Nuntius« (Sternenbotschaft) über die neuesten astronomischen Erkenntnisse brachte ihm 1610 die Stellung des Hofmathematikers von Florenz ein. Dort konnte er sich ganz seiner wissenschaftlichen Arbeit widmen.
Wie revolutionierte der Physiker die Wissenschaft?
Galilei revolutionierte die wissenschaftliche Methodik, indem er das Experimentelle und die Frage nach Gesetzmäßigkeiten in den Vordergrund stellte. Damit setzte er ganz neue Maßstäbe in Wissenschaft und Forschung. Der italienische Mathematiker, Physiker und Astronom war ein Vorreiter, der für die geistige und wissenschaftliche Unabhängigkeit und gegen die verstaubten Ansichten und Lehren der Kirche gekämpft hat. Und als Philosoph wagte er es, den Klerikern anzuraten, die Auslegungen der Bibel zeitgemäßer zu gestalten.
Wie begann der Mathematiker seine Laufbahn?
Mit 17 Jahren fing der am 15. Februar 1564 in Pisa geborene Galileo auf väterlichen Wunsch ein Medizinstudium in Pisa an, wechselte jedoch bald zur Mathematik und zur Philosophie. Er entdeckte die Pendelgesetze, erfand die hydrostatische Waage und wurde bald Professor für Mathematik. Dann erregte er erstmals Aufsehen. Er wollte seinen Studenten beweisen, dass der bis dato nie angezweifelte aristotelische Grundsatz, dem zufolge unterschiedlich schwere Körper auch unterschiedlich schnell fallen, falsch war. Er demonstrierte dies, indem er zwei unterschiedlich schwere Gegenstände vom Schiefen Turm von Pisa fallen ließ.
War Galileo verheiratet?
Nein, aber mit Maria Gamba, der Mutter seiner zwei Töchter und seines Sohnes, lebte er ohne Trauschein zusammen. In seinen letzten Lebensjahren setzte ihm der Tod seiner Lieblingstochter schwer zu. Hinzu kamen seine Krankheiten, allem voran seine Erblindung, und die Anfeindungen und Auflagen durch die Kirche. Sein vorletztes Werk, »Dialogo«, in dem er die geozentrische der heliozentrischen Theorie gegenüberstellte, war zwar behördlich genehmigt, letztendlich aber dann doch als ketzerisch verbrannt worden. Am 8. Januar 1642 starb Galileo nahe Florenz.
Wie reagierte die Kirche?
Sie untersagte dem Freigeist Galilei bereits 1616, die Theorie von einer Erde, die sich bewegt, mündlich oder schriftlich zu verbreiten. 1633 verhörte ihn die Inquisition in Rom wochenlang. Die schlechten Haftbedingungen und die Androhungen von Folter ließen ihn einknicken. »Die Sonne ist nicht der Mittelpunkt des Universums«, schwor er ab. Dennoch wurde er zu lebenslangem Hausarrest verurteilt. Erst rund 350 Jahre später, 1992, wurde Galileo Galilei durch Papst Johannes Paul II. rehabilitiert.
Wussten Sie, dass …
der Vater Galileo Galileis, Vincenzo, nicht nur Tuchhändler, sondern auch Musiker und Musiktheoretiker war? Galileo selbst galt als guter Lautenspieler.
Galileo seine Schriften ab 1613 nicht mehr, wie für die Gelehrten üblich, in Latein abfasste, sondern auf Italienisch? Dadurch, dass er für die Darstellung seiner Erkenntnisse die Volkssprache wählte, wurde er auch für jeden, der lesen konnte, verständlich.
Johannes Kepler: Kaiserlicher Astronom und Sternendeuter
Hatte Kepler eine sorgenfreie Kindheit?
Das kann man nicht behaupten. Schon die Jugend des am 27. Dezember 1571 im württembergischen Weil geborenen Astronomen ist alles andere als einfach. Im Elternhaus herrscht oft Streit, und Geldnöte bestimmen den Alltag. Die Mutter ist eine schwierige, starrköpfige Natur, der Vater sprunghaft und unberechenbar; zweimal verlässt er seine Familie, um als Söldner zu dienen. Als Johannes Kepler vier Jahre alt ist, führt eine Pockenerkrankung fast zur Erblindung. Fortan leidet er unter einer belastenden Sehschwäche. Später geht es ihm finanziell oft nicht besser als den Eltern, und die unbeständige Politik der Epoche lässt ihn nirgendwo wirklich Wurzeln schlagen.
Mit einem Stipendium seiner Heimatstadt kann der begabte junge Kepler ab 1589 sein Studium in Tübingen finanzieren. 1594 erhält er eine Professorenstelle für Mathematik am lutherischen Provinzialgymnasium in Graz, wird im Jahr 1600 jedoch als Protestant ausgewiesen. Da zeichnet sich eine Wende ab.
Wer rief Kepler nach Prag?
Tycho Brahe (1546–1601) – gebürtiger Däne, seit 1599 Hofastronom Kaiser Rudolfs II. und führende astronomische Kapazität der Zeit – hat schon einmal einen neuen Stern entdeckt, eine Supernova in unserer Milchstraße. Auch der neue Stern am Himmel der Astronomie, Johannes Kepler, ist Brahe nicht verborgen geblieben. Er lädt ihn zur Mitarbeit am Prager Observatorium ein. Begeistert sagt Kepler zu. Und als Brahe im Jahr darauf stirbt, wird er zu dessen Nachfolger ernannt.
Hatte der Astronom später ausgesorgt?
In den folgenden Jahrzehnten dient Kepler drei Habsburger Kaisern. Keiner von ihnen nimmt es mit der Auszahlung seines Gehalts allzu genau; nicht selten muss er sich mit Schuldscheinen zufrieden geben. Zunehmend gerät er auch in die Wirren des Dreißigjährigen Kriegs. Kepler geht von Prag nach Linz, muss Linz aber wieder verlassen. 1627 werden alle Protestanten aus dem Dienst der Habsburger entlassen. Der Kaiser verweist Kepler an Wallenstein, dessen großes Interesse an den Sternen bekannt ist. Der berühmte Feldherr holt Kepler 1628 auch wirklich an seinen Hof im schlesischen Sagan, zeigt sich in finanziellen Dingen aber ebenfalls unzuverlässig. Schließlich sieht sich Kepler 1630 gezwungen, beim Kaiser die Schulden einzutreiben. Der hält sich gerade beim Reichstag in Regensburg auf. In der Hoffnung, endlich zu bekommen, was ihm zusteht, reitet Kepler bei herbstlichem Wind und Wetter los. Nach vier Wochen endlich in Regensburg angekommen, streckt ihn eine schwere Erkrankung nieder. Am 15. November 1630 stirbt Johannes Kepler an einem, wie es heißt, »hitzigen Fieber«.
Was entdeckte der Wissenschaftler?
Die gesetzmäßige Bewegung der Planeten. Heute gilt Keplers Beitrag zum Verständnis von Welt und Universum als Baustein der modernen Kosmologie. Er festigte das heliozentrische Weltbild, indem er Nikolaus Kopernikus (1473–1543) in zwei Punkten korrigierte: Die Planeten bewegen sich nicht mit gleichen, sondern unterschiedlichen Geschwindigkeiten um die Sonne, und nicht in Kreisen, sondern in Ellipsen. Diese und andere Erkenntnisse legte Kepler in drei nach ihm benannten Gesetzen dar, den ersten mathematisch formulierten Naturgesetzen, ausgeführt in seinen beiden Hauptwerken »Astronomia Nova« (Neue Astronomie) von 1609 und »Harmonices Mundi« (Weltharmonik) von 1619.
Wie kam Kepler zu seinen Erkenntnissen?
Seinen Durchbruch verdankt der geniale Astronom auch der Vorarbeit von Tycho Brahe, der jahrzehntelang die Bewegung der Planeten beobachtet und akribisch genau notiert hatte. Brahe zog aus seinen Beobachtungen zwar nicht die richtigen Schlüsse, weil er die kopernikanische Kosmologie und das heliozentrische Weltbild grundsätzlich ablehnte und deshalb in die falsche Richtung dachte. Aber seine ausgesprochen zuverlässigen Tafeln der Planetenbewegungen waren für jeden Astronomen – besonders für den sehbehinderten Kepler, für den das Beobachten mühselig war – Gold wert. Als Brahe plötzlich starb, übernahm Kepler, sein Mitarbeiter und Nachfolger an der Prager Sternwarte, seine Aufzeichnungen. Bis heute wird darüber spekuliert, ob Brahe das wirklich so wollte oder ob Kepler die Tafeln gestohlen hat.
War Keplers Mutter eine Hexe?
Anfang des 17. Jahrhunderts erreichte der Hexenwahn einen Höhepunkt. Auch Keplers Mutter geriet 1615 in das Visier der Hexenjäger. Wie üblich fing alles mit einer Verleumdung an: Eine Frau behauptete, die Kepler habe ihr einen giftigen Zaubertrank verabreicht und sei um Mitternacht auf einer Kuh geritten, die danach verendete. Außerdem dringe sie durch verschlossene Türen in Häuser ein und mache Kinder und Kälber durch Berührung krank. Der Sohn, als kaiserlicher Mathematiker und Hofastronom ein angesehener Mann, nahm die Verteidigung auf. Über mehr als sechs Jahre zog sich die »Untersuchung« der Vorwürfe hin. 1620 wurde Keplers 63-jährige Mutter auch gefoltert, ein Jahr später erfolgte jedoch der Freispruch.
Wussten Sie, dass …
noch 50 Jahre, nachdem Kopernikus mit seiner revolutionären Kosmologie die Sonne zum Mittelpunkt des Universums erklärt hatte, die meisten Astronomen diese Vorstellung für ein Hirngespinst hielten?
Kepler mit seiner 1611 publizierten Schrift »Dioptrice« (Lehre von der Lichtbrechung) die Grundlage der Optik legte?
behauptet wurde, Kepler habe Brahe, verzweifelt über dessen Ignoranz, wegen dessen wertvollen Aufzeichnungen der Planetenbewegungen ermordet?
Isaac Newton: Englands Mann des Jahrtausends
Wie verlief Newtons akademische Karriere?
Isaac Newton wurde am 4. Januar 1643 in Lincolnshire geboren. Vaterlosigkeit und frühe Trennung von der Mutter sind oft zur Erklärung seines neurotischen Charakters herangezogen worden. Nach einem vergeblichen Versuch, sich als Landwirt um das väterliche Gut zu kümmern, begann Newton im Sommer 1661 in Cambridge zu studieren. 1664 erreichte er den Status eines Scholars, der ihm die Lösung ausschließlich selbst gewählter Fragestellungen erlaubte. 1665 und 1666, als die Universität wegen einer Pestepidemie geschlossen war, entwickelte Newton die wesentlichen Elemente seines Infinitesimalkalküls und die Grundlagen für seine späteren Entdeckungen in Mechanik und Optik. Von 1669 bis 1701 war er Professor in Cambridge.
Was beschäftigte den jungen Forscher?
Newtons Bemühungen um eine Klärung der Natur von Licht und Farben beginnen zur selben Zeit wie seine Untersuchungen zur Mechanik. Als Instrument benutzte Newton wie seine Vorgänger in erster Linie das Prisma. Er betrachtete beispielsweise in einem abgedunkelten Zimmer, in das ein isolierter Lichtstrahl fiel, das durch ein Glasprisma entstehende Spektrum auf einem weit entfernten Schirm. Dabei sah er ein unerwartet lang gezogenes ovales Abbild der kreisförmigen Lochblende eines von Rot bis Violett reichenden Spektrums, das er als Überlagerung verschiedenfarbiger Bilder der Blende deutete. Jedes einzelne Bild der Blende entspricht einer bestimmten Farbe, die ihrerseits durch einen bestimmten Brechungsindex und damit einen bestimmten Ort auf dem Bildschirm ausgezeichnet ist. Damit stand für Newton fest, dass sich das weiße Sonnenlicht aus den für ihn elementaren verschiedenfarbigen Strahlen unterschiedlicher Brechbarkeit zusammensetzt.
War Newton Theoretiker?
Nein, er widmete sich auch praktischen Erfindungen. Newton wendete sich der Konstruktion eines Spiegelteleskops zu, dessen erfolgreiche Vorführung in der Royal Society 1672 zu seiner Aufnahme als Fellow führte. Die drei Bücher der erstmals 1704 veröffentlichten »Opticks«, zu denen noch ein Teil mit offenen Fragen, den »Queries«, kommt, behandeln nach der Klärung von Begriffen Newtons Theorie über Licht und Farben, sein Teleskop, Interferenzerscheinungen, die Entstehung von Farbwirkungen bei dünnen durchsichtigen Körpern, insbesondere die später nach Newton benannten Ringe, und die Farben nicht durchsichtiger natürlicher Körper. Dazu kommen Beugungserscheinungen, die Newton als Kraftwirkungen von Körpern auf das Licht interpretierte.
Was ist die wichtigste Entdeckung Newtons?
Die Gravitation. Lang vor den »Opticks« hatte Newton in weniger als zwei Jahren das Manuskript für die 1687 veröffentlichten »Philosophiae Naturalis Principia Mathematica« fertig gestellt. Im ersten der drei Bände entwickelte Newton die Grundlagen einer Bewegungslehre, um im dritten Buch die damals bestehenden Probleme der Astronomie auf dieser Grundlage zu lösen. Das zweite Buch behandelt die Bewegung von Körpern in Widerstand leistenden Medien. Für die spätere Wirkung von Newtons Werk war vor allem das dritte, »Über das Weltsystem« betitelte Buch von Bedeutung, das alle Ergebnisse der von Kopernikus ausgelösten wissenschaftlichen Revolution unter dem Gravitationsprinzip zusammenzufassen vermochte und damit diese wichtigste Phase der neuzeitlichen Wissenschaftsentwicklung abschloss. Danach wirkt die Schwerkraft auf alle Körper und ist für jeden einzelnen seiner Masse proportional.
Newton betrachtete Körperbewegungen nicht relativ zu anderen Körpern, sondern bezogen auf ein körperunabhängiges stabiles Bezugssystem, das für ihn durch den absoluten, unendlich ausgedehnten Raum gegeben war.
Blieb der Physiker der Wissenschaft treu?
Nein, er ging in die Politik. Aufgrund seines Einsatzes für die Glorious Revolution wurde Newton 1689 zum Mitglied des Parlaments gewählt. Ein früherer Schüler, der spätere Earl of Halifax, verhalf Newton 1696 zur Stelle eines Münzmeisters in der königlichen Münze in London. Newton wurde 1699 Direktor der Münze, 1703 Präsident der Royal Society und 1705 durch Königin Anna geadelt. Als Präsident der Royal Society sorgte er dafür, dass der Prioritätsstreit mit Leibniz um die Schöpfung des Infinitesimalkalküls 1713 zu seinen Gunsten entschieden wurde.
Der Einfluss des Newton'schen Weltsystems auf die Wissenschaftsgeschichte war gewaltig. Erst Machs Kritik des absoluten Raums leitete eine Entwicklung ein, die mit der Relativitätstheorie Einsteins die raumzeitlichen Vorstellungen Newtons durch neue ersetzte.
Wie kam Newton zu Ergebnissen?
Newton lehnte die Hypothesenbildung ab, wie er explizit in den »Principia« darlegt: »Ich habe noch keine vernünftige Erklärung für diese Eigenschaften der Schwerkraft aus den Erscheinungen abzuleiten vermocht, und Hypothesen bilde ich nicht. Was nämlich nicht aus den Erscheinungen folgt, ist als Hypothese zu bezeichnen, und Hypothesen, ob sie nun metaphysisch oder physikalisch oder über verborgene Eigenschaften oder mechanisch sind, haben in der Experimentalphysik keinen Platz (…). Es genügt, dass die Schwerkraft tatsächlich existiert, nach den von mir dargelegten Gesetzen wirkt und allen Bewegungen der Himmelskörper sowie des Meeres genügt.«
Wussten Sie, dass …
der französische Philosoph Voltaire die Geschichte verbreitete, Newton habe das Gesetz der Gravitation entdeckt, als ihm unter einem Apfelbaum liegend eine Frucht auf den Kopf gefallen sei?
sich der Wissenschaftler auch mit Alchimie, speziell mit der Suche nach dem Stein der Weisen, beschäftigte?
Newton als Münzmeister besonders streng gegen Falschmünzer vorging?
der Physiker nach seinem Tod 1727 feierlich in der Westminster Abbey beigesetzt wurde?
James Cook: Auf der Suche nach neuen Kontinenten
Kam Cook aus einer Seefahrer-Familie?
Nein. Der Mann, der einmal auf seinen Seereisen so weit wie keiner vor ihm vordringen sollte, war 1728 in Nordengland als Sohn eines schottischen Landarbeiters geboren worden. Niemand wird vermutet haben, dass der kleine James aus einfachen Verhältnissen einmal zu den ganz Großen zählen sollte. Zunächst hatte seine berufliche Karriere ganz standesgemäß begonnen. Als er zwölf Jahre alt war, kam er zu einem Kurzwarenhändler in die Lehre. Mit 18 zog es ihn dann auf die Meere, er heuerte als Schiffsjunge an Englands Nordküste an. Auf Kohleschiffen lernte er sein Handwerk.
Wie wurde er zum erfolgreichen Seefahrer?
Er hatte es sich in den Kopf gesetzt, auf dem Meer sein Glück zu machen. James Cook verließ die Handelsmarine und ging als Matrose zur Royal Navy, der Kriegsmarine seines Landes. Und es wurde sein Glück. Trotz unpassender Herkunft – die Engländer hielten sich streng an Standesregeln – wurde er innerhalb kürzester Zeit zum Kapitän befördert. Ein ungewöhnlicher Aufstieg, den sich Cook mit viel Fleiß erarbeitet hatte. Intensiv lernte er vor allem Mathematik und Astronomie. 1759 war es endlich so weit: Cook erhielt sein erstes Kommando und galt bald als talentierter, besonnener Segler und hervorragender Kenner der Seevermessung.
Welchen Geheimauftrag bekam der Kapitän?
1768 sollte Cook die südpazifischen Gewässer erkunden. Offiziell sollte er mit britischen Astronomen zur Insel Tahiti segeln, um dort den Venusgang durch die Sonne zu beobachten. Aber er hatte auch die streng geheime Anweisung erhalten, einen neuen Kontinent, Südland, zu finden. Damals wusste man noch nicht, dass Neuseeland aus zwei Inseln bestand, statt dessen ging man von einer einzigen aus, von der man vermutete, sie sei der nördliche Teil eines südlichen Kontinents. Im Hochsommer 1768 stach die »Endeavour« in See, an Bord unter anderen auch der Botaniker Joseph Banks. Diese Reise, die die Mannschaft einmal um die Erde führte, dauerte fast drei Jahre.
Was erlebte die Mannschaft auf See?
Es waren gewiss drei Jahre voller Mühen und Anstrengungen, aber vor allem voller neuer Eindrücke, Entdeckungen und Überraschungen. Eine erste Rast nach fünf Monaten auf See in Feuerland, der südlichsten Spitze Südamerikas, diente zum Beschaffen von Holz, Wasser und Lebensmitteln. Banks und seine Mannschaft nutzten die Zeit für botanische Erkundungen und das Sammeln von Pflanzen. Zwei der Helfer fielen den heftigen Kapstürmen und der Kälte zum Opfer. Die Nähe zur Arktis hatte ihren Tribut gefordert. In Tahiti waren sie schnell wohlgelitten, und die Mannschaft genoss die Gastfreundschaft, die Schönheit der Natur und die sexuelle Freizügigkeit der Maorifrauen.
Die alte Vorstellung von einem riesigen Südland wurde am 40. Breitengrad zu Grabe getragen, als Cook zu der Überzeugung kam, in dieser Kälte kein Land mehr zu finden. Cook entdeckte, dass Neuseeland aus zwei Inseln besteht und zu keinem großen südlichen Kontinent gehört. Als erster Europäer lief er die Küsten Ostaustraliens an und nannte den südlichen Teil Botany Bay: Banks hatte dort ein Paradies exotischer Pflanzen gefunden. Der Weg nach Norden führte die Mannschaft am Great Barrier Reef vorbei, ein Korallenfelsen schlug dabei die »Endeavour« leck. Es dauerte einige Zeit, bis das Schiff wieder startklar war.
Wie fand Cook den Tod?
Insgesamt unternahm Cook drei Reisen in den Pazifik. Er drang so weit in die arktischen Eiswelten vor, wie keiner je vor ihm. Und er kartografierte den Ozean so genau, dass seine Landkarten noch Jahrzehnte nach seinem Tod benutzt wurden. Von seiner dritten Reise kam er, erst 51-jährig, nicht mehr nach Hause. Hawaiianer hatten ihn umgebracht und seinen Körper zerlegt.
Wo kreuzte die Endeavour?
Durch den Ärmelkanal ging es über den Atlantischen Ozean gen Süden, Richtung Südamerika. Nach der Umrundung von Kap Hoorn segelte das Schiff in den Pazifik und weiter nach Tahiti. Cook nannte diese Inselwelt »Gesellschaftsinseln«, weil sie sehr dicht beieinander liegen. Auf der Suche nach dem vermeintlichen Südland kam die Mannschaft bis zum 40. Breitengrad, so nah an den Südpol wie keiner vorher. Das kalte Wetter, ein heftiger Sturm und die Gewissheit, kein Land mehr zu finden, ließen Cook nach Westen abdrehen. Sie kamen nach Neuseeland und erkundeten später die bis dahin unerforschte Ostküste Australiens mit dem Great Barrier Reef. Zurück ging es durch die Torresstraße zwischen Australien und Neuguinea.
Wussten Sie, dass …
Cook auf seiner zweiten Reise von dem preußischen Schriftsteller und späteren Revolutionär Georg Forster begleitet wurde?
der Seefahrer sechs Kinder hatte, die aber alle früh starben?
der Kapitän als Maßnahme gegen die Mangelkrankheit Skorbut vitaminreiche Nahrung wie Malz und Sauerkraut, später auch Karottengelee mit sich führte?
James Watt: Mit Dampf in die industrielle Revolution
War James Watt schon immer ein Tüftler?
Durchaus. Denn der am 19. Januar 1736 im schottischen Greenock als Sohn eines Werft- und Bauunternehmers geborene James Watt beschäftigte sich bereits sehr früh damit, Lösungen für technische Probleme auszutüfteln. Es lag daher für ihn nahe, den Beruf des Ingenieurs zu wählen. In Glasgow absolvierte er ein entsprechendes Studium. Danach ließ er sich zunächst als Instrumentenmacher nieder.
Erfand der Schotte wirklich die Dampfmaschine?
Nicht ganz. Zwar wird er landläufig häufig als Erfinder der Dampfmaschine bezeichnet, das stimmt jedoch nur eingeschränkt: Er war der Erfinder der ersten brauchbaren Niederdruck-Dampfmaschine, die erst den Siegeszug der Dampfkraft möglich machte. Seine Entwicklungen gelangen Watt jedoch nur auf der Grundlage der Vorgängermaschinen, insbesondere des Geräts von Thomas Newcomen. Dieser wiederum hatte 1712 das Vorgängermodell des Ingenieurs Thomas Savery von 1698 zur »Feuermaschine« weiterentwickelt.
Welche Idee machte ihn berühmt?
Watt erhielt eines Tages den Auftrag, ein Exemplar der Newcomen'schen »Feuermaschine« zu reparieren. Sofort fiel ihm die ungeheure Dampfverschwendung dieser Maschine auf. Im Mai 1765 hatte er dann die zündende Idee: einen vom Kessel getrennten, aber mit ihm verbundenen Verdichter (»separate condenser«), der eine erheblich bessere Dampf- und Wärmeausbeute erlauben würde. Watt fand einen Geldgeber und baute 1768 die erste Maschine mit dieser Neuerung. Im Jahr darauf erhielt er ein Patent für seine »Neue Methode zur Verminderung von Dampf- und Betriebsstoffverbrauch in Feuermaschinen«.
Bis zum Siegeszug der Dampfkraft dauerte es aber noch eine ganze Weile, denn Watt musste erst zahlreiche Verbesserungen an seinem Gerät vornehmen, ehe es in nennenswerten Stückzahlen Absatz fand. Auch ging seinem ersten Sponsor das Geld aus, so dass sich Watt eine Weile als Landvermesser verdingen musste, anstatt an seiner Maschine weiterzuarbeiten. 1774 fand er schließlich einen weiteren Gönner in Birmingham und konnte die ersten Maschinen verkaufen sowie seine Erfindung Schritt für Schritt optimieren.
Welche Ehre wurde dem Erfinder zuteil?
Die größte Anerkennung der Erfindung James Watts spiegelt sich in der Tatsache wider, dass die internationale physikalische Maßeinheit der Leistung nach ihm benannt wurde: sie heißt Watt (W).
Watt selbst erlebte diese Auszeichnung nicht mehr. Er starb hochbetagt am 19. August 1819 im heute zu Birmingham gehörenden Heathfield.
Warum beschleunigte die Dampfmaschine die industrielle Revolution?
Die Erfindung der Dampfmaschine durch James Watt erlaubte erstmals den Einsatz von Maschinenkraft; fast alles, was bisher vom Flaschenzug bis zur Pumpe genutzt wurde, brauchte – nutzte man nicht Wind oder Wasser – die Unterstützung von Menschen- oder Tierkraft und erreichte doch nicht die Leistung der Dampfmaschine. Jetzt konnte die industrielle Revolution richtig beginnen. In Großbritannien ließ die Watt'sche Maschine etwa die Produktion der Textilindustrie rasant anschwellen und wenig später gelang mit der ersten Lokomotive von George Stephenson – eigentlich eine auf Räder gestellte Dampfmaschine – der Durchbruch zu ungeahnter Mobilität.
Das Land konnte seine auf Dampfkraft aufgebaute Weltmachtrolle bis zum Ersten Weltkrieg behaupten. Die technische Entwicklung stellte außerdem fast zeitgleich das für die Überwindung der überall dominierenden agrarischen Strukturen erforderliche Instrumentarium zur Verfügung.
Wussten Sie, dass …
James Watt durch seine Erfindung ein wohlhabender Mann wurde?
bis 1800 rund 500 Watt-Maschinen in England in Betrieb gingen und in Bergwerken, Mühlen oder zum Betrieb von Förderkörben und Schleusen eingesetzt wurden?
Watt die Erhebung in den Adelsstand, die ihm 1814 angetragen wurde, ablehnte? Andere hohe Auszeichnungen wie die Wahl in die Londoner Royal Society oder die Ernennung zum Ehrendoktor der Universität von Glasgow nahm er jedoch dankend an.
Alexander von Humboldt: Der wissenschaftliche Schriftsteller
Was machte Alexander von Humboldt berühmt?
Der deutsche Naturforscher machte auf vielen Gebieten bahnbrechende Entdeckungen und revolutionierte die Wissenschaft mit seiner empirischen Herangehensweise an die Geografie. Das Universaltalent verfügte über ein ungeheures Wissen, entdeckte als Botaniker mehrere tausend neue Arten, erkannte die kulturellen Leistungen der indianischen Urbevölkerung Amerikas und kartographierte große Teile Südamerikas. In Lateinamerika gilt er deshalb heute noch als der »zweite Entdecker Amerikas«.
Er hatte eine ganzheitliche Sicht der Natur. Humboldt sah die Welt in ihren organischen und anorganischen Teilen als ein von gleichen Kräften belebtes Ganzes, das er als harmonisches Naturgemälde begriff. In der Vorrede zum ersten Band seines Hauptwerkes »Kosmos« forderte er als Leitgedanken: »Die Naturansicht soll allgemein, sie soll groß und frei, nicht durch Motive der relativen Nützlichkeit beengt sein.« Diese Worte waren bereits damals als visionäre Warnung lesbar: Denn schon die Wissenschaft im 19. und mehr noch im 20. Jahrhundert sah die Natur eben nicht allgemein und frei an, sondern erhob genau die »relative Nützlichkeit« zu ihrer Maxime.
Am gegenwärtigen Zustand unseres Planeten, da sich die Schreckensmeldungen von Klimakatastrophen oder Plünderung der Rohstoffe häufen, ist das offensichtlich. In dem gleichzeitig gewachsenen Umweltbewusstsein, das sich für die komplizierten Zusammenhänge der Natur sensibel zeigt, ließe sich einiges von Alexander von Humboldts »Idee der Natur« wiederfinden.
Welche Ausbildung bekam der Forscher?
Es war der Wunsch der Mutter Humboldts, dass der Sohn Alexander Kaufmann werden sollte. Der Vater des am 14. September 1769 in Berlin geborenen Alexander von Humboldt hatte im Heer Friedrichs des Großen gedient. Nach seinem frühen Tod im Jahr 1779 fiel die Erziehung Alexanders und seines Bruders Wilhelm der Mutter zu, die einer reichen Hugenottenfamilie entstammte.
Alexander jedoch genügte ein halbes Jahr, um zu erkennen, dass er in der Welt der »Zahlen- und Comptoirbücher« niemals heimisch werden würde. Stattdessen stürzte er sich mit Begeisterung auf die Geologie und erhielt in Freiberg im Erzgebirge eine Ausbildung zum Bergingenieur.
Was machte der Biologe in Amerika?
Ihn führte eine Forschungsreise zum neuen Kontinent. Nach dem Tod seiner Mutter (1796) reiste er durch halb Europa, besuchte Museen, experimentierte, übte sich im Gebrauch der modernsten astronomischen und meteorologischen Geräte – alles im Hinblick auf die lang geplante große Forschungsreise in die »Äquinoktialgegenden des Neuen Kontinents«, die Tropen Amerikas.
Mit einem Pariser Freund, Aimé Bonpland, schiffte er sich im Juli des Jahres 1799 ein. Als er im August 1804 zurückkehrte, lag eine körperlich wie geistig schier unglaubliche Höchstleistung hinter ihm: Märsche in kaum erschlossener Wildnis, Bergtouren in die Fünftausender-Region der Anden, Einbaum-Fahrten auf den Flüssen Venezuelas.
Was brachte er von seiner Reise mit?
Humboldt brachte Material und Aufzeichnungen nach Europa mit, die für Jahrzehnte wissenschaftlicher Arbeit ausreichten. Er nahm Quartier in Paris, dem geistigen Zentrum seiner Zeit. Er schrieb »Ideen zu einer Geographie der Pflanzen nebst einem Naturgemälde der Tropenländer« (1805) und »Ansichten der Natur« (1808). Bereits ab 1807 erschienen in französischer Sprache die Bände seiner Reisebeschreibung, insgesamt 30, mit Karten, Zeichnungen, Tabellen. Die Gesamtkosten für sein Werk, die Humboldt vorschießen musste, beliefen sich auf die ungeheuerliche Summe von 600 000 Franc.
Reiste der Naturkundler nochmal nach Amerika?
Nein, als Humboldts finanzielle Reserven zu Ende gingen, siedelte er nach Berlin über und nahm dort die gut dotierte Stellung eines Kammerherrn im Dienste des preußischen Staats an. Alle Kraft jedoch widmete er dem »Kosmos«, jenem Werk, in dem er seine Studien zusammenfassen wollte. Er arbeitete fast ohne Unterbrechung, gönnte sich nachts gerade mal drei Stunden Schlaf. Neben der Niederschrift des »Kosmos« bewältigte er eine Korrespondenz von jährlich 1500 bis 3000 Briefen, förderte junge Talente und ging noch immer botanisieren und Steine sammeln.
Als Alexander von Humboldt am 6. Mai 1859 starb, waren vom »Kosmos« vier Bände erschienen, der fünfte, unvollständig geblieben, kam erst nach dem Tod des Naturforschers heraus.
Wussten Sie, dass …
Humboldt selbst bei den Revolutionären des März 1848 höchsten Respekt genoss? Als in Berlin Straßenkämpfe tobten, stellten die Aufständischen Wachen vor dem Haus des Gelehrten auf.
Goethe ein großer Bewunderer Alexander von Humboldts und dessen Bruder Wilhelm war? Er nannte die beiden in Anlehnung an ein unzertrennliches Brüderpaar der griechischen Sage die »Dioskuren«.
zu den von Humboldt geförderten jungen Forschern der Chemiker Justus Liebig gehörte?
Charles Darwin: Das Ende der Schöpfungsgeschichte
Was ist der Kern von Darwins Evolutionslehre?
Die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten ist nicht das Ergebnis göttlicher Schöpfung, sondern hat sich in einem langen Prozess der Selektion, der natürlichen Auslese, herausgebildet. Somit ist der Mensch schlichtweg ein Abkömmling niederer Arten, nichts weiter als ein »nackter Affe«, wie es über ein Jahrhundert später der Anthropologe Desmond Morris auf den Punkt bringen wird.
Wie wurde der Brite Naturforscher?
Er kam auf Umwegen zu diesem Forschungsgebiet. Denn Charles Robert Darwin, der 1809 im mittelenglischen Shrewsbury geborene Sohn eines gut situierten Arztes, begann, dem Wunsch des Vaters entsprechend, nach der Schule ein Medizinstudium in Edinburgh, wechselte jedoch nur zwei Jahre später zur Theologie in Cambridge. Hier weckte die Bekanntschaft mit dem Geologen Adam Sedgwick und dem Botaniker John Stevens Henslow sein Interesse an den Naturwissenschaften, und nach Abschluss seines Studiums vermittelte ihm Henslow schließlich die Teilnahme an einer Forschungsreise der HMS Beagle.
Am 27. Dezember 1831 legte die Beagle in Portsmouth zu ihrer fünfjährigen Weltumseglung ab. Unterwegs machte Darwin geologische und tiergeografische Beobachtungen, sammelte und katalogisierte Fossilien.
Was fiel dem Reisenden unterwegs auf?
Auf den Galapagosinseln stellte Darwin fest, dass verwandte Tierarten auf den verschiedenen Inseln beträchtliche Unterschiede im Körperbau, aber auch in ihren Nahrungsgewohnheiten zeigten. Offensichtlich, so Darwins Schlussfolgerung, hatten sich diese Arten an ihre Umwelt angepasst, und sie stammten von einer gemeinsamen Urform ab. Dies aber war mit den traditionellen Vorstellungen der Naturlehre gänzlich unvereinbar. Laut herrschender Meinung zeigte sich nämlich das göttliche Wesen der Welt darin, dass die neuen Arten als Ersatz für diejenigen geschaffen würden, die ausstarben. So waren denn auch, mehr schlecht als recht, Fossilienfunde von nicht mehr existenten Tieren und Pflanzen zu erklären. Denn einmal erschaffen, galten die Arten an sich als unveränderlich.
Wodurch hatte der Forscher die zündende Idee?
1938, zwei Jahre, nachdem er von seiner Reise mit der Beagle zurückgekehrt war, erfolgte der Durchbruch. Darwin hatte wissenschaftliche Werke veröffentlicht und beharrlich an seiner Abstammungslehre und ihrer Begründung gearbeitet. Dann brachte ihn ein Zufall auf den entscheidenden Gedanken. Darwin las »zum Vergnügen« Thomas Robert Malthus' »Versuch über das Bevölkerungsgesetz« von 1798. Der Ökonom hatte darin höchstmögliche Bevölkerungszahlen auf die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln zurückgeführt. Darwin war selbst überrascht, als ihm bei der Lektüre schlagartig die Idee kam, die zugleich zum Grundstein der Selektionstheorie wurde: An ihre Lebensbedingungen besser angepasste Individuen haben die größeren Überlebenschancen.
Trat der Entdecker bald an die Öffentlichkeit?
Nein, es vergingen Jahre des Sammelns, des Präzisierens und Ausgestaltens. Unschlüssig über die zu erwartenden Reaktionen auf seine Thesen, die ja gänzlich ohne religiöse Faktoren auskamen, zögerte Darwin eine groß angelegte Veröffentlichung immer wieder hinaus. Dann aber, 1858, bat ihn Alfred Russel Wallace um die Durchsicht eines Aufsatzes. Wallace war unabhängig von Darwin durch eigene Beobachtung zu ähnlichen Schlüssen gekommen und diese Aufzeichnungen drohten nun Darwins gesamte Arbeit zunichte zu machen. Doch man einigte sich rasch und im Juli 1858 stellten Darwin und Wallace gemeinsam ihre Gedanken in der Londoner Linnean Society vor. Jetzt aber war Darwin zur Veröffentlichung entschlossen, und als 1859, über zwanzig Jahre nach der Reise der Beagle, endlich »Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl« erschien, war das bahnbrechende Werk noch am selben Tag ausverkauft. 1882 starb Darwin als gefeierter Wissenschaftler in Down bei London.
Evolution und Selektion, was ist das eigentlich?
Evolution bedeutet Wandel und Neuentstehung der Arten. Erklären aber konnte dies erst die Selektionstheorie: Individuen der gleichen Art weisen Unterschiede auf, die sie besser oder schlechter für den »Kampf ums Dasein« rüsten. Die besser gerüsteten überleben häufiger und länger und vererben ihre Eigenschaften weiter, sodass sich die Art allmählich wandelt. Werden Gruppen einer Art, etwa durch Wanderung, geografisch getrennt, dann entwickeln sie sich unabhängig; es entstehen verschiedene Rassen und aus diesen etwa auch Arten, die untereinander nicht mehr fortpflanzungsfähig sind.
Wussten Sie, dass …
der Franzose Jean-Baptiste de Lamarck bereits 1809 ein Modell der Evolution veröffentlichte? Ihre Wirkungsweise darzulegen und sie wissenschaftlich zu begründen, sollte jedoch Darwins Selektionstheorie vorbehalten bleiben.
Darwin sein Medizinstudium 1827 vor allem deswegen abbrach, weil es ihm zu grausam war? Er verabscheute das Sezieren. Außerdem schreckten ihn die Operationen ab, die damals noch ohne Narkose durchgeführt werden mussten.
Werner von Siemens: Firmengründer mit Energie
War Siemens zum Techniker geboren?
Nein, dem Rat seines Vaters folgend, bemühte sich Werner Siemens, am 13. Dezember 1816 als Sohn eines Landwirts und Gutspächters in Lenthe bei Hannover geboren, in Berlin um die Aufnahme in die preußische Armee. Eine erste Bewerbung bei der Königlichen Gardeartillerie blieb erfolglos, in Magdeburg wurde er schließlich angenommen. Eine fundierte technisch-wissenschaftliche Ausbildung erhielt er während seiner dreijährigen Abkommandierung zur Vereinigten Artillerie- und Ingenieur-Schule nach Berlin.
Im Sommer 1839 starb seine Mutter, im Januar 1840 verlor er auch seinen Vater. Siemens fühlte sich als Ältester von zehn Geschwistern verantwortlich und sah sich vor finanzielle Probleme gestellt. Die Situation besserte sich, als es 1842 gelang, erste Erfindungen – Verfahren zur Galvanisierung – durch seinen nach England übergesiedelten Bruder Karl Wilhelm zu verkaufen. Im selben Jahr wurde Siemens nach Berlin versetzt, wo er an den Sitzungen der 1839 gegründeten Polytechnischen Gesellschaft teilnahm.
Wie kam der Leutnant zum Telegrafengeschäft?
Preußen besaß damals nur eine Linie optischer Telegrafie von Berlin nach Koblenz. In den 1840er Jahren begann der Siegeszug der elektrischen Nachrichtenübermittlung. Siemens wurde 1846 in die Preußische Telegrafiekommission berufen, die sich mit dem Aufbau der Telegrafie beschäftigte. Dort entwickelte er einen elektrischen Zeigertelegrafen.
Am 1. Oktober 1847 gründete Siemens mit dem begnadeten Handwerker Johann Georg Halske (1814–1890) die »Telegraphenbauanstalt von Siemens & Halske« in Berlin, aus der die Siemens AG hervorging. Einen ersten großen Schub brachte der Firma der Bau elektrischer Telegrafenlinien. 1849 ging zwischen Berlin und Frankfurt am Main die von Siemens errichtete erste öffentliche elektrische Telegrafenlinie Europas in Betrieb. 1850 folgten weitere. Siemens schied 1849 aus der preußischen Armee aus und widmete sich ganz seiner Firma.
Was war die wichtigste Erfindung des Technikers?
Im Sommer 1866 entdeckte Siemens bei Versuchen zur Verbesserung elektrischer Zünder das dynamoelektrische Prinzip. Mit der Entwicklung der Dynamomaschine begründete er die Starkstromtechnik, die zu einem der Hauptgeschäftsfelder seines Unternehmens wurde. Gewinne wurden erst Ende der 1870er Jahre damit gemacht, als Dynamomaschinen in größeren Stückzahlen produziert und in die industriellen Arbeitsabläufe eingeführt wurden.
Wo war Siemens tätig?
Die Siemens-Firmen in Berlin, London und St. Petersburg errichteten von 1868 bis 1870 die fast 11000 Kilometer lange Telegrafenlinie von London über Berlin, Odessa, Tiflis, Teheran und Karatschi nach Kalkutta. Die indo-europäische Telegrafenlinie war bis 1931 in Betrieb. Siemens beteiligte sich 1874/75 auch an der Verlegung von Transatlantikkabeln für die Telegrafie von Irland in die USA.
Allen Neuerungen gegenüber aufgeschlossen, stellte Siemens 1879 auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung die erste funktionstüchtige elektrische Lokomotive vor. 1881 präsentierte er in Berlin-Lichterfelde die erste elektrische Straßenbahn der Welt. Kurz vor seinem Tod erschienen seine »Lebenserinnerungen«. Siemens starb am 6. Dezember 1892 in Berlin.
Welche Ehrungen erhielt Siemens?
Auf der 1. Weltausstellung 1851 in London wurde Siemens für seinen Zeigertelegrafen mit der höchsten Auszeichnung, der Council Medal, geehrt. Siemens' Erfindungen und wissenschaftliche Leistungen wurden 1860 von der Berliner Universität durch die (damals sehr seltene) Verleihung des Ehrendoktors der Philosophie gewürdigt. 1867 erhielt er in Paris den Orden der französischen Ehrenlegion, 1886 den preußischen Orden Pour le Mérite für Kunst und Wissenschaften. Die Preußische Akademie der Wissenschaften nahm ihn 1874 in ihre Reihen auf. 1880 wurde er zum Geheimen Regierungsrat ernannt und 1888 von Kaiser Friedrich III. in den Adelsstand erhoben.
Wussten Sie, dass …
Siemens während des Studiums wegen der Teilnahme als Sekundant an einem Duell zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt wurde? Er wurde aber bald wieder freigelassen.
das Wort »Elektrotechnik« erstmals in einem 1879 verfassten Brief des Erfinders fällt?
Siemens, um die Behörden von seiner Idee einer elektrischen Straßenbahn zu überzeugen, eine stillgelegte Strecke in Lichterfelde kaufte und dort eine Teststrecke für sein neuartiges Mobil errichtete?
Heinrich Schliemann: Die Suche nach dem legendären Troja
Was begründete Schliemanns Traum von Troja?
Eine Abbildung in einem Schulbuch. Schliemann wurde am 6. Januar 1822 im mecklenburgischen Neubukow als Sohn eines Pfarrers geboren. Im Alter von sieben Jahren sah er in einem Geschichtsbuch eine Darstellung des brennenden Troja. Damals galt die Stadt als Legende. Doch den Jungen ließ die Vorstellung nicht mehr los, dass Homer das alles nicht erfunden hatte, dass der Schauplatz des Trojanischen Kriegs nicht nur Teil einer Heldensage war. Es dauerte Jahrzehnte, aber dann konnte Heinrich Schliemann beweisen, dass er kein Fantast war.
Besuchte der junge Mann die Universität?
Nein. Bereits als 14-Jähriger verlässt er seine heimatliche Umgebung. Man schickt ihn nach Fürstenberg in der Uckermark, wo er in einem Laden als Lehrling anfängt. Nach fünf Jahren hält es ihn nicht mehr in den engen Verhältnissen. Er zieht los, um sein Glück anderswo zu suchen. Die ersten Stationen sind Rostock und Hamburg, dann folgt Amsterdam. Hier findet er 1844 eine Anstellung in einem großen internationalen Handelshaus. Nebenbei beginnt er, sich mit Sprachen zu beschäftigen. Es heißt, Schliemann habe am Ende bis zu 20 Fremdsprachen beherrscht – die Aussagen darüber variieren. Wie dem auch sei: Dieser junge Kaufmann war sprach- und weltgewandt, er fand sich überall zurecht – eine Fähigkeit, die ihm sowohl im Geschäftsleben als auch später bei der Realisierung seines großen Traums zugutekommen sollte.
Wie kam Schliemann zu seinem Vermögen?
1846 bietet sich die Chance seines Lebens: Das niederländische Handelshaus beschließt, eine Niederlassung in Russland zu gründen, und überträgt die Aufgabe an Schliemann. Er geht nach Sankt Petersburg, erledigt seinen Auftrag und macht sich dort ein Jahr später mit einem eigenen Unternehmen selbstständig. Die Geschäfte laufen gut. Schliemann reist und sieht viel von der Welt. Bald ist er ein vermögender Mann, so vermögend, dass er sich 1864 ins Privatleben zurückziehen kann.
Wie fand der Kaufmann das antike Troja?
Bei seiner Suche verließ sich Schliemann ganz auf die geografischen Angaben Homers. Und die führten ihn zum Ruinenhügel bei dem Dorf Hissarlik, wo 1870 die ersten Voruntersuchungen durch Probegrabungen begannen – eine zu dieser Zeit völlig neue Vorgehensweise. Dann aber war er sicher: Hier unter der Erde lagen die Ruinen des alten Troja. Die Grabungen zogen sich über mehr als 20 Jahre hin. Es wurden Überreste mehrerer antiker Siedlungen gefunden, eine davon war in der Tat das Troja, von dem Homer erzählt.
Inzwischen war Schliemann nach Athen umgesiedelt und hatte eine schöne junge Griechin geheiratet. Von Athen aus unternahm er seine zahlreichen Forschungsreisen, die ihn keineswegs nur nach Troja führten. Auf den Spuren des sagenhaften Königs Agamemnon grub er ab 1876 in Mykene. Ans Tageslicht kamen der königliche Palast, viel Gold und Geschmeide sowie die berühmte »Maske des Agamemnon«. Weitere bedeutende Grabungen fanden von 1880 bis 1886 in Orchomenos statt und 1884/85 in Tyrins.
Woran starb der Archäologe?
In den letzten Jahren quälte Schliemann ein Ohrenleiden. Er konsultierte Spezialisten in ganz Europa und ließ sich 1890 in Halle operieren. Auf der Heimreise nach Athen machte er Station in Neapel. Dort brach er – wohl infolge des Eingriffs – am 25. Dezember 1890 zusammen und starb tags darauf.
Neben der Entdeckung Trojas – für sich schon eine Jahrhundertsensation – gelang es Schliemann durch seine Grabungen, viele neue Details über die Welt der Antike zutage zu fördern und der Wissenschaft zugänglich zu machen. Gleichzeitig bedeutete seine Arbeit für die Archäologie auch methodisch einen Sprung nach vorn. Ab 1880 stand ihm der Archäologe Wilhelm Dörpfeld (1853 bis 1940) als Assistent zur Seite. Gemeinsam setzten sie erstmals neue Grabungsmethoden ein, die heute zum Standard der Forschung gehören und die Schliemann für viele zum Vater der modernen Archäologie machen.
Mit welchen Methoden erforschte Schliemann Troja?
Schliemanns archäologische Methoden waren recht modern. Die erfolgreiche Suche nach Troja beruhte auf genauer Analyse der Epen Homers. Statt die im 8. Jahrhundert v. Chr. entstandenen Schriften einfach als Sagen abzutun, überprüfte Schliemann sie nach brauchbaren geografischen Hinweisen. Auch in der Feldarchäologie ging er neue Wege und legte den Grundstein der modernen archäologischen Forschung: So untersuchte er das Grabungsgelände zunächst durch Probegrabungen. Als erster erkannte er die Bedeutung der Stratigrafie, des Prinzips der Schichtenfolge, nach dem jüngere Schichten auf älteren liegen. Zur Bestimmung und Datierung einzelner Schichten suchte er nach »Leitkeramiken« und setzte nicht zuletzt auf die Zusammenarbeit mit Forschern anderer Disziplinen, etwa mit Philologen, Anthropologen und Experten für antike Inschriften.
Wussten Sie, dass …
Schliemann aus Geldmangel kein Gymnasium besuchen konnte?
der Kaufmann nach Erwerb seines Vermögens an der Pariser Sorbonne Altertumswissenschaften studierte? 1869 promovierte er in Rostock zum Dr. phil.
Schliemann bei seinen ersten Grabungen in Troja wichtige Zeugnisse der Antike zerstörte?
der Archäologe um den in Troja gefundenen »Schatz des Priamos« einen Prozess gegen das Osmanische Reich führte? Schließlich bezahlte er für seinen Fund.
Autopionier Gottlieb Daimler (1834–1900)
Wie fing der Automobil-Pionier an?
Der 1834 im württembergischen Schorndorf geborene Gottlieb Daimler begann nach Lehre und Ausbildung seine ungewöhnlich erfolgreiche Laufbahn als Industriearbeiter im Lokomotivbau im Elsass. Danach besuchte er die polytechnische Schule in Stuttgart und erhielt dann Stipendien für Praktika in Frankreich und England. Im schwäbischen Reutlingen sanierte er eine Maschinenfabrik und lernte dabei Wilhelm Maybach (1846–1929) kennen, der zum Freund fürs Leben werden sollte. Die beiden arbeiteten zusammen in Karlsruhe und in der Gasmotorenfabrik Deutz in Köln und bald stieß der kaum weniger bekannte Erfinder Nikolaus Otto (1832–1891) hinzu. Gemeinsam brachten sie den viertaktigen Otto-Motor zur Serienreife.
Wann erfand Daimler seinen Motor für Fahrzeuge?
Das gelang ihm 1883. Zusammen mit Maybach hatte er eine Versuchswerkstätte im eigenen Gartenhaus in Cannstadt eingerichtet und einen auch in Fahrzeuge einbaubaren Motor konstruiert. Es handelte sich um einen Verbrennungsmotor mit 0,25 PS, 100 Kubikzentimeter Hubraum und Glührohrzündung. Jetzt war der Siegeszug des neuen Antriebs, der viele Vorarbeiten und Versuche notwendig gemacht hatte, nicht mehr aufzuhalten. Es folgten größere und leistungsfähigere Maschinen. Schon zwei Jahre später war Daimlers Deutsches Reichspatent DRP 34926 fertig gestellt, ein 60 Kilo schwerer Einzylinder-Motor mit 264 Kubikzentimeter Hubraum und 0,5 PS bei 700 Umdrehungen in der Minute. Das »Reitrad« mit Motor war 1885 fertig, im Jahr darauf folgten die »Motorkutsche« und ein erster Schiffsantrieb sowie eine Reihe weiterer Patente.
Baute der Konstrukteur den ersten Mercedes?
Ja, 1899, ein Jahr vor dem Tod Daimlers, stand der Mercedes-Kraftwagen, das erste moderne Automobil, auf seinen vier Rädern. Daimler hatte eine eigene Fabrik für Zweizylindermotoren und Stahlradwagen gegründet. Mit Maybach zusammen hatte er für den Fahrzeugbau viele Innovationen in der Motorentechnik geschaffen. Der Name Mercedes ging übrigens auf die Tochter des befreundeten Händlers und Autofanatikers Emil Jellinek zurück.
Autofabrikant Karl Benz (1844–1929)
Was trug Benz zur Entwicklung des Motors bei?
Der 1844 in Karlsruhe geborene Karl Benz erkannte rasch, dass die Lösung des Zündungsproblems entscheidend für den Bau eines Automotors war. Parallel zu Daimler arbeitete der Sohn eines Lokomotivführers an Motoren, die klein und leicht, aber auch stark genug waren, um ein Fahrzeug anzutreiben. Er fand heraus, dass die Daimler'sche Glührohrzündung auf Dauer keine Lösung sein konnte, da sie keinerlei Drehzahländerung zuließ. Er setzte von Anfang an auf die richtige Idee: die elektrische Zündung. Die von Benz entwickelte Summerzündung bedurfte einer Induktionsspule, um die nötige Spannung zu erzielen. Diese hatte er selbst in allen möglichen Variationen getestet, bis ein brauchbares Ergebnis vorlag.
Welches Ziel verfolgte der Ingenieur?
Benz wollte Motor, Fahrgestell und Antrieb als Einheit gestalten. In seiner Mannheimer Firma »Benz & Cie., Rheinische Gasmotorenfabrik« entstand so der »Patent-Motorwagen«. 1885/86 entwickelte Karl Benz drei Versionen, wobei von den ersten beiden nur jeweils ein Exemplar gebaut wurde. Auf der dritten Ausführung unternahm Karls Frau Bertha Benz mit ihren beiden Söhnen Anfang August 1888 die legendäre Fahrt von Mannheim nach Pforzheim, die erste »Fernfahrt« der Automobilgeschichte.
Was war der größte Erfolg des Autobauers?
1894 brachte Benz das Modell »Velo« heraus, das als erstes Serienautomobil der Welt in die Geschichte einging und bis 1899 gefertigt wurde. Mit diesem Fahrzeug wollte Benz ein Automobil anbieten, das sich jeder leisten konnte. Es sollte robust, zuverlässig und billig sein. Es wog mit nur 280 Kilogramm extrem wenig, hatte 1,5 PS und war mit einem Preis von 2000 Reichsmark für das wohlhabende Bürgertum durchaus erschwinglich. 1899 wurde die Firma Benz in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und war 1900 mit über 600 produzierten Motorwagen bereits der größte Automobilhersteller der Welt. Karl Benz starb am 4. April 1929 in Ladenburg.
Wussten Sie, dass …
der Markenname Mercedes durch die Erfolge bekannt wurde, die Emil Jellinek mit den Daimler-Fahrzeugen bei Autorennen erzielte?
der erste nachweisbare Verkauf eines Automobils im März 1893 stattfand? Per Bahn reiste Karl Benz von Mannheim nach Konstanz, im Gepäckwagen befand sich seine Erfindung: ein dreirädriger, selbstfahrender Wagen. Erwartet wurde er von dem Marinemaler Eugen Zardetti. Mit ihm fuhr er, nunmehr als Lenker des Wagens, bis nach Bregenz, wo Zardetti eine Villa besaß.
Wie kam es zu Daimler-Benz?
Benz & Cie. in Mannheim und die Daimler-Motoren-Gesellschaft in Stuttgart schlossen sich 1926 zur Daimler-Benz AG zusammen. Die beiden Unternehmen, Keimzellen der industriellen Autoproduktion, waren aus Hinterhofwerkstätten und umgebauten Gartenhäusern entstanden. Sie benötigten viele Jahre und große Investitionen, bis mit dem Produkt Auto endlich Geld verdient werden konnte. Gottlieb Daimler konnte diesen Durchbruch im Gegensatz zu Karl Benz nicht mehr erleben.
Robert Koch: Der Entdecker des Tuberkulose-Bazillus
Welche Krankheit erforschte Koch?
Vor allem die Tuberkulose. Ende des 19. Jahrhunderts wurde diese Diagnose im deutschen Kaiserreich bei jedem zweiten Todesfall im Alter zwischen 15 und 40 Jahren gestellt. Jeder dritte Säugling starb daran. Der Bakteriologe Robert Koch hatte bereits 1876 durch die Entdeckung des Milzbranderregers Schlagzeilen gemacht und sich 1882 der Aufgabe verschrieben, die Ursache der Tuberkulose herauszufinden. Die auch Schwindsucht genannte Infektionskrankheit war in der armen Bevölkerungsschicht sehr verbreitet. Die beengten Wohnverhältnisse und schlechten hygienischen Bedingungen in den Arbeiterquartieren waren Robert Koch nicht fremd.
Was verband den Forscher mit der Unterschicht?
Koch war selbst in kleinen Verhältnissen aufgewachsen. Als der Sohn eines Bergarbeiters am 11. Dezember 1843 in Clausthal zur Welt kam, hatten die ersten ökonomischen Krisen auch den Bergbau im Harz erreicht. Sein Vater hatte große Schwierigkeiten, die 15-köpfige Familie zu versorgen. Trotzdem absolvierte der junge Robert Koch seine Schulzeit erfolgreich bis zum Abitur und schrieb sich 1862 zum Studium an der Göttinger Universität ein – zunächst mit der Absicht, Lehrer zu werden. Doch bald widmete er sich ausschließlich den Naturwissenschaften und der Medizin.
Widmete sich der Mediziner gleich der Forschung?
Koch tat sich im Studium bei der wissenschaftlichen Forschung hervor und verfasste mehrere Abhandlungen im Bereich der Anatomie und Physiologie. Nachdem er 1866 sein Medizinstudium in Berlin abgeschlossen hatte, arbeitete er in einem Hamburger Krankenhaus und dann an verschiedenen Orten als Landarzt. Eine wissenschaftliche Karriere wäre ihm zwar lieber gewesen, doch dazu fehlten die finanziellen Mittel. Das wurde erst anders, als er 1872 in Wollstein, in der Provinz Posen, eine Anstellung als Kreisphysikus annahm.
Sein wissenschaftlicher Forschergeist wurde 1873 dort zu neuem Leben erweckt. Robert Koch nahm sich vor, einer Milzbrandseuche auf den Grund zu gehen, der zahlreiche Tiere und einige Menschen zum Opfer gefallen waren. Koch reiste 1876 nach Breslau, um dem damals führenden deutschen Bakteriologen, dem Botaniker Ferdinand Cohn (1828–1898), das Ergebnis seiner Untersuchungen vorzuführen. Der war begeistert, und der Nachweis des Milzbranderregers wurde zum Auftakt des genialen Lebenswerkes Robert Kochs.
Was brachte Koch der Naturwissenschaft?
Dem mikroskopisch unterstützten Auge blieben damals zahlreiche Mikroorganismen mangels geeigneter Technik verborgen. Robert Koch widmete sich der Verbesserung der technischen Möglichkeiten bei der bakteriologischen Forschung. Er förderte die Einführung der noch jungen Technik der Fotografie in der Mikroskopie und verfolgte die Entwicklung leistungsfähigerer Mikroskope, um die sich vor allem Ernst Abbe (1840–1905) in Zusammenarbeit mit Carl Zeiss (1816–1888) sowie der Glastechniker Friedrich Schott (1851 bis 1935) verdient gemacht hatten.
Unterstützt von seinem Förderer Ferdinand Cohn zog Koch 1879 nach Breslau um, in der Hoffnung auf bessere Bedingungen für seine wissenschaftliche Arbeit. Doch er schaffte es dort nicht, sich eine finanziell abgesicherte Existenz aufzubauen. Bereits 1880 ging er nach Berlin. Man war dort im Kaiserlichen Gesundheitsamt auf ihn aufmerksam geworden und bot ihm eine lukrative Beamtenstelle an. Hier fand er endlich die Bedingungen, die er für seine wissenschaftliche Arbeit benötigte. Mit der Entdeckung des Tuberkuloseerregers erlangte Robert Koch 1882 Weltberühmtheit und wurde dementsprechend als Kapazität auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten und der Bakteriologie anerkannt.
Welchen Erreger erforschte der Wissenschaftler noch?
Nach den Tuberkulosebakterien wandte er sich den Erregern der Cholera zu. 1883/84 nahm er an zwei Expeditionen nach Ägypten und Indien teil. Ihm gelang es 1884 in Indien, den Choleraerreger zu identifizieren, und wiederum machte er die hygienischen Verhältnisse der in Armut lebenden Menschen als Ursache für die Enstehung der Epidemien aus.
Im Jahr 1885 erhielt Robert Koch den Lehrstuhl für Hygiene an der Berliner Universität und leitete dort das Institut für Infektionskrankheiten. Das Professorenamt gab Koch 1890 zurück; er wollte sich verstärkt der Entwicklung seines Tuberkulin genannten Heilmittels gegen Tuberkulose widmen.
Mit 61 Jahren beendete Robert Koch seine aktive Arbeit am Hygiene-Institut. Für seine Verdienste in der Tuberkuloseforschung wurde ihm 1905 der Nobelpreis für Medizin verliehen. Er starb am 27. Mai 1910.
Was macht das Robert-Koch-Institut heute?
Das Robert-Koch-Institut (RKI) nimmt heute als selbstständige Bundesoberbehörde Aufgaben der Krankheitsüberwachung und der Seuchenprävention wahr. Auch auf dem Gebiet der biologischen Sicherheit wird es tätig, wenn etwa Anschläge mit Seuchenerregern drohen. In diesem Zusammenhang richtete man am Institut das Zentrum für Biologische Sicherheit (ZBS) ein. Das Robert-Koch-Institut ging aus der 1891 gegründeten wissenschaftlichen Abteilung des »Königlich Preußischen Instituts für Infektionskrankheiten« hervor. Diese Abteilung wurde bis 1904 von Robert Koch selbst geleitet und 1912, zwei Jahre nach seinem Tod, auch nach ihm benannt.
Wussten Sie, dass …
der gefragte Experte zahlreiche Studienreisen nach Indien, Afrika und Asien unternahm, um die Entstehung von Pest, Malaria und der Schlafkrankheit zu untersuchen?
das von Koch entwickelte Medikament gegen die Tuberkulose unwirksam war, aber heute noch für die Diagnose der Krankheit eingesetzt wird?
Wilhelm Conrad Röntgen: Erster Nobelpreisträger für Physik
Wie entdeckte Röntgen die X-Strahlen?
Es geschah durch einen Zufall. Am Abend des 8. November 1895 steckte der 50-jährige Professor Röntgen mitten in seinen Experimenten mit Kathodenstrahlen, deren Verhalten er mittels einer Entladungsröhre untersuchen wollte. Fasziniert entdeckte er, wie plötzlich beim Einschalten der Entladungsröhre, die er zuvor mit einer Papphülle umgeben hatte, um den Fluss der Kathodenstrahlen zu kanalisieren, eine Barim-Probe an der anderen Seite des Laboratoriums zu glühen begann. Dieses Glühen konnte nicht durch Kathodenstrahlen ausgelöst worden sein, da diese von der Papphülle aufgehalten wurden. Also musste die Entladungsröhre noch weitere, für den Menschen unsichtbare Strahlen aussenden. Selbst als er die Probe ins benachbarte Zimmer brachte, glühte diese weiter. Die Strahlen konnten also auch Mauern durchdringen. Angesichts der Tatsache, dass diese Strahlen weder zu fühlen noch zu sehen, zu hören oder sonstwie zu erkennen waren, benannte er sie X-Strahlen, wie einen noch ungeklärten Fall.
Wie kam der Forscher zur Physik?
Der am 27. März 1845 in Remscheid geborene Wilhelm Conrad Röntgen geriet über Umwege zur Physik. Nach schlechten schulischen Leistungen in Chemie und Physik schloss er 1868 am Polytechnikum in Zürich ein Maschinenbaustudium ab. Dann erst fing er an der Universität Zürich ein Aufbaustudium der Physik bei dem bekannten deutschen Physiker August Kundt (1839–1894) an, der ihn zu fördern begann. Von diesem Zeitpunkt an verschrieb sich Röntgen ganz der experimentellen, aber auch der theoretischen Physik. 1869 wurde er in Zürich in Physik promoviert, im Jahr darauf begleitete er seinen Lehrer Kundt als Assistent an die Universität Würzburg.
Röntgen habilitierte sich 1874 in Straßburg, 1879 erhielt er den ersehnten Ruf als ordentlicher Professor: Röntgen wurde Lehrstuhlinhaber an der Universität Gießen, er verfügte damit zum ersten Mal in seiner wissenschaftlichen Laufbahn über ein festes Gehalt. Am 1. Oktober 1888 erfolgte dann die Berufung auf ein Ordinariat für Physik an der Universität Würzburg. Hier sollte Röntgen seine größte wissenschaftliche Leistung gelingen, die Entdeckung der X-Strahlen.
Welche Auswirkung hatte die Entdeckung der Röntgen-Strahlen?
Schon bald wurden die Röntgenstrahlen, wie sie später entgegen Röntgens Wunsch offiziell genannt wurden, bei medizinischen Untersuchungen angewandt. Die vom menschlichen Auge nicht wahrnehmbaren Strahlen durchdringen Haut und Weichteile und werden nur von Knochen und anderen harten Strukturen wie beispielsweise Metall absorbiert. So wurde in Amerika mit ihrer Hilfe der Sitz einer Kugel bei einem Angeschossenen genauestens lokalisiert. Röntgen hatte somit die Medizindiagnostik revolutioniert und neue therapeutische Möglichkeiten geschaffen. Er hatte die Möglichkeiten zur Analyse unterschiedlicher Materialien und zur Strukturaufklärung von Kristallen und Makromolekülen deutlich verbessert. Röntgen erhielt für seine bahnbrechende Entdeckung am 10. Dezember 1901 den ersten Nobelpreis für Physik.
Wie verlief seine Karriere weiter?
Sie verlief zunächst sehr erfolgreich weiter. Röntgen hatte bereits 1900 einen Ruf nach München als Direktor des Universitätsinstituts für Experimentelle Physik erhalten. Die bayerische Metropole würde sein letzter Wohnort sein. Hier starb 1919 seine Frau Bertha – ein schwerer Schlag für den Wissenschaftler. Röntgen erlag nur wenige Jahre später, 1923, einem Darmkrebsleiden. Zu dieser Zeit war er infolge der Inflation verarmt, außerdem völlig vereinsamt.
Wussten Sie, dass …
Röntgen gar kein Abitur hatte? Er war aus disziplinarischen Gründen vorzeitig der Schule verwiesen worden. Studium und Habilitation musste er darum in der Schweiz bzw. in Frankreich absolvieren.
eines der ersten Röntgenbilder die Hand der Frau des Forschers zeigt? Er hatte die Aufnahme einer seiner wissenschaftlichen Arbeiten beigefügt. Auf ihr ist neben den Knochen deutlich der Ring an einem Finger zu erkennen.
Ferdinand Braun, der Entwickler der Braun'schen Röhre, von Röntgens Erfindung zunächst gar nichts hielt? »Bisher war der Röntgen doch ein ganz vernünftiger Mensch«, hatte er lakonisch gemeint.
Thomas Alva Edison: Pionier der Elektronik
Was machte den Erfinder berühmt?
Er entwickelte zunächst den so genannten Phonographen, einen Vorläufer des Grammophons. Edison hatte sich dafür von Bells Erfindung des Telefons inspirieren lassen. 1877 erschienen im »Scientific American« erste Berichte über die Fähigkeit seines Phonographen, Stimmen und Musikinstrumente akustisch wiederzugeben. Daraufhin durfte er das Gerät sogar dem amerikanischen Präsidenten vorführen. Edison ahnte zu der Zeit noch gar nicht, welche technischen Möglichkeiten im Phonographen steckten.
Wann fing der junge Edison das Experimentieren an?
Schon als Elfjähriger bastelte der 1847 in Milan (Ohio) geborene Thomas Alva Edison an Telegrafenmodellen und übte das Morsealphabet. Als Zeitungsjunge fuhr er in einem Eisenbahnzug zwischen Port Huron und Detroit; in einem Waggon richtete er sich ein eigenes Chemielabor ein. Dies zeigt die frühe Selbstständigkeit und Initiative des seit Kindertagen an Taubheit leidenden Edison. Sein ganzes Leben lang probierte er aus, entwickelte, erfand und produzierte. Als junger Telegrafist druckte er bereits eine eigene Zeitung im Gepäckwagen eines Zugs. Mit 17 konstruierte er ein Repetiergerät aus zwei alten Morseschreibern, dann einen Duplizierschreiber.
Besonders faszinierten ihn die Elektrizität und die Telegrafie. So ruhte sein genialer Erfindergeist nicht, bis sein erstes marktfähiges Patent von 1868, ein telegrafischer Stimmenzähler bei Abgeordnetenwahlen, entwickelt war. Finanziell ein totaler Reinfall! Dann folgte ein verbesserter Börsenticker, der ihm ebenfalls zunächst kaum Geld einbrachte.
Wie hielt sich der Tüftler über Wasser?
Er arbeitete unermüdlich und steckte Rückschläge weg. In New York, am Broadway, hatte er 1869 ein Büro als freier Erfinder, von der »Western Union« erhielt der 24-jährige Newcomer Aufträge über 1200 Börsenticker, die bald in fast allen Finanzbüros Amerikas und Europas standen. 1873 jedoch, von einer Englandreise zurückgekehrt, schien Edison am Rand des finanziellen Ruins zu stehen. Auseinandersetzungen und Prozesse mit dem betrügerischen Finanzbaron Jay Gould folgten, ehe er sich in Menlo Park ein großes, für damalige Verhältnisse hochmodernes Forschungslaboratorium einrichtete. Hier wurden Edisons wichtigste Erfindungen realisiert.
Wie kam die Glühbirne 1879 zum Leuchten?
Edison verwendete für seine Glühbirne verkohlte Baumwollfäden. Damit brannte seine Ausführung am 12. Oktober 1879 40 Stunden lang, eine verbesserte Version später 170 Stunden. Bis dahin konnten Glühbirnen nicht länger als ein paar Augenblicke zum Leuchten gebracht werden. Edisons Glühbirne stellte an Langlebigkeit und technischer Überlegenheit alles Bisherige in den Schatten. Sie war eine Sensation, denn noch war die Rauch, Hitze und Ruß verursachende Gasbeleuchtung Stand der Technik. Edisons Glühbirnen waren relativ preisgünstig und setzten sich schnell durch. Auf der ganzen Welt ließ er nach geeigneten Bambusfasern suchen und riskierte mit 33 Jahren sein ganzes Vermögen für eine neue Industrie von Elektrozubehörteilen.
Weitere bedeutende Entwicklungen folgten, Edisons Dynamos zur Beleuchtung ganzer New Yorker Stadtteile, Kleinkraftwerke, die Edison-Effekt-Lampe, die ihm den Titel »Vater der Elektronik« einbrachte, die drahtlose induktive Telegrafie, das Mikrofon, der Antennenmast und vieles mehr.
Konnte Edison den Phonographen verbessern?
Ja, aber dieses Unterfangen stellte sich als schwierig heraus. Edison hatte sich 1887 in West Orange das damals größte und beste private Forschungslabor der Welt errichten lassen, das nun systematisch nach technischen Innovationen forschen sollte. Die genialen Erfolge von Menlo Park stellten sich hier nicht ein, aber immerhin wurden etwa der Kinetograph, ein Filmaufnahmegerät, und später ein Projektor entwickelt. Wegen des Phonographen schloss sich Edison 1888 immerhin 72 Stunden ein, bis ein befriedigendes Ergebnis vorlag. Er ließ sich als »Napoleon der Erfinder« feiern, und ähnlich dem Franzosen-Kaiser musste Edison in einem Dreifrontenkrieg von Patentprozessen juristische Niederlagen einstecken. Edison verbuchte noch einen letzten Erfolg mit seiner neuartigen Nickelhydrat-Autobatterie. 1931 starb er in West Orange.
Wussten Sie, dass …
Edison nie eine Schulausbildung erhalten hatte?
Edison auch den elektrischen Stuhl erfunden hat? Im Jahr 1886 vom Bundesstaat New York beauftragt, entwickelten er und sein Mitarbeiter Harold P. Brown dieses Instrument für die Durchführung der Todesstrafe.
Otto Lilienthal: Flugpionier der ersten Stunde
Wann packte Lilienthal der Traum vom Fliegen?
Schon als Kind im pommerschen Anklam war Otto Lilienthal (1848–1896) vom Fliegen fasziniert. Mit seinem Bruder studierte er den Vogelflug, schnallte sich Flügel an, um durch die Luft zu gleiten und mehr oder weniger sanft zu landen. Nach dem Abitur und einer Mechanikerlehre absolvierte Lilienthal in Berlin-Charlottenburg ein Ingenieurstudium. 1881 gründete er in Berlin eine Maschinenfabrik, in der Dampfmaschinen, Heizungsanlagen und Transmissionen hergestellt wurden. Nach seinen Plänen entstanden Dampfkessel, Heißluftmotoren, Schrämmmaschinen und auch der »Ankersteinbaukasten« für Kinder.
Was inspirierte die Erfindung des Fliegers?
Ab 1874 führte er intensive Studien zum Flugverhalten der Vögel und aerodynamische Versuche an Flügelmodellen durch. 1889 veröffentlichte er seine Abhandlung »Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst« und machte sich daran, seine theoretischen Erkenntnisse mit eigenen Flugapparaten praktisch umzusetzen. Anfangs gelangen ihm nur kleine Hüpfer vom Schuppendach, doch ab 1891 wurden seine Flugversuche respektabler. Am 9. August 1896 wurde er bei einem Probeflug von einer Windbö erfasst und stürzte ab. »Opfer müssen erbracht werden«, waren seine letzten Worte, bevor er am Tag darauf seinen schweren Verletzungen erlag.
Wie entwickelten sich die Flugapparate?
Der Durchbruch war Lilienthal bei Derwitz in der Mark Brandenburg mit seinem »Derwitz-Apparat« gelungen. Das erste manntragende Flugzeug brachte ihn 25 Meter durch die Luft. 18 Kilogramm leicht war der Apparat, mit einer Flügelspannweite von 7,6 Metern und einer Flügelfläche von zehn Quadratmetern.
Nach und nach wurden Lilienthals Apparate stabiler und aerodynamisch ausgefeilter. 1893 flog er mit seinem »Maihöhe-Rhinow-Apparat« 50 Meter weit. Das Fluggerät mit den Segeltuchtragflächen baute er zum »Normalsegelapparat« aus, erzielte damit eine Höhe von 23 Metern und seine Rekordreichweite von 250 Metern. Für 500 Reichsmark war das Serienmodell im Handel erhältlich.
Im Lauf der Jahre entstanden die unterschiedlichsten Fluggeräte. Lilienthal baute Apparate, deren Flügel strahlenförmig ausgerichtet waren und zusammengefaltet werden konnten, er experimentierte mit Vorflügeln, beweglichem Leitwerk und Schwingklappen an den Flügelspitzen oder konstruierte Doppeldecker-Gleiter. Seine Apparate mit Schwingen an den Flügelspitzen, die durch Kohlensäuremotorantrieb betätigt werden sollten, hoben indes nicht ab. Zu sehr war er auf den Schwingenflug der Vögel fixiert.
Wie reagierte die Öffentlichkeit?
Nicht nur beim schaulustigen Publikum erregte Otto Lilienthal mit seinen Flugapparaten viel Aufmerksamkeit. Da die Fotos seiner Flugversuche um die Welt gingen, stieß er auch international auf großes Interesse. Flugpioniere reisten aus dem Ausland an, um sich von der sensationellen Leistung des deutschen Ingenieurs zu überzeugen. Seine zukunftsweisenden Ideen von einem motorgetriebenen Antrieb konnte Lilienthal wegen seines tödlichen Absturzes nicht mehr umsetzen. Doch seine Erfahrungen und sein Wissen schufen die Voraussetzungen für den ersten Motorflug der Gebrüder Wright im Jahr 1903.
Wussten Sie, dass …
der technisch innovative Lilienthal rund 20 Patente in seinem Leben erwarb, vier davon im Bereich Aeronautik?
Lilienthal zwischen 1889 und 1896 insgesamt 18 Flugapparate konstruierte und rund 2000 Flugversuche unternahm?
der Flieger seine Flugversuche von einem 15 Meter hohen künstlich errichteten Hügel, dem »Fliegeberg« bei Berlin-Lichterfelde, durchführte, den es heute noch gibt?
Wo sind noch heute ähnliche Flugapparate im Einsatz?
Im Freizeitsport. Das heutige Drachenfliegen geht auf den NASA-Ingenieur Francis Melvin Rogallo zurück, der für Fallschirme eine flexible, quadratische Tragfläche aus Stoff konstruierte. 1961 hat sie der US-Amerikaner Barry Hill Palmer zum ersten Hängegleiter aus Bambus und Cellophan weiterentwickelt, der damit zum ersten Drachenflieger der Welt wurde. Mitte der 1960er Jahre fand dieser neue Luftsport besonders in den Küstenregionen der USA immer mehr Freunde. Die »Freiheit der Lüfte« fügte sich perfekt ein in das Lebensgefühl der Flower-Power-Generation. Ende der 1960er Jahre wurden modernere Werkstoffe eingesetzt. Mit der Erfindung des Steuerbügels kam die entscheidende Verbesserung in der Steuertechnik.
Sigmund Freud: Die Rätsel der Seele
Was machte Sigmund Freud unsterblich?
Der Österreicher Sigmund Freud war einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts und gilt als Begründer der Psychoanalyse. Er wirkte mit seinen Ideen nicht nur auf medizinische Bereiche, sondern prägte auch Philosophen, Literaten und Literaturwissenschaftler, Maler, Musiker, aber auch Soziologen und Psychologen. Ebenso, wie er verehrt wurde, wurde er angefeindet und kritisiert. »Psychoanalyse ist jene Geisteskrankheit, für deren Therapie sie sich hält« (Karl Kraus 1913).
Woher stammte Sigmund Freud?
Sigmund Freud wurde am 6. Mai des Jahres 1856 in der mährischen Stadt Freiberg als ältester Sohn des jüdischen Wollhändlers Jacob Freud und seiner um 20 Jahre jüngeren Frau Amalie Nathanson geboren. Die kinderreiche Familie Freud – der kleine Sigmund hatte noch sechs Geschwister – lebte ab 1860 in Wien.
1873 schrieb sich der junge Freud als Medizinstudent an der Wiener Universität ein und beendete das Studium im Jahr 1881 mit dem heiß ersehnten Doktortitel. Bereits innerhalb kurzer Zeit wurde er ein bekannter Nervenarzt und Dozent. Er experimentierte mit Kokain als Schmerzmittel, schrieb erste wissenschaftliche Abhandlungen und studierte in Paris und Nancy die Technik der Hypnose. Bereits im Alter von 30 Jahren eröffnete er eine eigene Praxis. Im Jahr seiner Praxiseröffnung heiratete er auch seine Verlobte Martha Bernays, mit der er im Lauf seiner Ehe sechs Kinder hatte.
Was ist Hysterie?
Sigmund Freud vertrat die Ansicht, dass ein an Hysterie erkrankter Patient an lange zurückliegenden traumatischen Erlebnissen, zum Beispiel in seiner frühen Kindheit, leidet. Er war davon überzeugt, diesen prägenden, meist verdrängten Erinnerungen sei mit einer »Redekur« beizukommen. Freud ging aber noch weiter. Er glaubte, dass diese Traumata vorwiegend sexueller Natur seien und dehnte diese Theorie in der Folge auf Neurosen im weitesten Sinn aus. Dies war die Geburtsstunde der Psychoanalyse.
Wie behandelte der Nervenarzt Hysterie?
Sowohl Sigmund Freud als auch sein erfahrener Fachkollege und Freund Josef Breuer waren im Verlauf ihrer Arbeit zu dem Ergebnis gekommen, »dass die einzelnen hysterischen Symptome sogleich und ohne Wiederkehr verschwanden, wenn es gelungen war, die Erinnerung an den veranlassenden Vorgang zu voller Heftigkeit zu erwecken und damit auch den begleitenden Affekt wachzurufen, und wenn dann der Kranke den Vorgang in möglichst ausführlicher Weise schilderte und dem Affekt Worte gab«.
Diese Erkenntnisse veröffentlichten Freud und Breuer im Jahr 1895 zusammen in dem zu der damaligen Zeit bahnbrechenden Buch »Studien über Hysterie«. Bis zu diesem Zeitpunkt waren zur Behandlung nervenkranker Patienten vor allem externe Methoden wie die Elektrotherapie, Massagen und Heilbäder bekannt.
Was bedeutete für den Psychoanalytiker freie Assoziation?
Freud arbeitete in seiner Praxis vorwiegend mit »freier Assoziation«. Die Patienten mussten sich »verpflichten«, ihm alle Gedanken und Ideen mitzuteilen, die ihnen gerade einfielen, egal, wie banal oder anstößig sie ihnen erschienen.
Welche Bedeutung hatte die Traumdeutung?
Freud glaubte, dass sich in den Träumen verdrängte Wünsche und Ängste offenbaren. Die Deutung der Träume stellte daher für ihn ein zentrales Instrument seiner Psychoanalyse dar. Sein Buch »Die Traumdeutung« betrachtete Freud selbst als sein Hauptwerk.
Welche Rolle spielte Freud für die Erforschung der Seele?
Freud hatte einen ersten entscheidenden Schritt getan, um die Rätsel der Seele zu erforschen. Aber wie er selbst in seinem Hauptwerk, der »Traumdeutung«, sagt: »In den bestgedeuteten Träumen muss man oft eine Stelle im Dunkel lassen (…) Dies ist dann der Nabel des Traums, die Stelle, wo er dem Unerkannten aufsitzt. Das gilt wohl auch für das Leben, dessen Charakteristikum es ist, mit dem Traum zu verschmelzen.« Dies war nur der Beginn der Seelen- und Traumforschung. Freud scharte viele Anhänger um sich und es entstand eine internationale psychoanalytische Bewegung.
Wussten Sie, dass …
Freud 1901 ein Buch mit dem Titel »Zur Psychopathologie des Alltagslebens« verfasste? Darin beschrieb er alltägliche Fehlleistungen – beispielsweise Sich-Versprechen oder Vergessen.
nach Freud das Irrationale kein Vorrecht des Kranken mehr ist, sondern ein typisches Merkmal der Seele?
für Sigmund Freud der sexuelle Trieb einer der stärksten und am meisten unterdrückten (An)triebe des menschlichen Lebens ist?
Max Planck: Begründer der Quantenphysik
Gründete Max Planck die Gesellschaft, die seinen Namen trägt?
Nein. Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) zur Förderung der Wissenschaften wurde erst 1948, also ein Jahr nach dem Tod Max Plancks im Jahr 1947, gegründet. Sie war die Nachfolgeorganisation der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, deren Präsident Max Planck, einer der Väter der Atomphysik, bis ins hohe Alter war. Noch heute wird in eigenen Instituten auf den unterschiedlichsten Wissenschaftsgebieten wie Physik, Psychologie, Zukunftsforschung oder auch Geisteswissenschaften geforscht. Ganz im Sinn des Namensgebers wird innovativ und kreativ gearbeitet, man versteht sich auch als Ergänzungseinrichtung für die Arbeit der Universitäten auf wichtigen Forschungsfeldern. Die breite Fächerung dieser außeruniversitären Forschungseinrichtung scheint ein Abbild der Vielschichtigkeit Max Plancks zu sein.
Wie war der große Physiker als Schüler?
In der Schule galt der am 23. April 1858 in Kiel geborene Karl Ernst Ludwig Max Planck als hochbegabt, es lagen ihm ganz besonders der musische und der sprachliche Bereich. Sein Vater Johann Julius Wilhelm von Planck war Rechtswissenschaftler, der 1867 einen Ruf an die Universität der bayerischen Landeshauptstadt München erhielt. Die Familie, Max hat drei Geschwister, fühlt sich im Süden Deutschlands sehr wohl. Nicht nur die Stadt gefällt Max, auch die Ausflüge in die Natur und die Bergwanderungen liebt er.
Max, der in München das Maximiliansgymnasium besuchte, war ein braver und gewissenhafter Schüler. Fast jährlich erhielt er den Schulpreis für sittliches Betragen. Sein Abitur schloss er 16-jährig mit Bravour ab, nach langem Schwanken entschied er sich dann doch für die Physik als Studienfach.
Wie verlief die Karriere des Naturwissenschaftlers?
Für Max Planck begann eine außerordentliche Karriere. Sein Studium in München und Berlin schloss er mit der Promotion ab, um sich bereits im darauf folgenden Jahr zu habilitieren, also die Lehrtätigkeit an einer Universität aufnehmen zu dürfen. Er ging als Privatdozent wieder nach München, 1885 wurde er, erst 27-jährig, als außerordentlicher Professor für mathematische Physik nach Kiel, später nach Berlin berufen. Dort erhielt er auch einen Lehrstuhl für theoretische Physik, später wurde er Direktor der Berliner Universität. Max Planck bekam 1918 den Nobelpreis für Physik und zahlreiche weitere Preise und war Mitglied in führenden wissenschaftlichen Organisationen. Der Wissenschaftler hatte mit seiner ersten Frau vier Kinder, später heiratete er ein zweites Mal.
Je älter Max Planck wurde, umso enger verband er Naturwissenschaft mit Philosophie. Mit Artikeln und vor allem Vorträgen wandte er sich auch an eine breite Öffentlichkeit. Er wollte Denkansätze liefern und das Weltbild der »nach Wahrheit und Erkenntnis ringenden Menschen, vor allem der Jugend« formen helfen. 1930 wurde Max Planck zum Präsidenten der führenden Vertretung der deutschen Wissenschaftler, der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, gewählt.
Kam der Nobelpreisträger den Nazis in die Quere?
Ja, denn Max Planck hatte es gewagt, Hitler vor einer intellektuellen Ausblutung Deutschlands durch die Entlassung jüdischer und politisch missliebiger Wissenschaftler zu warnen. Auf Druck der Nazis musste er daraufhin den Vorsitz der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft aufgeben.
Auch der Krieg setzte Planck schwer zu. Bei einem Luftangriff brannte sein Haus nieder und er verlor alles. Besonders schmerzlich war der Verlust seiner wissenschaftlichen Arbeiten. Was ihn endgültig brach, war die Hinrichtung seines Sohns Erwin, der dem Widerstandskreis des 20. Juli angehört und ihm sehr nahe gestanden hatte. Amerikanische Freunde fanden für Max Planck eine Bleibe in Göttingen. Dort starb er 1947.
Wussten Sie, dass …
Oskar von Miller, der später das Deutsche Museum in München gründete, ein Mitschüler Max Plancks war?
Max Planck im Jahr 1914 an der Berliner Universität eine Professur für Albert Einstein schuf? Die beiden verstanden sich nicht nur wissenschaftlich sehr gut, sie musizierten auch gerne miteinander.
Welche bahnbrechenden Entdeckungen machte Planck?
Planck brachte vor allem die Atomphysik auf den Weg. Er befasste sich zunächst mit der Thermodynamik, der theoretischen Wärmelehre über die Beziehungen zwischen Wärme und Kraft. Über seine Quantenforschung entdeckte er eine neue Naturkonstante, das nach ihm benannte »Planck'sche Wirkungsquantum«, und leitete daraus das »Planck'sche Strahlungsgesetz« ab. Diesem zufolge verläuft die Emission von Strahlung nicht gleichmäßig, sondern sprunghaft, in Energieportionen, den so genannten Quanten. Man geht davon aus, dass elektromagnetische Strahlung die Eigenschaften sowohl von Wellen als auch von Teilchen beinhaltet. Hieraus entwickelte sich die Quantentheorie, die das Verhalten von Atomen, Molekülen oder auch Elementarteilchen beschreibt.
Polarforscher Fridtjof Nansen (1861–1930)
Was wollte Nansen in Grönland?
Seit Jugendtagen kannte der Polarforscher, Zoologe, Ozeanograf und Staatsmann nur ein Ziel: die Erforschung des nördlichen Polargebietes. 1888 überquerte er als Erster auf Hundeschlitten von Ost nach West das 3000 Meter hohe Inlandeis Grönlands. Doch das war nur die Vorbereitung auf ein viel anspruchsvolleres Unternehmen. Er fasste den Plan, sich mit einem Schiff vom Packeis bis in die Nähe des Nordpols treiben zu lassen und die restliche Strecke zu Fuß zu bewältigen. Nansen konnte als angesehener Wissenschaftler die norwegische Regierung überzeugen, ihm ein Schiff zu finanzieren, das für die Driftfahrt durch das Nordpolarmeer konstruiert wurde.
Erreichte der Forscher den Nordpol?
Nein. Am 24. Juli 1893 verließ die »Fram« den Osloer Hafen. Im September war Kap Tscheljuskin erreicht, der nördlichste Punkt des sibirischen Festlands. Wenige Meilen östlich geschah, worauf Nansen gewartet hatte: Die »Fram« wurde von den Eismassen eingeschlossen und bis auf die Höhe von Franz-Joseph-Land getrieben, wo Nansen am 14. März 1895 sein Schiff verließ. In Begleitung von Leutnant Hjalmar brach er mit drei Schlitten und 28 Hunden in Richtung Nordpol auf. Die beiden Forschungsreisenden gelangten aber nur bis zu 86° 14' nördlicher Breite und mussten dann umkehren.
In Hammerfest hörte Nansen, dass die »Fram« bis zu 85° 57' nördlicher Breite getrieben war und nun unbeschädigt im Hafen von Tromsö liege. Am 9. September 1896 trafen die Polarforscher wohlbehalten in Oslo ein. Der Umstand, dass sie den Nordpol nicht erreicht hatten, minderte ihre Leistung kaum.
Wussten Sie, dass …
Fridtjof Nansen nach dem Ersten Weltkrieg bei der Heimführung von Kriegsgefangenen aller Nationen half und 1921 bis 1923 Hilfsaktionen für die hungernde Bevölkerung der Sowjetunion organisierte?
Nansen für seine Flüchtlingsarbeit 1922 mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde?
Amundsen von den arktischen Ureinwohnern, den Inuit, den Umgang mit Hundeschlitten lernte und ihre Kleidung als Kälteschutz übernahm?
Südpolentdecker Roald Amundsen (1872–1928)
Wie wurde Amundsen zum Polarforscher?
Eher aus Zufall. Ebenso von großem Forscherdrang und nicht weniger großer Abenteuerlust getrieben war Fridtjof Nansens Landsmann Roald Amundsen. Nach dem Abbruch eines Medizinstudiums begleitete der junge Amundsen von 1897 bis 1899 den belgischen Forscher Adrien de Gerlache auf dessen Antarktisexpedition und studierte anschließend in Deutschland Geophysik. Im Jahr 1903 gelang es ihm, mit einem ehemaligen Walfangschiff mit starkem Motor innerhalb von drei Monaten erstmals die gesamte Nordwestpassage vom Atlantik bis zum Pazifik zu durchfahren.
Eigentlich wollte Roald Amundsen mit Nansens Schiff »Fram« 1910 bis in die Beringstraße fahren, um von dort aus den Nordpol zu erreichen. Als er jedoch davon hörte, dass der englische Polarforscher Robert Falcon Scott (1868–1912) eine Expedition zum Südpol ausrüstete, änderte Amundsen seinen Plan. Er musste Scott zuvorkommen und als Erster den Südpol erreichen.
Wodurch gewann der Entdecker den Wettlauf zum Südpol?
Duch die bessere Planung. Nach sorgfältigen Vorbereitungen brach Amundsen am 19. Oktober 1911 mit vier Begleitern und 50 Schlittenhunden von der Walfischbucht Richtung Südpol auf. Am 13. Dezember passierte die Expedition 89° 37' südlicher Breite und erreichte einen Tag später ihr Ziel – vier Wochen vor Scott und seinen zwölf Gefährten. Nach dem Einsetzen der norwegischen Flagge nahm Amundsen im Namen seiner Regierung Besitz vom Land um den Südpol und nannte es König-Haakon-VII.-Plateau. Am 17. Dezember traten die Norweger den Rückmarsch an und erreichten ohne größere Schwierigkeiten wieder die Walfischbucht. Scott jedoch starb enttäuscht und völlig entkräftet auf dem Rückweg vom Südpol.
Bekam Amundsen auch den Nordpol zu sehen?
Ja, aber nur aus der Luft. Mit dem Schiff »Maud« wiederholte Amundsen 1918 Nansens Vorstoß zum Nordpol, aber ungünstige Eisverhältnisse zwangen ihn zum Abbruch. Nun wollte er den Nordpol überfliegen. Am 21. Mai 1925 hob er in Spitzbergen in einem Amphibienflugzeug ab, musste aber 250 Kilometer vor dem Ziel notlanden.
Ein Jahr später startete Amundsen den nächsten Versuch. Zusammen mit dem Amerikaner Lincoln Ellsworth und dem Italiener Umberto Nobile gelang ihm im Luftschiff »Norge« tatsächlich der Flug über den Nordpol. Von Spitzbergen aus hatten sie Kurs auf Alaska genommen, wo sie schließlich auch sicher landeten.
Wie endete Roald Amundsen?
Verschollen in der Barentssee. Am 23. Mai 1928 beabsichtigte Nobile, den Flug über den Nordpol mit einer rein italienischen Mannschaft zu wiederholen. Aber ein Schneesturm zwang das Luftschiff »Italia« zur Notlandung. Erst 15 Tage nach dem Unglück gelang es dem verletzten Nobile, über Funk Hilfe anzufordern. Sofort startete Amundsen zu einem Flug zur Rettung der italienischen Kameraden. Seither ist der Bezwinger des Südpols verschollen. Suchtrupps entdeckten Überreste seiner Maschine am 18. Juni 1928 in der Barentssee. Nobile wurde fünf Tage später von der Mannschaft eines schwedischen Frachters gerettet.
Henry Ford: Mobilität für alle
Hat Henry Ford Auto und Fließband erfunden?
Nein. Der erste »Motorwagen« wurde 1885 von Carl Benz gebaut, und das Fließband kam ab den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts zum Einsatz, und zwar erstmals in den großen Schlachthäusern von Cincinnati.
Dass man Henry Ford dennoch nicht nur mit Autos in Verbindung bringt, sondern ihn landläufig auch für den Erfinder des Fließbands hält, hat seinen Grund: Ford war der Pionier in der Massenherstellung von Autos, und die war nur durch eine Rationalisierung des Fertigungsprozesses mithilfe der Fließbandproduktion möglich.
Warum wurdeFord Automobilfabrikant?
Weil er früh erkannte, dass das Leben als Bauer das Seine nicht war. Henry Ford wurde am 30. Juli 1863 in Dearborn/Michigan geboren und verbrachte seine Kindheit auf der elterlichen Farm. Schon mit 16 Jahren zog er nach Detroit und lernte Mechaniker, 1891 nahm er eine Stelle als Ingenieur bei der Edison Illuminating Company an.
Sein erstes Auto, das Quadricycle, stellte er 1896 fertig, ab 1899 widmete er sich ausschließlich dem Automobilbau. Im Jahr 1903 gründete er die Ford Motor Company mit Sitz in Detroit, die in den Anfangsjahren noch ganz konventionell und »handwerklich« das Model A fabrizierte: zuverlässig, robust und vor allem preiswert.
Wie gelang der wirtschaftliche Durchbruch?
Ford erkannte eine Marktlücke. Als das Auto noch eine Novität war, handelte es sich um ein Luxusgefährt der vermögenden städtischen Oberschicht, das als Transportmittel für Waren und zum Einsatz auf holprigen Landstraßen ungeeignet war.
Fords Meinung nach war aber nun die Zeit reif für ein robustes, preiswertes Gefährt, einen mobilen Untersatz, der die Funktion von Pferd und Wagen übernehmen konnte. Zuverlässig, einfach gebaut und damit leicht zu reparieren sollte es sein, mit Ersatzteilen, die man per Post bestellen oder im Laden um die Ecke kaufen konnte.
So ein Auto wurde das Model T, das er der Öffentlichkeit am 1. Oktober 1908 vorstellte. Mit dem sensationell niedrigen Preis von 850 Dollar fuhr Ford seiner Konkurrenz buchstäblich davon. 1909 verkaufte er bereits 19000 Stück, das Geschäft lief so gut, dass er 1910 in Highland Park/Michigan ein Werk eröffnete, in dem nun streng arbeitsteilig, mit vorgefertigten Teilen und ab 1913 auch unter Einsatz der Fließbandtechnik produziert wurde.
Beutete der Unternehmer seine Arbeiter aus?
Überhaupt nicht, auch wenn seine soziale Einstellung nicht ganz uneigennützig war. 1914 sorgte der Patriarch für Schlagzeilen, als er einen Gewinnbeteiligungsplan für seine Arbeiter entwickelte, den Acht-Stunden-Tag einführte und den Mindestlohn auf fünf Dollar pro Tag festlegte, womit er weit über dem lag, was die Konkurrenz zahlte. Hinter dieser Großzügigkeit stand auch Kalkül, er sah nicht nur die motivierten Produzenten, sondern ebenso die potenziellen Konsumenten: »Ich will, dass meine Arbeiter gut bezahlt werden, damit sie meine Autos kaufen.«
Ging es für den Autopionier immer bergauf?
Nein. Henry Fords Erfolg hielt bis Anfang der 1920er Jahre an. Dann änderten sich die Zeiten und auch der Markt, stärkere und bequemere Fahrzeuge waren gefragt. Im Jahr 1927 stellte Ford sein neues Model A vor, das zwar begeistert aufgenommen wurde, aber an den enormen Erfolg des Models T nicht herankam. Mit dem Namen Ford verband man immer noch das reine Transportmittel, und dessen Ära war vorbei, ebenso wie die der Patriarchen.
Henry Ford starb am 7. April 1947. Europa lag zu dieser Zeit noch in den Nachkriegswehen und es sollte bis in die 1950er Jahre hinein dauern, bis sich in der alten Welt wiederholte, was Henry Ford initiiert hatte: die Entwicklung des Autos vom Luxusgut zum Massenartikel.
Henry Ford brachte Amerika ins Rollen. Mit der Einführung seines berühmten Model T im Jahr 1908 schlug die Geburtsstunde der Autonation.
Henry Ford war ein Patriarch, eine Unternehmerfigur, die viel eher ins 19. Jahrhundert gepasst hätte als in eine Zeit, in der die Börsen- und Bankenherrschaft zunahm und sich die anonymen Riesenkonzerne ausbreiteten.
1927 schloss Ford alle seine Fabriken und stattete sie neu aus. Die Endmontage wurde nun an den Rouge River in Dearborn verlegt, Ende des Jahres stellte er sein neues Model A vor, das zwar begeistert aufgenommen wurde, aber an den Erfolg des Model T nicht herankam.
Wusstcen Sie, dass ...
der Patriarch Henry Ford eine Unternehmerfigur war, die viel eher ins 19. Jahrhundert gepasst hätte als in eine Zeit, in der die Börsen- und Bankenherrschaft zunahm und sich die anonymen Riesenkonzerne unaufhaltsam ausbreiteten?
sich Ford in den 1930er Jahren trotz seiner sozialen Einstellung gegen eine gewerkschaftliche Organisation der Ford-Arbeiter wehrte? Damit rief er das Gericht auf den Plan, das ihm verbot, sich in die Aktivitäten der Gewerkschaft einzumischen.
das Model T, das zwischen 1908 und 1927 15 Millionen Käufer fand, in den 19 Jahren so wenig geändert wurde, dass ein Gebrauchtwagen kaum vom Neuwagen zu unterscheiden war?
Marie Curie: Pionierin der Strahlenforschung
Entdeckte das Ehepaar Curie die Radioaktivität?
Nein, das nicht. Aber Marie und Pierre Curie führten den Begriff »Radioaktivität« in die Wissenschaft ein. Ausgehend von Henri Becquerels Entdeckung, dass Uran Strahlen aussendet, begannen sie die Natur dieses Strahlungsphänomens zu ergründen, wobei im Lauf der Arbeit Marie die chemischen, Pierre die physikalischen Prozesse untersuchte – er hatte als Entdecker der Piezoelektrizität der Kristalle schon einen Namen. Es gelang den beiden, aus dem Mineral Pechblende, das ja auch das Uran hergibt, zwei Substanzen von weitaus stärkerer Strahlungsaktivität als Uran zu extrahieren, die sich als noch unbekannte Elemente entpuppten. Sie nannten sie »Polonium« und »Radium«.
Woher stammte die Nobelpreisträgerin?
Aus Polen. Die spätere Marie Curie wurde als Maria Sklodowska 1867 in Warschau geboren. Damals war Polen dreigeteilt, und in Warschau herrschten die Russen mit einem System der Unterdrückung, zu dem auch das Verbot des Frauenstudiums gehörte. So arbeitete Maria zunächst in der Heimat als Gouvernante, um ihrer älteren Schwester Bronia das Medizinstudium in Paris zu finanzieren, die ihr danach ihrerseits das Physikstudium, ebenfalls in Paris, ermöglichte.
Hochbegabt und seit je lernbegierig, studierte Maria, jetzt Marie, von 1891 an nicht nur Physik, sondern auch Mathematik und Chemie an der Sorbonne, und als sie später mit dem Physiker Pierre Curie verheiratet und Mutter zweier Töchter war, dachte sie nicht daran, ihren Beruf aufzugeben. Sie setzte sich energisch über alle Hindernisse hinweg, denen Frauen mit wissenschaftlichem Ehrgeiz ausgesetzt waren.
Wenn Polen nun die Ehre hat, namentlich in der Tabelle der chemischen Elemente zu erscheinen, so ist das Marie Sklodowska-Curie zu verdanken, die eines der beiden von ihr entdeckten Elemente aus Patriotismus »Polonium« nannte.
Waren die Forschungen der Curies ein Beitrag zur Atomphysik?
Ja. Marie und Pierre Curie gingen der Frage nach, wie die Strahlungen entstanden beziehungsweise ob sie durch äußere oder innere Kräfte bewirkt wurden. Nach endlosen Versuchen und der Knochenarbeit der Isolierung – mehr als eine Tonne Pechblende ergibt nur 0,1 Gramm Radium – konnten sie die These erhärten, dass aus dem Inneren der Elemente durch gewaltige Eigenbewegung kleinste Teilchen herausgeschleudert werden. Damit war die bis dato vorherrschende Meinung von der Unteilbarkeit der Atome widerlegt, der erste, ungemein folgenreiche Blick in die Atomstruktur getan.
Wofür setzten die beiden Wissenschaftler den Nobelpreis ein?
Im Dezember 1903 erhielten Marie und Pierre Curie gemeinsam mit Henri Becquerel den Nobelpreis für Physik – Marie Curie war die erste Preisträgerin. Der mit der Auszeichnung verbundene Geldsegen war hoch willkommen, denn da die Curies eine Patentierung ihrer Entdeckungen ablehnten, mussten sie von Lehraufträgen an Instituten und Gymnasien leben.
Zudem war das »Laboratorium«, in dem das Ehepaar Curie neun Jahre lang gemeinsam seine bahnbrechenden Entdeckungen gemacht hatte, ein unwirtlicher Schuppen, vollgestellt mit Apparaten und Tonnen von Pechblende, im Sommer unerträglich schwül, im Winter eisig. An seinem Physik-Lehrstuhl an der Sorbonne jedoch, auf den Pierre dann 1904 berufen wurde, konnte er sich nicht lang erfreuen: 1906 wurde er überfahren.
Wie machte Marie Curie nach dem Tod ihres Mannes weiter?
Die Forschung und die Fürsorge für ihre Kinder bewahrte Marie Curie vor der Verzweiflung. An der Sorbonne trat sie die Nachfolge ihres Mannes an, publizierte in erstaunlichem Ausmaß, hatte Erfolg bei den Versuchen, elementares Radium zu isolieren und erarbeitete die Definition für den internationalen Radiumstandard, der den Namen »Einheit Curie« bekam. 1911 nahm sie in Stockholm den Nobelpreis für Chemie entgegen, 1914 zog sie in das für sie eingerichtete Radium-Institut in der Rue Pierre Curie ein, das zum Vorbild des Warschauer Radium-Instituts wurde.
Woran starb die Forscherin?
An einer schweren Blutkrankheit, die auf die Strahlenbelastung zurückzuführen war. So hatte der besessene Forscherdrang, der Marie Curie trieb, die Radioaktivität zu ergründen, seinen Preis gefordert. Tagtäglich hatten sie und ihr Mann sich den Strahlen ausgesetzt und hatten gar durch Selbstexperimente deren Wirkung erprobt. 1903 hatte Marie Curie eine Fehlgeburt erlitten; von den 1920er Jahren an häuften sich Hör- und Sehstörungen, es folgten Augenoperationen. 1934 starb sie in einem Schweizer Sanatorium an perniziöser Anämie. Die Erfolge ihrer Tochter Irène als Physikerin durfte sie allerdings noch erleben.
Wussten Sie, dass …
Marie Curie auch an den medizinischen Möglichkeiten der Radioaktivität interessiert war? So organisierte sie im Ersten Weltkrieg den gesamten Röntgendienst und bildete Röntgenologen aus.
Flugpionier Wilbur Wright (1867–1912)
Waren die Gebrüder Wright die ersten Menschen, die flogen?
Nein, diese Pioniertat vollbrachte der Deutsche Otto Lilienthal, aber den Amerikanern gelang 1903 der erste Motorflug mit einem zwölf PS starken Doppeldecker. Die Erfolge, die die Gebrüder Wright bei ihren vielen Flugexperimenten verbuchen konnten, waren bahnbrechend auch für die Entwicklung der Fliegerei in Europa.
Wilbur, der dritte Sohn von Milton und Susan Wright, wurde am 16. April 1867 in Millville im amerikanischen Bundesstaat Indiana geboren. Vier Jahre später, am 19. August 1871, kam Orville in Dayton (Ohio) zur Welt. Die beiden wuchsen in einer gebildeten, streng religiösen Familie auf.
Wie begann das Interesse an der Fliegerei?
Bei den Wrights soll es ein Spielzeug mit Propeller gewesen sein, das der Vater von einer Reise mitbrachte und das bei den Jungen sofort das Interesse an der Aerodynamik weckte. Wie dem auch sei – Tatsache ist, dass der deutsche Ingenieur und Flugpionier Otto Lilienthal 1896 bei einem Flug tödlich verunglückte und diese Meldung um die Welt ging.
Nach Lilienthals Tod jedenfalls begannen die Brüder, sich mit den aerodynamischen Gesetzen zu beschäftigen. Ihre theoretischen Vorbereitungsarbeiten waren außerordentlich gründlich und systematisch: Hatte Lilienthal die Steuerung seiner Gleiter durch Gewichtsverlagerung erwirkt, so kamen die Wrights auf die Idee, die Flügelspitzen so zu konstruieren, dass man sie durch das Ziehen an Drähten gegenläufig auf- und absenken konnte. Durch diese »verwindbaren« Tragflächen in Verbindung mit dem Seitenruder wurde der Kurvenflug und damit die volle Manövrierbarkeit von Flugzeugen möglich.
Wann gingen die Pioniere in die Luft?
Das war in den Jahren 1900 bis 1903, als sie mit verschiedenen von ihnen selbst konstruierten Gleitern erstmals den Himmel eroberten. Die Flüge fanden in Kitty Hawk in North Carolina statt, das abgelegene Stück Sandküste wies sanfte Hügel zum Starten und gleichmäßige Winde auf. Diese erfolgreichen Versuche bildeten die Voraussetzungen für den ersten Motorflug der Brüder.
Motorflieger Orville Wright (1871–1948)
Wer unternahm den ersten Motorflug?
Es war Orville, der jüngere der Brüder. Das Flugzeug mit Motor und zwei Propellern hatten die beiden selbst gebaut. Der Doppeldecker erhielt den Namen Flyer und wurde nach Kitty Hawk transportiert. Als Erster stieg Wilbur in die Maschine, aber er würgte beim Start den Motor ab. Die Brüder warfen eine Münze, um auszulosen, wer nun als Nächster an der Reihe sei, und so kam es, dass Orvilles Name in die Geschichte einging. Er war es, dem am 17. Dezember 1903 um 10.35 Uhr der erste gesteuerte Motorflug der Welt gelang.
Wie ging es nach der Pioniertat weiter?
Die Gebrüder Wright entwickelten ihr Flugzeug weiter und begannen die Möglichkeiten des revolutionären Fortbewegungsmittels in den USA und Europa öffentlich zu demonstrieren; dabei stellte Wilbur Wright 1908 in Frankreich zahlreiche Höhen- und Streckenrekorde auf. Zudem versuchten die Brüder ihre Erfindung und die damit zusammenhängenden Möglichkeiten über ihre Flugschauen hinaus zu vermarkten und so entstanden diesseits und jenseits des Atlantiks Flugschulen und Produktionsstätten für Flugzeuge.
Finanziell konnte die Erfolgsstory der Wrights allerdings keinen besonderen Höhenflug erreichen. Zermürbt von geschäftlichen Problemen und patentrechtlichen Auseinandersetzungen, starb Wilbur am 30. Mai 1912. Orville Wright zog sich wenige Jahre später aus dem Flugzeuggeschäft zurück und arbeitete wieder, ohne jedoch an seine großen Erfolge anknüpfen zu können, als Erfinder und Konstrukteur. Er starb am 30. Januar 1948.
Wussten Sie, dass …
Hunderte von Notizen, Briefen und Zeichnungen von den geradezu wissenschaftlichen Studien zeugen, die die Wrights vor ihren Flugversuchen durchführten?
Orville Wright beim ersten Motorflug nur zwölf Sekunden in der Luft war? Der vierte Flug der Brüder dauerte dann allerdings schon fast eine Minute.
Albert Einstein: Jahrhundertgenie der Physik
Wie schaffte Albert Einstein den Durchbruch als Wissenschaftler?
Albert Einstein, der bis dahin vollkommen unbekannte »Technische Experte 2. Klasse« am Berner Patentamt, veröffentlichte 1905 auf einen Schlag drei wissenschaftliche Arbeiten, mit denen der 26-Jährige gleich auf mehreren Gebieten der Physik Bahnbrechendes leistete: Er erklärte die Brown'sche Molekularbewegung, interpretierte das Licht als Quanten und stellte die spezielle Relativitätstheorie auf. Mit diesem Coup betrat der 1879 in Ulm geborene und mit den Eltern über München und Mailand in die Schweiz gezogene Einstein die wissenschaftliche Bühne. Nach 1905, diesem Wunderjahr für die Physik, folgte rasch der wissenschaftliche Aufstieg Einsteins bis zur Berliner Professur, die ihm Max Planck 1913 antrug.
Woran arbeitete der Wissenschaftler hauptsächlich?
Einstein arbeitete ab 1913 intensiv an seiner allgemeinen Relativitätstheorie. Sie führte die spezielle Relativitätstheorie von 1905 fort und wurde 1915 vollendet. Er ging dabei auch auf die Ablenkung von Sternenlicht durch das Gravitationsfeld der Sonne ein. Einsteins charakteristische Fähigkeit war es, überraschende Zusammenhänge zwischen vorher getrennten physikalischen Phänomenen herzustellen. Das Bild eines fahrenden Zugs etwa brachte ihn dazu, ruhende und mitbewegte Bezugssysteme als gleichwertig zu betrachten, Raum und Zeit schließlich zu einem vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum zu vereinheitlichen und so unsere herkömmlichen Vorstellungen außer Kraft zu setzen.
Welchen Stellenwert hatte die Relativitätstheorie?
Als britische Astronomen 1919 bei einer Sonnenfinsternis in den Tropen die Ablenkung des Sternenlichts durch die Masse der Sonne fotografierten, konnten sie damit auch Einsteins Theorie bestätigen. Die »New York Times« schrieb, Einstein habe Newtons Weltbild revolutioniert. Und tatsächlich wurde sie neben der Quantentheorie zum Signum der modernen Physik.
Zugleich demonstrierte aber dieser enorme Erfolg, dass dem militärisch besiegten und wirtschaftlich zerstörten Deutschland das Faustpfand der wissenschaftlichen Führungsrolle nicht entrissen worden war. Einstein hatte Sympathie für die junge Weimarer Republik und ihre nach Orientierung suchende Gesellschaft zeigte überschwängliches Interesse an der Relativität, die metaphorisch gern auf alle Lebensbereiche ausgedehnt wurde.
Da Albert Einstein die öffentlichen Erwartungen gern in großen Auftritten bediente, geriet er zum wissenschaftlichen Medienereignis und wurde ein Weltstar. Auf seinen Auslandsreisen in die USA und nach Japan hatten Einsteins Auftritte gar zu Reaktionen geführt, die Beobachter als »Massenhysterie« bezeichneten.
Bezog das Physikgenie politisch Stellung?
Ja, das tat Einstein. So engagierte er sich für Deutschland als Vertreter im Völkerbund und propagierte die Idee der »Vereinigten Staaten von Europa«. Er setzte sich aber auch für die Gründung eines jüdischen Staats ein. Doch spätestens nach der Ermordung seines Freundes Walther Rathenau und mit dem Aufkommen des offenen Antisemitismus wurde nicht nur er als Jude, sondern auch seine Physik als »jüdische Physik« denunziert. Der Nobelpreis für das Jahr 1921 (für die Lichtquantenhypothese) verstärkte das Interesse an, aber auch den Widerstand gegen seine Theorie und Person in Deutschland weiter. Von einer 1932 begonnenen Auslandsreise kehrte Einstein schließlich nicht mehr nach Deutschland zurück, sondern bezog nach Hitlers Machtergreifung sogleich öffentlichkeitswirksam Opposition zum nationalsozialistischen Deutschland und reiste in die USA.
Kam der Nobelpreisträger nach Deutschland zurück?
Nein, den Rest seines Lebens verbrachte Einstein als Professor in Princeton. Dort in den USA wurde er als Koryphäe anerkannt und 1941 nahm er die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Mit seinen Forschungen zu einer allgemeinen Feldtheorie und mit seiner Kritik an der Quantenmechanik (»Gott würfelt nicht!«) wurde er aber ein Außenseiter in der theoretischen Physik, die mehr und mehr amerikanisch und damit pragmatisch geprägt war und für seine philosophischen Überlegungen wenig Interesse aufbrachte.
Wirkte Einstein am Bau der Atombombe mit?
Nein, aber Einstein gab mit den Anstoß, diese Bombe zu bauen. Durch seine zwei Briefe an Präsident Roosevelt Ende 1939 und Anfang 1940 wurde er Mitinitiator der amerikanischen Atombombe, die seine These der Umwandelbarkeit von Masse in Energie so dramatisch demonstrierte (E=mc²). Vor allem seine Prominenz verschaffte der Furcht vor einer deutschen Atombombe beim US-Präsidenten Gehör. Am Bau der Bombe selbst war Einstein nicht beteiligt, er galt eher als Sicherheitsrisiko, und seine Bitte, nach der Kapitulation Deutschlands auf den Einsatz von Atombomben zu verzichten, fand keine Beachtung – 1945 wurde die erste Atombombe über der japanischen Stadt Hiroschima abgeworfen.
Konnte seine Theorie zu Ende geführt werden?
Nein. Die allgemeine Feldtheorie, an der Einstein bis zu seinem Tod im Jahr 1955 arbeitete und welche die Gravitation mit den anderen physikalischen Kräften verbinden sollte, fand bis heute keine vollständige Lösung. Auch seine Ideen von Rüstungskontrolle, Weltregierung und allgemeinen Bürgerrechten blieben Visionen, die sich durch keine elegante Formel haben lösen lassen.
Wussten Sie, dass …
Einstein mit seiner ersten Ehefrau Mileva Maric 1914 einen kuriosen Ehevertrag schloss? Darin war beispielsweise festgehalten: »Du hast weder Zärtlichkeiten von mir zu erwarten noch mir irgendwelche Vorwürfe zu machen. (…) Du hast eine an mich gerichtete Rede sofort zu sistieren, wenn ich darum ersuche.«
Einstein 1952 das Amt des Staatspräsidenten Israels angetragen wurde? Er lehnte es ab.
Werner Heisenberg: Die Suche nach der Weltformel
Wo lag das Arbeitsgebiet des Physikers?
Heisenberg gehörte zu den Entwicklern der Quantenmechanik. Diese beschäftigt sich mit der Bewegung von Atomen und deren Reaktion auf die Einwirkung von Kräften. Die Unschärferelation Heisenbergs hat die Erforschung der Quantenmechanik maßgeblich mitgeprägt. Und er brachte neue Erkenntnisse zum Aufbau der Atome und zur Atomstruktur.
Die Öffentlichkeit schien Heisenberg fast ein wenig zu scheuen. Er hielt auch nicht unbedingt brillante Reden. Aber wenn der begnadete Naturforscher über sein Gebiet sprach, so begeisterte er durch den Inhalt.
Beschränkte sich Heisenbergs Begabung auf die Physik?
Nein, keineswegs. Der am 5. Dezember 1901 im fränkischen Würzburg geborene Werner Heisenberg galt früh als hoch begabt, und das eben nicht nur einseitig. Als Schüler etwa – die Familie lebte nun in München – begeisterte er die Lehrer, weil er anders, schneller und weiter dachte als seine Klassenkameraden. Ehrgeizig blieb Heisenberg ein Leben lang, doch nicht verbissen, sondern neugierig, wissensdurstig. Für ihn war der geistige Wettkampf eine Art sportliche Herausforderung. Der hoch Begabte habilitierte sich bereits 1924. Neben der Physik hatte es ihm zum Beispiel die Musik angetan, auch später, als Erwachsener mit den drei Kindern, blieb es selbstverständlich, dass zu Hause musiziert wurde. Und Heisenberg zeigte auch sportliches Talent, vor allem fürs Skifahren. Über allem aber standen seine Liebe zum Denken und sein Tiefgang. Der Physiker war auch Philosoph, er wusste um die Wichtigkeit und Notwendigkeit, beides zu verbinden.
Was wollten die Nazis von Heisenberg?
Die Nationalsozialisten wollten eine Atombombe entwickeln, und dazu brauchten sie Werner Heisenberg. Allerdings war ihnen der Physiker, der 1932, mit nur 31 Jahren den Nobelpreis bekommen hatte, im Grunde ein Dorn im Auge. Er galt als »weißer Jude«, der, anstatt »deutsche Wissenschaft« zu betreiben, das Gedankengut Einsteins verbreitete. Aber Heisenberg blieb in Deutschland und war am Bau eines Reaktors beteiligt, doch gelang es nicht, eine Kettenreaktion in Gang zu setzen.
Was machte der Nobelpreisträger nach dem Krieg?
Im Jahr 1946 wurde Heisenberg Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik, was er – zunächst in Göttingen, ab 1958 dann in München – bis 1970, sechs Jahre vor seinem Tod 1976, blieb. Zusätzlich stand er ab 1949 dem Deutschen Forschungsrat vor, 1953 wurde er Präsident der Alexander-von-Humboldt-Stiftung.
1958 veröffentlichte Heisenberg seine Schrift »Einheitliche Theorie der Elementarteilchen«, die mit ihrer umfassenden Feldgleichung als mögliche »Weltformel« gefeiert wurde, aber als solche inzwischen nicht mehr Bestand hat. Heisenbergs Versuch, eine Weltformel zu entwickeln, gilt als gescheitert.
Im April 1957 sprach sich Konrad Adenauer für eine Bestückung der Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen aus. Heisenberg gehörte zu den 18 führenden deutschen Atomphysikern, die im »Göttinger Manifest« gegen diese Rüstungspolitik und damit gegen die Atombombe plädierten.
Was ist die Heisenberg'sche Unschärferelation?
Die Heisenberg'sche Unschärferelation besagt, dass Ort und Impuls (das heißt die Geschwindigkeit) eines atomaren Teilchens niemals gleichzeitig genau gemessen werden können. Je genauer man beispielsweise den Ort misst, umso ungenauer wird die Information über den Impuls. Daraus folgt, dass es unmöglich ist, den nächsten Ort eines Teilchens vorherzusagen, ein Widerspruch zur Grundauffassung der Exaktheit der physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Das Prinzip von Ursache und Wirkung hat hier plötzlich keine Gültigkeit mehr.
Wussten Sie, dass …
Heisenberg bei Kriegsende als Mitwirkender des deutschen Atomenergieprojektes von den alliierten Streitkräften kurze Zeit interniert wurde? Nachdem festgestellt wurde, dass die Bemühungen der deutschen Wissenschaftler vor allem dem Bau eines Reaktors und nicht der Atombombe galten, wurden sie wieder freigelassen.
der berühmte Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker ein Schüler von Werner Heisenberg war?
Stephen Hawking: Ein Star der Naturwissenschaften
Wie kam Stephen William Hawking zur Physik?
Mehr oder weniger durch Zufall. Hawking, einer der populärsten Naturwissenschaftler der Gegenwart, wird am 8. Januar 1942 als Sohn eines Akademikerpaares im englischen Oxford geboren. 17-jährig tritt er in das University College ein. Eigentlich interessiert er sich für Mathematik, aber nachdem in diesem Fach keine geeigneten Kurse angeboten werden, belegt er Physik. Als Doktorand an der Universität Cambridge im Fachbereich für angewandte Mathematik und theoretische Physik legt er seinen Forschungsschwerpunkt auf Kosmologie.
Womit beginnt das Universum?
Mit dem Urknall. Nach Abschluss seiner Doktorarbeit 1965 arbeitete Hawking bis 1970 eng mit dem Mathematiker Roger Penrose zusammen. Die beiden entwickelten die so genannten Singularitätstheoreme für den Anfang des Universums und der Zeit. Wendet man Einsteins Relativitätstheorie auf die Entstehung des Universums an, nehmen Zeit und Raum ihren Anfang in einer Urknallsingularität, dem »Big Bang«, und finden ihr Ende in der Finsternis eines Schwarzen Lochs.
Diese These wurde zu Beginn des 21. Jahrhunderts dank neuer Erkenntnisse der Astronomie widerlegt. Mittlerweile weiß man, dass die Schwerkraft mangels Materiendichte nie die Expansion des Universums aufhalten kann.
Was passiert mit den Schwarzen Löchern?
Im Jahr 1974 überraschte Hawking die Fachwelt mit der Erkenntnis, dass Schwarze Löcher gleichsam »verdampfen«, indem sie subatomare Partikel abstrahlen, bis ihre Energie erloschen ist. Die Entdeckung dieses physikalischen Phänomens, später »Hawking-Strahlung« genannt, begründete seinen Weltruhm als Wissenschaftler, sicherte ihm einen Platz in der Geschichte der Physik und die Aufnahme in die Royal Society als eines der jüngsten Mitglieder aller Zeiten. Erstmals war es gelungen, Relativitätstheorie und Quantentheorie zumindest ansatzweise im Konzept der Strahlung Schwarzer Löcher zu vereinen.
Wo enden Raum und Zeit?
Gar nicht. Sieben Jahre nach seiner spektakulären Entdeckung präsentierten Hawking, seit 1979 Professor in Cambridge, und sein US-amerikanischer Kollege James Hurtle die »Keine-Grenzen-Bedingung«. Nach dieser Theorie bilden Raum und Zeit in der imaginären Zeit, die wie eine räumliche Dimension in beiden Richtungen durchmessen werden kann, eine geschlossene Oberfläche ohne Begrenzungen.
Was macht den Physiker so populär?
Schon im Jahr 1977 übertrug die BBC dem Physiker eine eigene wissenschaftliche Sendereihe, die »The Key of the Universe« – »Der Schlüssel zum Universum« – hieß. Aber so ganz erfüllte auch das junge Genie die Hoffnung nicht, eine umfassende »Weltformel« zu liefern, die endlich all die Geheimnisse des Universums aufdecken würde. Zumindest jedoch erhielt Stephen Hawking Gelegenheit, seine überragende Begabung im Umgang mit der medialen Öffentlichkeit zu beweisen. Ganz in der Tradition der positivistischen Wissenschaften weist Hawkings selbst allerdings immer wieder darauf hin, dass auch seine Theorien nur solange Gültigkeit besitzen, bis sie von einer zutreffenderen Erklärung der Wirklichkeit abgelöst werden. Den Reden folgen Taten: 2004 revidiert er aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Theorie der Hawking-Strahlung.
Doch die einzigartige Bekanntheit dieses Physikers speist sich nicht allein aus seinen wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Leistungen. Sehr medienwirksam äußert er sich immer wieder öffentlich zu strittigen Themen wie etwa der Gentechnologie. Sein manchmal provokantes, manchmal schelmisches Auftreten tut ein Übriges, um Hawking zu einer Art Popikone der Wissenschaft zu stilisieren.
Welche Krankheit hat Hawking?
Zum Mythos vom vergeistigten, quasi körperlosen Superhirn mag auch seine schwere Körperbehinderung beitragen – Hawking leidet seit Anfang der 1960er Jahre an amyotrophischer Lateralsklerose, einer unheilbaren Erkrankung des Nervensystems. Trotz der Krankheit führt er ein recht normales Privatleben: 1990 ließ sich seine Frau Jane, mit der er drei Kinder hat, nach 28 Ehejahren scheiden. Noch im selben Jahr zog Hawking mit seiner Pflegerin Elaine Mason zusammen, die er 1995 heiratete.
Wussten Sie, dass …
die 1988 veröffentlichte »Kurze Geschichte der Zeit« eines der meistverkauften naturwissenschaftlichen Bücher des 20. Jahrhunderts ist?
zu seinen wichtigsten wissenschaftlichen Veröffentlichungen »Superspace and Supergravity« (1981) und gemeinsam mit Penrose »The Nature of Space and Time« (2000) zählen?
Hawking in einer Episode der Fernsehserie »Star Trek« zusammen mit Albert Einstein, Isaak Newton und Commander Data eine formidable Pokerrunde bildet?
Bill Gates: Herr über Chips und Bytes
Wie kam Gates zum Programmieren?
William Henry Gates wurde am 28. Oktober 1955 als zweites Kind von Bill und Mary Gates geboren. An der Lakeside School fiel er mit seinen mathematischen Leistungen auf und durfte 1968 die ersten kleinen Computerprogramme schreiben. Er lernte den älteren Paul Allen (geb. 1953) kennen und verbrachte mit ihm jede freie Minute am Computer. Als Allen ein Studium der Computerwissenschaften begann, gründete er mit dem Schüler Bill Gates im Herbst 1971 die Firma Traf-O-Data. Sie sollte Kleincomputer für die Verkehrszählung herstellen.
Gab es schon den PC?
Er steckte in den Anfängen: Mit Bausätzen für Bastler begann der Personal Computer Anfang 1975 seinen Siegeszug. Im Sommer 1975 gründeten Gates und Allen die Firma »Micro-Soft«, die Software für die zusammengeschraubten Kisten verkaufte. Bald bot Microsoft verschiedene Programmiersprachen an, von denen Basic zu großen Teilen von Bill Gates geschrieben wurde. Die Software wurde oft im Bündel mit Computerbausätzen vertrieben, denn niemand war bereit, für Software zu bezahlen. Mit einem »Offenen Brief an die Hobbysten« wurde Gates 1976 bekannt. Darin beklagte er die fehlende Zahlungsmoral und redete offen vom Diebstahl der Software.
Wie wurde das Betriebssystem so populär?
Im Jahr 1980 kontaktierte der Weltkonzern IBM Bill Gates auf der Suche nach einem billigen Betriebssystem für einen Personal Computer. Gates reagierte prompt und kaufte für 50 000 Dollar ein Betriebssystem, das Microsoft in kürzester Zeit zu MS-DOS weiterentwickelte. Der IBM-PC wurde ein riesiger Erfolg. Microsoft verdiente an jedem dieser Rechner zehn Dollar und hatte sich ein Standbein geschaffen, das bis in die 1990er Jahre für kontinuierliche Einnahmen sorgte.
Als Paul Allen krankeitsbedingt die Firma verließ, kündigte Gates im Jahr 1983 die Arbeit an einer grafischen Benutzeroberfläche an, mit der jeder einen Computer bedienen könnte. Es dauerte bis 1985, ehe das von Gates gepriesene Windows erschien.
Wozu wurde Windows erfunden?
Mit der Einführung von Windows 3.0 gewann das Betriebssystem über Nacht viele Anhänger, zudem war die Microsoft-Anwendersoftware inzwischen so gereift, dass sie als »Office-Paket« unter Windows vermarktet werden konnte. Bill Gates hatte damit allen Konkurrenten ein Schnippchen geschlagen. Der einmal erreichte Vorsprung wurde beharrlich ausgebaut.
Wie eroberte Gates das Internet?
Im Jahr 1995 überraschte die stürmische Entwicklung des Internets Bill Gates, der zu diesem Zeitpunkt einen eigenen Datendienst plante. Er stoppte die komplette Entwicklung, kaufte einen Internet-Browser und ließ diesen mit höchster Priorität entwickeln. Schließlich wurde die Technik in die Betriebssysteme von Microsoft eingebunden und damit verschenkt.
Es dauerte kein Jahr und Microsoft war auch hier Marktführer. Sechs Jahre später befand ein US-Gericht, dass Microsoft bei seiner Vorgehensweise seine Marktmacht unzulässig einsetzte, konnte sich aber nicht zu einer Verurteilung durchringen. Im Zuge der juristischen Auseinandersetzungen zog sich Bill Gates schrittweise vom Tagesgeschäft zurück, blieb aber Chef-Architekt von Microsoft.
Was interessiert Gates außer PCs?
1994 heiratete Bill Gates die Microsoft-Angestellte Melinda French und gründete die Bill & Melinda Gates Foundation mit einem Stiftungskapital von 22 Milliarden Dollar. Die Stiftung kümmert sich um die medizinische Versorgung von Kindern in Afrika und die Entwicklung neuer Impfstoffe. Eine weitere Stiftung von Bill Gates sorgt für die Erhaltung von Kunstwerken, während Gates selbst als Sammler aktiv wurde und den »Codex Leicester« von Leonardo da Vinci ersteigerte. Neben Microsoft konnte Bill Gates mit seiner Firma Corbis eines der größten Foto- und Filmarchive der Welt aufbauen.
Wussten Sie, dass …
Gates für seine neugegründete Firma Microsoft sein Jura-Studium in Harvard an den Nagel hängte?
sich Gates mit seinem mehrfach überarbeiteten Buch »Der Weg nach vorn – Die Zukunft der Informationsgesellschaft« auch als Buchautor etablierte?
von den deutschen Einnahmen der Bücher des Firmengründers bis heute der »Road Ahead«-Preis bestritten wird, mit dem jährlich deutsche Schulen für die beste Internet-Darstellung ausgezeichnet werden?
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