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Flüsse: Lebenslinien der Erde
Wann bildet sich überhaupt ein Fluss?
Voraussetzung für ein Fließgewässer ist ein Überschuss an Niederschlag gegenüber Verdunstung und Versickerung sowie ein Gefälle im Gelände.
Fließgewässer dienen der natürlichen Entwässerung der Landflächen, indem sie das überschüssige Oberflächenwasser aufnehmen und abtransportieren. Das gesamte Entwässerungsnetz eines Flusses von der Quelle bis zur Mündung mit allen Nebenflüssen und Seen bezeichnet man als Flusssystem. Die von ihm entwässerte Fläche ist das sog. Einzugsgebiet, das von dem eines anderen Flusssystems durch Wasserscheiden getrennt ist. Innerhalb des Netzes gibt es deutliche Hierarchien: Man unterscheidet Hauptflüsse, die in einem Meer oder See münden, und Nebenflüsse, die den Hauptflüssen zufließen. Das Fließgewässer selbst wird in Fließrichtung in Oberlauf, Mittellauf und Unterlauf unterteilt.
Wohin fließen die meisten Flüsse?
Die meisten Flüsse strömen anderen Flüssen, Seen oder den Weltmeeren zu. Von den Flüssen, die ins Meer münden, nimmt der Atlantik zwei Drittel auf. Der Indische Ozean kommt auf ein Fünftel, der Rest entwässert in den Pazifik.
Eine Besonderheit sind die sog. Endseen, wie das Kaspische Meer oder der Tschadsee in Afrika. Sie haben keine Verbindung zum Meer, nehmen aber Flusswasser auf, das durch Verdunstung wieder in den Wasserkreislauf gelangt. Einige Flüsse wiederum versickern in einem Binnendelta, ohne je ein anderes Gewässer erreicht zu haben. Ein Beispiel ist der Okavango im südlichen Afrika, der in der Kalahari versickert.
Warum treten Flüsse über die Ufer?
Extreme Regenfälle oder rasche Schneeschmelze führen immer wieder dazu, dass ein Flussbett das Wasser nicht mehr fassen kann. Dadurch tritt das Wasser über die Ufer und überschwemmt nahe gelegene Landschaften.
Überschwemmungen sind natürliche und immer wieder vorkommende Ereignisse, die für eine Reihe von Vorgängen in der Natur sehr wichtig sind: Sie verbessern beispielsweise durch Ablagerung mitgeführter Schwebstoffe die Bodenqualität. Die immer häufiger auftretenden Hochwasserkatastrophen der jüngsten Zeit könnten allerdings Anzeichen eines Klimawandels sein. Aber auch der Mensch selbst hat durch die Begradigung und Kanalisierung von Fließgewässern, den Verbau der Uferflächen und die Trockenlegung von Überflutungsflächen dazu beigetragen, dass Hochwasser derartige Auswirkungen hat.
Welche sind die längsten Ströme der Erde?
Mit einem Einzugsgebiet von 7 Mio. km² steht der Amazonas in Südamerika an der Spitze der größten Flüsse. Mit 6400 km ist er aber nur der zweitlängste, denn er wird vom 6671 km langen Nil (einschließlich seines Quellflusses Kagera) übertroffen. Asien kann mit dem Chang Jiang, der eher als Jangtsekiang bekannt ist, in China aufwarten (etwa 6300 km), Nordamerika mit dem Mississippi, der mit seinem Nebenfluss Missouri auf 6021 km kommt. Die Wolga erreicht nach 3685 km als längster europäischer Fluss das Meer. Und der Darling in Australien ist mit 2740 km immerhin noch mehr als doppelt so lang wie der Rhein mit vergleichsweise kurzen 1320 km.
Wann entsteht ein Wasserfall?
Wasserfälle entstehen immer dann, wenn ein Fluss seinen Lauf über eine harte Gesteinsbarriere nimmt. Dabei stürzt das Wasser über eine oder mehrere Stufen senkrecht ab. Eine Folge meist niedriger, treppenartig angeordneter Stufen heißt Kaskade. Durch Erosion wird der Wasserfall im Lauf der Zeit stromaufwärts zurückverlegt, wobei er an Höhe verlieren und zu Stromschnellen aufgelöst werden kann. Viele größere Wasserfälle in Südamerika, Afrika und Indien ergießen sich über den Rand breiter Hochebenen.
Wo beginnt ein Fluss seinen Lauf?
Als Ursprung eines Flusses betrachtet man – sofern er nicht einem stehenden Gewässer entspringt – allgemein die mündungsfernste Quelle. Die Austrittsstellen liegen meist im Gebirge.
Das schnell fließende Wasser verläuft im Oberlauf des Flusses geradlinig bei starkem Gefälle. Im weiteren Verlauf erhält der Bach immer mehr Wasser von seinen Nebenflüssen und wird zum ruhig fließenden Strom. Unter natürlichen Bedingungen weitet sich das im Gebirge noch enge Tal aus, das Gefälle nimmt ab, der Fluss wird breiter, die Wasserführung nimmt zu und der Fluss beginnt im Tiefland zu mäandrieren. Die Geröllfracht des Flusses wird geringer, nur die gelösten Schwebstoffe werden bei Hochwasser noch in größerer Menge in Richtung Meer transportiert.
Warum pendelt ein Fluss?
Wenn Flüsse ein sehr flaches Gebiet durchströmen, gleicht ihr Lauf häufig einer unregelmäßigen Schlangenlinie. Mäander nennt man diese Flussschlingen, die sich ständig verändern. Die Biegungen und Windungen können durch Unebenheiten im Flussbett oder an den Ufern ausgelöst werden. Dadurch wird der Fluss abgelenkt und zum Pendeln veranlasst. An der Außenseite der Flussschlinge fließt das Wasser schneller und beginnt den Uferbereich, den Prallhang, zu unterhöhlen. Auf der gegenüberliegenden Seite, dem Gleithang, werden dagegen mitgeführte Sande und Kiesel abgelagert.
Mit der Zeit kann am unteren schmaleren Ende der Mäander durch die Ablagerungen abgeschnitten werden, und es bildet sich ein Altarm, der nur noch bei Hochwasser geflutet wird. Durch seine Erosionskraft kann ein Fluss zwei Rücken an Rücken liegende Prallhänge so stark abtragen, dass ebenfalls ein Durchbruch entsteht, übrig bleibt schließlich in der Mitte der Schlinge ein sog. Umlaufberg.
Übrigens: Der Name Mäander bezieht sich auf den gleichnamigen Fluss in Kleinasien (Menderes), der solche Schlangenlinien in mustergültiger Form präsentiert.
Was unterscheidet die Elbe vom Mississippi?
Die Elbe mündet in einem Ästuar (Trichter), der Mississippi in einem Delta ins Meer.
Besteht kein Niveauunterschied zwischen Fließ- und Mündungsgewässer, bilden die mitgeführten Schwebstoffe des Flusses ein Delta, das der Form des griechischen Buchstabens Δ gleicht. Das bekannteste Beispiel ist das Nildelta im Mittelmeer, wo sich der Strom in mehrere Mündungsarme verzweigt. Der Mississippi schiebt sein Mündungsdelta jährlich um etwa 200 m in den Golf von Mexiko vor.
Wenn die Strömung gering ist, der Fluss aber viel Sedimentationsfracht mit sich führt, entsteht ein Finger- oder Vogelfußdelta. Der Mississippi etwa hat entlang seiner Mündungsarme ein System von Uferdämmen aufgebaut, die sich weit in den Golf von Mexiko vorschieben. Meeresströmungen am Ende biegen die Uferdämme um, und es entsteht eine amphibische Landschaft, die aus der Luft betrachtet an einen Vogelfuß erinnert. Bei geringen Gezeiten- oder Meeresströmungen – und ohne Eingriffe des Menschen – wachsen Deltas kontinuierlich an.
Unterliegt der Küstenabschnitt starken Gezeitenschwankungen, bildet sich eine trichterförmige Mündung, ein Ästuar, die weit ins Hinterland vordringen kann. Weitere bekannte Beispiele einer solchen Trichtermündung sind Themse und Garonne.
Warum schwankt der Wasserstand?
Flüsse führen nicht immer gleich viel Wasser mit sich, manche, die periodischen Flüsse, führen nur während oder nach der Regenzeit und die episodischen Flüsse nur nach starken Regenfällen viel Wasser. Die Wassermenge, die an einem Messpunkt in einer bestimmten Zeit ein Flussgebiet verlässt, nennt man Abfluss. Meist wird er in Liter oder Kubikmeter pro Sekunde gemessen. Der Abfluss unterliegt starken Schwankungen, die von Starkregen, Schneeschmelze, Trocken- oder Frostperioden herrühren. Wenn die Wasserspeicherkapazität des Bodens erschöpft ist, fließen große Wassermengen als Hochwasser ab. Bleiben die Niederschläge dagegen aus oder fallen als Schnee und ist die Verdunstung zudem sehr hoch, kommt es zu Niedrigwasser.
Wie kann man die Kraft des Wassers nutzen?
Die Kraft fließenden Wassers wurde schon früh genutzt, z. B. um Schöpfräder in Gang zu halten oder Getreidemühlen zu betreiben. Heute haben Wasserkraftwerke einen Anteil von etwa 20 % an der weltweit erzeugten Elektrizität.
Um Wasserkraft zur Energiegewinnung nutzen zu können, braucht man zwei Dinge: ein großes Gefälle und/oder eine hohe Durchflussmenge. Speicherkraftwerke trifft man vor allem in Gebirgsregionen an, denn sie arbeiten bei kleiner Durchflussmenge und großer Fallhöhe von gelegentlich mehr als 100 m Höhe. Das Kraftwerk befindet sich am Fuß der Staumauer. Das in Stauseen gespeicherte Wasser dient oft auch als Trinkwasserreservoir und zur Bewässerung.
Wussten Sie, dass …
Flüsse ständig an der Umgestaltung der Erdoberfläche beteiligt sind? Sie arbeiten unaufhörlich an ihrem Bett, graben sich ihr Tal, transportieren Schwebfracht und Felsgeröll und bauen, indem sie diese ablagern, neues Land auf.
einige Flüsse nach der Färbung der von ihnen transportierten Schwebstoffe benannt sind? Das bekannteste Beispiel ist der Huang He (Gelber Fluss), der jährlich Millionen Tonnen gelben Löss transportiert.
bei episodischen Flüssen die Flussbetten manchmal für Jahre austrocknen? In Wüstengebieten des arabischsprachigen Raums nennt man ein Trockental Wadi, im südlichen Afrika Rivier und in Nordamerika Creek.
Wussten Sie, dass …
der höchste Wasserfall der Erde in Venezuela liegt? Der Angelfall hat eine Fallhöhe von 978 m.
nach dem Wasserdurchfluss die Livingstonefälle des Kongo in der Demokratischen Republik Kongo mit 35 100 m³/sec die mächtigsten Fälle bilden?
das größte System von Wasserfällen der Iguaçu an der Grenze von Argentinien zu Brasilien bildet? Auf einer Breite von fast 4 km stürzt der Fluss über 275 Kaskaden in die Tiefe.

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