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Heinrich Heine ­ genialer Dichter und innovativer Journalist

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Heinrich Heine erfand das moderne Feuilleton und den politischen Journalismus. Und er schrieb Gedichte, die anders waren, als alles bis dahin Verfasste.

Durch Heinrich Heine ist die deutsche Sprache und Literatur zweifellos leichter, ironischer und parodistischer geworden. Er habe „der deutschen Sprache so sehr das Mieder gelockert“, schrieb der große Wiener Sprach- und Kulturkritiker Karl Kraus, dass selbst Bürokraten „an ihren Brüsten fingern können“. Und Marcel Reich-Ranicki hält Heinrich Heine sogar für „den bedeutendsten Journalisten unter den deutschen Dichtern und den berühmtesten Dichter unter den Journalisten der ganzen Welt“. Der weltweite Erfolg des Dichters ist nicht zuletzt in der hohen Musikalität seiner Lyrik begründet. Annähernd 10.000 Kompositionen nach Heine-Gedichten sind bekannt. Zu den berühmtesten zählt sicher das von Friedrich Silcher (1789–1860) vertonte Lied von der Lorelei (1824): „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, /Dass ich so traurig bin; / Ein Märchen aus alten Zeiten, / Das kommt mir nicht aus dem Sinn.“
 

Wie aus „Harry“ Heinrich und dem Juristen der Dichter wurde

Geboren wird Heine 1797 in Düsseldorf als Sohn des jüdischen Textilkaufmanns Samson Heine und seiner Frau Elisabeth von Geldern. „Harry“´– wie seine Eltern ihn nennen – besucht das Düsseldorfer Lyzeum und volontiert 1815 in einem Frankfurter Handelshaus. 1817 nimmt er eine Beschäftigung im Bankhaus seines Onkels Salomon Heine in Hamburg an. Mit einer von seinem Onkel eingerichteten Handelsgesellschaft für englische Tücher rasselt er 1819 in die Pleite. Im selben Jahr beginnt er ein Jura-Studium in Bonn, das ihn nach Göttingen und Berlin führt. Heine hört allerdings vor allem Vorlesungen in Literatur und Philosophie. Während dieser Zeit erscheinen erste Gedichte Heines in Zeitschriften. Er lernt den Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel kennen, mit dem ihn später eine Freundschaft verbindet. 1823 erscheint sein erstes Buch: „Gedichte“. Abschluss des Studiums 1825 mit Promotion zum Dr. jur. Um eine juristische Laufbahn einschlagen zu können, war Heine kurz zuvor zum Protestantismus konvertiert (Taufname: Christian Johann Heinrich). Ab 1826 erscheinen die meisten seiner Werke im Verlag des Hamburger Verlegers Julius Campe. Das erste: die erfolgreichen „Reisebilder“ mit dem Zyklus „Harzreise“. Ein Jahr später wird das "Buch der Lieder“ veröffentlicht.

Zwischen 1827 und 1831 reist Heine nach England und Italien und besucht viele deutsche Städte. In Frankfurt trifft er mit Ludwig Börne zusammen. 1831 geht Heine als Korrespondent der Augsburger Allgemeinen Zeitung nach Paris, das seine neue Heimat wird. Heine strebt fortan danach, zwischen Deutschland und Frankreich zu vermitteln, indem er französische Kultur und Liberalität in Deutschland, deutsche Literatur und Philosophie in Frankreich bekannt macht. Hier trifft er u. a. auf Victor Hugo, begegnet Franz Liszt und Hans Christian Andersen, lernt seine spätere Lebensgefährtin, die Schuh-Verkäuferin Crescence Eugénie Mirat (Mathilde), kennen und schließt Freundschaft mit George Sand. 1835 werden seine Schriften in Deutschland durch einen Beschluss des Bundestags des Deutschen Bundes gegen das Junge Deutschland verboten.

1836 wird eine Rückenmarkserkrankung diagnostiziert und Heine erhält eine Pension von der französischen Regierung. 1841 heiratet er seine Mathilde. 1843 entsteht das viel zitierte Gedicht „Nachtgedanken“ („Denk ich an Deutschland in der Nacht, / Dann bin ich um den Schlaf gebracht“). „Atta Troll. Ein Sommernachtstraum“ erscheint in Heinrich Laubes „Zeitschrift für die elegante Welt“.

Ein Jahr später wird Heines viel beachtete und umstrittene politisch-satirische Dichtung „Deutschland. Ein Wintermärchen“ im revolutionären Exilblatt „Vorwärts“ vorabgedruckt. 1848 ist Heine Berichterstatter der Pariser Februarrevolution. In den nächsten Jahren schreibt er immer wieder an seinen Memoiren und wird von Krankheiten verfolgt. Am 17. Februar 1856 stirbt Heine an den Folgen einer „fortschreitenden Muskelatrophie“. Drei Tage später wird er auf dem Friedhof von Montmartre beigesetzt.
 

Ewige Angriffslust und nicht endender Humor

Ob in den Dichtungen und mehr noch in seinen scharfsinnigen journalistischen Texten: Heinrich Heines Ton ist neu, frisch – und frech. Geradezu spielerisch und mit ironischem Unterton überwindet er das Schwülstig-Schwere der Goethe-Zeit. Er hat weder Angst vor Süßlichem noch vor bitterer Tragik, vor dem Griff in die geschichtliche Mottenkiste oder tagespolitischer Stellungnahme. Und genau das scheint das Besondere an seinen Werken: ihre Ambivalenz. Denn so leicht Heine etwa im „Buch der Lieder“ (1827) von der Liebe singen kann, so schnell schlägt diese bei ihm um in Trauer über das Unerreichbare.

Bei Heine steht Spaß neben Spott und Lebenslust neben Todesahnung – exemplarisch in „Deutschland. Ein Wintermärchen“ (1844). In Liebesgedichten macht er die Widersprüche der Gesellschaft in wenigen Worten sichtbar, und beharrt in seinen geistreichen politischen Feuilletons auf der Unverfrorenheit einer subjektiven Perspektive.

Zu Unrecht wurde der Exilant Heine für einen Vaterlandslosen Gesellen gehalten. Mit Deutschland verband ihn immer eine ausgeprägte Hassliebe. Dass er sich bei allem Engagement politisch nie hat vereinnahmen lassen, ist ein Beleg dafür, wie ernst es ihm mit dem Gedanken der Freiheit war.

Das vielleicht Wunderbarste an Heine ist aber, dass er trotz Zensur, Krankheit und Heimweh nie seine Angriffslust und seinen Humor verlor: „Wenn wir es recht überdenken, so stecken wir doch alle nackt in unseren Kleidern, heißt es einmal in seinen „Reisebildern“. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

von Michael Fischer, wissen.de
 

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