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Seesterne und Seeigel: Festsitzend und freischwimmend

Sind Seelilien und Haarsterne ein- und dasselbe Tier?

Ja, das ist richtig: Seelilien und Haarsterne sind zwei unterschiedliche Entwicklungsstufen eines einzigen Wesens. Als Seelilien bezeichnet man die sesshaften Formen. Sie bestehen aus einem Stiel, auf dem ein Rumpf in Form eines Fingerhuts aufsitzt; von diesem Rumpf wiederum gehen fünf Arme aus. Der Stiel kann eine beachtliche Länge erreichen: bei der größten lebenden Seelilie Metacrinus superbus über zwei Meter. Fossile Funde im Muschelkalk beweisen, dass es Seelilien bereits im Trias gab, also vor rund 230 Millionen Jahren.

Irgendwann löst sich von der festsitzenden Seelilie ein zarter Stern und schwimmt davon – ein Haarstern ist entstanden. Anders als die Seelilien haben Haarsterne mehr als fünf Arme – manche Arten bis zu 200! Mit ihren auf der Unterseite gelegenen Füßchen, den sog. Zirren, krallen sie sich an Schwämmen oder Korallen fest. Haarsterne können kriechen, rollen, gehen und durch Schlagen ihrer Arme sogar kurze Strecken schwimmen. Pigmentkörner in ihrer dünnen Haut sorgen für ihre schillernden Farben. Haarsterne leben verborgen oder als Kugel zusammengerollt am Riff. Nachts kriechen sie hervor, halten sich mit ihren Füßchen an exponierten Stellen fest und fischen nach Plankton. Dabei helfen ihnen die bewimperten und mit einem klebrigen Schleim überzogenen Fiederchen oder Pinnulae an den Armen.

Wo haben Seesterne Mund und After?

Seesterne nehmen ihre Nahrung über eine Öffnung in der Mitte der Körperunterseite auf, die zugleich Mund und After ist. Einige Arten verzichten auf die Ausbildung eines Verdauungssystems, denn sie können ihre Beute außerhalb ihres Körpers verdauen. Dazu stülpen sie den Magen über ihre Beute und sondern Verdauungssäfte ab, die das Gewebe des Opfers zersetzen. Anschließend wird die verdaute Masse wieder zusammen mit dem Magen in den Körper hineingesogen.

Seesterne sind ein beliebtes Mitbringsel aus dem Badeurlaub, was wegen ihrer ungewöhnlichen Form nicht verwundert. Die rund 1500 Arten der Seesterne oder Asteroidea, wie sie wissenschaftlich heißen, besitzen in der Regel fünf, seltener bis zu 50 Arme. Auf deren Unterseite befinden sich tiefe Rinnen, die mit Füßchen besetzt sind. Ihr Körper ist aus kleinen, beweglichen Kalkplättchen aufgebaut. Die dornig-stachelige Oberseite ist meist auffällig gefärbt, häufig rot, orange oder gelb, während die Unterseite heller ist. Viele Seesterne sind Allesfresser und ernähren sich von Schwämmen, Moostierchen, Seescheiden und Weichtieren.

Wächst aus dem abgebrochenen Arm eines Seesterns ein neues Tier?

Ja. Bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung schon. Seesterne sind äußerst regenerationsfähig: Aus einem einzigen Körperteil – etwa einem Arm – kann ein vollständiges neues Tier entstehen. Einige Seesternarten pflanzen sich mithin ungeschlechtlich fort, indem sie einen Arm abbrechen oder sich in der Mitte spalten. Meistens praktizieren sie jedoch die geschlechtliche Fortpflanzung, bei der Eier und Samen zur Befruchtung ins Wasser abgegeben werden. Wie Insekten entwickeln sich Seesterne im Allgemeinen über ein Larvenstadium. Die Larven haben Wimpern und eine zweiseitig symmetrische Form.

Die sehr unterschiedlich gefärbten Kissensterne (Gattung Culcita) scheinen so gar nicht dem Bild eines Seesterns zu entsprechen, denn sie sind dicklich und haben auch keine Arme. Der Bau der Dornenkrone (Acanthaster planci) weicht ebenfalls von der bekannten fünfzackigen Form ab, denn sie besitzt eine Vielzahl von Armen.

Nahe Verwandte der Seesterne sind die Schlangensterne (Klasse Ophiuroidea). Ihre dünnen, einfachen oder auch verzweigten Arme sind aus wirbelförmigen Skelettstücken zusammengesetzt und werden durch Muskeln bewegt. Schlangensterne sind daher sehr beweglich und schnell. Als scheue Tiere leben sie in Hohlräumen, die von Schwämmen und Feuerkorallen gebildet werden. Bei Berührung werfen sie ihre Arme ab, die anschließend jedoch wieder nachwachsen. Schlangensterne fressen meist Plankton und Aas oder den Bewuchs auf Felsen und Pflanzen. Anders als Seesterne haben sie keinen Verdauungstrakt in den Armen.

Was ist die »Laterne des Aristoteles«?

Dabei handelt es sich gewissermaßen um das Gebiss der Seeigel, denn sie haben – untypisch für Stachelhäuter – einen Kauapparat ausgebildet, der aus fünf hakenförmigen, stets nachwachsenden Zähnen mit je einem eigenen Kiefergerüst besteht. Diese sind durch Muskeln beweglich miteinander verbunden und bilden einen komplizierten Kieferapparat, der auf- und zugeklappt werden kann. Bereits Aristoteles (384–322 v. Chr.) beschrieb diesen Kauapparat und da er an eine Laterne erinnert, wird er auch als »Laterne des Aristoteles« bezeichnet.

Zerstört die Dornenkrone ihre Umwelt?

Teilweise ja. Denn meist siedeln die 30 bis 60 Zentimeter großen Dornenkronen in Korallenriffen, die vor der Brandung gut geschützt sind. Hier finden die Nahrungsspezialisten einen reich gedeckten Tisch: Sie fressen nämlich ausschließlich Korallenpolypen.

Bei ihren ausgedehnten Mahlzeiten, die vier bis sechs Stunden dauern können, weidet eine Dornenkrone pro Tag eine Fläche von etwa 300 bis 400 Quadratzentimetern ab. Dabei stülpt sie ihren Magen durch die Mundöffnung nach außen, breitet ihn über den Korallenstock aus und sondert Fermente ab, die das Korallengewebe zersetzen. Anschließend werden die Gewebepartikel zum Mund und in die in den Armen liegenden Verdauungsorgane befördert.

Explodiert der Bestand an Dornenkronen durch Umwelteinflüsse, können sie ihren Lebensraum durchaus »überweiden« und hinterlassen dann kahle Riffe.

Sind alle Seeigel kugelförmig?

Nein, es gibt auch solche mit abgeplatteter oder länglicher Form. Der Körper der Seeigel (Klasse Echinoidea) ist kugelförmig bis leicht abgeplattet. Er ist aus fest gefügten Skelettplatten aufgebaut, die eine starre Schale bilden. Auf ihr sitzen bewegliche Stacheln, mit deren Hilfe sich die Tiere fortbewegen, Nahrung suchen und Feinde abwehren können – Letzteres sogar manchmal unter Einsatz von Giftstoffen.

Denjenigen Fischen und Garnelen, die mit Seeigeln in Symbiose leben, gewähren die Stacheln darüber hinaus einen hervorragenden Schutz. Selbst die Giftstacheln des Feuerseeigels (Asthenosoma varium) sind von kleinen Garnelen besiedelt, und auf dem Schwarzen Diademseeigel (Diadema setosum) kann man bei genauem Hinsehen hervorragend getarnte, schwarzweiß gestreifte Garnelen entdecken.

Neben den vollkommen symmetrisch geformten, langstacheligen Seeigeln, die auch als »reguläre Seeigel« bezeichnet werden, gibt es Arten von gestreckter, zweiseitig symmetrischer Gestalt; sie werden »irreguläre Seeigel« genannt. Bei ihnen ist die Afteröffnung zur Seite hin verschoben, während die Mundöffnung zentral oder aber auf der entgegengesetzten Seite liegt. Dadurch entsteht oft eine eiförmige, flache oder herzförmige Körperform.

Die irregulären Seeigel haben borstenartige, deutlich kürzere und dichter stehende Stacheln. Während sie überwiegend Fleischfresser sind, gehören die meisten symmetrischen Seeigelarten zu den Pflanzenfressern.

Für Seeigel ungewöhnlich sind beispielsweise die Körperformen der Sanddollars (Ordnung Clypeasteroidea), die kurze, weiche Stacheln besitzen und scheibenförmig abgeflacht sind. Auch die ovalen bis herzförmigen Herzseeigel (Ordnung Spatangoidea) stechen mit ihren dünnen, kurzen Stacheln, die eher an Borsten erinnern, hervor. Beide Arten graben sich im Sand ein und sind so für Freund und Feind nahezu unsichtbar. Werden Herzseeigel gestört, springen sie förmlich aus dem Sand und graben sich anschließend blitzschnell wieder ein.

Kann man Seegurken essen?

Ja. Im asiatischen Raum werden Seeigel und Seegurken als Nahrungsmittel genutzt. In Japan ist z. B. der Seeigelrogen beliebt und in China schätzt man gekochte und getrocknete Seegurken, die oft als Suppe zubereitet werden. Als »Trepang« oder »Bêche de mer« werden getrocknete Seegurken auch exportiert. Vielleicht ist es ihrer Form geschuldet, dass Seegurken auch als Aphrodisiakum gegessen werden.

Atmen Seegurken mit ihren Lungen Wasser statt Luft?

Ja: Obwohl sie im Meer leben, weisen Seegurken eine Wasserlunge auf, mit der sie ihren Sauerstoffbedarf decken. Diese Wasserlunge besteht aus zwei vom Enddarm ausgehenden verzweigten Schläuchen, die sich durch den ganzen Körper winden. Über sie kann das Tier frisches, sauerstoffreiches Wasser einsaugen.

Wie ihr Name schon andeutet, haben Seegurken (Klasse Holothuroidea) einen länglichen, muskulösen und flexiblen Körper mit einer Mundöffnung inmitten eines Tentakelkranzes an einem Ende und einem After am anderen.

Obwohl sie äußerlich eine bilaterale Symmetrie aufweisen, zählen sie doch zu den Stachelhäutern, denn wie bei diesen sind alle wichtigen Organe fünffach vorhanden. Die Seegurken umfassen rund 1100 Arten. Anstelle eines festen Skelettes besitzen sie eine elastische, ledrige Haut, in der Kalknadeln (Sklerite) eingelagert sind.

Wie verteidigen sich Seegurken?

Seegurken verteidigen sich mit den sog. Cuvier'schen Schläuchen gegen ihre Angreifer: Es sind äußerst klebrige Schleimfäden, die auch Giftstoffe enthalten können und von der Seegurke aus ihrer Bauchhöhle abgefeuert werden. Damit schreckt sie Fressfeinde wie zum Beispiel Kegelschnecken ab und macht sie notfalls sogar kampfunfähig.

Seegurken leben verborgen unter Korallenschutt oder im Meeresboden, kriechen über Sand oder Felsen und fressen Sand oder vielmehr die feine organische Schicht, welche die Felsen überzieht. Hinsichtlich Form, Größe, Farbe und Gestalt gibt es starke Variationen. Einige Arten sind nur wenige Zentimeter lang, andere bringen es hingegen auf eine Körpergröße von bis zu zwei Meter.

Betrachtet man die an europäischen Küsten vorkommenden Arten, die meist einfarbig braun, schwarz, grau oder gelblich gefärbt sind, so würde man wohl kaum vermuten, dass es auch ausgesprochen bunte Arten gibt. Sie finden sich in tropischen Gewässern; ihre Farbenvielfalt reicht von Dunkelgrün und Himmelblau über Violett bis zu leuchtendem Rot. Andere Arten der Seegurken tragen auffallende farblich abgesetzte Warzen oder Quer- und Längsstreifen, wieder andere sind gepunktet oder dornen- bzw. stachelbewehrt. Arten, die ständig im Boden eingegraben leben, sind schlicht weiß.

Wie bei allen Stachelhäutern ist die Regenerationsfähigkeit der Seegurken geradezu erstaunlich: Nach einer Zweiteilung kann sich aus jeder Körperhälfte wieder ein völlig lebensfähiges Tier entwickeln.

Gegen wen produzieren Meerestiere ihr Gift?

Die im Meer lebenden Tiere produzieren häufig Gifte, die sie zum Beutefang, zum Schutz vor Feinden oder zum Verdrängen von Nahrungskonkurrenten einsetzen. Aktiv giftige Tiere besitzen einen voll entwickelten Giftapparat, der in der Regel der Verteidigung, manchmal aber auch dem Töten und Betäuben von Beute dient. Seesterne produzieren beispielsweise ein schleimiges Hautsekret, mit dem sie Muscheln, Schnecken und Garnelen lähmen können. Feder- und Haarsterne haben keine starken Gifte entwickelt, doch geben sie einige Substanzen ab, die noch in hoher Verdünnung Fische abschrecken. Einige Seeigel haben hohle, giftgefüllte Stacheln, mit denen sie das Gift in die Haut eines Gegners oder der Beute injizieren. Menschen werden nur wenige Gifte gefährlich. Meistens verläuft der Kontakt glimpflich.

Wussten Sie, dass …

Stachelhäuter eine besondere Symmetrie haben? Ihre Anatomie folgt einem kreisförmigen Bauplan mit fünf Achsen – eine einzigartige anatomische Besonderheit im Tierreich. Das heißt, dass die Symmetrieebenen wie Radien von der Körperhauptachse abgehen und einem fünfzackigen Stern ähneln. Man spricht von einer fünfstrahligen Radiärsymmetrie.

Wussten Sie, dass …

Seeigel nachtaktiv sind und sich tagsüber in Spalten verstecken?

einige Seeigelarten in Tiefen von 4000 Metern und mehr leben?

die ältesten gefundenen Fossilien der Seeigel etwa 400 Millionen Jahre alt sind, Seeigel also schon 150 Millionen Jahre vor dem Auftreten der ersten Dinosaurier gelebt haben?

Können Seeigel sehr alt werden?

Ja. Der Rote Seeigel wird weit über 100 Jahre alt, ohne Alterserscheinungen zu zeigen. Mindestens von einem Exemplar weiß man, dass es schätzungsweise 200 Jahre alt ist. Die Methusalems scheinen sogar mehr Sperma und Eier zu produzieren als ihre jungen Artgenossen. Zur Altersbestimmung wurde die aus der Archäologie bekannte Radiocarbon-Methode eingesetzt, bei der das Mengenverhältnis der Kohlenstoffisotope 12C und 14C gemessen wird.

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