Einführung

Der Untergang der "Titanic"

14. April 1912, zwanzig Minuten vor Mitternacht: Frederick Fleet, Ausguck auf der "RMS Titanic", entdeckt einen Eisberg steuerbord voraus – die bekannteste und berühmteste Schiffskatastrophe der Geschichte nimmt ihren Lauf.

100 Jahre später fühlen wir uns den Ereignissen der Unglücksnacht noch immer ganz nah. Die Havarie des damals größten Schiffes der Welt ist längst zum Mythos geworden. Wir wissen, dass die Kapelle bis zum Ende spielte, der Kapitän bis zuletzt auf dem sinkenden Schiff blieb und Frauen und Kinder zuerst in die Rettungsboote steigen durften. Passagiere der "Titanic" sind zur Legende geworden. Die "unsinkbare Molly Brown", die sich inmitten der Panik um die Rettung anderer sorgte, oder der Industriemagnat Benjamin Guggenheim, der seine beste Abendgarderobe anlegte, entschlossen wie ein Gentleman unterzugehen.

In Literatur und Film wird der Untergang der "Titanic" immer wieder aufgegriffen. Geschichten vor dem Schauplatz der Katastrophe üben eine ungebrochene Anziehungskraft auf das Publikum aus. Mit allein 18 Millionen Kinobesuchern in Deutschland markiert James Camerons Verfilmung aus dem Jahr 1997 den bisherigen Höhepunkt der "Titanic"-Euphorie.

Die Wracks unzähliger Schiffe liegen auf dem Meeresgrund, doch keines übt auf uns eine derartige Faszination aus wie die "Titanic". Woher rührt dieses Interesse an dem Luxusdampfer?

Die "Titanic" war mehr als ein Passagierschiff. Sie war Symbol nationaler Überlegenheit im Prestigekampf der europäischen Großmächte, Sinnbild für Größenwahn und Technikgläubigkeit. Der Untergang der "Titanic" erschütterte den Fortschrittsglauben der frisch industrialisierten Gesellschaft in seinen Grundfesten. Die unsinkbare "Königin der Meere" bezwungen von einem Eisberg. Auch die modernste Ingenieurstechnik konnte gegen die Kräfte der Natur nichts ausrichten.

An Bord der untergehenden "Titanic" kämpften Menschen aller gesellschaftlichen Schichten ums Überleben. Die gleichen Chancen hatten sie in der Klassengesellschaft nicht. Ein Querschnitt der Gesellschaft auf einem sinkenden Schiff - auch dies ist Teil der Faszination um den Untergang der "Titanic".

Das Interesse am Unglück der "Titanic" geht soweit, dass das Wrack des Schiffes heute in ernsthafter Gefahr ist. Schatzsucher und Tauchtouristen haben große Schäden angerichtet. Die Decks der "Titanic" sind einsturzgefährdet. Forscher haben sich nun zum Ziel gesetzt, das Wrack des Ozeanriesen für weitere 100 Jahre zu schützen.

Andrea Lebeau