Lexikon
Proterozọikum
[
Eozoikum; Archäozoikum; Erdfrühzeitdas; griechisch
]Vor 2500–1700 Mio. Jahren: Das Unterproterozoikum
2500 Mio.
Die Erdatmosphäre kühlt sich so weit ab, dass erstmals Frosttemperaturen erreicht werden und damit Eisbildung möglich ist.
2500–2000 Mio.
Die Gesteine der Witwatersrand-Formation in Südafrika weisen durch ihre Zusammensetzung auf eine immer noch weit gehend sauerstofffreie bzw. -arme Atmosphäre hin.
In Kanada herrscht die so genannte Huronische Eiszeit.
Wie schon im Archaikum entstehen Chromit-Lagerstätten, oft vergesellschaftet mit Platinmetallen.
Bleierze bilden sich in Sedimenten und aus heißen Lösungen auf so genannten hydrothermalen Gängen. Weit verbreitet tritt der schwefelhaltige Bleiglanz auf. Besonders am Mt. Isa (Australien) entsteht Bleiglanz in Verbindung mit einem sulfidischen Zinkerz (Zinkblende oder Sphalerit).
Wie im ganzen Proterozoikum kommt es besonders häufig zur Entstehung von Quarzgesteinen (u.a. Quarzit).
In Geröllsedimenten Südafrikas (möglicherweise handelt es sich um Gletschermoränen) sammeln sich durch Schwerkraftsortierung bedeutende Goldvorkommen. Häufig finden sich in den Verwitterungsschuttmassen auch Pyrit und Uraninit.
2500–1800 Mio.
In kontinentalen Bruch- und Grabensystemen kommt es zur Bildung neuartiger Erzlagerstätten. Sie enthalten u.a. Chrom, Platinmetalle, Gold, Kupfer und Nickel, Eisen, Titan, Vanadium, Strontium, Barium, Uran und Diamanten.
2500–900 Mio.
Große Teile Nordamerikas (arktische Inseln, Great Plains, Central Plains, Labrador) entstehen.
2500–590 Mio.
Weltweit bilden sich große flache Meeresbecken, die sich mit teilweise sehr mächtigen Flachwassersedimenten und vom Festland her eingetragenen Abtragungsschutt auffüllen.
2300 Mio.
In allen Randmeeren der Festlandmassen (Urkontinent) kommt es zu einer explosionsartigen Entwicklung der Cyanobakterien, einfacher Mikroorganismen (Blaualgen), die durch Assimilation Sauerstoff freisetzen.
Die Hauptphase der Bildung gebänderter Eisenerze (»banded iron formation«) spielt sich ab.
Um 2200 Mio.
Die karelischen, moranischen und blezardischen Faltengebirgssysteme entstehen.
2200–1640 Mio.
Die penokeischen, eburianischen und stanovoischen Faltengebirge entstehen.
2100–1800 Mio.
In der Hydrosphäre (Meerwasser) und der Atmosphäre reichert sich Sauerstoff an. Pyrit und Uraninit werden vom Sauerstoff zersetzt. Allerdings entspricht der Sauerstoffgehalt der Luft nur etwa 1% des heutigen Wertes.
2000 Mio.
Zunehmende Ozonbildung in der höheren Erdatmosphäre (Stratosphäre) schafft allmählich die Voraussetzung für die Abschirmung lebensfeindlicher UV-Strahlen von der Sonne.
Erste so genannte Rotsedimente – die Rotfärbung rührt von Eisen-2-Oxid her – entstehen auf den Kontinenten. Sie sind eine Folge von oxidativer Verwitterung.
2000–1800 Mio.
Den östlichen Teil des Baltischen Schildes überfluten ausgedehnte Flachmeere.
2000–590 Mio.
Neue Lagerstättentypen mit großer Erzkonzentration entstehen in Meeres- und Festlandsedimenten. Als so genannten Kiese (Sulfid-Lagerstätten) enthalten sie vor allem Buntmetalle und Uran.
Um 1900 Mio.
Die riesige Kupferlagerstätte Udokan in Sibirien entsteht.
In Südafrika herrschen weiträumige Vereisungen (Griquatown).
1900–1100 Mio.
Es herrschen geologische Verhältnisse, die die Bildung von Titan-Lagerstätten begünstigen. In Tongesteinen lagern sich vielerorts auch Blei-, Zink-, Silber- und Kupfererze ab.
1850–1550 Mio.
Im Norden Europas kommt es zu neuen Festland-Bildungen. Dazu gehören der größte Teil Finnlands und Schwedens, der baltische Landrücken, die mittelrussische Platte und die Wolgaplatte.
1800 Mio.
Die roten Waterberg-Schichten in Transvaal (Südafrika) zeigen Regentropfen-Eindrücke, die ältesten fossilen Spuren von Regen auf der Erde.
Der Einschlag eines gewaltigen Meteoriten bei Sudbury (Kanada) führt zur Entstehung der größten Nickellagerstätte der Welt.
Die Höhenstruktur der Atmosphäre ist weit gehend stabil. Dichte und Druck entsprechen bereits den heutigen Verhältnissen. Die chemische Zusammensetzung unterscheidet sich allerdings von der heutigen: Während der Sauerstoffgehalt noch wesentlich geringer ist, liegt ein höherer Kohlendioxidanteil vor.
Um 1750 Mio.
Die geologischen Verhältnisse begünstigen die Bildung von Nickelsulfid-Lagerstätten mit Kupfer- und Platinmetallerzen.
1700 Mio.
Die Bildung des Kalahari-Kratons (Südafrika) ist praktisch abgeschlossen. Unter Kratonen versteht man die festen Kerne der Kontinentalschollen.
Vor 1700–900 Mio. Jahren: Das Mittelproterozoikum
1700 Mio.
Die Bildung des Westafrikaischen Kratons und des Kongo-Kratons ist abgeschlossen. Kratone sind starre Schollen im Bereich der Erdkruste.
In der Gunflint-Gesteinsformation am Oberen See und in der Belcher-Gesteinsgruppe im Gebiet der Hudson-Bay (beide Nordamerika) fossilisieren zahlreiche Mikroorganismen.
1700–1100 Mio.
Die geologischen Verhältnisse begünstigen die Entstehung von Eisen-Titan-Vanadium-Lagerstätten.
1700–900 Mio.
Wie schon im Unterproterozoikum entstehen in aller Welt so genannte pegmatitische Lagerstätten. Pegmatite sind großkörnige magmatische Gesteine, die aus einer an flüchtigen Bestandteilen reichen Restschmelze glutflüssigen Tiefengesteins erstarren. Ihre wichtigsten Erzbestandteile sind u.a. Zinn, Tantal und Niobium.
Infolge der Assimilation von Mikroalgen erhöht sich der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre. Gegen Ende des Mittelproterozoikums entspricht er allerdings erst etwa 0,1% des heutigen Wertes von 20,95% Volumenanteilen.
1650–1500 Mio.
Bei Dehnungsprozessen in der Erdkruste kommt es in Europa wiederholt zu kräftigem Spaltenvulkanismus.
1600 Mio.
Die Bildung des Raumes Nordschottlands mit den Hebriden als Inselgruppe und einem schmalen Festlandstreifen im äußersten Nordwesten ist abgeschlossen.
1570–1260 Mio.
Die Faltengebirge der Gotiden entstehen im äußersten Südwesten des Fennoskandischen Schildes.
Um 1500 Mio.
Verschiedene Gebirgsbildungsphasen spielen sich ab: Die uyborgianische, elsonische, kilarneische und die hudsonische.
Existierten bisher nur Organismen mit Zellen ohne Zellkern (Prokaryota), so treten im Mittelproterozoikum erstmals Lebewesen mit einem Kern (Eukaryota) auf. Er enthält die genetische Information. Damit tritt die geschlechtliche Fortpflanzung neben die Vermehrung durch Abschnürung und Knospung. Fortan entstehen nicht nur Tochtergenerationen mit stets gleichbleibendem Erbgut, sondern die Erbanlagen beider Elternteile können sich in unterschiedlicher Weise miteinander kombinieren. Die Weiterentwicklung des Lebens erhält auf diese Weise einen bedeutenden Impuls.
Als erste Vertreter von Organismen, die wahrscheinlich den Schwämmen (Porifera) zuzuordnen sind, erscheinen in Ostsibirien, Nordamerika (Grand Canyon), Zentralafrika und wahrscheinlich auch in der Bretagne kieselige Schwammnadeln.
1500–1150 Mio.
Der Südwesten Schwedens sowie westöstlich orientierte Gebiete im europäischen Teil der Sowjetunion entstehen.
1400 Mio.
Die so genannten prikameischen Faltengebirge entstehen.
1300–700 Mio.
Die geologischen Verhältnisse begünstigen in vielen Gebieten der Erde die Entstehung von Kupferlagerstätten in Sedimentgesteinen.
1200–950 Mio.
Auf allen Kontinenten spielt sich eine intensive Umwandlung von vulkanischen, plutonischen und Sedimentgesteinen in Granit (Granitisation) ab.
1150 Mio.
In Finnland fossilisiert ein als Corycium enigmaticum bekannter Organismus. Möglicherweise handelt es sich um eine Algenart.
1150–450 Mio.
Im äußersten Westafrika sowie westlich, südlich und östlich des Kongogebietes kommt es zu Faltengebirgsbildungen.
1150–300 Mio.
Zwischen den nord- und mittelafrikanischen Kontinentalschollen sowie im Osten Afrikas und auf Madagaskar spielen sich bedeutende Gesteinsumwandlungen durch Einwirkung von Wärme und/oder hohen Drücken ab. Das Gestein wird dabei scheinbar »verjüngt« (so genannte Rejuvenation).
1100–900 Mio.
Das Gebiet um den Njemen (nördlich der Pripjet-Sümpfe) sowie das südlichste Norwegen entstehen.
1100–600 Mio.
Die Gebirge der Riphäiden in West- und Mitteleuropa sowie in Sibirien entstehen.
Um 1000 Mio.
In Zaire und Sambia bilden sich im so genannten Kupfergürtel bedeutende Lagerstätten mit Kobalt, Kupfer und Uran.
Der ursprünglich hohe Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre ist in etwa auf seinen heutigen Wert abgesunken.
Es kommt erneut zu einer Phase bedeutender Faltengebirgsbildungen. Die so genannten kibaranischen, grenvillischen und elzevitinischen Gebirgsketten entstehen.
900 Mio.
In den Sedimenten der Bitter-Springs-Formation in Südaustralien fossilisieren nicht weniger als 50 verschiedene Arten von Kleinlebewesen, darunter zahlreiche mit echtem Zellkern.
Wahrscheinlich entwickeln sich bereits gegen Ende des Mittelproterozoikums erste einfache Nesseltiere. Sie werden unter der Gattung Brooksella zusammengefasst. Früheste Abdrücke dieser Tiere finden sich in präkambrischen Gesteinen Nordamerikas. Mit Sicherheit belegt sind sie vor etwa 800 Mio. Jahren.
Vor 900–590 Mio. Jahren: Das Oberproterozoikum
Um 900 Mio.
Allmählich bildet sich der Mechanismus der Plattentektonik heraus, der noch heute das Bild der Kontinente bestimmt.
Erstmals treten nachweisbar tierische Einzeller (Protozoa) in Erscheinung. Sie gehören zur Klasse der Wurzelfüßer (Rhizopoda). Vertreter dieser Klasse leben noch heute.
900–590 Mio.
Erste – noch unbedeuende – Erdöllager entstehen in den Meeressedimenten.
In weiten Teilen der Erde bilden sich – unter Beteiligung von Organismen – Kalke und Dolomite. Sie sind Zeugen warmen Klimas.
Verbreitet sind Rotsedimente (erstmals treten sie in geringem Umfang bereits vor rund 2000 Mio. Jahren auf). Sie finden sich z.B. in Schottland, Schweden und Vorderindien. Wie die Kalke und Dolomite weisen sie auf warmes, zugleich aber meistens auch auf trockenes Klima hin.
In Westafrika, Sibirien, Australien und Nordamerika entstehen in trockenheißen Klimaten Salzlager von bis zu 350 m Mächtigkeit.
In Namibia fossilisieren erste mehrzellige Tiere (Metazoa) in Gesteinen der so genannten Nama-Gruppe. Ähnliche Organismen finden sich in Brasilien im Bereich der La-Tinta-Gruppe.
Einen unsicheren Hinweis auf das Auftreten mehrzelliger Tiere geben erste kleine Phosphoritlagerstätten, die sich aus den organischen Überresten der betreffenden Organismen gebildet haben könnten.
Als frühe wirbellose Tiere treten solche in Erscheinung, die von einigen Autoren zu den Strahlentierchen (Radiolarien) und Ringelwürmern (Annelida) gerechnet werden.
900–500 Mio.
Zwischen den nordischen Kontinentalkernen der Erdkruste und einem großen Südkontinent senkt sich ein Meeresgraben (Geosynklinale) ein, der sich nach und nach mit Sedimenten füllt.
850–600 Mio.
In den Meeren leben zahlreiche unter dem Begriff »Stromatolithen« zusammengefasste Cyanophyceen, das sind einzellige bis fadenförmige »Blaualgen« mit der Fähigkeit zur Photosynthese. Sie wachsen in rasenförmigen Kolonien und bauen durch Kalkausfällung knollige Sedimente auf. Daneben kommen Schwämme verschiedener Gattungen und wahrscheinlich schon frühe Vertreter der Hohltiere (Coelenteraten) vor.
800 Mio.
Erste primitive Gliederfüßer (Arthropoda) treten möglicherweise bereits zu dieser Zeit auf.
Im Gebiet des heutigen Bundesstaats der USA, Montana, leben erstmals Armfüßer (Brachiopode); allerdings sind entsprechende Befunde noch unsicher.
Eine Phase intensiver Faltengebirgsbildung (Satpura-Orogenese) spielt sich ab. Als so genanntes Rumpfgebirge ist die Satpura-Kette noch heute in Mittelindien zu finden.
800–590 Mio.
Weiträumige Vereisungen setzen vor allem auf der Nordhalbkugel der Erde ein. Man nennt die Periode großflächiger Vereisung »eokambrische Eiszeit«.
700 Mio.
Erstmals lagern sich in trocken-warmen Regionen große Mengen von Gips und Anhydrit und ähnlicher Sulfate ab. Derartige Lagerstätten bilden sich auch in fast allen späteren erdgeschichtlichen Zeiträumen.
In Vulkanregionen sind günstige Voraussetzungen für die Bildung von sogenannten Kieslagerstätten gegeben. Das sind Vorkommen von Metallsulfiden, etwa mit Kupfer, Zink, Blei, Silber und Gold. Solche Erzbildungen kommen während der gesamten weiteren Erdgeschichte vor.
750–700 Mio.
In Australien herrscht die Sturt- oder Moonlight-Vereisung.
750–650 Mio.
Weite Teile der Erde (Europa, Arktis, Westsahara, Katanga, Südwest-Afrika, China) sind von Gletschern bedeckt.
700–600 Mio.
In Australien gedeihen in der so genannten Ediacara-Fauna in Flachmeeresgebieten zahlreiche mehrzellige Tiere.
700–590 Mio.
Auf allen Kontinenten entsteht durch Gesteinsumwandlung infolge hoher Temperatur und/oder hoher Drücke Granit (so genannte Granitisation).
700–570 Mio.
In Australien herrscht die Marionan- oder Egan-Vereisung, zusammen mit der Sturt-Vereisung (750–700 Mio.) eine Epoche der so genannten Adelaide-Zeit.
670–570 Mio.
Wie die Fossilien in geologisch einander entsprechenden Sedimenten in weltweit 20 Regionen beweisen, ähnelt sich die Flachmeerfauna überall auf der Erde weitestgehend.
Um 650 Mio.
Die katanganische und die avalonische Gebirgsbildungen spielen sich ab.
620–500 Mio.
Die norwegischen Hochgebirge entstehen.
610–590 Mio.
Erste Tiere mit einem Außenskelett, einer röhrenförmigen Schale aus organischem bis mineralischem Material, lassen sich nachweisen.
600–590 Mio.
Im erdgeschichtlichen Kalender, der anhand von Gesteinsschichten vorliegt, entsteht eine Lücke, da in der zeitlichen Abfolge der Sedimente Schichten aus dieser Zeit fehlen.

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