Lexikon
Rätesystem
eine Form der direkten Demokratie (Rätedemokratie), die von sozialistischen Theoretikern des 19. Jahrhunderts entworfen und in revolutionären Situationen des 20. Jahrhunderts mehrfach praktiziert wurde. Grundsätze sind: 1. Wahl in Betrieben und Kasernen (nicht im Wohnbezirk), 2. Beschränkung des Wahlrechts: Stimmrecht nur für Arbeiter, kleine und mittlere Angestellte, Landarbeiter, Kleinbauern und Soldaten, 3. indirektes Wahlsystem (untere Räte wählen die nächsthöheren), 4. keine Gewaltenteilung, 5. jederzeitige Abwählbarkeit der gewählten Abgeordneten durch ihre Wähler, 6. Bindung der Abgeordneten an Aufträge ihrer Wähler (imperatives Mandat), 7. Öffentlichkeit aller Beratungen.
In Ungarn, Bayern, Bremen u. a. versuchte man 1919, diese Grundsätze zu verwirklichen. In Russland wurde dieser Versuch schon in der Revolution von 1905 und 1917–1920 gemacht. Danach wurden in Russland die Räte (Sowjets) zur bloßen Hülle für die bis 1991 bestehende Diktatur der kommunistischen Partei. 1936 wurden für die Sowjets die obengenannten Grundsätze des Rätesystems größtenteils auch formell abgeschafft.
Wissenschaft
Der Glaube ans Wasserklosett
„Glauben heißt nichts wissen“, wie mir mein ungläubiger Vater in den 1950er-Jahren eingehämmert hat, als seine Verärgerung über die christlichen Kirchen zunahm, deren Vertreter damals wie heute lieber die Hände falten und beten, statt die Ärmel aufzukrempeln und zu helfen. Wobei jedem auffallen wird, dass die Betenden ihr Gesicht...
Wissenschaft
Fernsehen im Kopf
Stundenlang in Fantasiewelten versinken – das klingt harmlos. Doch das maladaptive Tagträumen ist so exzessiv und zwanghaft, dass es das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen kann. von CHRISTIAN WOLF Schon als junges Mädchen verbrachte Jayne Bigelsen unzählige Stunden damit, in ihrem Kopf „fernzusehen“. Heute erinnert sich...