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Koran, Sunna und Scharia: Muslimische Lebensregeln

Was steht im Koran?

Im Koran, dem heiligen Buch der Muslime, sind die durch den Propheten Mohammed von Gott empfangenen Offenbarungen niedergeschrieben. Die zunächst teils in schriftlicher, teils in mündlicher Form überlieferten Fragmente wurden jedoch erst etwa 20 Jahre nach seinem Tod in einem Buch gesammelt. Der Koran, wörtlich »Rezitiere!« (die Aufforderung des Erzengels Gabriel an Mohammed), gilt als direkte Abschrift des Urbuches Gottes, das sich bei diesem befindet, und somit als originalgetreues Wort Gottes.

Nach islamischer Vorstellung wurden bereits Mose und Jesus mit dieser Botschaft zu den Menschen geschickt, aber sowohl Juden als auch Christen haben sie verfälscht. Um dies in Zukunft zu verhindern, darf es nach Mohammed keinen weiteren Propheten geben und der Koran als Wort Gottes darf nur auf Arabisch gelesen werden. Jegliche Übersetzung gilt bereits als Auslegung. Dadurch ist Arabisch zu einer alle Muslime verbindenden Sprache geworden, auch wenn die meisten gerade nur so viel lernen, dass sie die vorgeschriebenen Gebete sprechen und verstehen können.

Warum gilt der Koran als Kunstwerk?

Der Koran gilt wegen seiner unnachahmlich schönen Sprache als Wunder des Islam. Das gesamte Buch ist in Reimprosa geschrieben. Es besteht aus 114 Suren, die wiederum jeweils in Verse eingeteilt sind. Die Suren sind nicht chronologisch geordnet, sondern entsprechend ihrer Länge in abnehmendem Sinn. Die einzige Ausnahme ist die Eröffnungssure »al-Fatiha«, die, obwohl recht kurz, den Anfang bildet.

Auch für Kunst und Literatur des Vorderen Orients war und ist der Koran prägend. Vor allem aber gilt er, als direktes Wort Gottes, als unveränderlich und bildet die Grundlage für die Gesetzgebung. Der Islam ist, im Gegensatz zum Christentum, aber vergleichbar dem Judentum, eine Gesetzesreligion. Eine weitere Grundlage des islamischen Rechts bildet das überlieferte Verhalten des Propheten Mohammed. Alle darüber hinausgehenden Regelungen müssen im Einklang mit diesen beiden Quellen stehen.

Was enthält die Sunna?

Die Sunna – die überlieferten Gewohnheiten des Propheten – steht als Richtlinie für das Leben eines gläubigen Muslims gleichbedeutend neben dem Koran. Sie umfasst sein Handeln, sein Reden und seine stillschweigende Zustimmung zu dem, was in seiner Umgebung getan und gesagt wurde, sowie das Verhalten seiner ersten Gefolgsleute. Diese Überlieferung erfolgte zunächst mündlich und wurde später dann in den so genannten Hadith-Sammlungen (Sammlungen der Aussprüche des Propheten) schriftlich festgehalten.

Welche Rechtsschulen gibt es im Islam?

Die verschiedenen Rechtsschulen, die sich aus den Hadith-Sammlungen entwickelten, sind nach ihren Gründern benannt: Bei den Sunniten, die sich vor allem am Propheten orientieren, gibt es die hanafitische, die malikitische, die schafiitische und die hanbalitische Rechtsschule. Bei den Schiiten, die sich mehr nach Ali, dem Schwiegersohn und Cousin Mohammeds richten, gilt die dschafaritische Rechtsschule. Die Rechtsschulen unterscheiden sich nur in einzelnen Bereichen. In der Regel gehört jeder Muslim einer dieser Schulen an, dies ist aber nicht bindend, jeder kann sich bei einzelnen Entscheidungen auch einer anderen Rechtsschule anschließen.

Was ist in der Scharia festgeschrieben?

Die Scharia (»Weg«, »Pfad«) umfasst Bestimmungen zu allen Lebensbereichen, so auch Erbrecht, Ehe- und Familienrecht, Straf- und Prozessrecht, und regelt das religiöse und soziale Verhalten des Einzelnen sowie der muslimischen Gemeinschaft. Koran und Sunna als Grundlagen der Scharia sind sehr früh entstanden und genügten bald nicht mehr, um die ständig neu aufkommenden Fragen nach richtigem Verhalten zu beantworten. Um die Scharia zu vervollständigen, wurden zusätzliche Methoden zur Rechtsfindung eingeführt, die jedoch nur von speziell ausgebildeten Rechtsgelehrten angewendet werden dürfen: Per Analogieschluss suchte man Parallelen im vorhandenen Recht. So entstand beispielsweise das generelle Alkoholverbot. Im Koran selbst ist nur von Wein die Rede. Da als Grund dafür seine berauschende Wirkung gilt, wurden, daraus abgeleitet, sämtliche berauschenden Getränke verboten. Als weitere Grundlage gilt der Konsens der Gläubigen, da sie sich in wichtigen Fragen, so die Annahme, nicht irren können. Die Möglichkeit zur freien Rechtsfindung wurde ab dem 10. Jahrhundert sehr stark eingeschränkt, nur bei den Schiiten ist sie noch gängiges Rechtsmittel.

An welchen Regeln orientiert sich ein Muslim?

Für jeden Muslim gibt es fünf Kategorien, die sein Handeln bestimmen. Dies sind a) Pflichten wie das rituelle Gebet, b) empfohlene Handlungen, wie zusätzliches Fasten, c) Erlaubtes, wofür es keine religiöse Beurteilung gibt, etwa Reisen mit dem Flugzeug, d) missbilligtes Tun wie Beten in enger Kleidung und e) Verbotenes wie der Genuss von Alkohol.

Wussten Sie, dass …

der Islam in den meisten Ländern mit überwiegend muslimischer Bevölkerung als Staatsreligion in der Verfassung verankert ist?

es im Islam keine übergeordnete Autorität, auch nicht in Rechtsfragen, gibt? Deshalb gibt es auch nicht die eine verbindliche Scharia und somit keine für alle Muslime gültige identische Rechtssituation.

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