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Fluggastrechte: Was tun, wenn der Flieger ausfällt?
Gerade in diesem Sommer häufen sich die Probleme an den Flughäfen: Nach zwei Jahren Pandemie ist die Reiselaune der Menschen wieder zurückgekehrt und die Buchungen liegen fast wieder auf Vorpandemie-Niveau. Gleichzeitig jedoch kämpfen Fluglinien und Flughafenbetreiber mit Personalmangel. Zum einen sind viele Angestellte während der Pandemie entlassen worden und haben sich andere Jobs gesucht. Daher fehlen nun Menschen für die Sicherheitskontrollen, die Schalter oder auch an Bord der Flugzeuge. Gleichzeitig gibt es durch Corona noch immer viele Krankheitsfälle, so dass zusätzlich Mitarbeitende ausfallen.
Als Folge kommt es an den deutschen Flughäfen momentan vermehrt zu Flugausfällen, Verspätungen und langen Schlangen an den Schaltern und Sicherheitskontrollen. Im Extremfall verpassen Menschen durch die schleppende Abfertigung sogar ihren Flieger.
Die Voraussetzung: Wann gelten Fluggastrechte?
Doch was tun, wenn der Flug in den Urlaub von diesen Problemen betroffen ist? Hier helfen die sogenannten Fluggastrechte, die in unserem Rechtssystem verankert sind und als Privatrechte jedem Bürger zur Verfügung stehen. Als Sonderprivatrechte ergänzen sie das allgemeine Privatrecht und bieten Reisenden Schutz vor möglichen Problemen bei Flugreisen.
In welchen Fällen welche Fluggastrechte gelten, ist seit 2004 in der EU-Fluggastrechteverordnung festgelegt. So muss zum Beispiel unabhängig von allen weiteren Umständen eine wichtige Voraussetzung gegeben sein.
Um als Fluggast Unterstützung zu erhalten, muss der Start- oder Zielflughafen in der EU liegen. Dazu zählen auch die außerhalb liegenden Gebiete einzelner EU-Länder, wie zum Beispiel die zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln, Französisch-Guayana oder die Azoren und Madeira als Teile des portugiesischen Hoheitsgebiets.
Zusätzlich gelten die EU-Fluggastrechte auch für Flüge nach beziehungsweise aus Ländern wie Island, Norwegen, Liechtenstein oder der Schweiz. Sind die genannten Länder dabei nicht Start, sondern Ziel der Reise, muss allerdings der Sitz der Fluglinie in einem dieser Länder liegen, sonst gelten für den Fluggast keine Fluggastrechte.
Welche Erstattungsmöglichkeiten in welcher Situation?
Ist diese Bedingung erfüllt, regelt die Fluggastrechteverordnung alle möglichen Szenarien des „Flugärgers“ und ermöglicht verschiedene Arten der Wiedergutmachung oder Hilfeleistungen durch die Fluglinie. Diese Leistungen müssen laut den Leitlinien der Europäischen Kommission von der Fluggesellschaft bei Verspätung, Annullierung, Nichtbeförderung oder Herauf- und Herabstufung erbracht werden.
Bei Verspätung: Ist der Flug lediglich verspätet, erhält man ab einer Verspätung von zwei Stunden erst einmal sogenannte Betreuungsleistungen von der Fluglinie. Das sind zum Beispiel kostenloses Essen und Trinken oder Kosten für nötige Taxifahrten und Unterbringung. Erreicht man sein Ziel mit mindestens drei Stunden Verspätung, erhält man außerdem je nach Flugstrecke und Dauer der Verspätung eine Entschädigung von 250 bis 600 Euro.
Bei Herauf- und Herabstufung: Damit ist gemeint, dass man in einer anderen Klasse fliegt als ursprünglich geplant. Fliegt man beispielsweise in der Business-Klasse statt Economy-Klasse und wurde also von der Fluggesellschaft heraufgestuft, kann man diesen Luxus einfach kostenfrei genießen. Wurde man dagegen aus der Business- in die Economy-Klasse herabgestuft, bekommt man je nach Flugstrecke und Reiseziel 30 bis 75 Prozent des Ticketpreises zurück.
Bei Annullierung: Fällt der Flug dagegen ganz aus oder wurde um mehr als eine Stunde vorverlegt, gilt dieser als annulliert. In dem Fall kann man sich aussuchen, ob man die Flugkosten vollständig erstattet bekommen oder eine Ersatzbeförderung in Anspruch nehmen möchte. Mit der Ersatzbeförderung ist ein alternativer Flug gemeint, den die Fluggesellschaft aussucht und bei dem man wählen kann, ob man zum frühestmöglichen oder einem späteren Zeitpunkt nach Wahl fliegen möchte.
In manchen Fällen, beispielsweise, wenn die Fluggesellschaft sehr kurzfristig über die Annullierung informiert, erhält man zusätzlich die gleichen Ausgleichzahlungen in Höhe von 250 bis 600 Euro, wie bei einer Verspätung des Fluges. Dies könnte daher auch für die kurzfristig annullierten Flüge in der aktuellen Urlaubssaison gelten.
Und wenn man das Flugzeug wegen der Warteschlangen verpasst?
Bei Nichtbeförderung: Eine Nichtbeförderung bezeichnet Situationen in denen ein Passagier nicht mitfliegen darf, obwohl er eigentlich alles richtig gemacht hat. Das bedeutet er besitzt ein gültiges Ticket, alle nötigen Reisedokumente, die Buchungsbestätigung und war rechtzeitig für Check-in, Sicherheitskontrolle und Boarding am Flughafen. Auch liegen keine sogenannten „vertretbaren Gründe für Nichtbeförderung“ vor, das heißt man stellt kein Sicherheits- oder Gesundheitsrisiko für den Flughafen dar.
Gründe für eine solche Nichtbeförderung können dann zum Beispiel eine Überbuchung oder Umbuchung des Fluges sein, das heißt für den Fluggast ist kein Platz mehr im Flugzeug oder er wäre gezwungen einen anderen Flug als geplant zu nehmen. Auch wenn man es wegen Chaos am Flughafen und Schlangen am Check-in trotz rechtzeitiger Ankunft am Flughafen nicht ins Flugzeug schafft, ist dies ein Fall der Nichtbeförderung. Was als rechtzeitig gilt, gibt die Fluglinie meist schon bei der Online-Buchung oder den Angaben zum Check-In an. Unter normalen Umständen sind dies rund 90 bis 120 Minuten vor Abflug, wenn noch Gepäck aufgegeben werden muss.
In solchen Situationen muss die Fluggesellschaft die vollständigen Flugkosten erstatten oder einen Alternativflug so früh möglich oder zu einem passenden Datum anbieten. Nimmt man den frühestmöglichen Ersatzflug an und muss auf diesen warten, stehen einem Betreuungsleistungen wie Mahlzeiten und Getränke sowie eventuell nötige Taxi- und Hotelkosten zu. Je nach im Endeffekt geflogener Strecke und entstandener Verspätung, erhält man zudem Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 bis 600 Euro.
Für jeden der genannten Fälle gilt außerdem, dass die Möglichkeit besteht, weiteres Geld zurückzubekommen: Sind durch Verspätung, Annullierung, Nichtbeförderung oder Herauf- und Herabstufung zusätzliche Schäden entstanden, kann man die Kosten dafür als Schadensersatz erstattet bekommen.
Achtung bei außergewöhnlichen Umständen
Doch man sollte sich nicht zu früh freuen. Die genannten Entschädigungen erhält man teilweise nur, solange keine außergewöhnlichen Umstände durch höhere Gewalt vorlagen, die die Fluggesellschaft nicht hätte verhindern können. Dazu zählen zum Beispiel Unwetter oder Naturkatastrophen, medizinische Notfälle, Streiks und Terrorwarnungen. In solchen Fällen erhält man keine der normalerweise bei Verspätung, Annullierung und Nichtbeförderung fälligen Ausgleichszahlungen.
Ersatzleistungen wie Alternativflüge sowie die Betreuungsleistungen in Form von kostenfreiem Essen und Trinken sowie der Zahlung von Taxi- und Hotelkosten durch die Fluglinie, bleiben einem zum Glück jedoch erhalten.
An wen wenden?
Bei Problemen mit einem Flug oder am Flughafen sollte man sich als erstes an die zuständige Fluglinie wenden. Die meisten Fluggesellschaften haben für diese Fälle sogar eine eigene Kundenservice-Website. Gibt es online keine Möglichkeit dazu, kann man sich aber auch per Mail oder Post an die Airline wenden.
Sollte sich die Fluggesellschaft weigern zu zahlen oder weniger zahlen, , gibt es eigens dafür eingerichtete Schlichtungs- und Beschwerdestellen, wie die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. (söp) oder die Schlichtungsstelle Luftverkehr beim Bundesamt für Justiz. Wer dies nicht möchte, kann sich aber auch einen Rechtsanwalt suchen oder einen der kommerziellen Fluggast-Entschädigungsdienste nutzen, deren Kosten man dann allerdings selber bezahlen muss.
Insgesamt gilt: Treten bei der Flugreise Probleme auf, ist es immer ratsam, diese sofort zu dokumentieren und alle Belege aufzuheben. So helfen beispielsweise Fotos von langen Schlangen und belegten Check-in Schaltern oder Anzeigetafeln mit Angaben zu Verspätungen und Annullierungen, um später die eigenen Fluggastrechte durchsetzen zu können.