Lexikon
Tertiạ̈r
[
das; lateinisch, französisch
]Vor 66–55 Mio. Jahren: Das Paleozän
Um 66 Mio.
Der Stamm der Diatomeen (210–184 Mio.) erlebt einen explosionsartigen Aufschwung und erlangt große Bedeutung als wichtiger Gesteinsbildner.
Ab Beginn des Tertiärs vollziehen sich im Bereich der Landflora keine wesentlichen evolutionären Schritte mehr. Es finden nur geographische und klimatografische Veränderungen bzw. Spezialisierungen in der Pflanzenwelt statt.
Seltene Fossilien belegen die Existenz von Octopoden (»Kraken«) in den Weltmeeren.
Erstmals ist die Wirbeltierordnung der Blindwühlen fossil belegt. Blindwühlen sind tropische Verwandte der Frösche sowie der Salamander; sie haben einen schlangenförmigen Körper.
Mit der Unterordnung Protogomorpha erscheinen frühe Stammformen der Nagetiere (Rodentia).
Erste Hasenartige (Lagomorpha) treten auf, bleiben aber aufgrund ihres Lebensraumes – sie leben nicht in Feuchtgebieten – fossil nur spärlich erhalten.
Mit der Infraordnung Tarsiiformes, zu der die heutigen Koboldmakis Südostasiens zählen, beginnt die Entwicklung der Primaten-Unterordnung Haplorhini (55–36 Mio.).
66–55 Mio.
Europas Küsten stehen erstmals unter dem Einfluss des Golfstroms der warmes Wasser aus den Tropen nach Norden führt. Ein anderer warmer Strom, der Kurio Schio, beeinflusst die Temperaturen an der Pazifikküste Nordamerikas. Bis zur Höhe Alaskas gedeihen Palmen. Vor den Küsten Südafrikas verlaufen ein warmer Agulhas-Strom (im Osten) und ein kalter Benguela-Strom (im Westen).
Klimatisch bedingt bilden sich in Trockenzonen vor allem der Nordhalbkugel (Nordamerika und Eurasien) regional bedeutende Salzlager.
Die ersten bedeutenden tertiären Braunkohlelager entstehen in Europa, Asien und Nordamerika.
Auf der Nordhalbkugel gedeiht zirkumpolar eine reichhaltige so genannte arktotertiäre Flora.
Im Gebiet von Kairo verkieseln Bäume als »versteinerter Wald«. Ein ähnlicher Prozess spielt sich auch im südamerikanischen Patagonien ab.
Die Palmen erreichen die weiteste Verbreitung ihrer gesamten Entwicklungsgeschichte. Im Norden reicht die Palmengrenze bis ins nördliche Grönland hinein.
In den subtropischen Gebieten Mitteleuropas und Nordamerikas gedeihen baumförmige Liliengewächse, in Europa die Drachenbäume, in Amerika hochwüchsige Agavenarten.
Die ausgesprochen seltene Farnunterordnung Ophioglossales ist in Italien erstmals fossil belegt.
In den Meeren sind noch keine der heute lebenden Weichtierarten (Muscheln, Schnecken, Kopffüßer usw.) vorhanden, wohl aber gleiche Gattungen.
Mit der Gattung der Palaeanodonten erscheinen in Nordamerika erste Schuppentiere (Pholidota).
In Nordamerika sind einige Arten katzengroßer Säugetiere heimisch. Die mit einer Flughaut ausgestatteten Gleitflieger gehören zur Ordnung Riesengleiter (Dermoptera).
Aufgrund des warmen Klimas sind Krokodile im Norden bis nach New Jersey, England und der Mongolei, im Süden bis nach Patagonien verbreitet.
In Nordamerika und Eurasien ist die Säugetierordnung Pantodonta vertreten. Sie umfasst mittlere bis sehr große Tiere mit fünfzehigen Extremitäten und einem noch sehr ursprünglichen, vollständigen Säugetiergebiss. Diese Tiere lassen sich entwicklungsgeschichtlich von den Condylarthra herleiten. Im Mittleren Oligozän (um 30 Mio.) sterben sie aus.
Großwüchsige Pflanzen oder alles fressende Säugetiere der Ordnung Dinocerata leben in Asien und Nordamerika. Charakteristisch für diese Parallelgruppe zu den Pantodonta sind hornartige Fortsätze am Schädel.
Eine isolierte Säugetierordnung (Taeniodonta) ungeklärter Herkunft ist in Nordamerika mit einer Familie (Stylodontidae) vertreten. Die Tiere sind ratten- bis bärengroß, ihr Körper gleicht dem eines Erdferkels, ihr Kopf dem eines Schweines.
In Nordamerika leben Vertreter der Säugetierordnung Tillodontia, Tiere mit fünfzehigen bekrallten Extremitäten, die die Größe von Braunbären erreichen. Es sind Allesfresser oder Pflanzenfresser, die wahrscheinlich von den Condylarthra abstammen und ohne Nachfahren im Eozän (55–36 Mio.) wieder aussterben.
66–40 Mio.
In den Flachwassergebieten aller warmen Meere sind so genannte Nummuliten, eine artenreiche Gruppe der Großforaminiferen, verbreitet, deren linsenförmige Kalkgehäuse gesteinsbildend wirken.
66–36 Mio.
Das überwiegend feuchtwarme Klima begünstigt auf fast allen Kontinenten das Wachstum tropischer Regenwälder.
Im Nordosten Mitteleuropas produzieren Nadelbäume der Gattung Pinus aufgrund einer krankhaften Veränderung des Holzes große Mengen Bernsteinharz.
66–15 Mio.
Im Zusammenhang mit der Verschiebung der Kontinente verändert sich auch das System der Meeresströmungen.
66–1,7 Mio.
Bedingt durch die rasche Drift der Kontinente kommt es vielerorts zu Rissen in der Erdkruste und damit verbunden zu heftigem Vulkanismus. Dabei fließen z.T. großflächig so genannte Plateaubasalte aus.
Die Auffaltung der Alpen und anderer Faltengebirge der alpinen Faltungsära, etwa des Himalaja, setzt ein. Zugleich beginnt die Abtragung der neu entstehenden Gebirge.
Um 63 Mio.
Während sich die Indische Tafel an den asiatischen Kontinent anschließt, löst sich die Inselgruppe der Seychellen von Indien.
Um 60 Mio.
Die mittelamerikanische Landbrücke wird überflutet. Damit setzt in Südamerika eine isolierte Weiterentwicklung vor allem der Säugetiere bis gegen Ende des Miozäns (vor ca. 5 Mio. Jahren) ein. Auf diesem Subkontinent gibt es mit Ausnahme einiger Beuteltiere keine Raubtiere, so dass die zahlreichen Pflanzenfresser ungestört Formen ausbilden können, die wahrscheinlich weder in Nordamerika noch in der Alten Welt überlebensfähig wären.
Mit der Überfamilie Miacidea ist erstmals die Unterordnung Landraubtiere (Fissipedia) der Ordnung »echte« Raubtiere (Carnivora) vertreten. Die Miacidea, eine künstliche Gruppe nicht näher miteinander verwandter Arten, sind überwiegend kleine Waldbewohner von etwa 20 cm Länge und ähneln in etwa den Baummardern, deren Lebensraum sie auch teilen. Unter ihnen sind wahrscheinlich die Stammformen aller Landraubtiere zu suchen. Im Eozän (55–36 Mio.) sterben die Miacidea aus.
60–55 Mio.
Sowohl in Amerika als auch in China entwickeln sich erste Gürteltiere (Cingulata).
In Südamerika, dem Stammgebiet der Beuteltiere, beginnt die Radiation dieser Säugetierordnung. Zwei neue Unterordnungen, die Raubbeutler (Borhyaenoidea) und die Opossummäuse (Caenolestoidea), bilden sich heraus.
In Südamerika erscheinen frühe, noch primitive Huftiere.
Vor 55–36 Mio. Jahren: Das Eozän
55–50 Mio.
In vielen Faunen Amerikas und Europas stellen die »Urhuftiere« oder Condylarthra mit zahlreichen Arten rund 25% aller Säugetiere. Aus ihnen entwickeln sich die beiden großen Gruppen der Huftiere (Ungulaten): Die Paarhufer (Artiodactyla, und die Unpaarhufer (Perissodactyla). Erstere sind zunächst durch die Schweineartigen und frühen Kamele vertreten, letztere durch Flusspferdeartige (Hippomorpha), Ancyclopoda und Ceratomorpha.
In Nordamerika leben erstmals Verwandte der Spitzmäuse. Die Spitzmausartigen (Soricomorpha) gehören zu den Insektenfressern, die zwar den Mäusen ähneln, mit diesen aber nicht verwandt sind. Heute kommen sie u.a. noch mit der winzigen Etruskerspitzmaus vor, den wohl kleinsten rezenten Säugetieren.
Mit Formen, die zu aktivem Steigflug in der Lage sind, erobern die Säugetiere den Luftraum. Als erste Fledertiere (Chiroptera) erscheinen die Fledermäuse (Microchiroptera) in Nordamerika und Europa mit Formen, die den heute lebenden Arten schon weit gehend ähneln.
55–36 Mio.
Das Klima ist auf der ganzen Erde ausgeglichen. Weltweit bleibt es warm, wird aber zunehmend feuchter. Die globale Durchschnittstemperatur liegt bei 20 °C, vor allem in den hohen Breiten deutlich darüber. Die Palmennordgrenze reicht bis hinauf nach New Jersey und in die Mongolei.
Die Ausdehnung der Ozeanböden, vor allem des Atlantik, setzt sich beschleunigt fort. Außerdem beginnt die Norddrift Australiens, die die spätere Gestalt des Indischen Ozeans maßgeblich beeinflusst.
Mehrere hervorragende Fossillagerstätten entstehen in Nordamerika, darunter die Fundstätten von Fossil Butte in Wyoming und John Day Fossil Beds in Oregon. Neben Wirbellosen und einer reichen Flora versteinern hier vor allem zahlreiche Fische, Frösche, Schildkröten, Echsen, Schlangen, Krokodile, Vögel und verschiedene Säugetiere.
Am Monte Bolca bei Verona in Norditalien bildet sich eine der bedeutendsten Lagerstätten fossiler Meeresfische. Zum größten Teil handelt es sich um tropische Arten.
Die erste Entwicklungsexplosion (Radiation) der Landraubtiere (Fissipedia), einer Unterordnung der »echten« Raubtiere (Carnivora), setzt in Nordamerika, Europa und Asien ein. Die Tiere leiten sich von den Insektenfressern ab.
In Afrika und Asien erscheinen erste Rüsseltiere. Sie entstehen vermutlich aus primitiven Huftieren, die in Indien leben.
In diese Zeit fällt eine bedeutende Weiterentwicklung der Säugetierordnung Nagetiere (Rodentia). Dabei erscheinen drei neue Unterordnungen.
In der Alten und Neuen Welt kommen in Gestalt von Halbaffen zahlreiche frühe Primatenarten vor.
Als Verwandte früher Huftiere erscheint die Säugetierordnung Hyracoidea. Dabei handelt es sich um Pflanzen fressende Tiere unterschiedlicher Gestalt und Größe, als deren späte Nachfahren die Schliefer bzw. Klippschliefer Afrikas und des Mittleren Ostens zu betrachten sind.
Mit drei Unterordnungen treten in Nordamerika und Europa erste Unpaarhufer (Perissodactyla) auf.
Die Säugetiere entwickeln Formen, die sich dem Leben im Meer anpassen. Erste Wale (Cetacea) sind Vertreter der Gattung Pakicetus, die zu den Urwalen (Archaeoceti) zählen.
In den weit verbreiteten tropischen Wäldern dieser Zeit leben erstmals Termiten (Isoptera).
Begünstigt durch die weltweit vorhandenen tropischen Urwälder, setzt eine bedeutende Weiterentwicklung der Vögel sowohl hinsichtlich der Artenzahl (Radiation) als auch der Individuenzahl ein. Dabei erscheinen auch zahlreiche Spezialformen (Laufvögel, Schwimmvögel, Greifvögel usw.).
Die Unterklasse Hinterkiemer (Opischobranchia) der Meeresschnecken bringt mehrere neue Ordnungen hervor, darunter Formen mit einem zweiklappigen Gehäuse (Sacoglossa).
Erstmals sind die Einzellerunterordnungen Discoasterineae und Euglenineae fossil belegt.
Mit einer Vielzahl von Gattungen und Individuen tritt die Ordnung Volvocales auf, ölbildende Einzeller vom Stamm Chlorophyta.
Die Bedecktsamer erleben einen bedeutenden Zuwachs neuer Arten.
Um 50 Mio.
In einem ersten Kollisionsstoß trifft der nach Norden driftende vorderindische Subkontinent mit Asien zusammen. Etwa zeitgleich rückt auch die Afrikanisch-Arabische Tafel gegen Eurasien vor.
50–40 Mio.
In Messel bei Darmstadt verlandet ein tropischer Urwaldsee. In seinen sauerstofffreien Bodensedimenten fossilisiert neben vielen Pflanzen vor allem eine Fülle von Tieren in hervorragender Konservierung. Von besonderer Bedeutung sind die hier erhaltenen Urpferdchen, Fledermäuse, zahlreiche Insektenfresser sowie Urraubtiere und »echte« Raubtiere (Carnivoren).
Eine Unterordnung der Zahnarmen (Xenarthra), die Ameisenfresser (Vermilingua), lebt in Mitteleuropa (Deutschland). Sie ist hier mit der Familie der Ameisenbären (Myrmecophagidae) vertreten, die sonst nur in Südamerika heimisch ist.
50–36 Mio.
Erste Vertreter der Paarhufer (Artiodactyla) entwickeln sich aus den Urhuftieren.
48–45 Mio.
Im Geiseltal bei Halle an der Saale entsteht in einer tropischen Sumpfwaldregion eine der bedeutendsten Fossillagerstätten der Welt. Hervorzuheben sind die hervorragend – z.T. farbig – versteinerten Prachtkäfer, daneben viele andere Wirbellose, Tausende fossiler Fische und Hunderte von Landwirbeltieren. Besonders häufig finden sich fossile Amphibien und Reptilien sowie Vögel tropischer Feuchtbiotope.
45–40 Mio.
Mächtige Kalksedimente (»Calcaire grossier«) lagern sich in einem flachen Warmwassermeer im Pariser Becken ab und schließen z.T. gut erhaltene Wirbeltierfossilien zahlreicher Arten ein.
Um 40 Mio.
Tausende von Landwirbeltieren, meist Säugetiere, geraten bei Egerkingen in der Schweiz in eine Fossilfalle. Sie kommen in einer Karstspalte ums Leben und fossilisieren in großer Zahl. Vertreten sind u.a. Pferde- und Tapirvorfahren sowie Paarhufer, Fleischfresser und Primatenarten.
40–30 Mio.
Südwestlich von Kairo entsteht in der Fayum-Senke eine Fossillagerstätte von besonderem entwicklungsgeschichtlichen Interesse. Zu den Fayum-Fossilien gehören erste Rüsseltiere, frühe Huftiere, erste Wale, Fleischfresser und Reptilien. Auch erste Primatenüberreste versteinern hier.
Im westschweizerischen Kanton Glarn lagert sich der so genannte Glarner Fischschiefer ab, in dem zahlreiche Fische verschiedener Gattungen vor allem der Knochenfische fossilisieren.
Um 36 Mio.
In dieser Zeit sind in der Tiefsee so genannte Sedimentationslücken, d.h. Ausfälle von Ablagerungsschichten, weit verbreitet.
Eine große Welle des Artensterbens betrifft besonders stark die Säugetierfauna Westeuropas. Zugleich erscheinen zahlreiche neue Säugetierfamilien. Dieser so genannte Faunenschnitt ist als »Grande Coupure« (französisch: »Großer Schitt«) bekannt.
Vor 36–24 Mio. Jahren: Das Oligozän
36–30 Mio.
In Afrika leben erste Rüsselspringer (Macroscelidea). Die Lebensweise dieser sehr spezialisierten Insektenfresser entspricht in etwa jener der Springmäuse.
Die Familie der echten Nashörner (Rhinocerotidae) entwickelt sich und besiedelt Nordamerika, Europa, Asien und Afrika.
In der Gruppe der Tapirartigen (Tapiroidea) erscheinen erstmals Formen die weit gehend den modernen Tapiren ähneln.
In dieser Zeit spaltet sich die Primaten-Unterordnung Haplorhini in Neuweltaffen (Platyrrhini) und Altweltaffen (Catarrhini) auf. Unter den letzteren finden sich in Ägypten erste Vorfahren von Menschenaffen in Gestalt von Aegyptopithecus.
36–24 Mio.
Das Klima wird langsam kühler. Entsprechend verschiebt sich z.B. die Palmennordgrenze während des Oligozäns in Europa vom Nordkap bis auf die Höhe Stockholms.
Tektonische Ereignisse führen zur Einengung des »Urmittelmeeres« Tethys. Im asiatischen Bereich schließt es sich völlig, in Europa beginnt der Zerfall in zwei getrennte Meereströge.
Weite Teile Deutschlands, vor allem der Norden und der Süden, liegen unter dem Meeresspiegel.
In den heutigen Badlands in South Dakota (USA) entsteht eine bedeutende Fossillagerstätte.
Bei Florissant in Colorado (USA) versteinern u.a. Sequoia-Baumstümpfe bis zu 3,4 m Höhe und 3 m Durchmesser. Berühmt sind aber vor allem die unzähligen verschiedenen fossilen Insekten dieser Lagerstätte.
Die Seekühe oder Sirenen, die einzigen im Meer lebenden Pflanzen fressenden Säugetiere, entwickeln sich.
Die Nagetiere bilden zwei neue Unterordnungen heraus, die Biberartigen (Castorimorpha) und die Dornschwanzhörnchen (Anomaluromorpha).
An den Küsten des nördlichen Pazifiks leben Desmostylia, eine Ordnung verschiedengestaltiger primitiver Säugetiere von z.T. stattlicher Größe.
In der Ordnung Insektenfresser (Insectivara) erscheint die artenarme Gruppe der Dimyliden, am Wasser lebende kleine Igelverwandte.
Die Fledertiere (Chiroptera) entwickeln neben den bisher existierenden Fledermäusen (Microchiroptera) jetzt auch größere Formen. Zu diesen so genannten Flederhunden (Megachiroptera) zählt u.a. die Familie der Flughunde (Pteropidae).
Zahlreiche Säugetierarten zeichnen sich durch Riesenwuchs aus.
In Gestalt des hirschähnlichen Protoceras leben in Nordamerika erste Hornträger.
Die Litopterna, pferdeähnliche Huftiere, sind in Südamerika verbreitet. Sie nehmen als Steppenbewohner viele Entwicklungsmerkmale der echten Pferde vorweg.
In Nordamerika leben erste Hundeartige (Familie Canidae).
Ausgedehnte Waldlandschaften sind die für diese Zeit charakteristische Vegetationsform Europas. An den Küsten gedeihen Mangrovenwälder, im Nordosten lichte Bernsteinwälder.
In den Trockengürteln Nord- und Südamerikas breiten sich Baumsavannen aus.
Unter den bedecktsamigen Kräutern erscheinen viele neue Gattungen und Arten, die sich auf bestimmte Lebensräume und neue Ernährungsweisen spezialisieren.
Um 35 Mio.
Unter den Walen erscheinen erstmals die Plankton fressenden Bartenwale (Mysticeti).
Erste Faultiere (Unterordnung Pilosa der Zahnarmen oder Xenarthra) leben in Südamerika. Im Gegensatz zu den heutigen Faultierarten, die auf Bäumen leben, sind es Bodenbewohner von z.T. sehr beachtlicher Größe.
35–24 Mio.
Sowohl in Nordamerika als auch in Europa erscheint eine erste Familie der Katzenartigen, die Nimravidae. Ihre Vertreter zeichnen sich vor allem durch markante Säbelzähne aus.
Um 30 Mio.
In den Meeren der Nordhemisphäre erscheinen erstmals Meeresraubtiere, die Carnivoren-Unterordnung Pinnipedia. Diese Gruppe umfasst neben fossilen Familien die heutigen Ohrenrobben, Seebären und Seelöwen, die Walrosse, Hundsrobben und Seehunde.
30–24 Mio.
Die Pferdeartigen werden größer. Nach bisher nur etwa 20 cm hohen Tieren erscheinen jetzt Pferdchen von Windhundgröße in Nordamerika. Es handelt sich um Vertreter der Gattungen Mesohippus, Anchitherium und – gegen Ende des Oligozäns – Parahippus.
Um 25 Mio.
Eine tropisch-subtropische Urwald- und Seenlandschaft befindet sich bei Hennef im Siebengebirge. In den feinkörnigen Bodensedimenten der ausgedehnten Seen fossilisierer neben Bäumen und Kräutern vor allem zahlreiche Frösche, Reptilien sowie verschiedene Säugetiere in hervorragender Erhaltung.
Um 24 Mio.
Verschiedene frühe Säugetiere sterben gegen Ende des Oligozäns aus. Dies betrifft z.B. die rüsseltragenden Pflanzenfresser Pyrotheria in Südamerika.
Vor 24–5 Mio. Jahren: Das Miozän
24–15 Mio.
In Nebraska (USA) lagern sich die Sedimente der Harrison-Formation ab. Sie schließen die bedeutende Fossillagerstätte Agate Fossil Beds ein, in der teilweise sehr seltene Großsäugergattungen (eine Rhinozerosart, Chalicotherien und viele andere) erhalten bleiben.
24–5 Mio.
Das Klima wird weltweit weiterhin kühler. In der Antarktis kommt es zu ausgedehnten Vereisungen. Die Niederschlagstätigkeit ist stark wechselhaft. So ist das Miozän in Europa anfangs trocken, dann ausgesprochen feucht, später erneut trocken und gegen Ende wiederum feucht. Hand in Hand mit dem klimatischen Geschehen (Vereisungen), aber auch mit Gebirgsaufaltungen gehen Schwankungen des Meeresspiegels. Zeugen für die generelle Abkühlung auch der Meere sind zurückweichende Korallen und zahleiche andere Meerestiere.
In Nordamerika, Europa und Asien dehnen sich weite Steppengebiete aus. Auf die Entwicklung der Fauna haben diese Biotope einen stark selektiven Einfluss. Sie fördern die Entwicklung von Huftieren, die sich von Hartgräsern ernähren und in Herden leben.
Große Menschenaffen (Pongidae) leben in Afrika, Asien und Europa. Vertreten sind sie mit den Gattungen Dryopithecus, Sivapithecus, Gigantopithecus und Ramapithecus. Ferner leben in diesen Regionen auch andere Affengattungen, darunter Oreopithecus, Pliopithecus und Dendropithecus.
Bei verschiedenen Primatengattungen wie Proconsul, Dryopithecinen und Ramapithecus zeigen sich erste hominide Merkmale. Erster bekannter Vorfahre dieser Entwicklungslinie mit Attributen der Menschenartigen ist Aegyptopithecus aus dem Unteren Oligozän (34–32 Mio.).
Huftiere besiedeln in großer Artenvielfalt die Steppen Nordamerikas, darunter mehrere Pferdeartige, Kamele und erste Giraffen. Sie zeigen eine zunehmende Anpassung an harte pflanzliche Nahrung und einen Lebensraum in weiten offenen Biotopen. Ferner leben auch in Feuchträumen neue, diesen Gebieten angepasste Formen, u.a. Nashornartige, erste Flusspferde und Nabelschweine.
Die Rüsseltiere bilden zahlreiche Arten von bedeutender Körpergröße aus und besiedeln mit Ausnahme Australiens und der Antarktis alle Kontinente der Erde. Miozäne Vertreter sind u.a. Deinotherien, Gomphotherien und erste Mammutartige. Von Europa nach Nordamerika und weiter bis Mexiko und Paraguay wandern die Ameisenbären. Auch in Afrika und Asien erscheinen diese Tiere vorübergehend.
Die Insektenfresser (Insectivora) bringen zwei neue Unterordnungen hervor: Die maulwurfähnlichen Goldmulle (Crysochlorida) und die teilweise an Spitzmäuse erinnernden Borstenigel (Tenrecomorpha).
In Afrika entwickelt sich die formenreiche Säugetierordnung der Röhrenzähner (Tubulidentata). Erste Vertreter sind die Erdferkel (Orycteroptidae). Im Mittleren Miozän wandern die Erdferkel auch nach Europa.
Zu der gesamten Meeresfauna des Miozäns gehören bereits mit 20 bis 40% Weichtierarten (Mollusken), die bis in die Gegenwart überleben.
Die Familie der Hornblattgewächse (Ceratophyllaceae), völlig an das Leben unter Wasser angepasste Seerosenarten, erscheint erstmals. Andere neue Bedecktsamerfamilien sind die in den Tropen beheimateten strauch- oder lianenförmigen Hernandiaceae, die kautschukhaltigen Eucommiaceae, die Wintergrüngewächse (Pyrolaceae) und die einkeimblättrigen Schwertliliengewächse (Iridaceae).
In verschiedenen Regionen Mittel- und Osteuropas (vor allem Deutschlands und Russlands) entstehen in ausgedehnten Sumpf- und Moorgebieten z.T. bedeutende Braunkohlenlager.
Die Auffaltung der Alpen erreicht ihre Spätphase mit einzelnen Faltungsschüben. Hierzu zählen: 1. savische Phase vor etwa 24 Mio., 2. steirische Phase vor etwa 13 Mio. und 3. attische oder attikanische Phase vor etwa 7 Mio. Zugleich erreicht die Faltung des Himalajas seine Hauptphase.
In vielen Gebieten Europas, besonders im Bereich der jungen Faltengebirge, setzt sich die Ausbreitung der Karstlandschaften fort.
22–19 Mio.
Storchen- oder flamingoähnlich ist der in Westeuropa (Frankreich) lebende Watvogel Palaeolodus. Das Tier erreicht eine Schulterhöhe von ca. 40 cm.
Verschiedene Arten von flugunfähigen straußenähnlichen Schlangenstörchen von 1,5 bis 3 m Größe sind in Patagonien heimisch. Sie gehören zur Gattung Phorusrhacus innerhalb der Ordnung der Kranichartigen (Gruiformes).
Um 15 Mio.
Die nach Norden driftenden Erdkrustentafeln Afrikas und Arabiens verbinden sich mit der Eurasischen Tafel.
14,9 Mio./14,7 Mio.
Ein Meteorit von über 500 m Durchmesser stürzt nahe der heutigen Stadt Nördlingen auf die Erde. Es entsteht der 23 km weite Ries-Krater. Ca. 200 000 Jahre später lässt ein erneuter Meteoriteneinschlag in Süddeutschland das 3,5 km weite Steinheimer Becken entstehen.
Um 14,5 Mio.
Im Großraum von Öhningen am Bodensee und in der Nordschweiz fossilisieren in bis zu 300 m mächtigen Sedimenten zahlreiche Fische. Darunter befinden sich Hechte, Rotaugen, Steinbeißer, Meergrundel. Neben Riesensalamandern und Reptilien versteinern ferner Paarhufer, Rüsseltiere, Nagetiere und andere Säuger.
14–5 Mio.
Ohrenrobben, Walrosse und erste, noch recht primitive Seelöwen besiedeln als neue Vertreter der Meeresraubtiere (Pinnipedia) die Küsten der Ozeane.
Um 10 Mio.
Das Rote Meer und der Golf von Aden beginnen sich zu öffnen. Hier entsteht ein Riftsystem, das sich vom Orontes-Graben im Libanon (Bekaa-Ebene) und Syrien bis zum ostafrikanischen Grabenbruchsystem erstreckt und den Beginn einer Geosynklinalentwicklung einleitet.
10–5 Mio.
Nahe der griechischen Stadt Pikermi fossilisieren in Süßwassersedimenten zahlreiche Steppentiere, u.a. Pferde, Deinotherien und Mastodonten.
Eine reiche Fischfauna bleibt im Mittelmeer in den Gebieten von Sizilien (Messina) und Nordalgerien (Oran) fossil erhalten. Von besonderem paläontologischem Interesse sind dabei die vielen – sonst eher raren – Versteinerungen zahlreicher Arten in der Tiefsee lebender Fische.
5,5–5 Mio.
Das Mittelmeer ist im Osten und neuerdings auch im Westen von den Weltmeeren abgeschlossen und trocknet aus. Dabei verdunstet eine Wassermenge von 3,7 Mio. km3, und es bleiben bis zu 2000 m mächtige Salzsedimente zurück.
Um 5 Mio.
Mehrere Säugetiergruppen sterben aus. Darunter befinden sich die großen südamerikanischen pflanzenfressenden Huftiere Astrapotheria, die nordpazifischen Desmostylia (primitive amphibisch lebende Huftiere), die Cainotheroidea (hasenähnliche Tiere Europas), die Paarhufer-Unterordnung Palaeodonta und die Urwale (Archaeoceti). Für dieses Säugetiersterben gibt es verschiedene Ursachen. Zum einen spielt sicher die globale Abkühlung eine Rolle. Daneben wirkt sich aber auch aus, dass manche durchsetzungsstarke Arten über neu entstehende interkontinentale Landbrücken in andere Lebensräume einwandern und mit den dort lebenden Arten in Konkurrenz treten.
Vor 5–1,7 Mio. Jahren: Das Pliozän
5–3,5 Mio.
Im Flussgebiet von Rhein, Main und Nahe lagern sich die so genannten Dinotheriensande ab. Sie konservieren neben dem gleichnamigen Rüsseltier (Deinotherium) fossile Reste von Gomphotherien sowie verschiedener Paarhufer, Unpaarhufer, Raubtiere und Nagetiere.
5–3,4 Mio.
Die äußerst erfolgreichen pferdeartigen Hipparions verbreiten sich, ausgehend von Nordamerika, jetzt auch über Asien, Europa und Gebiete Afrikas. Weil sie mit großen Herden die Fauna prägen, spricht man sogar ausdrücklich von einer Hipparion Fauna.
5–1,7 Mio.
Im Rahmen der späten alpidischen Gebirgsbildung vollziehen sich die attische, rhodanische und die wallachische Phase. Gleichzeitig hebt sich der Himalaja weiter. Ferner falten sich auf der Südhemisphäre Gebirge im Bereich der Anden, der Antarktis, Melanesiens und Hinterindiens auf. Hebungen lassen sich auch im australischen Raum beobachten.
Es kommt im näheren und weiteren Umfeld des Rhein-Grabenbruchs durch die mit ihm verbundenen tektonischen Unruhen zu heftigem Vulkanismus. Er tritt z.B. im französischen Zentralmassiv, im Oberrheingraben, in der Hessischen Senke, im Odenwald, Westerwald und in der Eifel auf.
Die Polarität der Erdmagnetpole wechselt mehrfach.
Bedingt durch das kühler werdende Klima ziehen sich in Europa die Steppen nach Süden zurück. In Mitteleuropa gedeihen Wälder, in denen sich bereits zahlreiche der auch heute hier vertretenen Baumarten finden. Daneben kommen vor allem subtropische Gewächse vor.
Generell verschieben sich auf der Nordhalbkugel die Florenprovinzen. Die bisher zirkumpolare Turgai-Flora dringt bis in die heutigen gemäßigten Breiten nach Süden vor. Die bisherige mittel- und z.T. nordeuropäische Poltawa-Flora, die auch in Nordamerika und Asien verbreitet war, verschwindet in Zentraleuropa völlig und wird in den anderen Räumen zonal begrenzt.
Die gundsätzliche Entwicklung der Pflanzen ist – gemessen am heutigen Stand der Evolution – im Großen und Ganzen abgeschlossen. Weitere Entwicklungen betreffen in erster Linie geographische Veränderungen. Neue Bedecktsamerfamilien, die in dieser Zeit erscheinen (z.B. die Primelgewächse, Kreuzblütler, Lippenblütler Nelkengewächse, Orchideen), bringen keine grundsätzlich neuen Baupläne mehr mit sich.
Zahlreiche Arten großer bis sehr großer Rüsseltiere leben in Amerika, Europa, Asien und Afrika. Zu ihren neuen Gattungen gehören Cuvieronius, Stegomastodon und Tetralophodon. Deinotherium (24–5 Mio.) wandert in dieser Zeit aus Afrika nach Europa und Asien ein.
In Argentinien lebt ein Beuteltier, Thylacosmilus, mit eigentümlichem Gebiss, u.a. mit mächtigen säbelförmigen Hauzähnen im Oberkiefer.
Die Gürteltierfamilie Glyptodontidae bringt Riesenformen mit festem, halbkugeligem Rückenpanzer hervor. Diese Pflanzenfresser leben in Südamerika.
In Europa, Asien, Afrika und Amerika leben mehrere Katzenarten (Feliden) mit mächtigen Säbelzähnen in den Oberkiefern. Zugleich treten erste kleinere Formen moderner Raubkatzen z.B. Luchse und Pumas, in Erscheinung.
In verschiedenen Gebieten der Erde setzt Vergletscherung ein. Die Antarktis ist bereits vergletschert. Eisdecken bilden sich u.a. in Alaska, auf Island, in Südargentinien. In den Anden und anderen hohen Faltengebirgen entstehen Gebirgsgletscher.
4–3,5 Mio.
Erste Vertreter der Menschenartigen (Hominiden) in der Gestalt von Australopithecus afarensis) leben in Regionen Ostafrikas (Äthiopien/Tansania). Bis zum Ende des Pliozäns (um 1,7 Mio.) entstehen noch andere Australopithecus-Arten: A. africanus, A. robustus, A. palaeojavanicus, die in Ost- und Südafrika sowie auf Java leben.
Um 3 Mio.
Zwischen Nord- und Südamerika schließt sich eine Landbrücke. Sie entsteht aufgrund polarer Vereisungen, die ein Sinken des Meeresspiegels verursachen.
Um 2,5 Mio.
Die Familie der Schimpansen spaltet sich in zwei Arten auf: Zwergschimpansen oder Bonobos (Pan paniscus) und eigentliche Schimpansen (Pan troglodytes).
2,4–2,1 Mio.
In Zentraleuropa und im Alpenraum herrscht die so genannte Biber-Kaltzeit. Deutschland ist in diesem Zeitraum von einem Meeresrückzug betroffen.
2–1,7 Mio.
Sehr wahrscheinlich aus den Australopithecinen entwickeln sich in Ostafrika erste Mitglieder der Gattung Homo, also erste Menschen. Sie haben den Artnamen Homo habilis. Diese Frühmenschen leben in Familienverbänden und stellen erste Werkzeuge aus Stein, Knochen, Horn, Holz u.a. her. Sie beherrschen wahrscheinlich bereits eine – wenngleich auch noch sehr primitive – Lall-Sprache.
1,75–1,4 Mio.
Der Meeresspiegel liegt etwa 200 bis 100 m über seinem heutigen Niveau.
Um 1,7 Mio.
Infolge eines Kälteeinbruchs in Nordamerika, der Blancan-Kaltzeit, sterben zahlreiche Säugetiergattungen aus. Es handelt sich dabei größtenteils um Steppentiere.
Erdzeitalter
Erdzeitalter
© wissenmedia
Wissenschaft
Eine eiskalte Gemeinschaft
Archäologische und biologische Forschungsergebnisse liefern neue Erkenntnisse über die frühe Entwicklung der Beziehung zwischen Menschen und domestizierten Rentieren. von BETTINA WURCHE Das samtig-weiche Maul des Rentiers berührt sanft meine ausgestreckte Hand – blitzschnell verschwinden die angebotenen „Leckerli“. Die Zähne des...
Wissenschaft
Kampf dem „Hicks“!
Rezepte gegen Schluckauf gibt es viele. Doch kaum eines davon hilft zuverlässig. Wie man der Hickserei tatsächlich Einhalt gebieten kann, erklärt Dr. med. Jürgen Brater. Schluckauf entsteht, wenn sich das Zwerchfell – eine dünne, im Ruhezustand kuppelförmig aufwärts gewölbte Muskelplatte zwischen Brust- und Bauchraum – plötzlich...
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