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Schulweg: Pendeln stresst schon Schulkinder

Pendler haben es schwer: Sie verlieren täglich viel Zeit, sind gestresst und auch ihre Gesundheit leidet oft. Doch wer glaubt, das gilt nur für Erwachsene, der irrt. Denn jetzt enthüllt eine Studie, dass auch viele Schulkinder unter Pendlerstress leiden: Je länger ist Schulweg ist, desto häufiger sind die gestresst, gereizt und unkonzentriert. Weil in den letzten Jahren viele Schulen schließen mussten, werden ihre Schulwege zudem immer länger.
Frankfurt University of Applied Sciences, 12.01.2017

Auch Schülerinnen und Schüler müssen zum Teil bereits sehr weite Wege zur Schule zurücklegen.

iStock, justhavealook

Für viele Menschen beginnt der tägliche Stress schon auf dem Weg zum Arbeitsplatz: Staus auf den Straßen, Verspätungen der öffentlichen Verkehrsmittel sowie volle Busse und Bahnen kosten Zeit und Nerven. Im Laufe der Zeit zehrt das auch an der Gesundheit der Pendler, wie Studien zeigen. Sie leiden häufiger hohem Blutdruck und sind eher übergewichtig als Menschen mit einem kürzeren Arbeitsweg. Und nicht nur das: Sogar die Kinder von Berufspendler leiden häufiger unter emotionalen und sozialen Problemen, wenn ihre Eltern weite Wege zur Arbeit fahren müssen.

Doch wie sieht es mit Schulkindern aus, die selbst jeden Morgen weite Wege haben? Natürlich liegt die Schule im Idealfall gleich um die Ecke und kann per Fuß oder Fahrrad erreicht werden. Doch die Realität in Deutschland sieht oft anders aus: Was bei den Grundschulen oft noch passt, gilt für die weiterführenden Schulen nicht mehr. Um zum nächsten Gymnasium, der Realschule oder einer anderen passenden Schule zu kommen, sind nicht wenige Schüler erst lange mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs.

Mehr als 45 Minuten Schulweg

Wie lange der Schulweg deutscher Jugendlicher heute tatsächlich ist, haben jetzt Frankfurter Forscher untersucht. Für ihre Studie befragten sie rund 10.000 Schülerinnen und Schüler der siebten Klasse an rund 150 weiterführenden Schulen in 14 Bundesländern. Sie wollten wissen, wie lange die Schülerinne und Schüler an diesem Morgen zur Schule unterwegs waren und welche Verkehrsmittel sie dafür genutzt haben.

Das Ergebnis: Im Schnitt benötigen die Jugendlichen 27 Minuten, um morgens von ihrem Elternhaus zur Schule zu kommen. Während bei immerhin rund 14 Prozent der Schulweg kürzer als zehn Minuten ist, haben knapp 15 Prozent ihrer Mitschüler weniger Glück: Sie brauchen 45 Minuten und länger, um morgens zur Schule zu kommen. Wären sie berufstätig, würde man sie damit als klassische Pendler bezeichnen.

"Das Thema Pendeln wird oft allein auf die Gruppe der Berufstätigen bezogen", sagt Sven Stadtmüller. "Wir sollten aber bedenken, dass auch Schülerinnen und Schüler zum Teil sehr weite Wege zur Schule zurücklegen müssen."

Kinder mit langen Schulwegen klagen deutlich häufiger über Konzentrationsprobleme als ihre Mitschüler.

thinkstock.com, shironosov

Gestresst, gereizt und unkonzentriert

Das Problem dabei: Wie die Forscher herausfanden, geht das ständige Pendeln zur Schule auch an den Jugendlichen nicht spurlos vorüber. Ähnlich wie Erwachsene leiden auch sie unter vermehrtem Stress. "Jugendliche, die einen langen Schulweg zurücklegen müssen, klagen signifikant häufiger über mentale Gesundheitsprobleme", berichtet Andreas Klocke vom Forschungszentrum Demografischer Wandel. Demnach berichten Jugendliche mit langen Schulwegen deutlich häufiger über Konzentrationsprobleme als ihre Mitschüler. Sie sind zudem häufiger gereizt und fühlen sich weniger gesund als Schulkinder, die weniger lange zur Schule brauchen.

Damit scheint klar, dass das ständige Pendeln auch Schulkinder deutlich belastet. Doch eine Abhilfe scheint vorerst nicht in Sicht – eher im Gegenteil:  In den letzten Jahren mussten immer mehr weiterführende Schulen schließen, weil beispielsweise Lehrer fehlten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts hat die Zahl der allgemeinbildenden, weiterführenden Schulen in Deutschland seit Anfang der 1990er Jahre von rund 15.500 auf knapp 12.000 abgenommen. Dies entspricht einem Rückgang von 24 Prozent.

Für die Schulkinder ist dies fatal: Sie müssen immer länger Schulwege in Kauf nehmen – und damit auch die mentalen Belastungen, die damit verbunden sind. "Dieser Anteil nimmt stetig zu, weil immer mehr Schulen schließen und hierdurch die Schulwege für Kinder und Jugendliche weiter werden", so Stadtmüller. Zum Bildungserfolg der Jugendlichen trägt sicher auch nicht gerade bei.

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