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Das Geschäft mit den Vitaminen

Etwa zwei von drei Deutschen nehmen regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel, zunehmend auch junge Menschen. Das Geschäft mit den Vitaminen und Spurenelementen boomt, Tendenz steigend. Aber warum eigentlich? Was steckt hinter den Versprechungen von mehr Gesundheit oder Abwehrstärke? Für wen sind solche Mittel sinnvoll und wann wird ihr Einsatz gefährlich?
CKR, 06.05.2024
Teelöffel mit Vitamin-Präparaten vor einer Gemüsetheke

© ronstik, iStock.com

Vitamine und andere Nahrungsergänzungsmittel sind im Aufwärtstrend: In Deutschland betrug der Umsatz solcher Präparate im Jahr 2023 rund 1,78 Milliarden Euro. Das sind 4,8 Prozent mehr als im Vorjahr, wie aus einer im April veröffentlichten Studie des Marktforschungsunternehmens Mintel hervorgeht.

Mit Nahrungsergänzungsmitteln lässt sich also viel Geld verdienen. Doch nicht nur die Umsätze steigen seit Jahren, sondern auch die produzierten und konsumierten Mengen dieser freiverkäuflichen Tabletten und Kapseln mit Vitaminen, Spurenelementen und anderen angeblichen Gesundmachern, wie auch Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen. So wurden 2021 in Deutschland rund 202.000 Tonnen dieser Mittel produziert. 2019 waren es 162.000 Tonnen.

Wie viele Menschen nehmen Vitamin-Präparate und Co?

Insgesamt griffen laut Mintel im vergangenen Jahr 65 Prozent der Deutschen regelmäßig zu Nahrungsergänzungsmitteln. Eine Umfrage von Statista kam sogar auf 75 Prozent. Und auch bei jungen Menschen boomt das Geschäft mit den Zusatzmittelchen: Durch Schleichwerbung und manipulative Posts in den sozialen Medien und über Influencer nehmen immer mehr junge Menschen Vitamine und Mineralien ein. Der Trend wird sich Prognosen zufolge auch noch weiter fortsetzen.

Aber warum eigentlich? Was erhoffen sich Menschen von diesen Mitteln und was steckt hinter den Versprechen der Händler und Hersteller?

Warum nehmen Menschen Nahrungsergänzungsmittel?

Im Vordergrund steht bei den meisten Menschen wahrscheinlich der Wunsch nach einer guten Gesundheit sowie körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit oder auch die Angst vor Krankheit. Durch die Corona-Pandemie hat Gesundheit in den vergangenen Jahren nochmal an Priorität gewonnen. Die meisten nehmen Nahrungsergänzungsmittel daher wahrscheinlich vorsorglich, um ihr Immunsystem zu stärken oder sicherzustellen, dass sie genügend Nährstoffe zu sich nehmen.

Was sind die beliebtesten Produkte?

Am häufigsten nehmen die Deutschen der Mintel-Analyse zufolge Magnesium-Präparate ein (65 Prozent), gefolgt von Vitamin D (42 Prozent), Vitamin C und Eisen (je 34 Prozent), Multivitaminpräparaten (32 Prozent) und Kalzium (30 Prozent). Doch wofür sind diese Vitamine und Mineralstoffe nötig? Was bewirken sie in unserem Körper?

Magnesium brauchen wir vor allem für unsere Muskeln und Nerven, Kalzium und Vitamin D beispielsweise für Zähne und Knochen. Vitamin C benötigen wir unter anderem für die Wundheilung und Eisen für den Sauerstofftransport im Blut. Insgesamt stärken diese und andere Nährstoffe wie Vitamin B12 unseren Stoffwechsel, unser Immunsystem sowie unsere geistigen Leistungen.

Mit diesen und weiteren Gesundheitsbenefits werben die Hersteller entsprechend auch oft für ihre Tabletten oder Kapseln – obwohl das eigentlich verboten ist, kritisiert die Verbraucherzentrale.

Sind Vitamin-Präparate für alle sinnvoll?

Wer zu wenig dieser Substanzen im Körper hat, profitiert tatsächlich von der Einnahme solcher Nahrungsergänzungsmittel. Häufig von Mangelerscheinungen betroffen sind Ältere, Schwangere, Veganer oder chronisch Kranke. Ärzte verschreiben die Substanzen, wenn im Blutbild ein entsprechender Mangel festgestellt wird. Denn unser Körper kann diese Stoffe überwiegend nicht selbst herstellen.

Doch da wir Vitamine und Mineralstoffe in der Regel auch in ausreichender Form über die Nahrung zu uns nehmen, haben die meisten Menschen eigentlich gar keinen Mangel oder zumindest nur bei einzelnen Substanzen. Für die meisten Menschen sind zusätzliche Nährstoff-Präparate daher unnötig. Ausreichend ist für gesunde Menschen meist eine ausgewogene Ernährung, erklärt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Viel hilft viel, oder etwa doch nicht?

Wer dennoch ohne ärztlichen Rat regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel einnimmt, insbesondere hochdosierte oder Multi-Präparate, muss auf Dauer mit Überdosierungen rechnen – teils mit schweren Folgen. Statt gesund machen die Produkte dann krank. Beispielsweise schadet ein Zuviel an Vitamin A dauerhaft den Knochen. Auch das Risiko für Herzrhythmusstörungen kann steigen, wenn wir zu viel Vitamin D, Kalium oder Omega-3-Präparate zu uns nehmen.

Schwere Nebenwirkungen treten jedoch meist nur bei Vorerkrankungen, in Kombination mit Medikamenten oder einer dauerhaft sehr hohen Überdosis auf. Viele überschüssige Vitamine und Mineralien werden einfach über den Urin ausgeschieden. Die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K können sich jedoch auch im Körper ablagern und anreichern. Wer keinen echten, nachgewiesenen Vitamin- oder Mineralienmangel hat, spült mit den Produkten daher im besten Fall sein Geld einfach direkt die Toilette hinunter. Im schlimmsten Fall schadet er sich selbst.

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