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Internet-Videos
Die Macher
„Haaalt, stopp! Jetzt rede ich!“, brüllt der cholerische Mann die fremde Ehefrau an, die sich bereit erklärt hat, für gewisse Zeit in sein Haus zu ziehen. Er kann ihre leise Kritik darüber, dass sie im Garten schlafen soll, nicht verstehen und macht seinem Unmut Luft – der Garten sei schließlich sauber. Klingt nach einer Episode der RTL-II-Dokusoap Frauentausch, ist aber eine schräge Parodie von Web Comedian Torge alias Freshaltefolie auf der Videoplattform YouTube. Bekannt geworden ist der Schleswig-Holsteiner mit Clips seines Alter Ego Sandra, die von einem Fettnäpfchen ins nächste stolpert, ihm aber bis dato 334.000 Abonnements eingebracht hat.
Mit Comedy hält es auch das Trio Y-Titty. Seit 2006 parodieren die drei Jungen aus dem Fränkischen Werbung, Filme und Serien oder mit markigen Texten die Hits von Popstars. Und wie Popstars werden Y-Titty auch von ihren Fans gefeiert. Sie können sich über 550.000 Abonnements freuen und führen die Riege der YouTube-Künstler an.
Unter den Großen der Szene finden sich aber nicht nur Comedians oder Sänger. In seinen News-Clips mit dem Titel WuzzUp berichtet MrTrashpack aus Bremen über das, was sich rund um YouTube tut. Andere wie die Geschwister Slimani geben regelmäßig Ratschläge in Sachen Körperpflege, Mode sowie Studium und klären über Trends auf.
Besonderes Talent braucht es nicht unbedingt, um im Internet berühmt zu werden. Das zeigte 2006 bis 2007 der Aufstieg und Fall der Abiturientinnen Lynne und Tessa. Mit Playback-Shows aus dem Kinderzimmer stürmten sie binnen eines Jahres die Video-Charts und bekamen auf RTL II sogar eine eigene Show. Die jedoch beendete ihre Karriere mit einem Schlag. Dass man sich andersherum mit viel weniger Talent und tiefgelegten Machosprüchen oben halten kann – zumindest was die Zahl der Aufrufe betrifft (über zehn Millionen!) – beweist Assi Toni aus dem hessischen Offenbach. Es ist eben die Masse, die bestimmt, was angesagt ist.
Das Phänomen YouTube-Erfolg
Bei allen fing es mit einer Spaßnummer an. Bei manchen lief es so weiter, bei anderen artete es in Arbeit aus. MrTrashpack zum Beispiel, der eigentlich Philipp heißt und Einzelhandelskaufmann ist, sagt auf „Spiegel Online“, er investiere bis zu 70 Stunden die Woche in seine News-Clips.
Wer im Geschäft bleiben will, darf nicht nur produzieren, sondern muss auch bei Facebook und Twitter präsent sein und den Kontakt zu den Fans pflegen, erklärt der Brasilianer Joe Penna in einem Interview mit dem „Stern“. Penna ist in den USA mit recht unkonventionellen Musikvideos zum YouTube-Star geworden.
Der eindeutige Vorteil, den YouTuber genießen: Sie können sich verwirklichen ohne den Vorschreibungen einer Regie zu folgen und ohne zuvor Film- oder Fernsehgesellschaften zu überzeugen. Sie können machen, was sie wollen.
Wie das Geschäft funktioniert? Ganz einfach: YouTube, inzwischen von Google einverleibt, platziert Werbung in die viel geklickten Kanäle. Die erfolgreichen Filmemacher sind über ein so genanntes Partnerprogramm an den Einnahmen beteiligt. Und das Potenzial ist da: Die Kids von heute schalten nicht mehr den Fernseher ein, wenn sie nachhause kommen, sondern den Computer.