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Den Buchstaben auf der Spur - ein Streifzug durch unser Alphabet (Podcast 139)

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Wann haben Sie das letzte Mal das Alphabet aufgesagt? Vermutlich noch während der Schulzeit. Kaum im Kopf, verliert das Alphabet seinen Reiz, Kalligraphie oder chinesische Schriftzeichen werden interessanter. Unser Gehirn braucht immer wieder neuen Input. Dabei können wir nicht behaupten, alle Buchstaben unseres vermeintlich bekannten Alphabets zu kennen. Buchstaben sind mehr als Initialen und Anfänge eines Wortes. Sie begegnen und buchstäblich im Alltag – wissen wir dann noch, was der einzelne Buchstabe oder auch Buchstaben-Kombinationen bedeuten wie das „E“ im Verkehrszeichen auf der Straße oder die Nachricht „hdgdlwdnvgn8“? Hören Sie den Podcast: „Das Alphabet – den Buchstaben auf der Spur“.

Mit dem Alphabet erschließen wir uns Sprachen. Je älter wir werden, desto mehr rückt das Alphabet  allerdings in den Hinterkopf, der einzelne Buchstabe ist nicht mehr so relevant. Kinder lernen das Alphabet noch mühsam in der Schule, Buchstabe für Buchstabe.

Normalerweise beschäftigen wir uns später nur noch dann mit dem Alphabet, wenn wir neue Sprachen lernen. Und so haben wir im Laufe des Lebens mehrere Alphabete im Kopf.

Nun brachte unsere moderne Zeit eine völlig neue Sprache mit sich, der sich jeder beugen muss, der in der modernen Kommunikation mithalten will: die Sprache einzelner Buchstabenkombinationen. Ein Beispiel: Man öffnet eine Mail, deren Inhalt aus nur drei Buchstaben besteht: fyi. Wer das zum ersten Mal liest, wird sich den Kopf zerbrechen.

Kamen solche mails vor zwei Jahren noch vereinzelt, sind sie mittlerweile täglich im Umlauf, vor allem in den so genannten Kurznachrichten, der sms oder what’s app beispielsweise. Und neben einem „fyi“ begegnen uns etwa „bb“ und „K“, „hdl“ oder „lol“. In Internetforen fragen manche schon, ob jemand ihnen entziffern könnte, was man da bekommen hat – wie bei dem oben genannten „hdgdlwdnvgn8“. Die Übersetzung lautet: „Hab dich lieb, will dich nicht verlieren, gute Nacht“.

Mit den wenigen Buchstaben hat der Schreiber Zeit und Geld gespart. Für eine sms, die Abkürzung für Short Message Service, hat man nur 160 Zeichen frei. Sind wir bequem geworden? Geizig? Oder soll einfach alles noch schneller gehen? Beherrscht der Empfänger die Buchstaben-Sprache nicht, dauert’s eher nur länger, weil dann doch paar mehr smse zur Erklärung hin- und hergehen. Das ist Stress. Deswegen: Stopp! Beginnen wir doch mal von vorn, bei „A“ wie Anfang.

Zu Beginn der Menschheit gab es keine Schrift. Mit der Kommunikation und dem Bedürfnis nach Verständigung entwickelten sich allmählich zunächst nur Schriftzeichen. Erst waren es Bilder von alltäglichen Gegenständen. Daraus bildete sich die Wortbildschrift, bei der einem Bild ein ganz bestimmtes Wort zugeordnet wird. Das war im 4. Jahrtausend v. Chr. in Ägypten und Mesopotamien der Fall, dann auch in China, bei den Azteken und Maya. Der nächste Schritt war die Silbenschrift wie  bei den Hieroglyphen oder den chinesischen Schriftzeichen.

Bei unserm deutschen Alphabet handelt es sich um eine Buchstabenschrift. Grafische Symbole sind einzelnen Lauten zugeordnet. Babys und Kleinkinder lernen erst die Laute, spätestens in der Schule die Zeichen dazu kennen. Das Lernen des Alphabets gestaltet sich dann noch wie eine Malstunde, wenn einzelne Initialen entweder vorgezeichnet sind und der Schüler sie nachzeichnet oder dann frei nach dem Muster schreiben lernt.

Besondere Schwierigkeiten mit dem Schreiben haben Kinder, die mit einem Dialekt aufwachsen. Die Bayern kennen beispielsweise drei verschiedene „As“. Dort gibt es etwas neben dem hellen, offenen „A“ ein weiteres, das eher nach „O“ klingt. Die Sachsen vertauschen weiche und harte Konsonanten: Aus P wird B, aus K wird G, aus T wird D. Kein Wunder, wenn Lehrer da manchmal an den Rechtschreibfehlern ihrer Zöglinge verzweifeln! Im Hochdeutschen besteht allerdings ein Konsens, welcher Laut zu welchem Buchstaben gehört. Und jetzt: Welche Rolle aber spielen die Initialen in unserm Alltag? Einige Beispiele:

Das „A“ ist nicht nur der Anfangsbuchstabe des Alphabets. Es steht auch als Abkürzung für „anno“, das Jahr auf Lateinisch, und es ist Landeskennzeichnen für Österreich: Austria. In der Physik ist es das Zeichen für Arbeit und in der Logik wird es als Zeichen für „Aussage“ verwendet.

Eine Besonderheit stellt das A in der Musik dar. Heute ist es der Kammerton, nachdem die Instrumente gestimmt werden. Seit dem 19. Jahrhundert ist das große A Zeichen für A-Dur, das kleine steht für a-Moll als Akkord und Tonart. Außerdem ist A auch Abkürzung für Altus und Antiphon.

Das C kennen wir als Kürzel für Celsius, wenn wir eine Temperatur angeben. In der Chemie bezeichnet das C den Kohlenstoff. Daneben steht C auf römischen Münzen für Gaius, der früher noch mit dem Anfangsbuchstaben C geschrieben wurde, aber auch für Caesar oder Calendae. Und eine bedeutende Rolle spielt der Buchstabe in der Informatik. Dort wird C für eine universell einsetzbare Programmiersprache verwendet.

Das D verbindet man gemeinhin mit Deutschland, es ist dessen Landeskennung. Ansonsten fällt der Buchstabe auf homöopathischen Medikamenten auf. Dort bezeichnet D eine Dezimalpotenz. Und Musiker kennen das D als Kürzel für die Dominante. Weniger bekannt ist das D als römisches Zahlzeichen für 500 oder als römische Abkürzung für lateinisch Datum, Decretum, Dictator oder Dominus.

Das „E“ ist die englische Bezeichnung für East, die Himmelsrichtung Ost. Im Verkehr steht „E“ für Europastraßen. Als Formelzeichen steht für Energie, elektromotorische Kraft, Beleuchtungsstärke – um nur einige Beispiele zu geben. Wichtig wird das „E“ im Matheunterricht, wenn’s um die eulersche Zahl, die Exponentialfunktion oder natürliche Logarhythmen geht.
Außerdem war „E“ der Kennbuchstabe auf Münzen des Deutschen Reiches für die Münzstätte Dresden, auf deutschen Reichsmünzen, auf preußischen Münzen und auf DDR-Münzen. Auch in Österreich und Frankreich zierte es manches Geldstück. Für Spanien ist „E“ die Länderkennung und in Swasiland steht es für das Währungszeichen.

Mit P verbinden viele vermutlich am ehesten die Abkürzung für Pater. P steht aber auch für den Peso der Philippinen, für die Bezeichnung „piano“ für „leise“ in der Musik und das physikalische Formelzeichen für Druck.

Das Schöne an „P“ ist dessen Abwandlung zu der Kreiskonstante „pi“, die Verhältnis von Kreisumfang zu Durchmesser beschreibt. Die Zahl Pi ist irrational, kann also nicht als Bruch dargestellt werden. Und sie hat unendlich viele Nachkommastellen.

Mathe-Nerds huldigen der Kreiskonstante alljährlich am 14. März, in dem sie zum Beispiel Zahlenkuchen essen und im Kreis laufen. Der amerikanische Kongress erklärte im März 2009 den 14. März zum offiziellen Pi-Tag.

Wenn wir nun einzelne Buchstaben kombinieren, wie anfangs vorgestellt, wird die Sache komplizierter. Diese Komplexität spiegelt unsere Gesellschaft wider, die es immer schneller, bequemer und billiger haben möchte – und letztlich das Gegenteil erreicht.  Das Drama einer Kultur?

„…EMI, CBS und BMG, ADAC, DLRG – ojemine. EKZ, RTL und DFB ABS, TÜV und BMW, KMH, ICE und Eschede, PVC, FCKW - is nich OK. MfG - mit freundlichen Grüßen…“

Die Fantastischen Vier parodieren in ihrem Song „Mit freundlichen Grüßen“ unsere neue Kommunikation. Mfg steht unter vielen Emails kurz für „Mit freundlichen Grüßen“. Und in der Tastatur des PCS ist es sogar als solches gespeichert: Man tippt nur diese drei Buchstaben und der formelle Gruß wird automatisch ausgeschrieben. Das spart wertvolle Zeit, die wir Menschen komischerweise immer mehr sparen wollen, um mehr davon zu haben – letztlich aber jagen wir ihr doch nur hinterher.

Und jetzt stellen Sie sich vor, Sie erhalten Nachrichten mit Wörtern wie asap, Cu, lol und Rofl usw. Sie werden zwar immer populärer, sind aber noch nicht im allgemeinen Wortschatz gelandet. Wobei viele der neuen Abkürzungen aus der – meist amerikanisch geprägten - Internetsprache bereits in Duden verankert sind. Bevor man etwas falsch verstehen könnte, sollte man nachschlagen und zudem bestenfalls der englischen Sprache mächtig sein. Denn Kiss steht etwa nicht für Kuss, sondern für „Keep ist simple and stupid“, was heißt: „Erklär’s idiotensicher!“. Das Kürzel für Kuss ist einfach der Buchstabe X. Weitere Kürzel im Überblick:

Ak steht für „alles klar“, bb kann byebye bedeuten oder aber „bin zurück“, anlehnend an das englische „be back“. Die Bedeutung erschließt sich aus dem Zusammenhang der einzelnen Kürzel. Afk meint, dass man gerade nicht am Platz ist: away from Keyboard. Cu kommt von „See you“ und bedeutet „bis bald“. Asap heißt „as soon as possible“, also „so schnell wie möglich“. Das vorhin erwähnte „lol“ meint lautes Lachen. Die einzelnen Buchstaben stehen für „laugh at loud“. Ähnliches meint das „Rofl“. Das heißt „rolling on the floor laughing“ und steht für die deutsche Redewendung „sich vor Lachen auf dem Boden kugeln“. „Kp“ heißt „kein Plan“ und „Ka“ bedeutet „keine Ahnung“. „Rgds“ steht für „Regards“, „hand“ nicht etwa fürs Händeschütteln, sondern für „have a nice day“. Besonders faszinierend ist,  dass selbst Kürzel gekürzt werden: Dazu gehört das OK. Man schreibt heute nur noch K.

Wenn Sie nun in Ihrer Email neben fyi auch eom steht, dann wissen Sie jetzt, das bedeutet: „For your information“ und „end of massage“. Auf Deutsch: „Zur Ihrer Information“ und „Ende der Nachricht“.

In diesem Sinne: Viel Freude beim Lernen!
K, bb, rgds und hand!
 

Dorothea Schmidt, wissen.de-Redaktion
 

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