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Leber: Das chemische Großlabor

Wo genau sitzt die Leber?

Mit 1500 Gramm ist die Leber (Hepar) nicht nur das größte innere Organ, sondern auch die größte Drüse des Körpers. Sie liegt direkt unterhalb des Zwerchfells, wo sie fast den ganzen oberen rechten Raum der Bauchhöhle einnimmt. Sie ist fast vollständig von den unteren Rippen umgeben und geschützt. Die Leber gehört zu den wichtigsten Körperorganen und ist für die Steuerung der Stoffwechselvorgänge unverzichtbar.

Die Leber ist mit Milliarden von Zellen bepackt, die eine Schlüsselrolle in der Homöostase spielen. Sie sind mit vielen hundert Einzelfunktionen an Stoffwechsel- und Steuerungsprozessen beteiligt, die dafür sorgen, dass die Zusammensetzung des Bluts konstant bleibt. Aufgrund der zentralen Rolle der Leber erweisen sich Schädigungen oder Erkrankungen dieses Organs oft als lebensbedrohend. Solche Schädigungen können aus der Art der Lebensführung resultieren, beispielsweise aus lang andauerndem Alkohol- oder Drogenmissbrauch.

Woher hat die Leber ihre dunkle Farbe?

Die intensiv rotbraune Farbe des Organs ist ein äußeres Anzeichen für die großen Blutmengen, die unaufhörlich durch die Leber strömen und von den Leberzellen bearbeitet werden. Das Blut zirkuliert in kleinen Kanälchen, die als Lebersinusoide bezeichnet werden, durch das Organ.

Wie andere Bauchorgane ist auch die Leber vom Bauchfell überzogen. Sie wird durch ein bindegewebiges Band, das Ligamentum falciforme, in den größeren rechten und den kleineren linken Leberlappen geteilt und an der vorderen Bauchwand verankert.

Wie ist der besondere Aufbau der Leber?

Jeder Leberlappen besteht aus Tausenden von sechseckigen, wabenförmigen Läppchen, die ihrerseits aus Milliarden von hochspezialisierten Leberzellen bestehen.

Die Leberläppchen: Die Leber ist in etwa 100 000 systematisch aufgebaute strukturelle und funktionelle Einheiten unterteilt, die so genannten Leberläppchen (Lobuli hepatici). Jedes wabenförmige Leberläppchen hat einen Durchmesser von etwa einem Millimeter und besteht aus plattenförmigen Leberzellschichten aus jeweils einer Zelllage, die vom Zentrum aus strahlenförmig nach außen verlaufen. Im Kern des Läppchens verläuft längs gerichtet eine Zentralvene, die schließlich in die aus der Leber austretende Lebervene mündet.

Dort, wo die Ecken von drei wabenförmigen Läppchen aufeinandertreffen, im so genannten Periportalfeld, verlaufen jeweils drei Gefäße, die als Glisson-Trias bezeichnet werden. Eines dieser Gefäße ist ein kleiner Gallengang, die beiden anderen sind Blutgefäße. Ein Zweig der Leberpfortader bringt nährstoffreiches, ein Zweig der Leberarterie sauerstoffreiches Blut in die Leberläppchen.

Die Leberzellen: Die vielfältigen Funktionen der Leber werden von Milliarden von Leberzellen (Hepatozyten) ausgeführt. Zu den Aufgaben dieser höchst flexiblen Zellen gehört die Verarbeitung von Nährstoffen, die Entfernung von Giftstoffen, die Ausscheidung von Eiweißen und die Bildung von Galle, eine Flüssigkeit, deren Bestandteile an Verdauungs- und Ausscheidungsprozessen beteiligt sind.

Die Lebersinusoide: Die Leberzellen sind von Blut umgeben, das in winzigen Kanälchen, den so genannten Lebersinusoiden, von außen ins Innere des Leberläppchens zur Zentralvene fließt. Auf dem Weg des Bluts entlang der Lebersinusoide zur Zentralvene entnehmen die Leberzellen Nährstoffe und andere Materialien, die für verschiedene Stoffwechselvorgänge benötigt werden, aus dem Blut und geben andererseits gespeicherte Nährstoffe ans Blut ab. Die Lebersinusoide beherbergen außerdem sternförmige Makrophagen, die so genannten Kupffer-Sternzellen, die Bakterien, Zelltrümmer und überalterte rote Blutkörperchen umfließen und aus dem Blut entfernen.

Woher bekommt die Leber Blut?

Wie andere Organe auch ist die Leber durch die Leberarterie, die von der Aorta abzweigt, an die arterielle Blutzufuhr angeschlossen. Von dort erhält sie sauerstoffreiches Blut. Dieses Blut macht aber nur etwa 20 Prozent der gesamten Blutzufuhr der Leber aus, da der größte Teil des aufgenommenen Bluts über die Leberpfortader zufließt.

Was ist eine Pfortader?

Pfortadersysteme unterscheiden sich von anderen Gefäßsystemen. Die meisten Venen transportieren das Blut weg vom Netz der Blutkapillaren im Innern eines Organs und bringen es Richtung Herz. Ein Pfortadersystem transportiert jedoch Blut von einem Organ zum anderen, so dass das Blut auf seinem Weg durch den Körper nicht nur durch ein, sondern durch zwei Kapillarnetze fließen muss. Im Fall des Leberpfortadersystems mündet das Blut aus den Blutkapillaren im Bereich der unteren Speiseröhre, des Magens, des Dünndarms und eines großen Teils des Dickdarms in die Leberpfortader, die zur Leber führt und dort nun ins Blutkapillarnetz der Leberzellen, d. h. in die Lebersinusoide, mündet.

Der größte Teil des Bluts, der in die Leber gelangt, ist deshalb sauerstoffarm, aber reich an frisch resorbierten Nährstoffen, beispielsweise Glucose und Aminosäuren. Außerdem enthält es meist noch andere Substanzen, z. B. Wirkstoffe aus Arzneimitteln, Giftstoffe und Mikroorganismen. Die Leberpfortader und die Leberarterie treten an der Leberpforte, an der Unterseite des Organs in die Leber ein.

Das von den Leberzellen verarbeitete Blut verlässt das Organ in der rechten und linken Lebervene, die beide unmittelbar danach in die untere Hohlvene münden. Von dort wird das Blut zum rechten Herzvorhof weitertransportiert.

Wofür ist die Leber zuständig?

Die Leber erfüllt etwa 500 verschiedene Aufgaben innerhalb des Stoffwechsels. Dadurch sorgt sie dafür, dass die chemische Zusammensetzung des Bluts überwacht und gesteuert wird, so dass die Körperzellen optimale Bedingungen vorfinden und mit größter Effizienz arbeiten können. Die Leber ist innerhalb des Verdauungsprozesses zwar nur für einen Verdauungsschritt zuständig – als Hilfsorgan der Verdauung produziert sie Galle und unterstützt so die Fettverdauung im Zwölffingerdarm – erfüllt aber noch unzählige andere Aufgaben, durch die sie an der Verarbeitung und Bearbeitung von Nährstoffen beteiligt ist, die nach der Verdauung aus dem Dünndarm resorbiert werden. Durch die entsprechende Behandlung der Nährstoffe sorgt sie dafür, dass die normale Zusammensetzung des Bluts nach einer Mahlzeit nicht durch einen plötzlichen Nährstoffüberschuss destabilisiert wird.

Die Leber reguliert die Glucosekonzentration im Blut, bearbeitet Fette und Eiweiße, speichert Vitamine und Mineralien, bildet die meisten Plasmaeiweiße, einschließlich fast aller Gerinnungsfaktoren, und produziert Galle. Sie entgiftet das Blut und entfernt andere unerwünschte Fremdstoffe, spaltet Hormone und hilft bei der Aufrechterhaltung einer konstanten inneren Körpertemperatur durch Wärmeerzeugung.

Wie reguliert die Leber den Zuckerspiegel?

Sie fungiert im Zuckerstoffwechsel als Puffer. Die Glucose liefert die Energie, die die Zellen für ihre Stoffwechseltätigkeit benötigen. Es ist für den Organismus von lebenswichtiger Bedeutung, dass der Glucosespiegel im Blut nahezu konstant bleibt, denn die Glucose wird ja über das Blut zu den einzelnen Zellen transportiert. Bei zu hoher oder zu niedriger Glucosekonzentration können die Zellen die Glucose nicht aufnehmen. Die Leber sorgt für einen Ausgleich. Ist nach einer Mahlzeit der Glucosespiegel erhöht, wird die Glucose von den Leberzellen als Glykogen gespeichert. Fällt der Glucosespiegel dagegen, verwandelt die Leber das Glykogen wieder in Glucose zurück und gibt es ins Blut ab.

Ist der Glucosespiegel erniedrigt und die Glykogenspeicher bereits aufgebraucht, so kann die Leber Aminosäuren in Glucose umwandeln. Ist jedoch der Glucosespiegel erhöht und die Glykogenspeicher schon gefüllt (die Speicherfähigkeit ist begrenzt), wandelt die Leber Glucose in Fett um und speichert es entweder in der Leber oder lagert es als Fettgewebe an. Auf diesem Weg werden sämtliche überzählige Kalorien aus Kohlenhydraten, die der Körper bei seinen Aktivitäten nicht verbrauchen kann, als Fett gespeichert und führen allmählich zu Fettpolstern und Übergewicht.

Wie schnell baut die Leber Alkohol ab?

Alkohol gehört zu den Stoffen, die für den Organismus schädlich sind und deshalb von der Leber neutralisiert werden müssen. Aus einer Vielzahl von Alkoholen stellt das Äthanol (Äthylalkohol) den größten Anteil in Bier, Wein, Schnaps und anderen alkoholischen Getränken.

Der Abbau von Äthanol kann nur in einer bestimmten Geschwindigkeit erfolgen: Pro Stunde werden etwa 0,1 Promille abgebaut. Übersteigt die aufgenommene Menge an Äthanol die im gleichen Zeitraum abbaubare Menge, gelangt das im Blut zirkulierende Äthanol in das Gehirn, wo es dämpfend wirkt und die typischen Ausfallerscheinungen verursacht. Eine geringe Menge Alkohol wird direkt über den Urin und die Atemluft ausgeschieden, daher rührt die typische »Fahne« nach Alkoholgenuss.

Was macht die Leber mit den Fetten?

Die Leber kann Fette entweder speichern oder – falls Energie benötigt wird – zur Energiegewinnung aufspalten. Sie produziert auch das Cholesterin, ein wichtiger Bestandteil der äußeren Zellmembran und in der Hormonsynthese. Die Leber bildet Lipoproteine, die als Transportmittel agieren und Fette sowie Cholesterin zwischen den Körperzellen hin und her transportieren.

Welche Funktion hat sie im Eiweißstoffwechsel?

Hier sorgt die Leber für einen Umbau. Blutplasma enthält Plasmaeiweiße wie das Albumin, ein Eiweiß, das Wasser im Blut binden kann und als Träger- oder Transportsubstanz, z. B. für Hormone oder den Blutgerinnungsfaktor Fibrinogen, dient. Die größtenteils aus Eiweißen bestehenden Gerinnungsfaktoren werden von den Leberzellen aus Aminosäuren gebildet, die entweder aus dem Dünndarm resorbiert oder von der Leber selbst produziert werden. Im Gegensatz zu Glucose und Fetten kann ein Überschuss an Aminosäuren nicht sofort gespeichert werden, sondern muss erst in eine speicherfähige Form umgebaut werden. Dies geschieht in der Leber u. a. durch Abspaltung der stickstoffhaltigen Aminogruppe unter Bildung des giftigen Ammoniaks. Dieses wird im Lauf weiterer chemischer Reaktionen in den ungiftigen Harnstoff umgewandelt, zu den Nieren transportiert und von dort aus dem Körper ausgeschieden.

Gelangen auch Vitamine und Mineralien in die Leber?

Ja. Die Leber dient als Speicherorgan für verschiedene Vitamine, hauptsächlich A, D und B12. Sie ist in der Lage, einen viermonatigen Vorrat an Vitamin D und A sowie einen zweijährigen Vorrat an B12 zu speichern.

Innerhalb der Leberzellen befindet sich auch ein Speicher für die Mineralien Eisen und Kupfer. Sie werden beide für die Bildung des Hämoglobins benötigt, das in den roten Blutkörperchen für den Sauerstofftransport zuständig ist. Das Eisen stammt entweder aus dem Abbau überalterter roter Blutzellen oder aus der Nahrung. Es wird als Ferritin gespeichert, das an ein Eiweiß gebunden ist. Bei einem Abfall des Eisenspiegels im Blut schüttet die Leber zusätzliches Eisen aus.

Wie viel Galle stellt die Leber her?

Täglich produzieren die Leberzellen zwischen 500 und 1000 Milliliter Galle. Sie fließt entgegengesetzt der Flussrichtung der Lebersinusoide durch die Gallenkapillaren, die zwischen den Leberzellen hindurch verlaufen und sich zu größeren Sammelgängen vereinigen, die in die Hauptgallengänge und schließlich in den gemeinsamen Lebergallengang münden. Die Galle verlässt die Leber über den Lebergallengang und wird so lange in der Gallenblase gespeichert, bis sie zur Verdauung benötigt und in den Zwölffingerdarm ausgeschüttet wird.

Die grünliche Gallenflüssigkeit setzt sich aus vielen Inhaltsstoffen zusammen, darunter Gallensäuren, Gallenpigmente, Cholesterin und Fette, die größtenteils mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Gallensäuren werden in der Leber aus Cholesterin gebildet. Durch Emulgierung der Fette im Zwölffingerdarm, d. h. durch die Verbesserung ihrer Wasserlöslichkeit, wird die Fettverdauung beschleunigt.

Was kann die Leber noch?

Die Leber entfernt Gifte oder Drogen wie Alkohol, Arzneimittelbestandteile und andere giftige chemische Substanzen aus dem Blut und wandelt sie in größtenteils inaktive Substanzen um. Diese können dann über die Nieren ausgeschieden werden.

Bestimmte Hormone, die von den endokrinen Drüsen als chemische Botenstoffe gebildet werden, darunter das Östrogen, werden von der Leber entweder chemisch umgewandelt oder der Ausscheidung zugeführt.

Wärme ist ein Nebenprodukt aller chemischen Abläufe innerhalb der Leberzellen. Die von der Leber erzeugte Wärme sowie die bei der Muskelaktivierung frei werdende Wärmeenergie halten das Körperinnere und die Organe warm und erzeugen eine optimale Temperatur für die Aktivität der Körperzellen.

Wie können Sie Ihre Leber schützen?

Durch einen entsprechenden Lebensstil können viele Erkrankungen der Leber vermieden werden:

  • Ernähren Sie sich ausgewogen und gesund. Vermeiden Sie eine übermäßige Fettzufuhr und halten Sie Ihr Normalgewicht.
  • Die beste und wirkungsvollste Möglichkeit, einem Leberschaden vorzubeugen, ist die Reduzierung des Alkoholkonsums.
  • Bei Arzneimitteln, besonders bei Schmerzmitteln, sollte die empfohlene Dosis und Einnahmedauer niemals überschritten werden.
  • Durch die Verwendung von Kondomen kann das Ansteckungsrisiko bei der Reisehepatitis drastisch gesenkt werden.

Was versteht der Internist unter …

Hepatitis? Eine »Leberentzündung« kann durch verschiedene Schädigungen ausgelöst werden, die letztlich zum Leberzelluntergang führen. Als Auslöser kommen Viren, Bakterien, Protozoen, Alkohol, Giftstoffe oder Medikamente in Betracht.

Fettleber? Dies ist eine krankhafte Veränderung des Lebergewebes bei Störungen des Fettstoffwechsels oder Übergewicht. Die Leber besteht dann zu 10 bis 50 Prozent ihres Gewichts aus Fettablagerungen in ihren Zellen und ist dadurch in ihrer Funktion deutlich gestört. Häufigste Ursachen sind Alkoholmissbrauch, Zuckerkrankheit und Überernährung

Leberzirrhose? So wird der chronisch fortschreitende bindegewebige Umbau der Leber mit umfassender Beeinträchtigung der Leberfunktionen genannt. Im fortgeschrittenen Stadium finden sich eine lederartig verhärtete Leber und Störungen der Leberfunktionen bis hin zum Leberkoma. Ursachen für eine Leberzirrhose sind u. a. starker und lang andauernder Alkoholmissbrauch, erbliche Stoffwechselstörungen und Leberentzündungen.

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