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Niccolò Machiavelli: Theoretiker der Macht

Worin bestand Niccolò Machiavellis großes Verdienst?

Er lieferte eine schlüssige Theorie der Macht. Machiavelli hat erstmals nüchtern und ohne Beschönigung die Techniken der Herrschaft und des Machterhalts beschrieben. Er begreift Politik grundsätzlich als Machtpolitik und geht davon aus, dass Staat und Herrschaft auf menschliche Gewalt gegründet sind. Damit lehnt Machiavelli jegliche Art von Verbrämung ab, die die Legitimation von Machtverhältnissen etwa auf göttliche Voraussetzungen zurückführt. Aus solcher Beschränkung des Staatswesens auf bloße Herrschaftstechnik ergibt sich, dass Politik und Moral voneinander zu trennen sind. Maßstab für einen Politiker ist nicht mehr, ob er gut, sondern ob er effektiv im Sinn der Machterhaltung handelt und so dem Prinzip der Staatsräson den Vorrang gibt.

Andererseits zeigt Machiavelli, dass Macht und Herrschaft als allein von Menschen verantwortete Phänomene auch zum Positiven veränderbar sind. Damit hat er der Aufklärung vorgearbeitet und gilt mit seinen Analysen als Begründer der modernen Geschichtsschreibung und der Politikwissenschaft.

Hatte der Italiener politische Erfahrung?

Gewiss. Der Stadtstaat Florenz, in dem er am 3. Mai 1469 als Sohn eines Beamten und Juristen geboren wurde, war Machiavellis Wirkungs- und Lebensstätte. Seine politische Laufbahn begann 1498. Machiavelli war zunächst in der inneren Verwaltung von Florenz tätig, war dann aber für Fragen der Außen- und Verteidigungspolitik zuständig. Als ständiger Sekretär des regierenden Rats hatte Machiavelli auch diplomatische Funktionen zu erfüllen, die ihn mit mächtigen Fürsten seiner Zeit in Kontakt brachten. So konnte er etwa miterleben, wie Cesare Borgia an seinem Hof in der Romagna eine entscheidende Machtprobe zu seinen Gunsten beendete.

War Machiavelli als Politiker erfolgreich?

Zunächst schon. Auf Machiavellis Initiative hin wurden die Söldnertruppen durch ein Bürgerheer ersetzt, eine Maßnahme, die der Republik Florenz in einer militärischen Auseinandersetzung mit Pisa sogleich Erfolg bescherte. Dann aber führte 1512 die von den Spaniern unterstützte gewaltsame Rückkehr der 18 Jahre lang in der Verbannung lebenden Familie der Medici nach Florenz das Ende der Republik herbei. Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass Machiavelli seiner Ämter enthoben und gefangen gesetzt wurde, da man ihn der Verschwörung gegen die Medici verdächtigte. Nach seiner Freilassung und Verbannung zog er sich auf sein bescheidenes Landgut Sant'Andrea bei San Casciano nahe Florenz zurück.

Was machte der Dichter in der Verbannung?

Er schrieb über Politik. Das wurde ihm zum Ersatz für politisches Handeln. Er verfasste nun seine Hauptwerke, die aber erst nach seinem Tode publiziert wurden: die »Erörterungen über die ersten zehn Bücher des Titus Livius« (1531) und »Der Fürst« (1532), in dem er das System einer skrupellosen Alleinherrschaft beschreibt und analysiert. Mittlerweile von den regierenden Medici wieder wohl gelitten, wurden Machiavelli kleinere Ämter und diplomatische Missionen übertragen. Im Auftrag des Medici-Papstes Klemens VII. verfasste er zudem eine 1525 abgeschlossene »Geschichte der Stadt Florenz«. Als die Medici 1527 ihre Macht verloren, wurde auch Machiavelli wieder aller Funktionen enthoben. Den neuerlichen Abstieg sollte Machiavelli nicht lang überleben. Geschwächt und verarmt starb er am 22. Juni 1527.

Was ist Machiavellismus?

Der Zweck heiligt die Mittel: Auf diese zentrale These wird die oft abwertend als »Machiavellismus« bezeichnete Lehre von der Staatsräson gern verkürzt. Der negative Beigeschmack sollte aber nicht so sehr einem etwaigen Zynismus Machiavellis zugeschrieben, sondern als Ergebnis der Illusionslosigkeit betrachtet werden, mit der der große Staatsdenker die politischen Verhältnisse seiner Zeit und insbesondere das Scheitern der Republik von Florenz sehen lernte. Die zentrale Rolle, die die Gestalt eines starken Herrschers in der Schrift »Der Fürst« einnimmt, rührt von dem pessimistischen Menschenbild Machiavellis her. Als Haupttriebfeder menschlichen Handelns setzt er den Egoismus an, und dieser bedarf einer Disziplinierung von außen, damit er das Gemeinwesen nicht aus dem Gleichgewicht bringt.

Wussten Sie, dass …

Machiavelli auch als Stilist und Sprachkünstler für die italienische Literatur bedeutend ist? Das zeigt etwa die von ihm verfasste Renaissancekomödie »La Mandragola« (um 1513).

der skrupellose italienische Renaissanceherrscher Cesare Borgia als Modell für die Figur von Machiavellis »Fürsten« gilt?

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