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Umweltfreundlich streamen: Wie geht das?

Direkt am Morgen durch Instagram-Reels scrollen, beim Mittagessen ein Video auf YouTube schauen und abends dann noch zwei Stunden bei einer Netflix-Serie entspannen: Streaming bestimmt unseren Alltag wie nie zuvor. Und verbraucht Unmengen Strom, was wiederum schlecht fürs Klima ist. Was können die Anbieter tun, um Streaming „grüner“ zu machen? Und welche Möglichkeiten haben Nutzer, wenn sie umweltfreundlicher streamen wollen?
AMA, 28.02.2023
Symbolbild Video-Streaming

© demaerre, GettyImages

Video-Streaming hat in den vergangenen Jahren und vor allem während der Lockdowns drastisch zugenommen. Im Jahr 2020 streamte jeder Deutsche im Schnitt 55 Minuten täglich. Mittlerweile dürfte es sogar noch deutlich mehr Zeit sein. Doch so unterhaltsam Streaming auch sein mag: Es ist sehr schlecht fürs Klima. Denn Netflix und Co. benötigen riesige, stromfressende Rechenzentren, um ihr Angebot überhaupt erst ermöglichen zu können. Laut einer Studie verursachte Video-Streaming allein im Jahr 2018 einen CO2-Ausstoß in Höhe von 306 Millionen Tonnen – so viel wie ganz Spanien in einem Jahr.

Wie grün sind die Rechenzentren?

Vor allem die Internetriesen Apple, Facebook und Google sind möglicherweise besser als ihr Ruf, wie eine Analyse von Greenpeace im Jahr 2017 ergab. Demnach lag Apple damals mit 83 Prozent Strom aus regenerativen Quellen das dritte Jahr in Folge auf dem Spitzenplatz des Greenpeace Rankings, gefolgt von Facebook mit 67 Prozent und Google 56 Prozent. Alle drei Anbieter hatten sich bereits vor Jahren dazu verpflichtet, ihren Energiebedarf nach und nach auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen – und kamen diesem Ziel tatsächlich näher.

Deutlich weniger vorbildlich sah es der Studie zufolge bei Amazon Web Services (AWS) aus, dem Unternehmen, das die Server für Amazon Prime, Netflix, Pinterest und Spotify hostet. Zumindest im Jahr 2017 wurden die Rechenzentren für AWS noch primär mit Strom aus Kohle, Gas und Atomkraftwerken betrieben. Der Netflix-Host AWS nutzte zum Beispiel Datenzentren im US-Staat Virginia mit dem landesweit niedrigsten Anteil regenerativen Stroms.

Symbolbild Datenverkehr
Ein gutes Drittel des globalen Datenverkehrs bzw. satte 80 Prozent des Stromverbrauchs des Internets entstanden 2020 durch das Streamen von Musik und Filmen.

© style-photography, GettyImages

Was Streaming-Anbieter noch tun können

Streaming-Anbieter könnten jedoch auch dazu beitragen, dass bei der Übertragung der Daten weniger Energie anfällt. Sie könnten zum Beispiel klimafreundliche Standard-Einstellungen festlegen, schlägt der Psychologe Benedikt Seger von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg vor. Das würde bedeuten, dass die Videos von vorneherein in niedriger Auflösung laufen, die der Nutzer erst manuell wieder hochschrauben müsste.

Auch eine deaktivierte Autoplay-Funktion wäre Teil dieser „grüneren“ Standard-Einstellungen. Zum Ende des einen Films würde dann nicht mehr automatisch direkt der nächste starten. „Noch wirksamer wäre freilich die Umrüstung der Rechenzentren auf erneuerbare Energien“, sagt Seger. Doch dafür müssten zunächst passende Rahmenbedingungen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene geschaffen werden.

Was wir als Nutzer tun können

Obwohl Expertendie Hauptverantwortung für klimafreundliches Streamen bei den Anbietern sehen, können auch Nutzer dazu beitragen, die dabei entstehenden CO2-Emissionen nicht unnötig in die Höhe zu treiben. Das gelingt zum Beispiel, indem man auf dem Laptop statt auf dem Smart-TV streamt, in geringer Auflösung schaut oder die Autoplay-Funktion manuell deaktiviert.

In einem mehrwöchigen Experiment haben Seger und seine Kollegen getestet, wie sich Nutzer am ehesten von solchen energiesparenden Maßnahmen beim Streaming überzeugen lassen. „Es zeigte sich, dass bereits die Informationsvermittlung am Ende der ersten Woche zu einem Rückgang des CO2-Verbrauchs in den folgenden Wochen um bis zu 30 Prozent führte“, erklärt der Psychologe.

Die Versuchsteilnehmer hätten sich vor allem dazu entschieden, in gedrosselter Auflösung und generell weniger zu streamen, um sich dabei klimafreundlicher zu verhalten. Laut Seger könnte ein erster Schritt hin zu „grünerem“ Streaming also darin bestehen, mehr über dessen schlechte Klimabilanz aufzuklären und den Nutzern konkrete Handlungsempfehlungen mitzugeben.

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