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Die Tricks der Dating Apps
Im Juli ist die Zeit der Frühlingsgefühle vielleicht vorbei, doch viele der glücklichen und unglücklichen Singles daten auch im Sommer weiter. Knapp ein Drittel der 16- bis 64-Jährigen sucht dabei laut einer Bitkom-Studie online nach der großen Liebe, fast 70 Prozent von ihnen nutzen Dating-Apps wie Tinder, Lovoo oder Bumble.
Viele der Online-Dating-Plattformen funktionieren im Prinzip sehr ähnlich: Auf unserem Handy-Bildschirm werden uns die Profile verschiedener potenziellen Datingpartner präsentiert. Finden wir die Person wahlweise attraktiv, sympathisch oder einfach interessant, swipen wir auf dem Handybildschirm nach links und vergeben damit ein Like. Wenn man sich gegenseitig mag, entsteht sogar ein Match und man kann daraufhin miteinander in Kontakt treten. Gefällt das Profil nicht, wischt man eben in die andere Richtung.
Dating-Apps bevorzugen schöne Menschen
Damit die Dating-App-Nutzer nur Profile sehen, die sie auch interessieren, also lesbische Frauen beispielsweise keine Männer angezeigt bekommen, können sie teilweise selbst die Kriterien der potenziellen Love-Matches bestimmen. Beispielsweise lässt sich das Geschlecht oder Alter der angezeigten Profile eingrenzen. Auch die Frage, ob das Gegenüber auf der App offiziell Freundschaften sucht, One-Night-Stands oder doch eher eine Langzeitbeziehung, kann als Ausschlusskriterium gewählt werden.
Auch über diese freiwillige Auswahl hinaus ist es aber keineswegs zufällig, welche Dating-Profile man auf dem Bildschirm präsentiert bekommt. So zeigt eine Studie von US-Forschern, dass die Online-Dating-Plattformen beliebte Personen offenbar deutlich häufiger empfehlen als die als weniger attraktiv eingestuften User. Wer schon mal eine Dating-App genutzt hat, kennt diesen Effekt vielleicht: Besonders in den ersten Stunden oder Tagen nach dem Download sieht man besonders viele besonders attraktive Personen.

Der ELO-Score
Für dieses Attraktivitäts-Ranking nutzen die meisten Apps einen sogenannten ELO-Score. „Dieser wurde ursprünglich als Bewertung der Spielstärke von Schachspielern entwickelt. Im Datingbereich zeigt er an, wie attraktiv die Nutzer sind. Oder besser: Wie attraktiv Ihr Profil auf andere wirkt“, erklärt die Verbraucherzentrale. Attraktive Profile werden dann besonders vielen Menschen angezeigt. Außerdem matcht der Algorithmus uns bevorzugt mit Menschen, die einen ähnlichen Attraktivitäts-Score haben wie wir.
Während sich die Tinder-, Bumble- und OkCupid-Nutzer eventuell am Anblick der schönen Profilfotos erfreuen, genießen die Betreiber der Dating-Plattformen vor allem die Einnahmen, die sie dadurch generieren. Denn das vermehrte Anzeigen der vermeintlich attraktiveren Personen verfolgt einen finanziellen Zweck. „Populäre Nutzer helfen der Plattform, mehr Umsatz und eine höhere Anzahl erfolgreicher Matches zu generieren, solange diese populären Nutzer nicht 'unerreichbar' werden“, erklärt Musa Eren Celdir von der Carnegie Mellon University.
Dieses Vorgehen zeugt allerdings nicht nur von einem spezifischen Menschenbild, es festigt auch gesellschaftliche Diskriminierung, da es Menschen ihrem angeblichen „Marktwert“ entsprechend behandelt: Ohnehin schon beliebte Profile werden vielen Nutzern angezeigt, unbeliebte Profile hingegen weniger Nutzern. Aufgrund der zunehmenden Kritik am ELO-Score nutzen einige Dating-Apps, wie beispielsweise Tinder, diesen offiziell auch nicht mehr. „Allerdings bleiben die Angaben des Dating-Riesen zum neuen Algorithmus so vage, dass niemand sicher sein kann, dass nicht doch ein Attraktivitäts-Score im Hintergrund am Werk ist“, berichtet die Verbraucherzentrale.
Wer wird mir nach einiger Zeit angezeigt?
Je länger wir Feeld oder Tinder nutzen, desto pfiffiger und an unsere Vorlieben angepasst reagiert der Algorithmus. Während er sich zu Anfang nur auf die allgemeine Vorliebe für attraktive Menschen verlässt, erfährt der Algorithmus mit der Zeit durch Swipes oder unser Schreibverhalten immer mehr über unsere persönlichen Präferenzen. Liken wir beispielsweise immer Personen, die als Krankenpfleger arbeiten, merkt sich der Algorithmus diese Vorliebe und schlägt häufiger Menschen vor, die in dieses "Beuteschema" passen.
Mittlerweile können die Apps sogar die Profilfotos auswerten. Das bedeutet auf der einen Seite, dass jemand, der beispielsweise Menschen mit roten Haaren besonders attraktiv findet, auch mehr rothaarige Menschen auf dem Bildschirm vorgeschlagen bekommt. Doch die Fotos verraten auch etwas über unsere persönlichen Interessen. „Wenn jemand zum Beispiel Likes an Leute vergibt, die die Natur lieben, auf Festivals gehen oder gerne am Strand sind, werden wir diesen Hinweis mit aufnehmen“, erklärt Tinder zum Beispiel auf der eigenen Seite. So wird es mit der Zeit immer wahrscheinlicher, auf den Apps Personen zu finden, die man interessant findet.
Verlieben die Dating-Apps erfolgreich?
Allerdings dürften die Apps laut Geschäftsmodell auch nicht zu erfolgreich sein, denn die Betreiber generieren Einnahmen durch die aktive Nutzung. Wer sein Matsch gefunden hat, braucht die App aber nicht mehr – zumindest vorerst. Dadurch entfallen für den App-Betreiber Einnahmen durch Werbung oder erworbene Zusatzleistungen, wie beispielsweise den sogenannten Super-Swipe bei Bumble, mit dem man für einen Euro besonderes Interesse an einer Person ausdrücken kann.
Doch auch erfolgreiche Beziehungen können Teil des Geschäftsmodells werden, denn diese stärken das Image der Apps und motivieren neue Singles, sich ebenfalls bei Tinder oder Parship anzumelden. Die Rechnung scheint bisher aufzugehen – für beide Seiten. „Ganze 61 Prozent der Befragten geben an, beim Online-Dating schonmal einen festen Partner gefunden zu haben“, berichtet Barbara Engels vom Institut der deutschen Wirtschaft.