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Tötet „KI-Müll“ das Internet?

Das Internet ist tot. Das behauptete zumindest vor einigen Jahren ein Forumsnutzer und prägte damit die „Dead Internet Theory“. Demnach ist das Netz längst voll von durch künstliche Intelligenz erzeugten Inhalten. Diese könnten bald so stark zunehmen, dass echte Kommunikation über das Netz kaum mehr möglich ist. Doch was ist dran an dieser Warnung? Wer schreibt noch echte Beiträge? Und wird das Internet irgendwann ganz sterben?
CMA, 08.10.2025
Kücken, das aus Apfelsinenstücken besteht
Ist das Kunst oder kann das weg?

© jbooba, pixabay.com

Was 2021 als Verschwörungsmythos begann, klingt heute fast wie eine Prophezeiung: die Dead Internet Theory. Damals postete der User „IlluminatiPirate“ in einem obskuren Forum, dass das Internet fast ausschließlich aus Bots, DeepFakes und automatisierten Interaktionen bestehen würde. Das Ziel dieser KI-Übernahme des Netzes, so seine Behauptung: unsere Gedanken zu steuern und uns Dinge kaufen zu lassen, die wir gar nicht brauchen.

Das war, wohlgemerkt, noch vor dem Boom generativer Künstlicher Intelligenz wie ChatGPT, DeepSeek oder Gemini. Und ganz so dystopisch ist die Realität vielleicht noch nicht.

Wie sich AI-Slop ausbreitet

Doch sogenannter „AI-Slop“ – also algorithmisch erzeugter „KI-Müll“ – breitet sich inzwischen überall im Netz aus: auf Facebook, in Kommentarspalten, in Nachrichtenseiten und Suchergebnissen. Nicht selten müssen sich Nutzer erst durch KI-Müll wühlen, um an die menschengemachten Inhalte zu kommen.

Hinzu kommt: Es ist nicht immer einfach, KI-Inhalte zu erkennen: Die deformierten Hände von Midjourney oder der typische Gelbstich von ChatGPT-Bildern fallen vielen nicht sofort auf. Je weiter sich die KI-Modelle entwickeln, desto weniger solcher Erkennungsmerkmale haben ihre Bilder und sonstigen Erzeugnisse zudem. Nicht nur ältere Menschen tun sich laut Studien inzwischen schwer, reale von KI-generierten Bildern zu unterscheiden.

KI-generiertes Motiv mit Bettlerin und Spenderin
Emotional ansprechende Motive können per KI passgenau auf das Zielpublikum zugeschnitten werden.

© deepAI-generiet

Mit Fake-Posts und Content-Farming

Dies wird ausgenutzt – beispielsweise auf Facebook. Die Plattform hat trotz allem weiterhin die meisten Nutzer, die nun Opfer von sogenanntem „Content Farming“ werden können. Dabei erstellen Betrüger KI-Inhalte, um Nutzer auf dubiose Werbeseiten weiterzuleiten und Fake-Produkte zu verkaufen. Studien aus der Werbebranche zeigen außerdem: Durch generative KI können Bots viel leichter so tun, als wären sie echte Nutzer. So wirkt es, als würden echte Menschen auf die Anzeigen klicken und freudig deren Produkte kaufen.

Für Betrüger kommt der KI-Boom  besonders gelegen. Denn der Facebook-Konzern Meta setzt auf Empfehlungsalgorithmen, die fremde Seiten und Nutzer bevorzugen. Laut internen Dokumenten, über die Techjournalist Alex Heath 2022 berichtete, wollte Meta damit gezielt mit TikToks „For You“-Seite konkurrieren. Das führt jedoch dazu, dass fragwürdige oder automatisiert erzeugte Beiträge ein viel größeres Publikum erreichen und „AI-Slop“ sich noch schneller verbreitet.

Shrimp Jesus
Seltsam und sinnfrei: Der "Shrimp Jesus" zählt zu den "klassischen" Beispielen für AI Slop.

© Unknown author / Public Domain

Vom Shrimp-Jesus zum Tod des Internets?

Konkret sind es oft KI-Bilder, die eine emotionale Reaktion bei den Nutzern auslösen sollen. Seien es Kinder, die stolz neben Figuren stehen, die sie angeblich selbst gebastelt haben, oder Großmütter, die ihren Geburtstag allein feiern müssen. Aber es kann auch ziemlich bizarr werden, wie der „Shrimp Jesus“ Trend zeigt. Jesus wird hier als halb Krustentier, halb Heiland dargestellt. Das löste auf Social Media gleichermaßen Spott und Entsetzen aus. 

Doch ist das jetzt gleich der Tod des Internets? Wenn man diese Trends zu Ende denkt, könnte man meinen, das Internet würde bald nur noch aus KI-generierten Müll bestehen. Bot-Experte Fil Menczer sieht es pragmatisch. „Wenn das Verhältnis von Signal zu Rauschen so niedrig ist, dass im Grunde nur noch Müll übrigbleibt, hören die Leute auf, es zu nutzen“, sagt er im Online-Magazin Bloomberg. Spätestens dann werden Tech-Giganten wie Meta oder OpenAI umdenken – müssen.

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